Ferien!

Katharina

Liebe Leserinnen und Leser,

wir blicken zurück auf ein vielfältiges, anstrengendes aber auch bereicherndes halbes Jahr und finden: jetzt ist Zeit für eine Pause! Wer Selbstwirksamkeit, -Liebe und -Nachsicht in Worte fasst und die Seele ins Zentrum nimmt, der sollte das selber vielleicht ein ums andere Mal auch selber leben. Daher freuen wir uns auf vier Wochen Redaktionspause! Wie im letzten Sommer bereiten wir Euch in der Zeit wöchentlich alte Ausgaben auf und hoffen, auch das Schmökern macht Euch Freude!

Heute gibt es passender Weise das Thema Geduld & Warten! Mit dabei auch der Überblickstext zum Impfen. Wer etwas anderes lesen möchte, findet alle alten Ausgaben im Archiv. Klickt dazu einfach auf die Daumtszeile und lasst Euch überraschen, was ihr da so findet.

Die nächste brandneue Ausgabe gibt es dann wieder am 14. August 2021 wie gewohnt ab 8 Uhr morgens.

Damit wünschen wir Euch schöne Wochen und freuen uns auf ein Wiederlesen!

Katharina
und das Team von angstfrei.news

Ganz wichtig: Was meint ihr zum neuen Konzept und zu dieser Ausgabe? Bitte gebt uns ein kurzes Feedback – das wäre hilfreich und sehr nett.

Übrigens nehmen wir unser Motto ernst: Angst hat eine Stimme – Deine. Wir sind ein Team von Freiwilligen und schreiben über unsere Angst-, Lebens- und Alltagserfahrungen, ohne ein Richtig oder Falsch, oft mit Verstand und immer mit Herz. Wir freuen uns über dich in unserem Team. Trau dich einfach und schreib uns eine Mail an angstfrei.news@gmail.com, oder über Instagram.

Schwarzbrot:
Impfen! Was? Wie? Warum? (Wiederauflage)

Tim

In dieser Rubrik möchten wir etwas tiefer in die Nachrichtenlage der Woche einsteigen. Mal eher hintergründig, mal eher serviceorientiert recherchieren wir für euch selbst, statt wie im darunter folgenden Nachrichtenblock Nachrichten auszuwählen und in eine angstfreie Sprache zu übersetzen. Wir hoffen, es mundet euch.

Mehrfach gab es in den letzten Wochen positive Nachrichten aus der Impfstoffentwicklung und Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU) geht von ersten Impfungen in Deutschland im Dezember aus. Grund genug, genauer Hinzuschauen: Was gibt es für Impfstoffarten? Warum geht jetzt alles so schnell? Muss ich mich impfen lassen?

Was gibt es grundsätzlich für Impfstoffarten?
Die allermeisten Impfungen, die wir im Laufe unseres Lebens erhalten sind Totimpfstoffe. Hierzu zählen Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten aber auch die Grippe. Uns werden nicht lebensfähigen Teile eines Krankheitserregers meistens in einen großen Muskel (z.B.: Arm, Oberschenkel oder seltener Po) gespritzt. Weil der Erreger tot ist, heißen sie Totimpfstoffe. Unser Immunsystem erkennt die fremden Proteine und bildet Antikörper gegen sie. Bekommt das Immunsystem nun Kontakt zu einem vollständigen Erreger, kann es sehr schnell reagieren und typischerweise den Ausbruch der Krankheit verhindern oder zumindest deren Schwere stark begrenzen. Diese Art von Impfstoff ist sehr weit verbreitet, wir haben viel Erfahrung mit dem Konzept. Totimpfstoffe müssen regelmäßig aufgefrischt werden. 

Bei der Lebendimpfung werden uns entsprechend lebende, aber abgeschwächte Krankheitserreger gespritzt, meistens in einen großen Muskel. Hierzu zählen Impfungen gegen Masern, Mumps oder Röteln, aber auch Windpocken. Grundsätzlich können sie die Erkrankung auslösen – auch wenn das sehr selten passiert und die Erkrankung dann typischerweise in stark abgeschwächter Form auftritt. Auch hier erkennt unser Immunsystem die Krankheitserreger und ist bei einer “richtigen” Infektion viel schneller in der Bekämpfung. Auch das Konzept der Lebendimpfung ist sehr weit verbreitet. Wir haben damit viel Erfahrung. Lebendimpfstoffe müssen typischerweise nach einer erfolgreichen Impfung (zwei bis drei Impfungen) nie wieder aufgefrischt werden. 

Mit den beiden oben genannten etablierten Impfstoff Konzepten arbeiten vor allem chinesische und indische Unternehmen, aber auch die US-Firma Novavax und die europäischen Pharmafirmen GSK und Sanofi

Ein neueres Konzept sind die Vektor-basierten Impfstoffe: Hier nutzt man ein ungefährliches Virus (zum Beispiel Adenoviren oder abgeschwächte Masernviren), den Vektor, um einen Teil der Erbsubstanz des eigentlichen Krankheitserregers (z.B. von SARS-CoV-2) in die Zellen des menschlichen Körpers zu bringen. Aus der viralen Erbsubstanz werden dann einzelne Proteine des Krankheitserregers hergestellt. Diese Proteine erkennt unser Immunsystem als fremd und entwickelt dagegen Antikörper. Die Erbsubstanz des Virus wird schnell wieder abgebaut und gelangt nicht in den menschlichen Zellkern. An diesem Konzept forschen zum Beispiel das Deutsche Zentrums für Infektionsforschung (DZIF), die Uni Oxford und das chinesische Unternehmens Cansino. In Russland findet ein solcher Impfstoff bereits Anwendung – allerdings unter unklaren Sicherheitsdaten.

Wie die Vektor-basierten Impfstoffe zählen auch die DNA- und RNA-Impfstoffe zu den genbasierten Impfstoffen. Statt über einen Transporter (Vektor) wird hier Erbsubstanz des Virus in Form von DNA oder RNA direkt gegeben. Auch hier wird der Virus-Bauplan von körpereigenen Zellen genutzt um Virusproteine herzustellen – gegen die dann wiederum Antikörper entwickelt werden können. Die beiden deutschen Unternehmen Biontech und Curevac sowie Moderna in den USA arbeiten an einem RNA-Impfstoff. Wirkstoffe mit DNA-Molekülen entwickeln unter anderem die Firmen Inovio in den USA, Anges in Japan oder Cadila in Indien.

Die genbasierten Impfstoffe sind zwar kein völlig unbekanntes Konzept, aber bis vor wenigen Tagen gab es noch keinen zugelassenen Impfstoff nach dieser Methode. Deshalb sind die Erfahrungen mit genbasierten Impfstoffen bei Menschen deutlich geringer. 

Zulassungsprozess: Warum geht es so schnell?
Normalerweise dauert die Entwicklung eines Impfstoffes bis zur Zulassung Jahre. Aufgrund von umfangreicher Vorarbeiten aus den 2000ern lag der bisherige Rekord bei vier Jahren für verschiedene Ebola-Impfstoffe. Nun gibt es schon knapp ein Jahr nach Bekanntwerden von COVID-19 mehrere vielversprechende Kandidaten und eine Notfallzulassung im Vereinigten Königreich. Wissenschaftler*innen und Politiker*innen haben immer wieder betont, dass die Sicherheit Priorität habe. Warum geht es dennoch so schnell – wenn nicht auf Kosten der Sicherheit? Hierfür gibt es mehrere Gründe

  1. Vorarbeiten: Durch die erste SARS-Epidemie 2003 sowie die Entwicklung der Ebola-Impfstoffe gab es umfangreiche Vorarbeiten auf die die Forscher*innen zurückgreifen konnten. Sie mussten nicht bei Null anfangen. 
  2. Viel Geld im System: Die Entwicklung von Impfstoffen kostet sehr viel Geld. Je mehr man hat, desto mehr Forscher*innen kann man für die Entwicklung und den Produktionsprozess beschäftigen – der dann entsprechend schneller verlaufen kann. Zusätzlich fällt die Rekrutierung mit mehr Geld leichter. Außerdem können Firmen mit viel Geld das Risiko eingehen, auch noch nicht zugelassene Impfstoffe in großer Zahl vorzuproduzieren. Auch das spart Zeit. Im Rahmen der COVID-19-Pandemie war so viel Geld wie nie vorhanden: Die US-Regierung etwa hatte im Rahmen der “Operation Warp Speed” mehr als zehn Milliarden Dollar (8,4 Milliarden Euro) freigeben, um die Impfstoff-Entwicklung zu beschleunigen. Moderna alleine erhielt für die Entwicklung eine Milliarde Dollar. Auch die Bundesregierung hat 750 Millionen Euro Fördergelder für drei heimische Unternehmen aufgeboten: Biontech aus Mainz, Curevac aus Tübingen und IDT Biologika aus Dessau. 
  3. Mehr Interessent*innen bei Studien: Aufgrund der weltweiten Betroffenheit finden die Pharmaunternehmen viel schneller Proband*innen für ihre Zulassungsstudien. Und teilweise viel mehr als bei anderen bereits zugelassenen Impfstoffen. 
  4. Rolling-Review-Verfahren bei Zulassung: Normalerweise werden die unterschiedlichen Zulassungsstudien nacheinander durchgeführt – vor allem in mögliche Impfstoffe mit grundsätzlichen Unverträglichkeiten im Menschen (Phase 1), geringer Wirksamkeit (Phase 2) oder ungünstigem Nebenwirkungsprofil (Phase 3) nicht noch mehr Geld zu verlieren, als eh durch die Entwicklung schon aufgewendet wurde. Für SARS-CoV-2 bieten die Zulassungsbehörden an, diese Studien parallel laufen zu lassen – zum Risiko der Pharmafirmen, aber die haben ja (siehe 2.) gerade genug Geld dieses Risiko einzugehen.  
  5. Vorproduktion nicht zugelassener Impfstoffe: Siehe 2. 

Die Zulassungsbehörden, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen haben bisher immer betont, keine Abstriche bei der Sicherheit zu machen. Bisher gibt es auch keine Hinweise auf solche Abstriche. In Europa ist die EMA, die europäische Arzneimittelbehörde für die Zulassung zuständig, in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Das PEI führt eine öffentlich zugängliche Datenbank, in der alle nach einer Impfung gemeldeten Komplika­tio­nen einsehbar sind. Trotz all der Gründe für das hohe Tempo scheint es unwahrscheinlich, dass mehr als Einzelpersonen noch im Dezember geimpft werden – anders als von Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU) angestrebt.  

Was sind aussichtsreiche Kandidaten?
Weltweit gibt es über 200 Projekte, die an Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 forschen. Drei Projekte scheinen besonders weit im Zulassungsprozess zu sein, daher möchten wir sie hier kurz vorstellen:

Pfizer/BioNTech: Die Kooperation zwischen dem US-Pharmariesen Pfizer und dem Mainzer Unternehmen BioNTech, hat nicht nur die beste Adresse (BioNTech firmiert “An der Goldgrube 12”), sondern auch einen vielversprechenden RNA-Impfstoff vorgelegt. Die Unternehmenskooperation hat mittlerweile in zahlreichen Ländern eine Zulassung für den Impfstoff beantragt. Bewilligt ist sie bereits im UK (siehe ut)Zudem verkündete Pfizer/BioNTech eine sehr hohe Wirksamkeit (95 %) über eine Pressemitteilung. Externe Wissenschaftler*innen haben bisher keinen Zugang zu den Daten. Zudem basierte die Pressemitteilung nur auf einer Zwischenauswertung mit noch relativ wenigen Erkrankten. Viele Nationen und die EU haben sich schon vorab Millionen von Impfdosen gesichert. Schwierigkeiten bereitet vor allem die Lagerung bei -80°C.

Was bedeutet Wirksamkeit? Die Wirksamkeit von Impfstoffen wird durch den Vergleich von Erkrankten in der Kontrollgruppe gegen die Erkrankten in der Impfgruppe berechnet. Erkranken 99 Menschen in der Kontrollgruppe und einer in der Impfgruppe, so hat der Impfstoff eine Wirksamkeit von 99 %. Das macht man, weil es unethisch wäre die Studienteilnehmer*innen absichtlich mit SARS-CoV-2 zu infizieren um die Wirksamkeit des Impfstoffs zu testen – schließlich ist die Krankheit potenziell tödlich. So muss man auf den Zufall warten. In beiden Gruppen sind mehrere Zehntausend Menschen. Weil nur Erkrankte (also positiver Corona-Test + typische Symptome) zählen, kann die Wirksamkeit nur wenig über Weiterverbreitung von Geimpften aussagen. 

Moderna: Die US-Firma Moderna ist auf einem ganz ähnlichen Stand wie die Mitbewerber*innen von Pfizer/BioNTech: Auch sie entwickeln einen RNA-Impfstoff. Auch sie weisen für ihren Impfstoff eine ähnlich hohe Wirksamkeit in einer Pressemitteilung aus. Auch sie haben in einigen Ländern Zulassungsverfahren laufen, aber noch keines erfolgreich abgeschlossen. Dennoch haben sich auch von Moderna schon zahlreiche Länder Impfdosen gesichert. Die Lagerung des Impfstoffs kann hier bei -20°C erfolgen.

Uni Oxford/AstraZenca: Die Kooperation zwischen dem schwedischen Pharmakonzern und der traditionsreichen Uni in Oxford entwickelt einen Vektor-basierten Impfstoff. Auch sie haben bereits eine Zwischenbilanz gezogen und stellen eine 70%ige Wirksamkeit fest. Auch für diesen Impfstoff haben zahlreichen Staaten Vorverträge abgeschlossen – Zulassungen gibt es aber noch nicht. Großer Vorteil des Impfstoffs ist die unkomplizierte Lagerung bei 4°C. 

Wer soll denn nun wann, wie und wo geimpft werden? 
Bereits im Herbst haben die Ständige Impfkommission (STIKO), die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina und der Deutsche Ethikrat erste Leitlinien zum Impfen vereinbart. Hiernach werden zunächst Risikopatient*innen geimpft, deren Chance schwer zu erkranken oder zu sterben besonders hoch ist. Darauf folgen sollen Personen mit beruflich bedingt häufigem Kontakt zu SARS-CoV-2 – also medizinisches Personal. Eine dritte priorisierte Personengruppe sind Menschen mit besonders hohem Verbreitungspotenzial – zum Beispiel junge oder sehr mobile Menschen. Außerdem priorisieren die Leitlinien Personen, die zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens (wie Polizei oder Lehrer*innen) benötigt werden.  

Über die Änderungen im Infektionsschutzgesetz wurde auch die gesetzliche Grundlage für den Aufbau von 60 Impfzentren gelegt. Diese sollen ab Mitte Dezember betriebsbereit sein. Um die Priorisierung umzusetzen, werden Menschen dorthin eingeladen – vermutlich auf Basis ihrer Krankenkassendaten. Hier soll pro Tag eine “hohe fünfstellige Zahl” an Menschen geimpft werden. Das Robert-Koch-Institut geht von einer maximalen Kapazität von 100.000 Impfungen pro Tag aus. 

Daraus folgt, dass die Zulassung einer Impfung ein wichtiger Schritt ist, aber bei 83 Millionen Menschen, von denen bis zu 40% davon zur Risikogruppe zählen, nicht das Ende der Pandemie bedeutet. Allein die Risikogruppen zu impfen kann ein knappes Jahr dauern (83 Millionen * 40% / 100.000 pro Tag = 330 Tage). 

Übrigens: Einer Impflicht wurde den gesamten Sommer eine Absage erteilt, so auch jetzt. Auch das erneuerte Infektionsschutzgesetz bietet dafür keine gesetzliche Basis. Allerdings befürchtet selbst die Bundesjustizministerin Lambrecht (SPD) eine “Impfpflicht durch die Hintertür”. Diese könne durch sozialen Druck oder durch das Hausrecht von Einrichtungen drohen.   

Was machen eigentlich andere Länder? 
Wie schon erwähnt, hat das Vereinigte Königreich Anfang Dezember den Impfstoff von Pfizer/BioNTech zugelassen. Ab Dienstag werden voraussichtlich die Impfungen beginnen. In der EU hatte es Kritik gegeben, dass das Vereinigte Königreich als erste westliche Demokratie vorausgegangen war.

In Russland gibt es schon seit Monaten einen zugelassenen Impfstoff, dessen Sicherheit aber unter Wissenschaftler*innen und auch in der russischen Bevölkerung umstritten ist. Besonders viele Menschen haben sich bisher nicht impfen lassen. Bisher ist man immer noch dabei 40.000 Freiwillige zu impfen, um die eigentlich notwendige dritte Phase der Zulassungsstudie an ihnen durchzuführen.  

In China wurde ebenfalls schon im frühen Herbst mit der Impfung begonnen – vornehmlich unter Staatsbediensteten, dem Militär und medizinischen Personal. Hunderttausende sollen bereits geimpft sein. Mögliche Risiken werden von der Bevölkerung nicht thematisiert. Auch die eigentliche Impfstrategie ist unklar: Häufig erfahren Interessierte eher zufällig, wo der Impfstoff verfügbar ist. 

Wie bereits oben klargestellt, bedeutet die Zulassung und Verteilung eines Impfstoffes nicht das Ende der Pandemie. Dennoch ist sie ein wichtiger Baustein bei der Rettung von Menschenleben. Die gute Nachricht bleibt auch, dass wir einiges darüber wissen, wie wir die Verbreitung vermindern können und so Tod und Spätfolgen verhindern. Deshalb: Maske auf, Hände waschen, Abstand halten, physische Kontakte reduzieren, Warn-App nutzen, solidarisch bleiben.Dieser Artikel ist Teil der losen Reihe von Basisinformationen zur COVID-19-Pandemie. Es folgen Beiträge zu Kontakt Beschränkungen, der Corona-App und weitere Themen. Gern könnt ihr uns Feedback geben, welche Themen euch besonders interessieren.

Aktuelle Zahlen findet ihr hier:

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 3.773.875 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 03.08.2021 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 1.766 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – vom RKI aktualisiert und um 10 Uhr morgens online veröffentlicht. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 180.561.655 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 456.134 Personen mehr als gestern Früh. Davon 3.659.900 in Deutschland (Stand: 04.08.2021 05:27 Uhr, Quelle: Worldometers).

Von Mensch zu Mensch

Bis zum 14. August müsst ihr auf Brandneue Texte warten. Vielleicht ein guter Moment (nochmal) über das Warten nachzudenken…

Master of…
Laura

Geduld, eine Tugend die ich nicht zu meinen zählen würde. Ich bin ein eher ungeduldiger Mensch und möchte Informationen immer möglichst sofort, möchte meine Ziele immer schnellstmöglich erreichen. Habe ich eine Prüfung geschrieben, möchte ich das Ergebnis gleich haben. Schaue ich mir eine Serie an und muss eine Woche bis zur nächsten Folge warten, ist dieses Warten für mich kaum erträglich. 

Doch manchmal sind wir gezwungen zu warten, wir werden in Geduld geprüft und müssen dieses Warten, von dem man manchmal nicht weiß, wie lange es andauert, aushalten. 

So war es bei mir, als ich letztes Jahr im Sommer mein Bachelor Studium abschloss. Mein Schnitt war objektiv betrachtet ganz gut, innerhalb der Psychologiestudierenden im Vergleich jedoch nicht ausreichend, um sofort einen Masterplatz zu bekommen. Zu den unterschwelligen Gedanken, trotz aller Anstrengung während des Studiums nicht gut genug zu sein, um weiter zu studieren, kamen die Sorgen und die Unsicherheit die das Warten auf einen dieser heiß begehrten Plätze noch schwerer machten. Ich bewarb mich gleich, doch dann hieß es warten. Also das, worin ich bislang nicht besonders gut war. Doch es blieb mir nichts übrig, als mich in Geduld zu üben und zu hoffen bald einen Platz zu bekommen. 

Das war alles andere als einfach, denn es war nicht einmal klar, wann ich eine Rückmeldung bekomme und wenn ich eine bekomme, ob es dann auch eine Zusage ist. Diese Zeit setzte mir sehr zu. Für Menschen wie mich, mit Ängsten, ist Unsicherheit eine besonders große Belastung. Wir wünschen uns Sicherheit, planen und möchten am liebsten alles kontrollieren. Doch das war hier nicht möglich. 

Die Zeit verging und die ersten Rückmeldungen der Universitäten trafen ein. Absagen. Also sollte meine Lektion im Üben von Geduld noch nicht vorbei sein. Einige Menschen verstanden nicht, weshalb ich wartete. Weshalb ich nicht einfach etwas anderes mache oder mit meinem Abschluss den ich habe arbeite. Nun, es ist so, dass mein Traumberuf Psychotherapeutin ist und dafür ist ein Masterabschluss zwingend notwendig. Nach dem Abitur habe ich zunächst eine Ausbildung in einem anderen Bereich gemacht und in diesem Beruf gearbeitet, doch es war nie das, was ich machen wollte. Als ich mich dann umorientierte und mit dem Bachelor starten konnte, wusste ich, das Warten hatte sich gelohnt. 

Nun nach der ersten Absage wusste ich also, ich muss für meinen Traum noch weitere, unbestimmte Zeit warten. Ein halbes Jahr verging und ich die nächste Bewerbungsphase startete. Damit auch eine weitere Zeit des Ungewissen, des Aushalten, des Warten und der Geduld was mir nach wie vor so wahnsinnig schwer fiel. Ich hatte Angst, ich hatte Sorgen und meine Gedanken kreisten ständig darum, ob und wann ich endlich einen Masterplatz bekäme. Mein Herz raste bei dem Gedanken daran, dass es wieder nicht klappen könnte. Schlaflose Nächte und frustrierte Tage folgten. 

Ein enormer Mangel an Therapieplätzen, man sollte meinen, die Zugangsbedingungen für dieses Studium sind nicht so frustrierend wie die Wartezeit der Patienten die dringend Hilfe benötigen, doch das sind sie, leider. Ich verlor die Hoffnung jedoch nicht und übte mich weiter in Geduld. Es musste doch einfach klappen, nach einem halben Jahre Wartezeit. Leider kam es nicht so. Zweite Bewerbung, wieder Absagen. Wieder ein Rückschlag, wieder nicht gut genug, das waren die Gedanken und Glaubenssätze dich ich verinnerlichte und die mich verletzten. 

Mein Traum im Hinterkopf half mir dabei durchzuhalten, nicht von meinem Weg abzukommen, weiter zu machen. ein weiteres Mal hieß es also warten. Erneut die Zeit des Ungewissen, wieder auf den Tag zu warten an dem ich mich wiederholt bewerben kann, um entweder wieder eine Absage oder endlich die ersehnte Zulassung zum Master zu erhalten. Während des Bachelors macht man sich bereits verrückt, man weiß um die Lage und die Plätze. Man setzt sich unter extremen Druck, damit in jeder Klausur in jeder Hausarbeit, nach jeder Prüfungsleistung die 1 vor dem Komma steht. Man kommt nicht nur an seine Grenzen, man überschreitet sie. Man vergleicht sich zwingend mit anderen, was einem nicht gut tut. Man misst seine eigene Leistung nur daran und ist am Boden zerstört, wenn nach harter Arbeit, nach Wochenlangen Lernmarathons „nur“ eine 2 vor dem Komma steht, weil man genau weiß, das reicht eben nicht aus. Als sei dieser emotionale Stress während des Studiums nicht ausreichend, folgt zwischen dem Bachelor und dem Master bei Einigen, so auch bei mir, eine weitere stressbesetzte Zeit die ihre Attribute fordert. 

Ein weiteres halbes Jahr verging, ein weiteres halbes Jahr in dem ich bangte, hoffte und wartete, indem ich Zeit hatte mich zu festigen, mich zu sammeln und zu stabilisieren, meinen Traum zu fokussieren und nur noch zu warten… 

Ich war mir sicher, dass sich das Warten lohnte, ich wusste, irgendwann wird es weitergehen, wenn ich nicht aufgeben und daran glaube. 

Nach einem Jahr Lehrzeit in Warten und Geduld bekam ich endlich die Zusage und kam somit meinem Traum, einmal als Psychotherapeutin arbeiten zu können, ein weiteres Stück näher. 

Ich habe gelernt, dass sich Warten und Geduld auszahlt, so schwer es auch sein mag, so große Angst es auch machen kann, so wichtig ist es doch, wenn wir einen Traum haben auf diesem Weg zu bleiben und uns in Geduld zu üben, um dafür dann irgendwann belohnt zu werden. 

Ok, Geduld kann sich lohnen. Aber allzu oft überfällt uns doch die Ungeduld. Aber wo kommt die eigentlich her? Tina macht sich auf die Suche.

Happy End als Hoffnungsträger
Tina

-Geduld- Nicht jeder hat sie. Während einige Menschen einen überaus langen Geduldsfaden besitzen, reißt bei anderen der Geduldsfaden auffallend schnell. Doch woran liegt das? Nicht jeder hat das Privileg von Gelassenheit.

Warten, Geduld und Gelassenheit! Alles ist miteinander verbunden. Wer warten kann, ist geduldig. Und wer Geduld besitzt, treibt in dem Fahrwasser der Gelassenheit.

 Unser Alltag ist vorprogrammiert mit warten. Es fängt schon morgens auf dem Weg zur Arbeit an. Wir warten auf die Straßenbahn und schauen dabei ungeduldig auf die Uhr. Oder wir stehen mit dem Auto im Stau. Ungeduldig tippen wir mit den Fingern aufs Lenkrad und hoffen, dass die Fahrt endlich weitergeht. Im Supermarkt dasselbe Spiel. Alles ist gut, bis wir an den Kassen stehen. Dort warten  wir dann wieder voller Ungeduld, weil es so aussieht als stünde das halbe Stadtteil an der Kasse.

Doch woher kommt diese Ungeduld? Wir Menschen sind ständig im Stress. Hetzen von Termin zu Termin und stehen somit dauerhaft unter Strom. Und selbst wenn wir körperlich mal zu Ruhe kommen, finden wir sie innerlich meistens selten.

 Dabei ist Geduld durchaus eine Tugend. Denn Geduld heißt nichts anderes als beharrlich abzuwarten und auf ein Happy End zu hoffen.

Viel zu oft vergessen wir in unserer Ungeduld, dass viele Dinge seine Zeit brauchen. Dann handeln wir voreilig und können uns damit wertvolle Chance verbauen.  

 Es ist ein Balanceakt in den passenden Momenten eine Entscheidung zu treffen, ob Geduld angebracht ist oder nicht. Denn nicht immer lohnt es sich zu warten. Manchmal kann auch jegliche Hoffnung vergebens sein. Jedes verharren, zwecklos.

Doch es gibt auch Momente, in denen wir zu großzügig mit unserer Geduld umgehen. Wir lehnen uns entspannt zurück und schalten in den Passiv-Modus. Das führt dann dazu, dass wir an andere das Zepter abgeben und ihnen die Entscheidungen überlassen. Ob diese dann für uns stimmig sind, ist fraglich.

Es gibt auch Situationen, in denen nicht nur Geduld gefordert wird, sondern auch Kraft.  Zum Beispiel wenn man eine entscheidende ärztliche Untersuchung hinter sich gebracht hat und nun ungeduldig und ängstlich auf das Ergebnis wartet.

Ob nun Geduld oder Ungeduld unsere Persönlichkeit prägt: Tatsache ist, dass beides fest in unseren Alltag integriert ist.

Ich persönlich gehöre eher zu den ungeduldigen Menschen. Mein Geduldsfaden, ist äußerst kurz. So kurz, dass von einem Geduldsfaden schon nicht mehr die Rede sein kann. Geduldsfussel würde eher passen. Kaum sichtbar! Jedoch arbeite ich stetig daran, etwas geduldiger zu werden. Denn geduldig zu sein, bedeutet auch respektvoll mit seinen Mitmenschen umzugehen. Rücksicht auf die Gefühle anderer zu nehmen.  

Vor längerer Zeit half ich Freunden beim Umzug. Ungeduldig warteten wir in der neuen Wohnung auf den Möbelwagen. Als er dann endlich ankam und die Möbelpacker sich meines erachtens  wie in Zeitlupe bewegten, sprang ich kurzerhand auf die Ladefläche und kümmerte mich selbst ums abladen der Möbel. Sie staunten nicht schlecht. In meiner Ungeduld ging es mir einfach nicht schnell genug. Doch was vermittelte ich mit meinem Verhalten gegenüber den Möbelpackern? Genau…dass sie schlichtweg zu langsam arbeiteten. Unbewusst realisierte ich nicht, dass sie sich vielleicht auf den

 Schlips getreten fühlten.

Als Teenager nervte es mich völlig, wenn andere Menschen langsam redeten. Ungeduldig beendete ich dann die Sätze, damit das Gespräch weitergehen konnte. Hmm…während ich gerade diesen Artikel schreibe, fällt mir auf, dass ich mit den Jahren doch wesentlich geduldiger geworden bin. Geduld ist ein Reifeprozess, denn man nicht von heute auf morgen lernt. Es ist wie mit der Weisheit. Einiges braucht eben seine Zeit um sich zu entwickeln, um innerliche Ruhe zu finden und mit Besonnenheit zu reagieren.

 Denn letztendlich warten wir doch alle auf ein Happy End!

Nachdem wir nun eine Idee davon haben, woher die Ungeduld kommt, nimmt uns Anne zum Abschluss nochmal mit in das gute Gefühl, das entsteht, wenn Ungeduld auf Freude trifft: Vorfreude. Gerade jetzt zu Weihnachten sollten wir uns diesen Cocktail doch mal häufiger gönnen…

Geduld mit der Ungeduld
Anne

Bin ich ein geduldiger Mensch? Bei der Frage muss ich sofort an den heutigen Morgen denken. Wie immer begleitet organisiertes Chaos den Versuch, Brotdosen zu bestücken und im Blick zu haben, ob die Kinder sich auch waschen und anziehen. Wie fast immer missglückt es. “Hast du die Brotdosen eingepackt? Nein, es ist zu kalt für eine kurze Hose! Ja, auch mit Strumpfhose drunter! Hast du die Haare gekämmt? Sind die Zähne geputzt? Wo ist denn schon wieder deine Brille? Maske nicht vergessen!” Dann ist es fast geschafft, NUR noch Schuhe und Jacke anziehen. Bei mir selbst ist das schnell erledigt, Kinder können hieraus jedoch schon mal ein längeres Ritual machen. Der eine hält es für eine hervorragende Idee, zwei verschiedene Schuhe an zu ziehen, was mir ja grundsätzlich egal ist, aber wenn einer davon Sandalen sind, dann interveniere ich doch. Die andere hat einfach gar keine Schuhe die zum Outfit passen, “nein, die neuen gehen auf gar keinen Fall, die sehen ja neu aus, das ist ja peinlich”. Und auch das Anziehen einer Jacke kann man auf vielfältige und artistisch anmutenden Art und Weise umsetzen, welches entfernt an moderne Choreografien oder Ausdrucktanz erinnert, in den auch mal die Flurdeko einbezogen wird. Ich habe die Uhr im Blick und fange an zu schwitzen, schon mit Mantel, Mütze und Schal bekleidet. Helfen darf ich auch nicht, weil “ich bin schon groß” oder “du hast keine Ahnung, voll peinlich…” Wer Kinder hat, kennt das. Die Uhr tickt munter weiter, unser Zeitplan gelangt an seine Grenzen und mein Geduldssilo leert sich langsam aber stetig. Ich versuche, tief durch zu atmen und denke an Tomte Tummetott, den weisen Wichtel von Astrid Lindgrens gleichnamigem Buch “Geduld, nur Geduld…” Es ist nutzlos. Am Ende schaffen wir es doch noch einigermaßen pünktlich aus dem Haus. 

Jedes mal frage ich mich, ob das nicht anders zu organisieren ist und ob ich nicht etwas mehr Geduld aufbringen müsste in solchen Momenten. Aber wo soll ich sie her nehmen? 

Aber in anderen Situationen bin ich ein durchaus geduldiger Mensch. Sei es jetzt, vor Weihnachten, sei es vor Geburtstagen, oder Konzerten. Ich freue mich wahnsinnig auf diese Momente, gerade, wenn Konzerttickets schon über Wochen am Kühlschrank hängen. Und meine Freude auf dieses Ereignis paart sich mit Ungeduld und erzeugt eines der schönsten Gefühle. Vorfreude. 

Und allzu häufig wünsche ich mir, dass ich es auch im morgendlichen Stress, oder in anderen Situationen schaffe diese zwei Komponenten, Ungeduld und Freude, zu diesem schönen Cocktail zu vermischen. So ein Schuss Vorfreude in den morgendlichen Kaffee würde den Tag um einiges leichter machen. 

Tipps der Woche

Geduld mit Dir selbst
Wir haben es im Mensch zu Mensch gelesen, aber es ist einfach schwer, Geduld mit sich selbst zu haben. Anscheinend hilft Meditieren, um mehr innere Ruhe zu entwickeln. Daher ohne Umschweife: Probiert es doch einfach mal!
Zur Meditation

Dies und Das

Sinnvoll scheitern
Scheitern ist das eine – damit umzugehen das andere! Die Gründerin vom 2017 insolvent gegangenen Online-Blumenhandel “Bloomy Days”, Franziska von Hardenberg, erklärt in einem inspirierenden PodCast von Hotel Matze, wie das geht. Hörenswert!
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Hört Instagram wirklich zu?
Vor einigen Wochen ist das neue FUNK-Format “So many tabs” an den Start gegangen. Sie klären regelmäßig über Informatik- und Digitale Themen auf. Diese Woche haben sie sich den Mythos angesehen, nach dem Facebook und Instagram uns zuhören und darauf zu geschnitten Werbung schalten sollen. Spoiler: Nachweise dafür gibt es nicht, dafür haben die Netzwerke aber effektive andere Mittel, um uns genau das zu zeigen, was wir wollen. Spannend!
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Nur Geduld – wir kommen wieder!

Schöne Ferien wünscht das Team von angstfrei.news

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Kleine Erinnerung: wir freuen uns sehr, wenn ihr dieses neue Format mit einem Extra-Feedback bedenkt, nur so können wir lernen. DANKE!Ihr wollt unsere Arbeit unterstützen: Spenden und Fördermitgliedschaft bei der Deutschen Angst-Hilfe e.V.