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Freitag, 10. April 2020 | 8 Uhr

Wolfgang
Markus

Einen guten Start in den Karfreitag 2020,

wünschen euch Wolfgang und Markus, die Kümmerer dieser Feiertagsausgabe. Dies ist der Auftakt zu einem historischen Osterfest. Erstmals seit 1871 steht es in Deutschland unter Quarantäne. Kirche, Café, Sportverein – gesperrt. Vielleicht findet ihr in unseren Texten Anregungen für andere sinn- und lustvolle Beschäftigungen über die Feiertage.

Euer angstfrei.news Team

Und noch etwas, was ihr an dieser Stelle schon kennt: Abonniert doch den RSS-Feed für diese Seite und gebt uns Rückmeldung, ob es bei Euch klappt. Wie immer freuen wir uns über Ideen, Kommentare, Wünsche im Feedbackformular.

Die gute Nachricht des Tages

„Deine Ängste annehmen – drauf hören – drüber austauschen!“

Wir ALLE in diesen Zeiten haben Angst: vor Jobverlust; Ansteckungsgefahr, Erkrankung und Tod; in der Isolation vor zu viel Einsamkeit oder, umgekehrt, zu großer Nähe zur Familie; im Home Office vor Burnout durch exzessives Arbeiten und Neu-Stress beim ungewohnten Tele-Arbeiten … Insofern war es verdienstvoll und für viele Betroffene ungeheuer hilfreich, dass unser nach wie vor großes deutsches Leitmedium, der Spiegel, die Corona-Ängste aufgriff. In einer Live-Sendung bat Moderator Stefan Kuzmany Experten um Einschätzungen und Ratschläge. Mit dabei u.a. der Mitautor von angstfrei.news, Christian Zottl. In seinem Hauptberuf ist er Geschäftsführer der Deutschen Angst-Hilfe DASH e.V. Darin treibt der Sozialpädagoge, Supervisor und Bergwanderführer die Vernetzung bundesdeutscher Angsthilfe und Angstselbsthilfen zu einer schlagkräftigen nationalen Lobby für die Entstigmatisierung von Angst voran. Sein Rat war ebenso schlicht und ergreifend, aus vielen Jahren der Arbeit mit der Angstselbsthilfe geschöpft, insofern viel praktischer und „abgehangener“, als was viele Fachexperten aus Medizin, Psychologie, Psychiatrie in diesen Tagen äußern. „Seine Ängste annehmen, drauf hören, sich mit seinen Liebsten drüber austauschen, dabei die täglichen Routinen aufrechterhalten, und alles machen, was guttut, Sport und Yoga etwa“, riet Zottl aus seinem Wohnzimmer im Chiemgau. Zugeschaltet aus dessen Wohnzimmer in Baden-Baden war auch Thomas Gottschalk, nicht in bunter Kleidung ausstaffiert, so wie man den Entertainer von seinen TV Shows kennt, sondern im Schlabbershirt, „weder geschminkt noch gekämmt“, wie er gestand, ansonsten aber gewohnt launig. Er empfahl Resistenz gegen die Informationslawine, die uns täglich überrollt: „Die negativen Vibrationen aus dem Äther ignorieren“, seinen eigenen Weg gehen, etwa bei Waldspaziergängen, „wo einen das Elend nicht erreicht“, sondern allenfalls ein paar Wildschweine. Als Beweis zeigte Gottschalk einen putzigen Wildschweinkopf auf seinem Handy.
→ Spiegel

Update: Wichtige Entwicklungen seit gestern Abend

Exit: Balanceakt zwischen Gesundheit und Wirtschaft
Die Welt ist zu einer spannenden Bühne geworden: Mit einem Clinch in Politik und Ökonomie über ein stabiles Gleichgewicht zwischen Gesundheitsfürsorge und Fortgang der Wirtschaft. Zwischen diesen Polen changiert auch Deutschland, mit Angela Merkel eher zur Austerität neigend, runterfahren, abschotten und isolieren. Darin hat sie jetzt NRW Ministerpräsident Armin Laschet herausgefordert, der Kanzlerschaftsambitionen hegt. Er mahnt eine baldige Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität an: Öffnung von kleinen Restaurants und Cafés, besonders im Außenbereich; Wiedereröffnung von Kitas und Schulen mit Vormittags- und Nachmittagsunterricht; Öffnung der Verkaufsstellen von Autogeschäften, wo kein Massenandrang zu befürchten ist. Geöffnete Bäckereien machten die richtige Abstandsregelung vor.
→ Handelsblatt

WHO an Trump: „Stellen Sie Ihr Covid-Politisieren bitte unter Quarantäne“
„Das Virus bitte nicht politisieren!“: Das ist in diesen Tagen in aller Welt die am meisten gehörte Aufforderung: Statt Spaltung Einigkeit gegenüber einem gemeinsamen Feind. Das ignoriert US Präsident Trump. Bei seinen täglichen Pressekonferenzen greift er laufend einen neuen Feind an. China, die Demokraten, alle kritischen Nachfrager unter den anwesenden Journalist*innen, die er unterbricht, anschnauzt, beleidigt, wie CNN in Bild und Wort dokumentiert. Jetzt, da die USA zum Hotspot der Pandemie geworden ist und New York City zu ihrem Epizentrum, mit großer Kritik auch bei republikanischen Parteifreunden am dürftigen Krisenmanagement im Weißen Haus, ging Trump auf die Weltgesundheitsorganisation WHO los. Sie hätte „Mist gebaut“ und drohte mit dem Entzug von Geldern. Darauf antwortete jetzt der WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus aus Genf: „Wenn Sie keine weiteren Totensäcke wollen, politisieren Sie bitte nicht mehr … Bitte stellen Sie Ihr Covid-Politisieren unter Quarantäne. Die Einheit Ihres Landes ist sehr wichtig beim Sieg über dieses gefährliche Virus.“
→ CNN

Schweiz: Lockdown bis 26. April verlängert
Noch vor Ostern haben die Eidgenossen sich festgelegt: Das Lockdown wurde um zweieinhalb Wochen bis zum 26. April verlängert. Danach steht eine schrittweise Lockerung in Aussicht.
→ Tageskarte

Papst Osterbotschaft: „… jeder Sünder hat eine Zukunft“
In seiner Osterbotschaft verbreitet Papst Franziskus Zuversicht bei der Bewältigung der Corona-Krise. Ein fester Glauben werde helfen. Er kritisiert Geschäftemacher, die aus der derzeitigen Situation Geld schlagen wollen. Geld-Anbeter machten sich damit nur zum Sklaven des Mammons. Aber jeder habe die Chance, sich zu bessern und neue Wege einzuschlagen. Franziskus wörtlich: „Jeder Heilige hat eine Vergangenheit und jeder Sünder eine Zukunft.“ Über sein persönliches Befinden sagte der Oberhirte der Christenheit ABC, Madrid: „Ich lebe derzeit in erheblicher Unsicherheit … Es ist eine Zeit großen Einfallsreichtums und Kreativität.“
→ Vatikannews

Beschleunigung der Digitalisierung
Der Wirtschaftsjournalist Gabor Steingart steht im Rufe eines treffsicheren Analysten des Börsen- und Wirtschaftsgeschehens. Die Trends stellt er in seinen „Morning Briefings“ regelmäßig auf den Prüfstand. Bei seiner jüngsten Untersuchung kommt er zum Schuss, dass die großen Technologieunternehmen wie Amazon und Apple von der Corona-Krise enorm profitieren. Klar, ein Großteil der Welt ist online gegangen, der Einzelhandel ist von Auslieferungsdiensten ersetzt worden. Insofern, meint Steingart, befinden wir uns in einer Wendezeit, die die Digitalisierung und Globalisierung weiter beschleunigt und das Industriezeitalter endgültig begräbt – solche Diagnosen immer unterfüttert mit vielen Kurven, Zitaten und für jeden verständlich formuliert.
→ Morning Briefing

Klaus Tschira Stiftung: 500.000 Euro-Corona-Spende
Das Geld soll akute medizinische Maßnahmen bei der Patientenbetreuung unterstützen, die Forschung fördern, die seriöse gesellschaftliche Aufklärung voranbringen.
→ Klaus Tschira Stiftung

Ostermarsch – ein wenig anders
Das Kieler Friedensforum ruft Ostermarschierer dazu auf, an einer Balkonaktion teilzunehmen: Laut sein für mehr Geld im Gesundheitswesen und gegen Krieg. Mehr Personal im Gesundheitswesen!
→ Friedensforum

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 108.202 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 9.4.2020, 00:00 Uhr RKI), das sind 4.974 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum, diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – veröffentlicht und um 10 Uhr morgens online bereitgestellt. Das bedeutet für unsere Webseite, dass ihr immer Abends aktuelle Zahlen bei uns abrufen könnt. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 355.392 Menschen sind weltweit wieder genesen, davon 52.407 in Deutschland (Stand 00:13 Uhr). Das sind weltweit 13.054 Menschen mehr als gestern Abend.

Tipps des Tages

Ostertage in Öko-Bildung investieren, gratis …
Der Münchner oekom Verlag folgt dem Beispiel von deutschen Großverlagen wie G+J. Er kündigt an: „Freier Heftdownload und kostenloser Versand.“ Ersteres für ausgewählte Zeitschriften, Letzteres für alle Zeitschriften im Verlagssortiment.
→ Oekom

… und gratis ins Theater
Auch Russland und Moskau sind mittlerweile im Lockdown: Die weltberühmten Balletttänzer*innen des Michailowski Theaters tanzen daheim weiter, mit der Bratpfanne durch die Küche …
→ The Moscow Times

Von Mensch zu Mensch

Plan B und Plan A

Der Mentaltrainer Dirk Krause spricht in seinen Podcasts auch über die Angst vor Kontrollverlust als Begleiterscheinung der Coronaviruskrise. Das ist ein wichtiges Thema bei der Begegnung von Ängsten. Mit Blick auf eine unsicher erscheinende Zukunft (siehe auch „Gute Nachricht des Tages“) haben viele Menschen das Gefühl, dass ihnen momentan die Kontrolle über ihr Leben entgleitet. Wenn man sehr strukturiert und in seinen Tagesabläufen sehr fixiert ist, macht ein ungewisses Morgen Angst. Der Verlust der Kontrolle über die Zukunft zieht uns den Boden unter den Füßen weg. Es ist zwar OK, in die Zukunft zu planen und feste Zeithorizonte zu haben. So funktioniert bei uns alles, von der Staatsbudget- bis zur individuellen Urlaubsplanung. Aber bei allem Planen müssen wir uns bewusst sein, dass die Zukunft entgegen allen Vorhersagen von Zukunftsforschern oder Wirtschaftsweisen von jetzt auf sofort eine jähen Haken schlagen kann. Wie jetzt, bei Corona, beim Mauerfall, beim Ausbruch des indonesischen Tambora Vulkans, dessen Ascheregen Europa 1816 einen „grünen Winter“ bescherte, mit Missernten und großer Hungersnot (aber, so eine These, die Erfindung des Fahrrads hervorbrachte). Oder die Asteroiden, die an unserem Planeten vorbeisausen, oft in wenigen tausend Kilometern Abstand, und wenn sie treffen, eine ganze Tierart auslöschen können, wie vor 60 Millionen Jahren die Dinosaurier, aber dadurch den Säugetieren und dem Homo sapiens, uns Menschen Platz machten. Nein, Leben bleibt eines der riskantesten, aber auch eines der hoffnungsvollsten in diesem Universum. Dies macht uns das Virus einmal wieder bewusst. Deshalb, gut wenn wir einen Plan B für die Zukunft haben, aber bitte auch einen Pan A, für das Hier und Jetzt – Heute! Leben wir doch bitte intensiv im Moment, des heutigen Tages, seien wir dankbar für seine Wunder, das Vogelzwitschern, die Frühlingsblüten, die Wärme eines lieben Menschen, bunt bemalte Ostereier – und denken nicht immer krampfhaft an Morgen. In einem Bild: Flüsse mäandern durch die Landschaften zu den Meeren, so wie wir durch unsere Leben mäandern. Wer sich dieser Naturhaftigkeit entzieht und einbetoniert (so wie früher die Isar und viele andere Flüsse), aus seinem Korsett nicht mehr herauskommt, muss sich über Überschwemmungs- und andere Katastrophen nicht wundern.

Wolfgang Chr. Goede

→ Dirk Krause

daz - die angst zeitschrift

Dies und Das

Film für diese Tage: Der Schacht. Ein Gefängnis mit übereinander angeordneten Zellen.
→ Filmstarts

Aphorismus für diese Tage: „Der Mensch reift, wenn er aufhört zu glauben, dass die Politiker seine Problem lösen“ Nicolás Gómez Dávila
→ Zitate

Hiermit verabschieden sich Wolfgang und Markus bis um 20 Uhr mit dem Karfreitags-Update.

Ideen, Anmerkungen, Wünsche? Gerne hören wir über das Feedbackformular von euch. Ihr wollt unsere Arbeit unterstützen: Spenden und Fördermitgliedschaft bei der Deutschen Angst-Hilfe e.V.

(Und: hört auf zu googeln – das machen wir für Euch.)

Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.