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Freitag, 17. April 2020 | 8 Uhr

Eva
Uwe

Wir wünschen einen guten Morgen!

Euer heutiges Redaktionsteam Eva und Uwe versorgt euch wieder mit den relevanten Informationen des Tages. Die Sonne wird heute im Schnitt acht (Süddeutschland), beziehungsweise zwölf Stunden (Norddeutschland) scheinen, und die Temperaturen sind (bis auf den Norden) schon ziemlich sommerlich. T-Shirt-Wetter!

Wir werden in den Themen den Blick nach draußen auf die Welt werfen, aber auch nach drinnen: Wie geht es euch, wie geht es jedem einzelnen von uns während der Social-Distancing-Maßnahmen? Was habt ihr gefunden, wenn ihr den Blick nach innen gewendet habt? Neben der guten Nachricht des Tages geben wir natürlich auch heute wieder Tipps und Anregungen, wie wir das Beste aus dieser Zeit machen werden!

Und noch ein paar Dinge, die ihr schon an dieser Stelle kennt: Abonniert doch den RSS-Feed für diese Seite und gebt uns Rückmeldung, ob es bei Euch klappt. Wie immer freuen wir uns über Ideen, Anmerkungen und auch Wünsche im Feedbackformular.

Die gute Nachricht des Tages

Liebe, Nashörner und ein geheilter 99-Jähriger
So, da haben wir wieder weit in die Welt geschaut. Ich habe immer wieder den Eindruck, es passieren so unglaublich viele tolle Sachen, warum schreiben wir nicht nur darüber? Alle paar Sekunden verlieben sich zwei Menschen ineinander, gestern wurde ein Nashorn in Kopenhagen geboren, jemand hat im Lotto gewonnen, und das ist erst ein ganz ganz kleiner Teil. Und damit die Nachricht auch zu unserer Zeit passt, nehmen wir teil an der Freude des 99-jährigen Ermando Piveta und seinen Pflegern. Denn er hat die Erkrankung überstanden und verlässt jubelnd das Krankenhaus.
Mehr bei Spiegel

Update | Wichtige Entwicklungen seit gestern Abend:

So wollen die Bundesländer Beschränkungen lockern
Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsident*innen haben am Mittwoch über die Lockerung der Corona-Beschränkungen gesprochen. Weitestgehend einig ist man sich bei den Geschäftsöffnungen bis 800 Quadratmeter sowie den Frisören ab dem 4. Mai sowie dem Verbot von Großveranstaltungen bis zum 31. August. Außerdem wird flächendeckend das Tragen von Masken mindestens in Bussen und Bahnen sowie beim Einkauf nachdrücklich empfohlen. 

Viele Regeln sind jedoch Ländersache. Daher kommt es zu einigen Unterschieden. Tagesschau.de bietet einen guten Überblick: In Nordrhein-Westfalen dürfen beispielsweise - im Gegensatz zu anderen Bundesländern - Möbelhäuser ab Montag ihre Waren wieder verkaufen, Schulen sollen dort früher öffnen. Auch Bayern handhabt die Lockerung ein wenig anders: Hier soll der Schulbetrieb entlang des späteren Ferienendes erst ab dem 11. Mai wieder anlaufen. Prüfungsvorbereitung soll aber auch im Freistaat bereits ab dem 27. April möglich sein. Berlin plant, Alleinerziehenden den Zugang zur Notbetreuung in Kitas zugänglich zu machen. Im Hessischen Hanau wird die Maske in öffentlichen Verkehrsmitteln und im Supermarkt zur Pflicht.
tagesschau.de

Hotels und Gastronomie plädieren für ein Rettungspaket
Gastronomen und Hoteliers kritisieren die Pläne der Bundesregierung, nach denen ihre Betriebe weiterhin geschlossen bleiben müssen. Sie fordern daher ein Rettungspaket für die ausgefallenen Umsätze. In der Tagesschau von Donnerstagabend formuliert es Ingrid Hartgens, Vorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, so: “Wir fordern ein Rettungspaket mit reduzierter Mehrwertsteuer ab dem ersten Tag der Wiedereröffnung in der Gastronomie und einen Rettungsfond”. Dieser solle ähnlich gestaltet werden wie der Fonds zur Unterstützung der Landwirtschaft nach dem heißen Sommer 2018. Für die betroffenen Bauern hatte der Bund beispielsweise Geld zur Verfügung gestellt, um mindestens die Hälfte des Ausfalls zu kompensieren. 

Gestern haben es Bundesregierung und Länderchefs beschlossen, das Geschäfte mit einer Maximal-Fläche von 800 Quadratmetern wieder öffnen dürfen. Die Erlaubnis gilt darüber hinaus für Fahrradläden, Autohäuser und Buchhandlungen jeder Größe - vorausgesetzt, sie erfüllen die hygienischen Voraussetzungen. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände hat diese Entscheidung begrüßt.
Tagesschau von Donnerstag, 20 Uhr

Bund und Länder beraten über bessere Betreuung in Kitas
Auch über die Schulen wurde bei der Kanzler-Ministerpräsident*innen-Konferenz am Mittwoch ausführlich beraten. Über die Kindertagesstätten möchte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey am heutigen Freitag mit den Länder-Ressortchefs per Telefonkonferenz sprechen. “Ich sehe die Bedürfnisse von Kindern in ihrer frühkindlichen Entwicklung und Sprachbildung, aber auch die Bedürfnisse von erwerbstätigen Eltern, um Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können”, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag in Berlin. “Sie brauchen Entlastungen und eine klare Perspektive.”

Diskutiert werden soll demnach, auf welche Berufsgruppen die Betreuung ausgeweitet wird, wie die stufenweise Rückkehr von Kindergartenkindern in die Betreuung am besten organisiert werden kann und welche Voraussetzungen nötig sind. Der Beschluss, die Betreuung für Kinder auszuweiten, deren Eltern in systemkritischen Berufen arbeiten, war am Mittwoch gefasst worden.
→ dpa

Weitere Beratungen zu Wirtschaftshilfen und Religionsgemeinschaften 
Heute gibt es außerdem zwei weitere Polit-Gesprächsthemen: Um 14.30 Uhr setzt sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU)  mit Spitzenverbänden der Wirtschaft auseinander, debattiert mit diesen unter anderem über weitere Hilfen. Um 10 Uhr möchte sich das Bundesinnenministerium mit diversen Religionsgemeinschaften über das weitere Vorgehen beim noch bestehenden Gottesdienstverbot austauschen.
→ dpa

Zehn-Punkte-Plan für Arbeitsschutz
Viele Arbeitnehmer*innen werden ab Montag ihre Jobs wieder aufnehmen. Um diese Menschen zu schützen, hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einen Zehn-Punkte-Plan vorgestellt. Zu diesen Punkten zählen etwa der Abstand von 1,5 Metern zwischen Menschen in Gebäuden, im Freien und in Fahrzeugen. Die betrieblichen Abläufe sollen so angepasst werden, dass grundsätzlich möglichst wenig Kontakte zwischen Menschen entstehen. Personen, die Symptome aufweisen, dürfen nicht am Arbeitsplatz erscheinen. Arbeitnehmer sollen außerdem durch Wände oder, falls dies nicht möglich ist, durch Nase-Mund-Bedeckungen geschützt werden. Der Betrieb muss auf Hygiene achten und mit den örtlichen Gesundheitsbehörden kooperieren. Die ausformulierten Inhalte findet ihr in folgender Pressemitteilung:
Pressemitteilung Bundesarbeitsministerium (Arbeitsschutzstandards)

Blick über die Grenze
Großbritannien: Großbritannien verlängert die Ausgangsbeschränkungen um mindestens drei Wochen. Das bestätigte der britische Außenminister Dominic Raab am Donnerstag in London. (dpa)

USA: Präsident Donald Trump hat über die Lockerung der Beschränkungen in den USA informiert. Seine Ideen haben allerdings eher Appell-Charakter. Denn welche davon tatsächlich umgesetzt werden, liegt bei den Bundesstaaten. Einige Gouverneure hatten bereits Bedenken geäußert. Sie halten Lockerungen für verfrüht. (dpa)

Russland: Nach langem Zögern hat Russlands Präsident Wladimir Putin die  riesige Siegesparade auf dem Roten Platz in Moskau auf unbestimmte Zeit verschoben. Sie sollte eigentlich am 9. Mai stattfinden.
tagesschau

Glück im Unglück für Gamer
Ja, auch die Gamescom, größte Computerspielmesse der Welt, darf in diesem Jahr nicht stattfinden. Eigentlich hätten sich im August wieder Zocker in Köln an die Bildschirme gewagt. Jetzt tüfteln die Veranstalter an einer Lösung. “Auch wenn wir dieses Jahr leider nicht mit der Games-Community und Games-Branche vor Ort in Köln zusammenkommen können, werden wir Ende August trotzdem digital miteinander verbunden die neusten Spiele feiern”, sagte der Geschäftsführer des Game-Verbands, Felix Falk. Man arbeite nun daran, neue digitale Formate für die Gamescom zu entwickeln. Auch die Entwickler-Konferenz Devom wird rein virtuell stattfinden. Besucher können sich die Kosten für ihre bereits gekauften Tickets erstatten lassen. Erste konkrete Informationen zum Ablauf soll es Mitte Mai geben.
→ dpa

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 130.450 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 16.04.2020, 12:24 Uhr RKI), das sind 2.866 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – veröffentlicht und um 10 Uhr morgens online bereitgestellt. Das bedeutet für unsere Webseite, dass ihr immer Abends aktuelle Zahlen bei uns abrufen könnt. Und warum gibt es hier nicht mehr davon?  Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 547.679 Menschen sind weltweit wieder genesen, davon 77.000 in Deutschland (Stand 06.43 Uhr, Quelle: Worldometers). 

Tipps des Tages

Kunst im Home-Office
Eigentlich ist das Kunst-Phantom Banksy an Mauern sowie Straßenecken unterwegs oder schreddert Werke bei Auktionen. Mit den Beschränkungen auf der ganzen Welt muss der Street-Art-Star noch ein bisschen kreativer werden. Auf Instagram hat er ein Bild seines Badezimmers gepostet. Überall die Banksy-typischen Zeichnungen, tanzende Kunst-Ratten. Herrlich anzusehen! Und einen gewissen Humor hat er/sie/wieauchimmer ebenfalls bewiesen: “My wife hates it when I work from home”, so die Unterzeile. Seine Frau hasst es also, wenn Banksy Home-Office machen muss. Ob das bloß gewitzelt ist oder sogar einen Hinweis auf die Identität des Künstlers geben könnte?
Banksy auf Instagram

Online gegen den Festival-Blues
Erstmal keine Großveranstaltungen. Das trifft die Festival-Szene ziemlich hart. Viele Künstler denken sich aber bereits seit Wochen witzige Corona-Songs aus. Einen Überblick gibt es bei n-tv. Besonders gut gefallen haben uns “Ein Lied für Jetzt” von den Ärzten. Macht gute Laune in Blödel-Punk-Manier. Auch Queen-Gitarrist Brian May hat nicht untätig vor der Klampfe gehockt und gemeinsam mit der Londoner Band King’s Daughters den Mutmach-Titel “Get Up” veröffentlicht. Ein Highlight: Altmeister Sting singt per Videoschalte mit The Roots eine neue Version von “Don’t stand so close to me” (Frei übersetzt: Steh nicht so nahe an mir, ey! Wahlweise an der Supermarktkasse oder am Klopapierregal zu singen, oh yeah). Getrommelt und geschnibbelt wird der Rhythmus an Küchengeräten. Absolut hörenswert!
→ Überblick auf n-tv / Ärzte / Brian May / Sting

Kreatives zum Thema Mundschutz
Das Tragen eines Mundschutzes ist zwar (noch) keine Pflicht, wird aber von der Bundesregierung und vom Robert-Koch-Institut empfohlen. Auf Zeit Online findet sich ein informativer Überblick darüber, welche Schutzmasken-Formen es gibt, wie sie richtig verwendet werden und was sich sonst noch zu wissen lohnt. „How to Mundschutz“ lässt sich sogar als pdf herunterladen.

Ebenfalls betrachtenswert ist ein Artikel der Sueddeutschen darüber, wie die Schutzmaske “Vom Symbol der Abschottung zur Hoffnungsträgerin, zur Vorbotin eines Sieges” wird.

Außerdem kurios: Auch Playmobil stellt jetzt Schutzmasken her. Aus Plastik. Zum Wiederverwenden. Und ja: Sie sehen ungefähr so aus, wie man sich Playmobil-Masken vorstellt. 
→ “How to Mundschutz” bei Zeit / Sueddeutsche / Playmobil

Humorvolles für Zwischendurch
Lachen gefällig? Aber sehr gern!

  • Spiegel: Eine unterhaltsame Foto-Reportage über das Alltagsleben einer Familie daheim.  → Spiegel
  • Facebook: Ein neuer Trend bahnt sich auf der Social-Media-Plattform an. Bäume und Sträucher mit Augen und Mundschutz ausstatten. Schräg!  → Facebook
  • Die wirklich wichtigen Fragen: Was macht eigentlich Fußball-Frisen-Favorit Christiano Ronaldo in Zeiten, in denen er nicht zum Stylisten kann? Und warum trägt David Beckham plötzlich Glatze?  → SZ-Magazin
  • Hol mir mal ne Dose Bier: Die 93-jährige Olive Veronesi aus Pennsylvania hat ein Problem.  “I was on my last 12 cans, I have a beer every night, you know what, beer has vitamins in it, it’s good for you, as long as you don’t overdo it”, sagte sie gegenüber dem US-amerikanischen Nachrichtenformat CBS. Frei übersetzt: “Ich hatte nur noch zwölf Dosen Bier. Ich trinke eins jeden Abend. Es heißt ja, Bier hätte viele Vitamine und sei gut für dich, solange du es nicht übertreibst.” Nun ist Veronesi aber in Quarantäne. Wie also an Bier kommen? Mit einem Pappschild, traurigem Blick und einem Twitter-Eintrag, natürlich. Klappte. Ihre Lieblings-Bierfirma brachte prompt 150 Dosen vorbei….  → Twitter

Von Mensch zu Mensch

Entschleunigung?
Nee, ich will mal stehen bleiben können, um scharf zu sehen.
Alle reden von einer "Entschleunigung", die wir derzeit spüren. Der Begriff klingt passend, aber irgendwie mag ich das Wort nicht. "Gezielte Verlangsamung einer [sich bisher ständig beschleunigenden] Entwicklung" finde ich im Wörterbuch. Steht im Duden erst seit dem Jahr 2000. Neu-Deutsch also für "bremsen", was definitiv nicht so cool klingt.

Verlangsamung, bremsen? Oder, wie auch viel berichtet wird, es sei jetzt intensiver? Was ist das genau, was ich da gerade erlebe? Wir alle, jeder von uns, sitzt seit fünf Wochen entweder alleine oder mit der engsten Familie. Wenn man den ganzen Tag zusammen verbracht hat, ist da ziemlich wenig, von dem man erzählen kann.

Ein paar der #richkidsoninstagram verzweifeln in ihren Prunkvillen alleine am Strand, weil sie arm sind. Innerlich arm. Sie mussten jetzt mal den Blick nach innen wenden und sehen, dass da nicht viel ist. Worüber reden wir miteinander, worüber reden wir mit uns selbst, wenn wir kaum noch was erleben? Auch wir schauen dann nach innen. Dort finden wir Geschichten, die Menschen seit Anbeginn sammeln und sich erzählen. Oder, wie Yuval Harari in "Eine kurze Geschichte der Menschheit" schreibt: Wir geben unser Sinngeflecht über unsere erzählten Geschichten an die nächsten Generationen weiter.

Ich schaue nach innen, und finde so vielen Mythen und Sagen, in denen die Menschheit bedroht war und sich behaupten musste. Wir kämpfen, wir lieben, und wir lernen. Dialog mit einem inneren Objekt, wie gestern Abend so schön hier von Ruth Waldeck zitiert wurde. Das innere Objekt sind diese alten Geschichten. Doch wie ist mir diese Menschheitsgeschichte mit ihren uralten Sagen und immer neu inkarnierenden  Konstellationen eigentlich in den Kopf gekommen? Über Bücher, die mir ihre Geschichten erzählten.

Bücher. Gab es kaum bei uns in der Familie. Mein Vater hatte keinerlei Interesse daran, und auch Mutter hat früher wenig gelesen, und es lagen auch fast keine herum. Als ich mit 15 Jahren alt genug war, setzte ich mir oft abends eine große Kanne schwarzen Tee auf und las bis morgens um vier. Diese Ruhe in der Nacht. Immer tiefer in diese innere Welt, in ein neues Sinngeflecht eintauchen.

Mein Kumpel Sven konnte immer so gut reden. Nein, nicht große Geschichten erzählen, aber reden. Fröhlich, mitreißend. Alle begeistern, auch wenn er dafür übertreiben musste, dass sich die Balken biegen. Es geht um die Story, nicht um die Details. Ich habe die Geschichten aufgesogen, die Abenteuer mit vorangetrieben. Bin dann nachts alleine verzweifelt an Descartes, an Popper. Nach einem Buch ist man nicht mehr wie vorher.

So, und jetzt wird gerade voll Kante gebremst. Finde ich gut. Besser als gegen eine Wand oder über einen Abgrund fahren. Ich glaube, Entschleunigung reicht mir gar nicht. Bremsen wir mal weiter, bis wir stehen, und dann sehen wir vielleicht auch mal die Umgebung wieder etwas schärfer. Jetzt, wenn so weit entschleunigt wurde, dass wir still stehen können, ist es da vielleicht nicht mal wieder Zeit, sich von einer Geschichte anregen, vielleicht sogar verändern zu lassen?

(Uwe)

daz - die angst zeitschrift

Dies und Das

Psychische Gesundheit in der Corona-Krise
Die Kölner Human Protect GmbH betreut Menschen nach Gewaltereignissen. Im Infobrief von 14.04.2020 hat sie mal geschaut und aufbereitet, wie wir Menschen mit einer solchen Situation typischer Weise umgehen.Die psychische Verarbeitung der Coronakrise folgt – ähnlich der Verarbeitung von anderen belastenden Ereignissen – einem bestimmten Verlauf, der nachfolgend idealtypisch dargestellt wird.

1. Phase: „Inkubation“ – zwischen Erregung und Bagatellisierung
Es gibt erste Meldungen über das neue Coronavirus Sars-Cov-2, die bald zu Nachrichten über eine Epidemie durch Covid19 werden. Aber das Thema wird zu diesem Zeitpunkt noch als weit entfernt wahrgenommen. Entsprechend schwanken die Reaktionen zwischen Erregung („Das wird zu leicht, zu wenig ernst genommen“) und Bagatellisierung („Alles übertrieben, alles Hysterie“). Fakt: Es gibt ein neues Virus, das sich ausbreitet. Gleichzeitig ist das Virus nicht zu sehen, zu hören, zu riechen, zu schmecken, irgendwie unfassbar und weit weg. Ein schwelender Zustand, der thematisch langsam immer mehr Raum einnimmt.

2. Phase:  Einwirkungsphase – Verleugnung und aufbrechende Gefühle
Meldungen über Covid19-Fälle kommen näher und erreichen das lokale Umfeld. Jetzt wird zunehmend realisiert, was passiert ist: Eine Pandemie, die auch mich treffen kann. Folgende Reaktionen sind zu beobachten:

„Nicht-wahr-haben-wollen“ und zum Teil komplette Verleugnung des neuen Zustandes. Es wird abgelehnt, dass es eine Veränderung der bisherigen Normalität gibt, dass das Leben gerade nicht mehr so ist, wie es vorher war.

Kampf-Flucht-Reflexe, die sich in Panik und massivem Ausagieren in Form von Zwängen, Hamstereinkäufen, Vermeidungsverhalten und Kurzschlussreaktionen ausdrücken. Das Ausagieren gibt ein Gefühl von Kontrolle, und doch etwas gegen diese ansonsten nicht greifbare Bedrohung tun zu können.

Aufbrechende Gefühle von Hoffnungslosigkeit, Machtlosigkeit, Unsicherheit, Niedergeschlagenheit oder Ähnliches. Eine Art „sich ergeben“ oder auch Gefühle von Ärger und Wut, verbunden mit Schuldvorwürfen. Hier können sehr absonderliche Zusammenhänge konstruiert werden.

Panik nicht an sich ranlassen und duldsam aussitzen. Mit dieser Haltung kann erfolgreich ein emotionales „Überwältigt-werden“ abgewehrt werden. Mit weiterer zunehmender Realisierung wird die tatsächliche Lage als nicht vermeidbarer Ausnahmezustand bewusster und zunehmend akzeptiert. Anerkennung und Akzeptanz ist ein notwendiger Schritt erfolgreicher Verarbeitung.

3. Phase: Neuorientierung – Suche nach Lösungsmöglichkeiten und Arrangement
Mit der offiziellen Kontakteinschränkung beziehungsweise den offiziellen Ausgangssperren wird die notwendige Akzeptanz und Anerkennung der Situation gefördert. Die „emotionalen Wellen“ beruhigen sich. Individuelle rationale Analysen werden durchgeführt, was tatsächlich jetzt und in dieser Situation getan werden kann und was eben nicht.

4. Normalisierung und Erholung – Neues Gleichgewicht
Wenn die Pandemie eingedämmt werden kann, wird sich die Situation „normalisieren“. Erleichterung und Erholung werden vermutlich spürbar sein. Ein neues Gleichgewicht kann entstehen. Covid-19 wird vermutlich zum Leben gehören, ein Umgang damit kann gefunden werden (Impfung, jährliche, schwächer ausfallende Infektionswellen etc.).

Aber an diesem Punkt sind wir aktuell noch nicht. Zum Teil noch nicht einmal in Phase 3. Deshalb kann hier nur ein idealtypischer Verlauf beschrieben werden, den hoffentlich möglichst viele so erleben werden.

Damit verabschieden sich Eva und Uwe von Euch und wünschen uns allen, dass die heutige Sonne tief in unser Herz eindringt! Das wird auf jeden Fall ein wunderbarer Tag. Tun wir das Richtige. Dinge, die uns voranbringen, Spass machen, vollenden. Wir sind bei euch.

(Und: hört auf zu googeln – das machen wir für Euch.)

Ideen, Anmerkungen, Wünsche? Gerne hören wir über das  Feedbackformular von euch. Ihr wollt unsere Arbeit unterstützen: Spenden und Fördermitgliedschaft bei der Deutschen Angst-Hilfe e.V.

Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.