Samstag, 16. Mai 2020 | 8 Uhr
Einen schönen guten Morgen euch Allen!
Gestern war der unter Verschwörungstheoretikern berühmt berüchtigte 15. Mai und da ich hier sitzen und euch die heutigen Nachrichten präsentieren darf (und ihr diese auch lesen könnt), können wir nun sicher sagen, dass wir entgegen aller Verschwörungstheorien weder zwangsgechipt, noch zwangsgeimpft wurden. Gut so - nun können wir also in ein hoffentlich sonniges Wochenende starten. Unter unserem heutigen “Dies und Das” findet ihr daher nochmals ein paar Tipps zum Umgang mit Verschwörungstheorien. Gestern gingen außerdem die diesjährigen “Eisheiligen” mit der “Kalten Sophie” zu Ende und eine alte Bauernregel besagt, dass nach diesem Tag kein Frost mehr vor dem Sommer erwartet wird. Wir dürfen uns nun also auf immer wärmer werdende Temperaturen freuen. Passend dazu erwartet euch in der heutigen Ausgabe unter anderem ein Überblick über die aktuellen Regelungen zu Restaurantöffnungen. Außerdem nehme ich euch im Beitrag zu “Von Mensch zu Mensch” noch einmal mit in mein Muttertagswochenende und im Tipp des Tages dürft ihr mal wieder selbst kreativ werden.
Viel Spaß beim Lesen und Ausprobieren wünschen euch
Annika und das gesamte Team der angstfrei.news
Und wie immer freuen wir uns über Ideen, Anmerkungen und auch Wünsche im Feedbackformular.
Die gute Nachricht des Tages
Bundesweit erste Quarantäne-Station für Obdachlose eröffnet
In Berlin gibt es seit dieser Woche die erste deutsche Quarantäne-Station für Obdachlose. In insgesamt 16 Betten über der Notfallambulanz der Stadtmission sollen künftig Menschen unterkommen können, die ohne festen Wohnsitz leben, sich mit dem Corona-Virus infiziert haben und daher in häuslicher Quarantäne verbleiben müssen.
Barbara Breuer, Sprecherin der Berliner Stadtmission sagt dazu: “Auf dieser Quarantäne-Station sind nur diejenigen, die eine bestätigte Infizierung haben, aber keinen schweren Krankheitsverlauf. Hier können sie beobachtet werden und sind nicht sich selbst überlassen”. Die Einweisung solle über das Gesundheitsamt erfolgen.
Innerhalb der Station sollen die Menschen ohne festen Wohnsitz drei Mahlzeiten pro Tag erhalten. Die Koordinatorin, Luise Marie Rust, beschreibt das weitere Angebot wie folgt: “Wir haben freien Zugang zum W-LAN. Wir haben einen Fernseher und es gibt einen Computer, einen Raucherraum und Gesprächsangebote”. Außerdem würden obdachlose Menschen, die von Tabak oder Alkohol abhängig seien, Zigaretten und Alkohol unter geregelten Bedingungen erhalten. Substitute für Opiate würden durch Suchtmediziner verabreicht werden.
Die Quarantäne-Station sei zunächst für drei Monate vorgesehen. Für denselben Zeitraum biete die Berliner Stadtmission Menschen ohne Obdach eine Unterkunft in einem neu eröffneten Wohnheim, um sie vor einer Infizierung mit dem Virus zu schützen.
→ rbb24
Wichtige Entwicklung seit gestern Abend
Grenzkontrollen nach Frankreich, Österreich und in die Schweiz gelockert
Am Mittwoch haben wir bereits darüber berichtet; nun wurde endgültig beschlossen, dass die Grenzkontrollen an den Grenzübergängen nach Frankreich, Österreich und in die Schweiz mit dem heutigen Tag gelockert werden. Reisende dürfen aus geschäftlichen oder medizinischen Gründen, für ein Studium oder eine Ausbildung und für Familienbesuche wieder in die Nachbarländer ein- und ausreisen. Grenzübergänge aus touristischen Gründen, zum Einkaufen oder Tanken seien jedoch weiterhin nicht gestattet. An der Grenze zu Luxemburg entfallen die Kontrollen komplett.
→ Tagesschau (Ticker) | t-online
Erneut positive Corona-Tests bei Fleischverarbeiter
Drei Corona-Tests bei Deutschlands größtem Fleischverarbeiter Tönnies in Rheda-Wiedenbrück seien nach einem Zwischenstand positiv ausgefallen. Von insgesamt 6204 getesteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens seien bislang 3252 Proben ausgewertet worden.
→ dpa
Anhaltende Debatte um Einführung einer Grundrente
Die Diskussion um die Einführung einer Grundrente besteht weiter fort. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verteidigte die Pläne im Rahmen einer gestrigen Bundestagssitzung. Er verwies darauf, dass eine Grundrente in erster Linie denjenigen Menschen zu Gute kommen würde, die gegenwärtig in systemrelevanten Berufen (Pflegehilfskräfte, Paketboten, Lkw-Fahrer, Friseure, Beschäftigte in Supermärkten und Servicekräfte) tätig seien und angesichts ihres momentanen Arbeitseinkommens voraussichtlich nicht allein von ihrer Rente leben könnten. Die Parteien der Opposition kritisierten das Konzept der Grundrente und verwiesen dabei auf die bislang ungeklärte Finanzierung und den voraussichtlich mit der Einführung einer Grundrente verbundenen hohen bürokratischen Aufwand.
→ Tagesschau
7-Tage-Reproduktionsfaktor unter dem Wert des letzten Wochenendes
Der 7-Tage-R-Fakor, den das Robert-Koch-Institut nunmehr für die Einschätzung der bundesweiten Lage nutzt und regelmäßig veröffentlicht, besagt, wie viele Menschen eine infizierte Person vor ein bis zwei Wochen durchschnittlich ansteckte. Obwohl der gestrige Wert im Vergleich zum Wert des vergangenen Donnerstags leicht anstieg, liege er trotzdem noch unter dem Wert des vergangenen Wochenendes - und damit auch unter dem Wert 1, den das RKI als kritische Grenze benannte.
→ Tagesschau (Ticker) | Süddeutsche Zeitung
Verlängerung der Lohnfortzahlung für Eltern nun doch nicht endgültig abgelehnt
Gestern wurde medial berichtet, dass eine Verlängerung der Lohnfortzahlung für Eltern, die aufgrund der anhaltenden Beschränkungen von Tagesbetreuungen und Schulen gegenwärtig ihr Kind betreuen und daher nicht arbeiten gehen, nach den bisher bewilligten sechs Wochen pro Elternteil nicht geplant ist. Alleinerziehende sollten auf die erweiterte Notbetreuung ausweichen können. Nun ruderte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) jedoch zurück: “Ich bin der festen Überzeugung, dass wir einen neuen Anlauf finden müssen, um für den Übergang auch eine neue Regelung zu finden”. Die weitere Gestaltung einer Lohnfortzahlung für Eltern solle am kommenden Montag bei einem Treffen der Bundesregierung mit Arbeitgebern beraten werden. Die Ausgestaltung obliege jedoch den einzelnen Bundesländern. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SDP) sagte zur Thematik: “Von der weiteren Öffnung der Betreuungskapazitäten wird auch abhängen, wie eine Anschlussregelung für Entschädigungszahlungen gestaltet werden kann. Über diese müssen sich die Länder und der Bund zeitnah verständigen”.
→ Spiegel
Überblick zu Restaurantöffnungen in den Bundesländern
Bayern:
- Biergärten und freie Schankflächen sind ab dem 18.05.2020 wieder geöffnet, müssen allerdings um 20 Uhr schließen
- pro Tisch seien Personen aus zwei Haushalten erlaubt, ansonsten gelte Mindestabstand von 1,50 Metern
- Mundschutzpflicht beim Personal, jedoch nicht bei den Gästen
- Reservierung nicht grundsätzlich vorgeschrieben
- alle Gäste werden durch das Personal platziert
- Personalien der Gäste werden aufgenommen
- Innenbereiche der Gaststätten dürfen ab dem 25.05.2020 wieder öffnen
Baden-Württemberg:
- Außer-Haus-Verkauf von Speisen und Getränken sowie Öffnung von Kantinen für Betriebsangehörige seit dem 11.05.2020 wieder erlaubt
- Innenräume der Gaststätten dürfen ab dem 18.05.2020 wieder öffnen
- Personalien der Gäste in Restaurants müssen aufgenommen werden
- Gäste werden gebeten, bargeldlos zu zahlen und Kommunikation mit dem Personal auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken
Berlin/Brandenburg:
- in Gastbetrieben, in denen mehr als eine Speise angeboten wird, ist der Verzehr von Speisen und Getränken seit dem 15.05.2020 wieder erlaubt
- in Bäckereien und Cafés, in denen nur Tiefkühlware aufgewärmt wird, dürfen keine Gäste am Tisch bewirtet werden
- Kneipen und Bars bleiben geschlossen
- Berlin: Mundschutzpflicht für Personal von Gastbetrieben
Bremen:
- Restaurants seit dem 15.05.2020 wieder geöffnet
- keine Beschränkungen der Öffnungszeiten
- Abstand zwischen Tischen mindestens zwei Meter
- vorgeschriebener Abstand von 1,50 Metern zwischen Personal und Gästen
- Buffets und Selbstbedienung sind nicht erlaubt
- Aufenthalt an Bars/Tresen nicht erlaubt
Hamburg:
- Gaststätten seit dem 13.05.2020 wieder geöffnet
- Maskenpflicht für Personal mit unmittelbarem Gästekontakt
- häufig berührte Oberflächen (Türgriffe, Tischflächen, etc.) müssen mehrmals täglich gereinigt werden
- keine Reservierungspflicht
- keine Beschränkungen der Öffnungszeiten
Hessen:
- Mensen, Kantinen, Restaurants, Eiscafés und andere Speiselokale dürfen seit dem 15.05.2020 wieder öffnen
- ein Gast pro fünf Quadratmeter Ladenfläche erlaubt
- Bereitstellung von Gegenständen zur gemeinsamen Nutzung (z. B. Salzstreuer, Pfeffermühlen) nicht erlaubt
Mecklenburg-Vorpommern:
- Restaurants dürfen seit dem 09.05.2020 wieder öffnen
- maximal sechs Gäste pro Tisch, Personalien eines Gastes werden aufgenommen
- Reservierungspflicht
- Maskenpflicht für Personal
- Räume mit Publikumsverkehr müssen regelmäßig gelüftet werden
Niedersachsen:
- Restaurants dürfen seit dem 11.05.2020 wieder öffnen
- erlaubt ist die Nutzung von maximal der Hälfte ihrer Sitzplatzkapazitäten
- zwei Meter Abstand zwischen Tischen
- Reservierungspflicht
- Bereitstellung von Gegenständen zur gemeinsamen Nutzung (z. B. Salzstreuer, Pfeffermühlen) sowie Speisekarten nicht erlaubt
Nordrhein-Westfalen:
- Gaststätten, Cafés, Imbisse, Kantinen und Kneipen dürfen seit dem 11.05.2020 wieder öffnen
- pro Tisch Personen aus zwei Haushalten oder “Verwandte in gerader Linie” erlaubt
- regelmäßige Belüftung aller Räumlichkeiten
- Bars müssen geschlossen bleiben
Rheinland-Pfalz:
- Öffnung von Restaurants seit 13.05.2020 erlaubt
- Maskenpflicht für Personal und Gäste von Restaurants, nur unmittelbar am Sitzplatz darf Maske von den Gästen abgelegt werden
- Aufenthalt an Theken nicht gestattet
- Öffnung zwischen 22 und 6 Uhr nicht erlaubt
Saarland:
- Öffnung von Restaurants voraussichtlich ab dem 18.05.2020
Sachsen:
- Restaurants dürfen seit 15.05.2020 wieder öffnen
- Barbereiche und Kinderspielecken jedoch geschlossen
- Speisekarten müssen abwischbar sein
- Verbot von Besteckkörben für Gäste und von Selbstbedienungsbereichen
Sachsen-Anhalt:
- Restaurants dürfen mit Sondergenehmigung ab dem 18.05.2020 wieder öffnen, ansonsten ab dem 22.05.2020 (Ausnahme: Magdeburg erlaubt keine Öffnung mit Sonderregelung)
- Verbot von Selbstbedienungsangeboten und Buffets
Schleswig-Holstein:
- Restaurants dürfen seit dem 15.05.2020 öffnen, sofern vorgeschriebene Mindeststandards eingehalten werden:
- Infektionsschutz-Schulung des Personals
- Bereitstellung von Möglichkeiten zum Händewaschen und Desinfizieren
- Steuerung des Gästeverkehrs über Zutrittsbeschränkungen
- Reservierungspflicht
- Mundschutz für Personal mit Gästekontakt wird empfohlen
- Verbot von Buffets und “übermäßigem Alkoholkonsum” der Gäste
Thüringen:
- Restaurants dürfen seit dem 15.05.2020 wieder öffnen
- keine Abstandsregelungen für Tische
- vorgeschriebener Abstand zwischen Personen 1,50 Meter
- keine Masken- und Reservierungspflicht
- Warteschlangen und Gruppenbildungen sollen vermieden werden
Corona in Zahlen
173.152 Menschen sind als infiziert getestet worden (Stand: 15.05.2020 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 913 Personen mehr als am Tag zuvor.
Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – veröffentlicht und um 10 Uhr morgens online bereitgestellt. Das bedeutet für unsere Webseite, dass ihr immer abends aktuelle Zahlen bei uns abrufen könnt. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.
Gesundheitsticker: 1.759.589 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 23.561 Personen mehr als gestern Abend. Davon 151.700 in Deutschland (Stand: 16.05.2020 04:59 Uhr, Quelle: Worldometers).
Tipp des Tages
Darüber, sich in diesen Zeiten kreativ zu betätigen, haben wir hier ja schon auf die unterschiedlichsten Arten geschrieben. Meine ganz persönliche Art, die kreative Ader in mir herauszulassen, ist das Nähen.
In den letzten Wochen wurde meine Nähmaschine aus dem (zugegebenermaßen recht langen) Winterschlaf erweckt. Anlass dafür war mein Wunsch, meine Freunde und Familie mit Mund-Nasen-Bedeckungen auszustatten. Über das Nähen kam in mir aber auch wieder das Bedürfnis hervor, andere Sachen herzustellen. Schließlich könnte mein Kleiderschrank zum Start in die warmen Temperaturen ein deutliches Upgrade vertragen. Und auch gegen eine neue Tasche hätte ich nichts einzuwenden.
Wie gut, dass es im Internet eine Vielzahl an Schnittmustern und Nähanleitungen gibt, damit wir uns voll und ganz auf das Nähen konzentrieren können (und keine eigenen komplizierten Schnittmuster erstellen müssen). Einige Angebotsseiten haben ihre Schnittmuster momentan sogar deutlich reduziert oder stellen diese zum Teil kostenfrei als Download zur Verfügung. So könnt ihr auch als Anfänger*innen an Omis ausrangierter Nähmaschine und mit ein oder zwei aussortierten alten Kleidungsstücken probieren, ob das Nähen ein neues Hobby für euch sein könnte, ohne bereits im Vorfeld zu viel Geld dafür auszugeben.
Probiert es doch einfach mal aus! Kreativ werden könnt ihr mit Unterstützung der folgenden Auswahl an möglichen Angebotsseiten:
→ mees&mees | Makerist | Stoffe.de
Viel Spaß dabei wünscht euch Annika!
Von Mensch zu Mensch
Vom Tanz mit dem Affen
Normalerweise sind Wochenenden meine Ruheoase. Endlich mal kein frühes Aufstehen, kein Alltagsstress. Dafür viel Zeit für all das, was in der Hektik der Arbeitstage verloren geht. Am vergangenen Muttertagswochenende sah das Ganze bei mir allerdings etwas anders aus.
Ich habe bereits Tage vorher mit mir gehadert, ob es gut wäre, meine Mutter zum Muttertag zu besuchen. Lockerungen hin oder her, ein gewisser Respekt vor zusätzlichen sozialen Kontakten liegt mir immer noch in den Knochen. Letztendlich wurde die Entscheidung mir aber abgenommen - meine Mutter musste nämlich den ganzen Sonntag arbeiten. So schwer mir das auch einerseits fiel, war ich andererseits auch etwas erleichtert. So musste ich nämlich nicht weiter abwägen und schon gar keine Enttäuschung bei meiner Mutter wecken, hätte ich mich gegen einen Besuch bei ihr entschieden.
Für mich war also alles in Ordnung. Nur habe ich meine Rechnung dabei ohne meinen Freund gemacht - der wollte seine Mutter nämlich sehr gerne besuchen. Und als er mir das ein paar Tage vorher mitteilte, war zunächst auch noch alles gut.
Bis… Tja. Bis der Samstag kam.
Wir sprachen noch einmal über die Muttertagspläne und sein Vorhaben, als sie mich auf einmal traf, wie ein Blitz.
Oh, hallo Angst, lange nicht gespürt! (Zugegeben: das war gelogen. Hört sich aber besser an, als „ich hatte gehofft, ich hätte mal ein paar Tage Ruhe vor dir“.)
Die Angst flüsterte mir die wildesten Gedanken und Phantasien darüber ins Ohr, was passieren könnte, wenn mein Freund Kontakt zu seiner Familie hätte. Was, wenn sie ihn anstecken? Oder er sie unbewusst infiziert? Welche Folgen hätte das für seine Familie, für ihn, für uns? Und je länger meine Angst so auf mich einredete, um so mehr entfernte ich mich von dem Gespräch mit meinem Freund. Rationale Gedanken zuzulassen, war schon längst nicht mehr möglich.
Er erkennt den langsamen Übergang von leichten Bedenken und Sorgen zu meiner Angst glücklicherweise. Aber ich erkenne ihn oftmals nicht. Denn meine Angst ist geschickt: Sie verkauft mir ihre Phantasien als Realität. Und bevor ich merke, dass sie längst Besitz von mir und meinen Gedanken ergriffen hat, denke ich noch, ich könnte rationale Gespräche führen. Also fühle ich mich unverstanden, wenn mir mein Gegenüber (und sei es auf die liebevollste Art, wie nur irgendwie möglich) mitteilt, dass gerade meine Angst aus mir spricht - und nicht mehr ich.
Denn meine Angst ist real. Nur die Gründe für meine Angst sind es oftmals nicht.
Ich weiß das normalerweise. Aber wenn sie kommt, kommt sie schleichend und ich kann mich ihr nur schlecht entziehen. Der Singer-Songwriter Bosse hat mein Gefühl in seinem Lied „Alter Affe Angst“ ganz gut zusammengefasst:
„Dann kommt dein alter Affe Angst und tanzt und tanzt und tanzt mit dir.
So lang, so lang, bis du den Boden unter deinen Füßen verlierst.
Dann kommt dein alter Affe Angst und tanzt und tanzt dich weg von hier.
In seinen dunklen Dschungel, in dem du alles, was du liebst auf einmal verlierst.“
(Bosse - „Alter Affe Angst“)
Genau so fühlt es sich für mich an. Die Beschreibung von dem Affen, der mich unkoordiniert herumwirbelt und nicht loslässt, bis mich das Gefühl vollends umgibt, trifft es sehr gut. Bis ich mich in seinem dunklen Dschungel wiederfinde.
An einigen Tagen finde ich recht schnell wieder aus dem Dschungel heraus. An anderen dauert es länger. An diesem Tag habe ich nicht wieder herausgefunden. Dabei habe ich mein Bestes gegeben: Ich habe versucht, mich abzulenken. Habe Balkonpflanzen gekauft und eingepflanzt. Und ich war stolz auf mein Werk. Das beklemmende Gefühl, sobald ich an den nächsten Tag dachte, ließ mich allerdings nicht los.
Am nächsten Tag fuhr mein Freund zu seiner Familie. Ich bin nicht mit ihm gefahren, das habe ich nicht geschafft. Aber obwohl ich den Affen noch in meinem Rücken spürte, konnte ich ihn fahren lassen, ohne bereits am Morgen wieder in den tiefsten Angst-Dschungel entführt zu werden. Und so klein dieser „Erfolg“ auch wirken mag, mein Freund und ich wissen, wie groß er eigentlich in dieser Situation war. Das mulmige Gefühl gab es noch. Aber der Affe hatte kurz nicht aufgepasst, sodass ich schon einmal zum Rand seines Dschungels flüchten konnte.
Während der Mittagspause meiner Mutter telefonierten wir; quasi als „Ersatz“ für den nicht realisierbaren Besuch zum Muttertag. Und wir telefonierten lange. Gespräche zwischen meiner Mutter und mir lösen immer wieder dieselben Gefühle in mir aus. In diesen bin ich immer wieder „Kind“ und egal, wie oft ich darüber schon die Augen verdreht habe (wenn auch meistens mit einem Grinsen auf den Lippen), vermittelt es mir auch das Gefühl von Geborgenheit. Von Heimat. So auch dieses Mal. Und je länger wir telefonierten, desto besser ging es mir. Es war, als wenn meine Mutter an diesem Tag etwas in mir auslöste, was den Affen vollständig verjagte. Und nach dem Telefonat saß ich auf dem frisch bepflanzten Balkon in der Sonne und konnte zum ersten Mal an diesem Wochenende wieder durchatmen.
Sicherlich, mein Affe wird irgendwann wiederkommen. Aber jedes Mal, an dem ich es wieder aus seinem Dschungel heraus schaffe, ist für mich ein Gewinn. Jedes Mal macht mich ein bisschen hoffnungsvoller und gibt mir das Gefühl, stärker zu sein, als meine Angst. Stärker, als mein Affe.
"Und dann ist es vorbei.
Der Affe weg, ich wieder hier.
Die Tage sonnig, ganz ohne Furcht und das haarige Angstgetier.“
(Bosse - „Alter Affe Angst“)
Eure Annika
Dies und Das
(Erneute) Tipps zum Umgang mit Verschwörungstheorien
Weil es so wichtig ist: ergänzend zum gestrigen Beitrag hier nochmals ein kleiner Hinweis zum Thema Verschwörungstheorien. Denn sie begleiten uns nicht erst seit Corona. Zu fast jedem unerwarteten oder außergewöhnlichen Ereignis entspinnen in kürzester Zeit alternative Erklärungsansätze. Das Motto scheint dabei zu sein: Je abstruser, desto besser. Wie sollten wir mit solchen Theorien also umgehen? Und ergibt es Sinn, ihnen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu begegnen? Wie sollten wir reagieren, wenn uns nahestehende Menschen plötzlich Verschwörungstheoretikern mehr Glauben schenken, als aktuellen wissenschaftlichen und politischen Entwicklungen? Im Podcast “Ab 21” von Deutschlandfunk Nova ging es vor zwei Tagen genau um diese Fragestellungen. Die Autorin Franzi von Kempis hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf Twitter auf Hasskommentare und Verschwörungsmythen zu reagieren. Mit ihrem Buch “Anleitung zum Widerspruch” hat sie einen Ratgeber zu diesem Thema geschrieben. Im Podcast gibt sie Tipps für den Umgang mit Verschwörungstheorien und friedliche Diskussionen mit Personen, die diese teilen.
Das gemeinnützige Recherchezentrum Correctiv hat indes untersucht, über welche Plattformen Falschmeldungen in erster Linie verbreitet werden. Den ersten Platz belege dabei die Messenger-App “WhatsApp”. Dort sei zwar inzwischen eingeschränkt worden, wie häufig einzelne Inhalte weitergeleitet werden können; weitere Maßnahmen zum Vorgehen gegen die Verbreitung von Falschmeldungen könnten ohne datenschutzrechtliche Probleme jedoch nicht vorgenommen werden, sagt Correctiv-Faktencheckerin Bianca Hoffmann. Gut abgeschnitten habe jedoch “Facebook”. Die Plattform arbeite mit mehreren Organisationen zusammen, um Meldungen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. YouTube habe zwischenzeitlich zwar einen Hinweis unter jedes Video, das sich inhaltlich mit dem Coronavirus beschäftige, eingefügt; Hoffmann bemängelte dabei jedoch die Platzierung des Hinweises, der darauf schließen lassen könne, dass das Video durch eine staatliche Quelle zur Verfügung gestellt worden sei.
→ Deutschlandfunk Nova (Podcast "Ab 21") | Deutschlandfunk Nova (Faktencheck)
Welche Informationen sollten wir an unsere Kinder weitergeben?
Eine generelle Frage in der Kindererziehung ist oft “Was muss ich meinen Kindern erzählen und welche Informationen überfordern sie nur?”. In der gegenwärtigen Situation, in der sich Dinge und Vorgaben kurzfristig verändern und auch Kinder unsere Unsicherheit spüren, bekommt diese Frage noch einmal eine ganz andere Bedeutung. Autor und Kinderarzt Herbert Renz Polster positioniert sich dabei ganz deutlich: “Kinder müssen wissen, was los ist. [...] Kinder unter 5 Jahren brauchen keine langen Informationen, sie brauchen vor allem eines: dass ihre Fragen immer wieder beantwortet werden. Und das am besten so kurz und direkt wie möglich“. Trotzdem sei es wichtig, ihnen die gegenwärtigen Verhaltensregeln immer wieder zu erklären - das nehme ihnen die Angst vor den Neuerungen: „Kinder wollen helfen. Statt ihnen zu sagen: Du musst jetzt häufig die Hände waschen! Sag ihnen lieber: Wir waschen jetzt alle öfter die Hände, daran gehen die Erreger kaputt“.
→ Känguru Online
Mit diesem letzten Tipp entlasse ich euch nun in das Wochenende. Lasst es euch gut gehen, seid nicht so hart zu euch selbst und seid stolz auf eure Erfolge (und sind sie auf den ersten Blick auch noch so klein).
Und um den gestrigen Anstoß von Katharina weiterzuführen: Ich habe eine Karte an meinem Arbeitsplatz, auf der steht:
“We all make mistakes, have struggles and even regret things in our past. But you are not your mistakes, you are not your struggles and you are here NOW with the power to shape your day and your future.” (Steve Maraboli)
(“Wir alle machen Fehler, führen Kämpfe und bereuen Dinge aus unserer Vergangenheit. Aber du bist weder einer deiner Fehler, noch einer deiner Kämpfe. Du bist JETZT hier mit der Kraft, deinen Tag und deine Zukunft zu gestalten.”)
Einen schönen Tag und ein schönes Wochenende wünschen euch
Annika und das ganze Team von angstfrei.news
(Und: hört auf zu googeln – das machen wir für Euch.)
Ideen, Anmerkungen, Wünsche? Gerne hören wir über das Feedbackformular von euch. Ihr wollt unsere Arbeit unterstützen: Spenden und Fördermitgliedschaft bei der Deutschen Angst-Hilfe e.V.
Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Tagesschau (Ticker) | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.