Bewegung und Sport

Dass Sport ganzheitlich zur Gesundheit beiträgt, ist längst kein Geheimnis mehr. Das belegen nicht nur zahlreiche wissenschaftliche Studien. Auch in der aktuellen S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen wird an mehreren Stellen für eine regelmäßige sportliche Betätigung als Ergänzung zu therapeutischen Maßnahmen plädiert. Doch was genau ist es, das den Sport in Behandlungskonzepten zur Bewältigung psychischer Krankheiten so attraktiv macht? Laut dem Gesundheitsverständnis der WHO ergibt sich Gesundheit aus mehreren Faktoren drei zentraler Lebensdeterminanten: den biologischen, den psychologischen und den sozialen. Diese beeinflussen sich gegenseitig und wenn wir einen Bereich stärken, kann sich dies auch positiv auf die anderen beiden Bereiche auswirken. Das Tolle am Sport ist, dass er alle drei Bereiche auf einmal verbessern kann. Wie? Das erklären wir Euch in den folgenden Zeilen möglichst anschaulich, kurz und knapp.

Dopamin-Boost gefällig?

Auf der 22. Jahrestagung der GAF (Gesellschaft für Angstforschung e.V.) 2021 referierte Prof. Dr. med. Andreas Ströhle (Leitender Oberarzt, Leiter FB Affektive Störungen und der AG und Spezialambulanz für Angsterkrankungen an der Charité Berlin) zu dem Thema Sport und Angsterkrankungen und verwies darin in erster Linie auf die physischen Gewinne regelmäßiger Sporteinheiten in der Behandlung von Angsterkrankungen. Denn Sport liefert uns einen ganzen Cocktail aus Neurotransmittern und Hormonen, die uns glücklich machen. So beispielsweise Dopamin und Serotonin, Belohnungshormone und Neuropeptide, deren Ausschüttung im Kontext einer Angsterkrankung in der Regel gehemmt ist. Unter anderem dadurch wirkt Sport stressreduzierend, entzündungshemmend und hat zudem positive Effekte auf unseren Schlaf.

Noch einen Confidence-Boost obendrauf?

Sport ermöglicht uns, Selbstwirksamkeitserfahrungen zu machen: Wir merken zum Beispiel, dass wir durch regelmäßiges Training unsere Kondition steigern, was uns ermöglicht stolz auf uns zu sein. Vor allem, wenn wir uns realistische Ziele setzen und motiviert sind, kann Sport uns in den Zustand des Flows bringen. In seinem Buch „Flow. Das Geheimnis des Glücks“ definiert der ungarische Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi diesen wie folgt:

„Als flow beschreiben Menschen ihren seelischen Zustand in Augenblicken, wenn das Bewusstsein harmonisch geordnet ist und sie etwas um der Sache selbst willen tun“.

Durch den Fokus auf eine bestimmte Aufgabe lässt uns der Zustand des Flows alles andere um uns herum vergessen, wir sind fokussiert und fühlen uns mit uns selbst im Einklang. Flow-Erfahrungen machen wir, wenn wir uns in unserer Handlung in einem „Kanal“ zwischen Angst und Langeweile bewegen und unsere Fähigkeiten den Handlungsmöglichkeiten entsprechen. Im Flow sind wir also weder unter- noch überfordert, wir haben Spaß und erreichen etwas, ohne dabei besonders hohe Anstrengung zu empfinden. Diesen Zustand erreichen wir manchmal auch ohne Sport, aber Sport ist -gerade, wenn es uns sonst im Alltag schlecht gelingen mag abzuschalten- ein gutes Hilfsmittel beim Weg in den Flow.

Den inneren Schweinehund gemeinsam überwinden?

Last but not least kommen wir auf die soziale Komponente des Sports zu sprechen, denn Sport hat das Potenzial zu verbinden. Wer kennt das nicht? Gerade in der grauen Jahreszeit fällt es schwer, sich nach einem Arbeitstag vor dem PC aufzuraffen, nochmal raus in das kalte Nass zu und zum Sport zu gehen. Da klingt es verlockender sich mit einer heißen Schokolade auf der Couch einzukuscheln. Was zur Überwindung des inneren Schweinehundes beiträgt ist beispielsweise, sich feste Termine zu setzen und sich zu verabreden. Regelmäßigkeiten können zur Routine werden und uns so leichter fallen. Ist zudem jemand dabei mit dem wir gerne Zeit bringen, fällt nicht nur das Aufraffen leichter, sondern auch der Spaß beim Sport ist größer. Wer keine Lust oder Möglichkeit hat, das Haus zu verlassen, kann sich heutzutage auch an Online-Kursen beteiligen oder sich mit Freunden zum gemeinsamen Workout via Skype, Zoom und Co. verabreden.  

Und was ist noch wichtig?

Prof. Dr. med. Ströhle weist darauf hin, dass Sport Körperreaktionen hervorrufen kann, die einer Panikattacke ähneln. Dennoch betont er, dass die positiven Effekte des Sports deutlich höher seien. Klar ist für ihn, dass Sport bei Angststörungen kein Therapieersatz ist. Jedoch kann er eine solche gut ergänzen. Daher plädiert Ströhle in seinem wissenschaftlichen Vortrag dafür, Sport verstärkt in therapeutische Maßnahmen zu integrieren.

Orientieren wir uns in Anlehnung an Prof. Dr. med. Ströhle an den Empfehlungen des American College of Sports Medicine wird empfohlen, sich an den meisten Tagen mindestens 30 Minuten moderat bis intensiv körperlich zu betätigen. Dies sei gesundheitsfördernder, als an wenigen Tagen ein Power-Workout einzulegen und an den verbleibenden Wochentagen gar keine Bewegung einzubauen.

Und das wichtigste ist natürlich, sich einen Sport zu suchen, der einem Spaß macht. Denn so kommen wir am ehesten in den Flow und ermöglichen uns positive Erlebnisse.