Freitag, 17. Juli 2020 | 8 Uhr
Guten Morgen ihr Lieben,
Zeit für das Wochenende! Wir begleiten Euch mit einem Nachrichtenüberblick in den Freitag, nehmen Euch gleich doppelt mit aufs Wasser und zum Flanieren durch Berlin.
Einen schönen Freitag
wünschen euch Katharina und Christian
und das Team von angstfrei.news.
Ihr habt Lob, Kritik oder Anregungen (z.B. zum Tipp des Tages oder den neuen Kategorien) für uns? Schreibt uns Euer Feedback.
Die gute Nachricht des Tages
Mehr Kegelrobben in der Nordsee
Allein im niederländischen Wattenmeer stieg die Zahl der Kegelrobben gegenüber dem Vorjahr um rund 30 Prozent. Rund 7.649 Tiere wurden insgesamt im deutschen, dänischen und niederländischen Wattenmeer gesichtet. Die tatsächliche Zahl wird wahrscheinlich noch höher liegen, da die Aufklärungsflüge wegen der Corona-Pandemie vorzeitig beendet wurden. Eine Sprecherin des Wattenmeersekretariats Wilhelmshaven (CWSS) erklärte den Anstieg mit zwei Gründen: Zum einen gehe es den Tieren gesundheitlich deutlich besser als noch vor einigen Jahren, zum anderen hätten die Tiere coronabedingt mehr Ruhe vor den Menschen. So sind sie schlicht besser sicht- und zählbar für die Naturschützer. Kegelrobben sind die größten Raubtiere an der Wattenmeerküste. Sie werden bis zu 2,30 Meter groß und können bis zu 300 Kilogramm wiegen. In den vergangenen zwölf Jahren hat sich ihre Zahl mehr als verdreifacht.
→ NDR
Die Nachrichtenlage
Reisebeschränkungen für Bürger*innen aus Hotspots
Nach zuletzt aufgetreten regionalen Infektionsherden in Deutschland, wie beispielsweise im Kreis Gütersloh, war eine Debatte um die Maßnahmen zur Vermeidung einer weiteren Ausbreitung im restlichen Deutschland ausgebrochen. So wurden von manchen Bundesländern Einreiseverbote erteilt. Beispielsweise wurden in Bayern Urlauber aus den betroffenen Regionen wieder nach Hause geschickt. Um deren Anreise schon von vornherein verhindern zu können, war in den letzten Tagen ein Ausreiseverbot für Bürger und Bürgerinnen aus sogenannten Hotspot-Regionen diskutiert worden. Bundeskanzlerin Merkel und der bayerische Ministerpräsident Söder befürworteten dieses im Vorfeld, mehrere andere Länderchefs äußerten rechtliche Bedenken sowie hinsichtlich der praktischen Umsetzbarkeit. Gestern fand ein Treffen von Bund und Ländern in Berlin zu diesem Thema statt. Ergebnis: “Bund und Länder haben sich auf konkrete Reisebeschränkungen verständigt, wenn es erneut zu einem vermehrten Ausbruch von Corona-Infektionen kommt. Danach soll es keine Sperrung ganzer Landkreise mehr geben wie zuletzt im Kreis Gütersloh, sondern lokale oder regionale Ausreisebeschränkungen für die dortigen Bewohner. Auch die Einreise in die betroffenen Gebiete wird beschränkt. Damit sollten die Infektionsketten möglichst früh unterbrochen werden, heißt es in dem Beschluss von Kanzleramtsminister Braun und den Staatskanzleichefs der Länder.”
→ Deutschlandfunk (Reisebeschränkungen) | Süddeutsche Zeitung (Reisebeschränkungen)
Deniz Yücel in Abwesenheit verurteilt
Der WELT-Journalist Deniz Yücel ist in Istanbul wegen Terrorpropaganda verurteilt worden. Hintergrund ist seine journalistische Arbeit, in der er unter anderem auch über die kurdische Arbeiterpartei PKK berichtete. In der Konsequenz wurde Yücel von Februar 2017 bis Februar 2018 ohne Anklageschrift in einem türkischen Hochsicherheitsgefängnis festgehalten. Die Anklage wegen Terrorpropaganda und Volksverhetzung erhob die türkische Regierung nachdem der Journalist nach langem Hin und Her und diplomatischen Verhandlungen aus der Türkei ausreisen durfte. Außenminister Heiko Maaß nennt das Urteil ein "absolut falsches Signal". Weitere Ermittlungsverfahren hält er für absolut nicht nachvollziehbar. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Yücel kündigte an, in Berufung gehen zu wollen. Er werde vor Gericht streiten, bis das "rechtswidrige Urteil" gegen ihn aufgehoben sei.
→ Tagesschau
“Tönnies” nimmt Betrieb wieder auf
Deutschlands größte Schlachterei hat wieder ihren Betrieb aufgenommen. Das Unternehmen, das wegen seiner mehr als 1500 infizierten Mitarbeiter*innen im Kreis Gütersloh, für Schlagzeilen und einen entsprechenden regionalen Shutdown gesorgt hatte (siehe oben), hat gestern wieder seine Arbeit aufgenommen und 8000 Schweine geschlachtet. Nordrhein-Westfalens Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) äußerte nach wie vor deutliche Kritik an Tönnies und an die deutsche Fleischindustrie insgesamt gerichtet. Im ZDF-Morgenmagazin sagte er: "Die Arbeitsverhältnisse in der deutschen Fleischindustrie sind eine organisierte Verantwortungslosigkeit. Für mich ist völlig klar: Die Werkverträge und Zeitarbeit müssen verboten werden." Darum sei er froh über einen entsprechenden Vorstoß von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD).
→ Süddeutsche Zeitung (Tönnies)
EU-Hilfspaket trägt laut Kritiker nicht zum Klimaschutz bei
Das behauptet zumindest Frankreichs bedeutendster Klimaforscher, Jean Jouzel: "Das Geld ist jetzt da, aber der Plan von Macron und Merkel sieht nicht viele Bedingungen vor, die den Klimaschutz voranstellen." Anders ausgedrückt heißt das, dass mit dem Rettungsprogramm allein der Wirtschaft, nicht dem Klima geholfen wird. Jouzel weiter: "Eine Klimaunion ist heute genauso wichtig wie damals die Kohle- und Stahlunion." “Kurz vor dem Gipfel in Brüssel veröffentlichte der üblicherweise eher regierungsnahe deutsche Thinktank Agora Energiewende diese Woche eine Studie mit dem Titel ‘Besser wiederaufbauen!’” so ZEIT Online. “Darin wird vorgerechnet, dass im regulären Haushalt und in außerplanmäßigen Aufbaufonds insgesamt nur 80 Milliarden Euro fest für den Klimaschutz vorgesehen seien. ‘Die Vorschläge von Merkel, Macron und von der Leyen geben vor, grün zu sein, sind es aber nicht’, sagt Matthias Buck, einer der Autoren der Studie.” (Siehe hierzu auch Beitrag in “Dies und Das”.)
→ ZEIT Online (Klimaschutz)
Wird Corona auf ungeborene Babys übertragen?
Eine neue Studie zeigt, dass Infizierte das neue Coronavirus im Mutterleib auf ihr Kind übertragen. "Es gab zwar immer wieder Hinweise, dass derartige transplazentare Übertragungen und Infektionen möglich sind, ähnlich gut belegte Fälle sind mir jedoch nicht bekannt", sagte die Virologin Susanne Modrow von der Universität Regensburg.
→ ZEIT online
Spionageverdacht in der Impfstoff-Forschung
Schon lange hat Spionage nichts mehr mit Männern in Trenchcoats und mit Schlapphüten zu tun. Stattdessen wird hinter Bildschirmen ordentlich in die Tastatur gehackt. Derzeit stehen russische Hacker und damit die russische Regierung im Verdacht der Forschungsspionage in Bezug auf einen Corona Impfstoff. Davon sind zumindest britische Behörden und Universitäten aus den USA und Kanada überzeugt. „Wir verurteilen diese verachtenswerten Angriffe gegen jene, die entscheidende Arbeit im Kampf gegen die Corona Pandemie leisten.“ sagte Paul Chichester, Direktor des National Cyber Security Centre.
→ Deutschlandfunk (Hacker) | Süddeutsche Zeitung (Hacker)
Corona in Zahlen
In Deutschland sind 200.260 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 16.07.2020 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 534 Personen mehr als am Tag zuvor.
Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – vom RKI aktualisiert und um 10 Uhr morgens online veröffentlicht. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.
Gesundheitsticker: 8.284.260 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 313.286 Personen mehr als gestern Früh. Davon 186.400 in Deutschland (Stand: 17.07.2020 04:41 Uhr, Quelle: Worldometers).
Tipp des Tages
Ab auf’s Wasser
Es ist Sommer - mal sichtbarer, mal weniger sichtbar. Höchste Zeit, etwas daraus zu machen! Und der heutige Tipp schlägt Euch eine Wassereskapade vor. Es gibt weniger entspannendes als den Blick aufs Meer, das Plätschern eines Flusses oder die spiegelglatte Oberfläche eines Sees. Man kann diese Erfahrung noch ausweiten, wenn man statt AM Wasser AUF dem Wasser Zeit verbringt. Möglichkeiten gibt es viele - hier eine Auswahl:
Ein Floß mieten
Im Raum Berlin-Brandenburg ist das eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Aber auch im Ruhrgebiet gibt es Anbieter, in Sachsen oder anderer See-/Flussnähe. Schaut mal, was für Euch möglich ist! Eine Tagestour kostet um die 150 Euro für vier bis sechs Personen - viele Anbieter bieten auch Übernachtungen an. Das ist sicher eine ganz besondere Erfahrung!
SUP
Stand up paddling ist ein Trend, den man auf Großstadt-Flüssen immer häufiger beobachtet. Man kann die Balancierenden Menschen auf breiten Surfbrettern belächeln oder sich selbst trauen. Es ist eine wunderbare Fortbewegungsmethode und verspricht ganz neue Perspektiven auf Städte oder Seen. Und nebenbei macht man etwas Aktives.
Das gute alte Kanu
Wer etwas Aktives tun aber dabei größere Strecken zurück legen möchte, der ist im Kanu hervorragend aufgehoben. Ein Trip über den Fluss in Eurer Region, eine Mehrtagestour über eine Seenlandschaft oder ein Ausflug durch eine Stadt in eurer Nähe - die Möglichkeiten sind auch hier vielfältig.
Natürlich sind das nur drei von unendlich vielen Vorschlägen. Ihr könnt auch schauen, ob Segeln für Euch das Richtige ist. Vielleicht passt euch auch eher ein Tretboot im Stadtpark. Egal wie - viel Freude auf dem Wasser!
360° - Von Mensch zu Mensch
Flanieren
von Katharina
Gestern habe ich den Spätnachmittag nach allen Regeln der Kunst flanierend verbracht. Wie die Menschen im 19. Jahrhundert machte ich mich nach einem eingeigelten Bürotag stadtfein, sodass ich mich mit mir zeigen konnte, schlüpfte in angemessene Fußware, nahm ein Buch und zog los. Gezielt planlos und bewusst ohne Ziel. Denn das ist das Herz des Flanierens: Ein genussvolles Schlendern mit unbedarften Momenten des Innehaltens.
Ich betrachtete Menschen, Häuser, Begegnungen, den Himmel, das Wasser, die Stadt. Wählte die Abzweigungen zufällig und lies mich nach allen Regeln der Kunst fließen. Irgendwann fand ich mich am Kanal wieder, rechts von mir die Warschauer Brücke, links der Fernsehturm in der goldenen Stunde. Ich schwang mich gelenk über ein Geländer und nahm mit baumelnden Beinen auf der Metallkante zum Wasser platz. Von dort flanierte ich in das Buch, das ich mit mir rumgetragen hatte. Seite um Seite schlenderte ich durch die Geschichte und um mich herum blieb für einen Moment die Zeit stehen. Als ich irgendwann mal wieder hochsah hatte sich der Himmel rosa gefärbt, die Stadt lächelte wie eine Postkarte auf mich hernieder und sog mich wieder ein. Ich nahm das Buch und ließ mich führen: Von der nächsten grünen Ampel, von dem Geruch frisch gebackener Eiswaffeln (und bekam eine geschenkt), von der nächsten Ecke mit Aussicht auf Ruhe. Irgendwann merkte ich, dass mich das Lustwandeln auf den Heimweg geführt hatte. Ein Teil von mir wollte den Sommerabend nicht loslassen - noch auf das Tempelhofes Feld zum Sonnenuntergang, zu dieser Pizzeria, wo es immer so gut riecht, die Hängematte ans Wasser hängen - der andere führte mich mit einer ganz warmen Ruhe zurück nach Hause. Es gibt nichts zu verpassen. Ich hatte genug gesehen und gesellte mich mit mir selbst und dem Buch auf meinen Sessel. Als ich es an dem Abend schloss, war es ausgelesen. Und plötzlich war die Welt so leer, dass es mich ganz traurig machte.
Ich glaube, ich habe in diesem Moment den Unterschied zwischen einsam und Alleinsein ganz deutlich gespürt. Bewusstes, achtsames Alleinsein kann ein Geschenk sein. Ich war mir lange nicht mehr so nah und sicher. Meine Gedanken waren in ihrem Flanieren sehr klar. Mit jedem Schritt sortierte ich etwas, ließ etwas kommen oder gehen. Dazu diese Sommerstimmung und das Wissen, ich bin jetzt in diesem Moment nichts und Niemandem verpflichtet außer mir.
Als ich das Buch geschlossen hatte war es, als käme ich gerade vom Flanieren wieder in die wirkliche Welt. Dieser Übergang warf mich vom Alleinsein in die Einsamkeit. Morgen war in Sichtweite und ich hätte so gerne jemandem von Heute erzählt. Stattdessen antworteten mir die knisternden Boxen meines Plattenspielers mit Stille. Auf einmal fühlte es sich nicht mehr an als wäre ich freiwillig allein. Ist es eine aktive Entscheidung Alleinsein oder Einsamkeit zu empfinden? Muss ich mich also „nur“ dafür entscheiden, allein zu sein, statt einsam? Ich glaube, das wird dem Menschlichen in mir nicht gerecht. Ich entscheide nicht über meine Bedürfnisse - und Austausch, Kontakt, Liebe gehören auf jeden Fall dazu. Aber ich entscheide über den Ausschnitt aus der Realität, den ich wahrnehme.
Und gestern Abend musste ich den Blick weiten, um die Einsamkeit abzuschütteln. Meine Lieben sind in Berlin, im Münsterland und der ganzen Republik verstreut. Wenn ich wirklich möchte, sind sie einen Anruf, eine Radtour oder eine Zugfahrt entfernt. Dass ich in meiner eigenen Wohnung lebe, habe ich mir erkämpft und selbst ermöglicht. Gut ist das. Ich sammelte mein Geschirr ein, räumte das Nötigste auf und nahm mir vor, Morgen zu Saugen. Vielleicht kommt ja Besuch. Oder ich mache es einfach für mich alleine schön.
Dies & Das
Wie zwei Friseure Corona-Übertragungen verhinderten
“In einem Friseursalon in den USA schnitten zwei mit Corona infizierte Mitarbeiter ihren Kunden noch tagelang die Haare - ohne dass es zu Übertragungen kam. Die Behörden haben den Fall rekonstruiert.”
→ SPIEGEL online (Friseure)
Klimaaktivisten Thunberg und Neubauer fordern neues System
“Kurz vor dem EU-Gipfel zum Corona-Wiederaufbauplan haben die Klimaaktivistinnen Greta Thunberg und Luisa Neubauer die EU zu klaren Maßnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe aufgerufen. Die Europäische Union dürfe nicht länger so tun, als könne man die Klima- und Umweltkrise lösen, ohne sie als eigentliche Krise zu behandeln, erklärten die beiden Mitglieder der Bewegung Fridays for Future gemeinsam mit den beiden belgischen Aktivistinnen Anuna de Wever und Adélaïde Charliér in einem offenen Brief am Donnerstag.”
→ Die Welt (Offener Brief an die EU)
Einen schönen Tag wünschen euch Katharina, Christian und das ganze Team von angstfrei.news.
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Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.