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Donnerstag, 4. Juni 2020 | 8 Uhr

Sebastian

Guten Morgen liebe Menschen,

Die kurze Arbeits-Woche ist schon fast wieder rum! Und auch wenn die nächsten Tage wettertechnisch nicht ganz so viel hergeben werden wie die letzten, versöhnt doch der Ausblick aufs Wochenende!

In der heutigen Ausgabe gibt es wie immer taufrische Informationen und Nachrichten zum Thema Corona. Da die Welt allerdings in diesen Tagen aus mehr besteht, als diesem allgegenwärtigen Virus, liegt ein zweiter Fokus heute auf den aktuellen Geschehnissen in den USA.

Wir berichten heute unter anderem über neue Entwicklungen bezüglich der geltenden Reisewarnungen, über die gestern am späten Abend doch noch erreichte Einigung beim geplanten Konjunkturpaket der Bundesregierung und die Infektionslage in den Landkreisen. Darüber hinaus geben wir einen kurzen Überblick über die Entwicklungen in den USA. Im “Dies und Das” schaffen wir neue Perspektiven nach außen, während der Blick in der Rubrik “360°” sich heute eher nach innen richtet.

Mit all dem und noch mehr wünschen wir Euch einen famosen Start in den Tag! Bleibt gesund und kümmert Euch umeinander!

Sebastian
und das ganze Team von angstfrei.news! 

Ihr habt Lob, Kritik oder Anregungen(z.B. zum Tipp des Tages oder den neuen Kategorien) für uns? Schreibt uns Euer Feedback.

Die gute Nachricht des Tages

Keine Strafe für Anti-Rassismus-Aktionen
Im Zusammenhang mit dem Tod des Amerikaners George Floyd hatte es am Pfingst-Wochenende verschiedene Protestaktionen auf dem Rasen der Fußball-Bundesliga gegeben. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußballbundes entschied nun, dass gegen Jadon Sancho und Achraf Hakimi von Borussia Dortmund sowie Weston McKennie vom FC Schalke 04 und Marcus Thuram von Borussia Mönchengladbach keine Verfahren eingeleitet und somit auch keine Strafen verhängt werden. Von dieser Linie will der DFB auch an den kommenden Spieltagen nicht abweichen. In einer Verlautbarung des Kontrollausschusses heißt es: „Im konkreten Fall handelt es sich aber um gezielte Anti-Rassismus-Aktionen der Spieler, die sich damit für Werte stark machen, für die der DFB ebenfalls steht und immer eintritt". Ein starkes Statement des mitgliederstärksten Verbands des deutschen Sports – zumal die Regularien des DFB politische Äußerungen von Spielern und Offiziellen sonst strikt untersagen.
ZDF

Die Nachrichtenlage

Maas hebt Reisewarnungen auf
Im März hatte Außenminister Heiko Maas (SPD) aufgrund der Corona-Epidemie eine weltweite Reisewarnung ausgesprochen. Nun will die Bundesregierung Reisen innerhalb Europas wieder möglich machen und die Reisewarnungen für 31 europäische Länder fallen lassen. Voraussetzung sei, dass die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie dies zuließe. Maas wolle zu jedem Land die besten verfügbaren Informationen in Form von Reisehinweisen zur Verfügung stellen und Hinweise und Warnungen von der weiteren Entwicklung des Infektionsgeschehens abhängig machen. Nachdem die endgültige Entscheidung über die Aufhebung der Reisewarnungen zunächst im Laufe der nächsten beiden Wochen im Bundeskabinett fallen sollte, beschloss das Bundeskabinett die Änderungen nun schon am Mittwoch. Die Aufhebung der Reisewarnung gilt für alle EU-Staaten sowie für Großbritannien, die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein. Die bestehenden Reisewarnungen werden durch Reisehinweise ersetzt, die tagesaktuell überarbeitet würden, so Maas. Voraussetzung für eine mögliche Einreise in die genannten Länder sei aber weiterhin, dass es keine Einreiseverbote und großflächigen Ausgangssperren mehr gelten würden. Nach jetzigem Stand betrifft dies noch Norwegen und Spanien.
Der Spiegel Tagesschau

Drosten hält an Forschungsergebnis fest
Die Ende April vom Berliner Virologen Christian Drosten vorgestellte Studie löste nicht nur Zustimmung, sondern auch viel Kritik aus. Drosten überarbeitete seine Studie zur Corona-Pandemie daraufhin und stellte die Ergebnisse nun vor. Trotz der Überarbeitung blieb er dabei bei einer seiner Kernaussagen, nämlich dass es weiterhin keine Hinweise dafür gebe, dass Kinder nicht genauso ansteckend seien, wie Erwachsene.

Vor allem die statistischen Methoden zur Auswertung der Daten hatten Kritik auf sich gezogen. Diese seien laut Auffassung einiger Wissenschaftler für die vorliegenden Daten nicht geeignet. Diese Aussagen nutzten Corona-Kritiker und Teile der Medien als Ausgangspunkt für eine umfängliche Kampagne gegen Drosten – obgleich die zitierten Wissenschaftler später betonten, dass solche Ungenauigkeiten und Diskussionen im Früh-Stadium einer wissenschaftlichen Untersuchung normal seien und nicht unbedingt etwas über die Ergebnisse der Studie aussagen würden. Drosten räumte eine eher grobe Vorgehensweise ein und arbeitete die kritischen Kommentare aus Sicht des Statistikers Christoph Rothe (Universität Mannheim) überzeugend ein.
ZDF 

Koalitionsausschuss einigt sich auf Milliardenpaket
Nach einer neunstündigen Sitzung zum anstehenden Corona-Konjunkturpaket hatten sich die beteiligten Parteien (CDU, CSU und SPD) auf den gestrigen Mittwoch vertagt. Angesicht der Größenordnung des geplanten Konjunkturpakets von 80 bis 100 Milliarden Euro und der Komplexität der Verhandlungen wolle man in aller Ruhe entscheiden. Einer der noch offenen Streitpunkte war die geplante Kaufprämie für Autos, die vor allem die Automobilindustrie und Bundesländer mit großen Automobil Produktionsstandorten forderten. Die SPD war strikt gegen eine Kaufprämie, die Autos mit Verbrenner-Technik mit einschließt. Ziel der Verhandlungen war es, nach dem Wirtschaftseinbruch in der Corona-Krise Schub für einen neuen Wirtschafts-Aufschwung zu geben. Weitere Streitpunkte, welche die Verhandlungen langwierig und kompliziert machten, waren beispielsweise neben den Hilfen für die Autoindustrie auch eine finanzielle Entlastung der Kommunen. Begleitet wurden die Verhandlungen von Protesten von ca. 200 Aktivisten, die vor allem gegen eine Förderung von Verbrennern protestierten. Die SPD um Vorsitzende Esken forderte, insbesondere Familien mit Kindern sowie Erwerbslosen, Geringverdienern und Leistungsempfängern zu helfen. Sie brachte einen Familienbonus von 300€ pro Kind ins Gespräch. NRW-Ministerpräsident Laschet hatte sogar 600€ vorgeschlagen. Ebenfalls die SPD trat für eine Vermögensabgabe für Besserverdienende ein, mit dem Ziel, eine bessere Finanzierung der Kosten der Corona-Krise zu gewährleisten. 

Am späten Mittwochabend kam es dann endlich zur lang erwarteten Einigung. Ergebnis: Ein Konjunkturpaket von sogar 130 Milliarden Euro, von denen der Bund 120 Milliarden Euro übernimmt. Die wichtigsten Punkte des Pakets:

  • Eine Senkung der Mehrwertsteuer von 19% auf 16% vom 1. Juli an bis zum 31.12.2020.
  • Ein Kinderbonus von 300€, der Familien mit Kindern pro Kind einmalig mit dem Kindergeld ausgezahlt werden soll.
  • Eine Entlastung bei den Stromkosten für Verbraucher und Unternehmen durch eine Senkung der EEG-Umlage ab 2021 durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt.
  • Eine Entlastung der Kommunen, indem der Bund für die Jahre 2020 und 2021 die Ausfälle der Gewerbesteuer für die Kommunen zur Hälfte ausgleicht und zudem künftig drei Viertel statt bislang die Hälfte der Miet- und Heizkosten von Hartz-IV-Beziehern übernimmt.
  • Eine Unterstützung von durch die Krise besonders betroffenen Branchen wie Hotel- und Gastronomiebetrieben, Kneipen und Clubs, Jugendherbergen, Reiseveranstaltungen und weiteren. Geplant sind laut Beschlusspapier "Überbrückungshilfen" für die Monate Juni bis August im Umfang von maximal 25 Milliarden Euro.
  • Eine Steigerung der Kaufprämie für Elektroautos auf 6000€ beim Kauf eines Elektrofahrzeugs mit einem Netto-Listenpreis von bis zu 40.000€. Die Kaufprämie für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ist damit vom Tisch.

Zur Senkung der Mehrwertsteuer sagte Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), er erwarte dass die Wirtschaft sie an die Bürger weitergebe. Kanzlerin Merkel bezeichnete das Konjunkturpaket als guten "Grundstein" für den Weg aus der Corona-Krise.
TagesschauDer Spiegel

Kaum Neuinfektionen in den Landkreisen
Trotz der – in einigen Bundesländern gravierenden – Lockerungen der letzten Wochen hat in den vergangenen sieben Tagen kein deutscher Landkreis die zuvor ausgerufene von 50 Corona-Neuinformationen überschritten. Der Großteil der Landkreise habe laut Robert Koch-Institut in den vergangenen sieben Tagen kaum oder gar keine Neuinfektionen gemeldet. Nur 57 von 400 Landkreisen hätten laut RKI mehr als 5 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern gemeldet. Wie bereits berichtet konzentrierten sich die Neuinfektionen der letzten Tage vor allem auf einzelne Epizentren. Die meisten neuen Fälle pro 100.000 Einwohner verzeichnete in den vergangenen sieben Tagen der thüringische Landkreis Sonneberg, Bremerhaven sowie die Landkreise Coburg und Cuxhaven. Die kritische Grenze von 50 Neuinfektionen, die eine erneute Verschärfung der gelockerten Maßnahmen nach sich ziehen würde, hat laut RKI kein einziger Landkreis in den letzten Tagen überschritten.
Tagesschau 

Erste Facebook-Mitarbeiter kündigen wegen Streit um Trump-Beitrag
Nachdem Facebook-Konzernchef sich bislang weder zu einer öffentlichen Verurteilung noch zu einer Kenntlichmachung fragwürdiger Posts von Präsident Trump hinreißen ließ, haben nun erste Mitarbeiter Konsequenzen gezogen: Aus Protest gegen die Haltung ihres Chefs haben sie gekündigt. Dieser Vorgang ist ungewöhnlich, da innerbetriebliche Konflikte üblicherweise hinter verschlossenen Türen ausgetragen werden. Die Kündigungen mehrerer Programmierer könnte die Konzernspitze nun dementsprechend unter Druck setzen. Das Konkurrenz-Netzwerk Twitter war in den letzten Tagen erstmals gegen Postings Trumps vorgegangen, indem es sie beispielsweise einem Fakten-Check unterzog und mit entsprechenden Warnhinweisen versah. Eine ähnliche Reaktion Facebooks blieb bislang aus. Zuckerberg hatte dieses Vorgehen wiederholt als wichtigen Schritt für die Meinungsfreiheit deklariert – und damit intern große Kritik geerntet. Besonders viel Ärger unter einigen Facebook-Mitarbeitern hatte Trumps Ankündigung „Wenn geplündert wird, wird auch geschossen" hervorgerufen. Zuckerberg hatte sein Vorgehen zunächst verteidigt, kündigte nun aber an, nach Möglichkeiten zu suchen, problematische Nachrichten auf Facebook zumindest zu kennzeichnen.
Süddeutsche Zeitung 

Empörung über Schlauchboot-Party
Die Schlauchboot-Party am Pfingst-Wochenende in Berlin zieht weiter Kreise. 1.500 Menschen hatten sich in rund 400 Schlauchbooten versammelt und waren damit einem Aufruf zum Party-Protest unter dem Motto „Für die Kultur - Alle in einem Boot" gefolgt. Und dass, obwohl nur 100 Menschen dafür angemeldet waren. Die geltenden Abstandsregeln wurden schon bald nicht mehr eingehalten, und auch von Mundschutz-Masken war nichts zu sehen. Aufgerufen zur Aktion hatten einzelne Berliner Clubbetreiber. Sie lösten die Veranstaltung zwar auf, zogen aber dennoch einige Kritik und Empörung auf sich. „Diese Bilder bereiten mir Sorgen", schrieb zum Beispiel Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf Twitter. In den sozialen Netzwerken fielen die Kommentare deutlich weniger diplomatisch aus. Zu allem Überfluss endete die Demo vor dem Urban-Krankenhaus, in dem nach wie vor Covid-19-Patienten um ihr Leben kämpfen. Entsprechend fassungslos äußerte sich der Intensivpfleger Ricardo Lange aus Berlin: „Kann man unsere Arbeit noch mehr verhöhnen?" Die Veranstalter haben sich inzwischen für ihren Party-Protest entschuldigt.
ZDF

Aus aktuellem Anlass: News des Tages aus den USA

Festnahmen von drei beteiligten Polizisten
Die Staatsanwaltschaft im US-Bundesstaat Minnesota klagte am Mittwoch (Ortszeit) drei an George Floyds Festnahme beteiligte Ex-Polizisten wegen Mittäterschaft an und ließ sie festnehmen. Gleichzeitig wurde die Anklage gegen den Beamten Derek Chauvin deutlich verschärft. Er hatte Floyd minutenlang mit seinem Knie am Hals zu Boden gedrückt, so dass dieser letztendlich an den Folgen der Misshandlung verstarb. Chauvin muss sich jetzt wegen Mordes 2. Grades verantworten - was in Minnesota einer Gefängnisstrafe von bis zu 40 Jahren bedeuten kann.
Der Spiegel

Tausende bei George-Floyd-Protesten
Nicht nur in den USA, auch in Europa solidarisieren sich zahlreiche Menschen mit den anhaltenden Protesten in den USA. Beispielsweise zogen Tausende Demonstranten in einem Protestmarsch vom Hyde Park zum Britischen Parlament. Selbst die britische Polizei hatte sich in einer Mitteilung mit den Protesten solidarisch erklärt: "Wir stehen an der Seite derer, die auf der ganzen Welt abgestoßen und entsetzt sind von der Art, wie George Floyd sein Leben verloren hat". Gleichzeitig mahnten sie jedoch die Demonstranten in ihrem Land zur Gewaltlosigkeit und verurteilten Gewalt und Zerstörung bei vielen Protesten in den USA. In Amsterdam fanden sich ebenfalls Tausende Demonstranten zu einer Protestaktion zusammen, ehe dies aufgrund der nicht einzuhaltenden Abstandsregelungen von der Polizei friedlich aufgelöst wurden.

In Frankreich hatte die Regierung aufgrund zahlreicher Demonstrationen gegen Polizeigewalt sogar Konsequenzen für rassistische Äußerungen und Handlungen angekündigt. Gleichzeitig verurteilte sie aber auch die Ausschreitungen nach Kundgebungen in Frankreich, bei denen sich zum Teil mehr als 20.000 Teilnehmer versammelt hatten.
Tagesschau

US-Armee verlegt Soldaten nach Washington
Um die Sicherheitskräfte in der amerikanischen Hauptstadt angesichts der anhaltenden Proteste unterstützen zu können, hat das US-Militär nach eigenen Angaben rund 1600 Soldaten auf Militärstützpunkte rund um Washington verlegt. Präsident Donald Trump hatte am Montag angekündigt, „tausende schwer bewaffnete Soldaten" des US-Militärs einsetzen zu wollen, um Ausschreitungen am Rande der friedlichen Proteste nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd zu unterbinden. Zunächst wird noch vermutet, dass es sich bei der Aktion um einen Versuch Trumps handelt, einerseits die Demonstranten einzuschüchtern, andererseits bei seinen konservativen Wählern zu punkten.
Der Spiegel

US-Verteidigungsminister lehnt Militäreinsatz gegen Demonstranten ab
US-Präsident Donald Trump drohte unlängst in einer Ansprache am Montag einen Militäreinsatz im eigenen Land zur Bekämpfung der aufbrandenden Demonstrationen und des aufstrebenden und sich Bahn brechenden Widerstands gegen seine Politik im Zusammenhang mit den wiederholten rassistisch motivierten Zwischenfällen der letzten Zeit an. Nun stellte sich einer von Trumps wichtigsten Mitarbeitern in dieser Frage gegen seinen Vorgesetzten. Pentagonchef Mark Esper lehnt den Einsatz von Truppen gegen Demonstranten bei den derzeitigen Protesten entschieden ab. Nach seiner Auffassung sollte dies nur "letztes Mittel" in den "dringlichsten und äußersten Situationen" sein. Dies sei in der aktuellen Situation ausdrücklich nicht gegeben. Trump hatte zuvor schon scharfe Kritik für sein Vorhaben geerntet. Unter anderem hatten sich einige Gouverneure öffentlich geweigert, einen Einsatz des Militärs gegen Demonstranten in ihrem Bundesstaat zuzulassen.
Der Spiegel

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 182.370 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 03.06.2020 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 342 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – veröffentlicht und um 10 Uhr morgens online bereitgestellt. Und warum gibt es hier nicht mehr davon?  Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 3.170.532 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 103.834 Personen mehr als gestern Früh. Davon 167.300 in Deutschland (Stand: 04.06.2020 06:50 Uhr, Quelle: Worldometers).

Tipp des Tages

Was weiße Menschen über Rassismus wissen sollten
Die heutige Ausgabe ist nicht nur geprägt von der Corona-Krise. Die Ereignisse der letzten Tage in den USA haben uns als Redaktion der Angstfrei.News und jede*n Einzelne*n von uns in großem Maße beschäftigt. Folgerichtig geht es im heutigen Tipp des Tages auch nicht um den Umgang mit Corona, sondern um den Umgang mit Rassismus. So sehr die Corona-Krise aktuell unser Leben bestimmt – wir dürfen den Blick für die großen Probleme dieser Welt nicht verschließen. Wir hoffen sehr, Ihr seid in diesem Punkt bei uns!

Alice Hasters gilt vielen als die Stimme der jungen Schwarzen in Deutschland. Geboren 1989 in Köln, lebt sie heute in Berlin und verdingt sie sich als Journalistin, Autorin und Podcasterin. Sie arbeitet für den rbb und die Tagesschau und betreibt gemeinsam mit ihrer Freundin Maximiliane Häcke den Podcast „Feuer & Brot“, in welchem sie über alles zwischen Politik und Popkultur sprechen. Aufsehen erregte sie mit ihrem Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“, in dem sie über ihre Alltagserfahrungen mit Rassismus in Deutschland berichtet. In ihrem Podcast „Alles gesagt?“ luden Christoph Amend und Jochen Wegner von ZEIT ONLINE und ZEITmagazin Hasters nun zum Gespräch. Herausgekommen ist ein 6 Stunden und 37 Minuten langer Dialog über Alltag, Schule, Körper, Liebe und Familie – vieles davon im Licht des leider noch immer alltäglichen Rassismus. Ein ausführliches, erhellendes und mitunter aufhellendes Gespräch, herrlich aufteilbar in einzelne Häppchen für den Weg zur Arbeit oder die abendliche Joggingrunde. Und definitiv lohnenswert! Ein wichtiger Beitrag für jeden, der in der glücklichen Situation ist, noch nie selbst mit dieser Seite unserer Gesellschaft konfrontiert gewesen zu sein.
ZEIT

360° - Von Mensch zu Mensch

Und das ist gut so
von Sebastian

Jetzt sitzen wir also hier, meine Gedanken und ich. Auge in Auge sozusagen – alleine und nur mit uns selbst beschäftigt. Das war so nicht geplant, das hatten wir doch alles schon hinter uns. Hatten uns bekriegt und diskutiert, hatten abgewogen und um Konsens gerungen, mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg. Und nach quälend langen Monaten dann doch endlich Frieden geschlossen. Und jetzt sitzen wir hier und uns wird bewusst, wie brüchig dieser Frieden doch ist – und vielleicht mehr Wunsch, als Wirklichkeit. Wie wacklig die Füße sind, auf denen der Alltag steht und wie groß der eine oder andere Riss im Mauerwerk wohl doch noch ist, hinter der schicken Fassade. Am Wochenende hat mich etwas eingeholt, das schon so weit weg schien. Alles, was es dazu brauchte, war eine Nachricht. Eine, die unerwarteter nicht hätte sein können. Die mich vor eine Aufgabe stellt, von der ich nicht weiß, wie ich sie bewältigen soll. Die mir Angst macht. Angst davor, in alte Muster zu verfallen, dem Leben und den Menschen um mich herum nicht gerecht zu werden, krachend zu scheitern. Und die vieles von dem erschüttert, dass ich mir mühsam aufgebaut habe an Souveränität, an Sicherheit und an Reserven.

Gefühlt ist das alles schon so lange her. In Echtzeit wohl um die zwei oder Jahre. Ich hatte damals innerhalb kurzer Zeit zwei Beziehungen in den Sand gesetzt – natürlich nicht ganz unverschuldet. Hatte aus den besten Gründen die schlechtesten Entscheidungen getroffen und damit eine Situation heraufbeschworen, die nicht mehr beherrschbar war und die fortan mich beherrschte. Und aus der am Ende des Tages niemand unbeschadet hervorging… hervorgehen konnte. Das war weder Teenage-Drama noch Telenovela. Das war für mich das erste Mal das echte Leben mit actio und reactio in voller Pracht und Blüte und mit all seiner brachialen emotionalen Gewalt. Und das riss mich in die bis dato größte Sinn- und Identitätskrise meines Lebens. Und als ob das noch nicht genug gewesen wäre, gab es da auch noch einen Vater, den ich über Wochen fast täglich auf der Intensivstation besuchen musste –  zermartert von Operationen und Komplikationen und buchstäblich auf Messers Schneide reitend. Und ein Opa, vom Leben gezeichnet und zunehmend an seiner Demenz zerbrechend.

Heute kann ich sagen: Das war zuviel für mich. Jedenfalls deutlich mehr, als ich verkraften konnte. Die Folge war ein unheilvolles Konglomerat aus Weltschmerz, Zweifeln, Selbstverachtung und Hilflosigkeit. Ich arbeitete und trank zu viel, schlief viel zu wenig und war viel zu viel damit beschäftigt, die Fassade aufrecht zu erhalten und viel zu wenig damit, in den Räumen dahinter für Ordnung zu sorgen. Ich dachte, dass sei wohl völlig normal und damit kommst Du schon alleine zurecht. Haben andere ja auch schon geschafft. Und so ein bisschen Drama und Melancholie und Herzschmerz gehören ja zu einer ordentlichen Biografie dazu. Wird schon wieder. Spoiler-Alarm: Wurde es nicht. Es begleitete mich über Monate und wurde eher schlimmer, als besser. Und so schwer es mir fällt, das auszusprechen und aufzuschreiben: So langsam aber sicher fraß sich der Gedanke in mein Hirn, ob denn nicht die Welt um mich herum besser dran wäre ohne mich und ich ohne die Welt um mich herum. Nahm Formen an verlor in beängstigender Art und Weise seine Abstraktheit. Ich weiß heute nicht mehr, was letztendlich der Auslöser dafür war, dass ich mir Hilfe gesucht habe. Vielleicht war es der Blick auf das Altglas in meinem Abstellraum oder der in meinen zunehmend alarmierenden Google-Suchverlauf… Auf jeden Fall konnte ich mir von einem Tag auf den anderen eingestehen, dass ich alleine nicht mehr weiter komme. Das ich Hilfe brauche. Mir jemanden suchen muss, der mir hilft, Ordnung in das Chaos in meinem Innersten zu bringen. Der mir einen Weg aufzeigt, mich mit all meinen Dämonen zu arrangieren. Für jemanden, der es gewohnt ist, alles mit sich selbst auszumachen und niemandem wirklich Einblick in die eigene Gedankens- und Gefühlswelt zu geben, war der Griff zum Telefon wirklich schwer. Vielleicht war es Glück. Auf jeden Fall geriet ich bei einer Beratungsstelle an eine Therapeutin, die mich dann über einige Zeit begleitete. Und die mir half. Mich zu besinnen und neu zu orientieren, die Dinge aufzuarbeiten, die mich zu zerfressen drohten. Und irgendwann wurde es wieder. Erst besser, dann gut. Und langsam aber sicher gewann das Gefühl die Kontrolle zurück, das Leben im Griff zu haben mit all seinen Höhen und Tiefen und jede noch so große Hürde meistern zu können.

Und jetzt braucht es genau eine Nachricht, das alles zerbröseln zu lassen wie morsches Holz. Jetzt sitze ich wieder hier und zermartere mir das Hirn und meine Gedanken fressen mich auf. Kontrolle adé, Chaos olé! Angst, Sorgen und Zweifel übernehmen das Steuer und ich habe keine Ahnung, wo es eigentlich hingeht.

Und doch ist etwas anders, als vor diesen zwei oder drei Jahren. Ich weiß, diese Krise ist nicht das Ende der Welt. Die Welt dreht sich weiter und wenn es gut läuft, nimmt sie mich dabei noch ein paar Runden mit. Ich weiß, wie überwältigend das Leben manchmal sein kann und dass ich das alles eben NICHT nur mit mir selbst ausmachen muss. Dass es Menschen gibt – auch und gerade außerhalb meines privaten Umfeldes – die mir helfen können, mit all dem umzugehen. Sie sind tatsächlich nur einen Telefonanruf weit entfernt. Und ich weiß, dass ich es schaffe, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und jemanden um Hilfe zu bitten. Für viele mag sich das nicht nach viel anhören. Für mich bedeutet es die Welt. Denn das heißt, dass ich gelernt habe, dass ich mit alten Gewohnheiten brechen kann. Und dass gerade das Annehmen von Hilfe mich befähigt, mein Leben, meine Gefühlswelt und meine Ängste selbst in die Hand nehmen zu können. Und das ist gut so. Sogar sehr gut.

daz - die angst zeitschrift

Dies und Das

Die Natur als Kunstwerk
Auch wenn die Reisewarnungen der Bundesregierung schon bald aufgehoben werden sollen, Das Urlaubsjahr 2020 wird wohl eher eines im Sparmodus werden. Wer sein Fernweh trotzdem ein wenig stillen (oder sich Inspirationen für mögliche Urlaubsziele im nächsten Jahr holen will), der kann sich auf der Seite des „Independent Photographer“ umschauen. Vorgestellt werden die Gewinner eines diesjährigen Wettbewerbs zum Thema LANDSCAPE. Ob träumerische Doppelbilder einer ägyptischen Pyramide, ein Blick gen Himmel aus den Hochhausschluchten von Macau, ein völlig deplatziert wirkender Fußballplatz auf einer winzigen Insel Norwegens oder die wolkenverhangene Ansicht der Dolomiten in Norditalien – Die Bilder eröffnen neue Perspektiven und laden zum Träumen (und vielleicht auch zum Planen ein).
THE INDEPENDENT PHOTOGRAPHER

Lehrer sind unzufrieden mit digitalem Unterricht
Eine Umfrage der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erhob schon vor der Corona-Krise die Zufriedenheit ihrer Mitglieder bezüglich der Ausstattung ihrer Schulen mit digitaler Infrastruktur und digitalen Medien. Die bereits im März erhobenen Daten geben Hinweise auf die Ursachen von Schwierigkeiten mit digitalen Unterrichtskonzepten. Von diesen hatten Eltern, Schüler*innen und Lehrer*innen in den letzten Wochen vermehrt berichtet. Zwar nutzen 93% der Lehrkräfte digitale Medien im Unterricht – mehr als die Hälfte von ihnen auch mehrmals pro Woche – allerdings greifen sie dabei in großem Ausmaß auf private Endgeräte zurück: 61% der Befragten bei Präsentationen in der Schule, 90% bei allgemeinen dienstlichen Aufgaben. Dementsprechend hielt sich bei der Umfrage die Begeisterung der Lehrer*innen bezüglich der Unterstützung durch ihre Schulen oder die jeweiligen Träger sehr in Grenzen. So haben nach eigenen Aussagen nur 29% der Befragten eine ausreichende technische Ausstattung für Präsentationen zur Verfügung. Die Informationen zum Ende letzten Jahres angestoßenen Digitalpakt bewerten nur 11% der Befragten mit „sehr gut“ oder „gut“. Ein weiteres Problemfeld zeigte sich beim Thema Fortbildungen zum digitalen Unterrichten. Nur 18% der Lehrer*innen fanden die Fortbildungen zu diesem Thema inhaltlich ausreichend. Ansgar Klinger, GEW-Vorstandsmitglied für berufliche Bildung und Weiterbildung, forderte in diesem Zusammenhang eine Aufstockung des Digitalpaktes von 5,5 auf 20 Mrd. Euro.
Der Spiegel

Erste Erfolge gegen Corona mit der Blutplasma-Therapie
Bereits vor einiger Zeit berichteten wir über den Ansatz, COVID-19-Patient*innen mit dem Blutplasma von bereits genesenen Patient*innen zu behandeln. Bei Blutplasma handelt es sich um den flüssigen Bestandteil des Blutes, der im Wesentlichen dem Transport der Blutzellen dient. In ihm befinden sich bei genesenen Covid-19-Patient*innen Antikörper gegen das Corona-Virus. Dies nährt die Grundidee der Plasma-Therapie. Die im Plasma enthaltenen Antikörper sind in der Lage, zielgenau den Corona-Erreger zu attackieren. Das Virus wird so neutralisiert und mögliche Folgen wie Schäden an der Lunge oder an anderen Organen können unter Umständen verhindert werden. Aktuell wird die Plasmatherapie an vielen Kliniken unterschiedlicher Bundesländer erforscht. Bislang liegen nur Einzelfallstudien vor – die Ergebnisse großer klinischer Studien stehen noch aus. Die Ergebnisse der individuellen Heilversuche zeigen dabei gute Ergebnisse, so zum Beispiel Professor Florian Klein, Direktor des Instituts für Virologie an der Universitätsklinik Köln. Möglicherweise handelt es sich bei der Plasmatherapie um einen der Bausteine in der erfolgreichen Behandlung von COVID-19.
Deutschlandfunk

Sieben Dinge, die wir jetzt gegen Rassismus tun müssen
Die „Black Lives Matter“ Bewegung ist derzeit allgegenwärtig, nachdem der gewaltsame Tod des Amerikaners George Floyd in Polizeigewahrsam um die Welt ging und vor allem in den USA zu massiven Protesten führte. Auch auf den sozialen Medien schlug das Ereignis große Wellen. Beispielsweise blieben die Posts vieler bekannter Influencer und Social Media Persönlichkeiten am Dienstag schwarz – versehen mit dem Hashtag #theschowmustbepaused. Der Tod Floyds scheint Resultat eines tief verwurzelten Rassismus zu sein, der auch bei uns hier in Deutschland weit verbreitet ist. Beleidigungen, körperliche Angriffe, Racial Profiling, Probleme bei der Job- oder Wohnungssuche… alles Zeichen von Alltagsrassismus, mit denen sich viele Menschen auch in Deutschland Tag für Tag konfrontiert sehen. Grund genug für uns alle, dagegen vorzugehen. Die Plattform UTOPIA hat sieben Möglichkeiten zusammengestellt, auch als nicht betroffene Person zu helfen.

  1. Kontaktiere andersfarbige Freund*innen und Bekannte und zeig Ihnen, dass Du da bist, um sie zu unterstützen und dass sie nicht alleine sind mit ihrer Wut und ihrer Trauer.
  2. Nimm an Protestaktionen teil – egal, ob physisch in Form einer Demo, oder online. Zeigt, dass niemand alleine gegen Rassismus kämpfen muss.
  3. Erhebe Deine Stimme gegen Rassismus – und zwar nicht nur jetzt. Mit rassistischen Äußerungen, Witzen im Freundes- und Familienkreis und Beleidigungen in der Öffentlichkeit hat bestimmt jeder seine Erfahrungen. Schweigt nicht! Steht auf und diskutiert, egal, wie unangenehm es sein mag.
  4. Informiere Dich. Neben den offensichtlichen Formen von Rassismus gibt es viele weitere Formen von Alltagsrassismus, die auf den ersten Blick nicht einmal als solche erkennbar sind. Um sie zu erkennen, musst Du Dich informieren. Erst dann kannst Du etwas dagegen tun.
  5. Höre Betroffenen zu. Verharmlose oder relativiere nicht. Nur so kannst Du verhindern, Rassismus weiter zu normalisieren.
  6. Unterstütze anti-rassistische Arbeit. Zahllose Initiativen und Vereine stellen sich gegen Rassismus. Sie organisieren Demonstrationen, stellen Informationsmaterial bereit, geben Workshops und kooperieren mit Schulen, Medien und Politik. Unterstütze sie – sei es durch Spenden, oder Deine Mitarbeit.
  7. Mach Dir Deine Privilegien bewusst! Mach Dir klar, dass Du – nur weil Du weiß bist und aussiehst, als seist Du hier in Deutschland geboren – deutlich bessere Chancen im Leben hast. Aufstiegschancen, Chancen auf einen Job, Chancen auf eine Wohnung. Diese Vorteile hast Du nur, weil andere Menschen durch ihr Aussehen oder ihre Herkunft Nachteile haben.

Es ist, wie bei so vielen Dingen. Wenn jeder einzelne anfängt, in seinem eigenen Mikrokosmos etwas zu verändern, verändern wir gemeinsam die ganze Welt! Also fangt heute damit an!
UTOPIA

Mit diesem Appell entlassen wir Euch in den Tag und in den Rest der Woche! Passt auf Euch auf!

Sebastian
und das ganze Team von AngstFrei.news.

Ideen, Anmerkungen, Wünsche? Gerne hören wir über das Feedbackformular von euch. Ihr wollt unsere Arbeit unterstützen: Spenden und Fördermitgliedschaft bei der Deutschen Angst-Hilfe e.V.

Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Tagesschau (Ticker) | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.