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Freitag, 7. August 2020 | 8 Uhr

Annika
Nils

Guten Morgen ihr Lieben,

heute gibt es viel Gedankenraum für Euer Wochenende - sowohl im Tipp als auch im Mensch zu Mensch geht es um die eigene Sterblichkeit und den offenen Umgang damit. Annika lässt uns einem Gespräch mit ihrer Urgroßmutter lauschen.

Ansonsten gibt es wie immer die neuesten Nachrichten, so haben wir einige Meldungen, die mit dem Thema Tourismus zu tun haben.

Einen guten Start ins Wochenende wünschen
Annika, Nils und das ganze Team von angstfrei.news

Übrigens nehmen wir unser Motto beim Wort: Angst hat eine Stimme - Deine. Wir sind ein Team von Freiwilligen und schreiben über unsere Angst-, Lebens- und Alltagserfahrungen, ohne ein Richtig oder Falsch, oft mit Verstand und immer mit Herz. Wir freuen uns über dich in unserem Team. Trau dich einfach und schreib uns eine Mail an angstfrei.news@gmail.com.

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Die gute Nachricht des Tages

Industrie erholt sich
Die deutsche Industrie hat sich im Juni 2020 unerwartet gut erholt. Laut dem Statistischen Bundesamt stiegen die Bestellungen im Vergleich zum Vormat um 27,9 Prozent an. Schon im Mai gab es eine Steigerung um 10,4 Prozent. Die Aufträge aus dem Inland erholten sich dabei stärker als die, aus dem Ausland.
Tagesschau

Die Nachrichtenlage

Testpflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten
Wer aus einem Corona-Risikogebiet nach Deutschland zurückkehrt, ist ab Samstag, den 08. August verpflichtet sich auf das Virus testen zu lassen. Entweder muss bei der Einreise ein maximal zwei Tage altes negatives Testergebnis vorgelegt werden, oder man testet sich in Deutschland. Andernfalls ist man verpflichtet, sich für zwei Wochen in Quarantäne zu begeben.

Für die Rückkehrer sind die Tests kostenfrei, Gesundheitsminister Jens Spahn argumentierte, dass man die Testfrage nicht zur sozialen Frage machen dürfe. Dieses Vorgehen sei zwar ein Eingriff in die Freiheit des einzelnen, aber zumutbar.

Die Tests können in Testzentren an Flughäfen, Bahnhöfen oder in der Nähe der Grenzen durchgeführt werden, bei Einreisenden auf dem Landweg sind Stichproben geplant. Bei Nichtbeachtung können Bußgelder von bis zu 25.000€ erhoben werden.
ZDF | Tagesschau

Entlassungen bei der Lufthansa wahrscheinlich
Die Fluggesellschaft Lufthansa hat das zweite Quartal 2020 mit einem Nettoverlust von 1,5 Milliarden Euro abgeschlossen. Betriebsbedingte Kündigungen sind laut dem Konzern kaum noch zu vermeiden. Dass weltweit 22.000 Vollzeitstellen abgebaut werden sollen ist bereits länger bekannt.

Die Gewerkschaften UFO (Flugbegleiter) und Cockpit (Piloten) kritisierten, dass bereits jetzt diese Festlegung getroffen würde, obwohl noch Verhandlungen laufen. Der Lufthansa wurde vom Bund Ende Juni ein Rettungspaket im Umfang von 9 Milliarden Euro zugesprochen. Doch Vorstandschef Casten Spohr argumentierte, dass es aktuell eine “Zäsur des globalen Luftverkehrs” gebe und dass vor 2024 nicht mit einer anhalten Rückkehr der Nachfrage auf Vorkrisenniveau zu rechnen sei.
Tagesschau

Steigende Corona-Zahlen und die Gründe dafür
Gestern war der erste Tag mit mehr als 1.000 Corona-Neuinfektionen seit Mai. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk nannte der Intensivmediziner drei Gründe für diese hohen Zahlen: Einmal werde sehr viel getestet, zuletzt mit 570.000 Tests pro Woche. Dann gebe es in der Urlaubszeit viele Reiserückkehrer, teilweise auch aus Risikogebieten. Als dritten Grund nannte er die nachlassende Sorgfalt bei den Menschen. So begrüßen sich immer mehr Menschen trotz hygienischer Risiken wieder mit Händedruck oder Umarmung. Zudem finden immer mehr kleine Veranstaltungen statt, auch beim Fußball ist die Rückkehr von Zuschauern ins Stadion geplant.
Laut Kluge wird es wahrscheinlich das ganze Jahr über weitere Neuinfektionen und eventuell auch Anstiege dieser geben.
Deutschlandfunk

Kanaren versichern Touristen gegen Corona
Die Regionalregierung der Kanarischen Inseln hat mit einem eine Versicherung für Besucher der Region abgeschlossen. Wer sich im Urlaub mit dem neuartigen Coronavirus ansteckt, bekommt durch dieser den Rückflug, eine Unterkunft für die Zeit in Quarantäne und medizinische Kosten erstattet. Durch diese Maßnahmen soll Touristen mehr “Sicherheit und Ruhe” geboten werden. Die Tourismusbranche ist für die Wirtschaft des von der Pandemie schwer getroffene Spanien ein wichtiger Pfeiler.
Tagesschau

Jugendorganisationen fordern Orte zum Feiern
Vertreter der Jugendorganisationen verschiedener Parteien appellieren an Kommunen, Gelegenheiten zum Feiern zu schaffen. Georg Kurz, der Sprecher der Grünen Jugend, sagte in einer Mitteilung an die Deutsche Presse-Agentur (dpa), dass Städte und Gemeinden attraktive Angebote an Außenflächen aufstellen sollten. Diese Angebote sollten im Einklang mit den Corona-Regeln stehen, die Jugendlichen sind zur Vorsicht aufgerufen. Auch die Nachwuchsorganisationen von SPD, FDP und Linken äußerten sich ähnliche Appelle.
Deutschlandfunk

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 214.214 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 07.08.2020 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 1.147 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – vom RKI aktualisiert und um 10 Uhr morgens online veröffentlicht. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 12.381.097 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 20.673 Personen mehr als gestern Früh. Davon 196.200 in Deutschland (Stand: 07.08.2020 10:20 Uhr, Quelle: Worldometers).

Tipp des Tages

Gedanken über die eigene Sterblichkeit
In ihrem PodCast verliert Carina Stöwe mehr als ein Sterbenswörtchen über den Tod - und das regelmäßig. In einer Folge von Ende März fragt sie sich, wie die Pandemie das Nachdenken über den Tod beeinflusst. Denn ihrer Meinung nach geht es um existenzbedrohende wie existenzielle Dinge gleichermaßen. Lauscht also ihrem Gedankengang der eigenen Sterblichkeit, Biergarten- und Terror-Management-Theorien und was am Ende übrig bleibt.
PodCast "Tod unplugged", Folge 38

360° - Von Mensch zu Mensch

Die Stärke im Kleinen

von Annika

Es gibt Tage, an denen ich mit meiner Mutter telefoniere und schon nach dem ersten Satz höre, dass irgendetwas nicht stimmt. Heute war leider so ein Tag. Und nach einigem Hin und Her erzählt sie mir von einer Diagnose, die meine Familie nun schon seit knapp sieben Jahren begleitet. Eine Diagnose, die mit viel Schrecken und Ungewissheit verbunden ist. Und die nun meine Uroma getroffen hat.

Schock, Angst, mein Herz krampft sich zusammen. Ich bin auf diese Situationen schon getrimmt, mein Kopf schaltet sofort in den Organisationsmodus um. Was passiert jetzt, was können wir machen, wie geht es weiter? Es stellt sich heraus, dass meine Uroma wahrscheinlich Glück im Unglück hatte. Dass es möglich ist, dass sie mit den richtigen Medikamenten noch mehrere Jahre bei uns bleibt. Doch so wirklich kommt der Gedanke, dass es gut ausgehen kann, bei mir noch nicht an. Der Organisationsmodus läuft noch.

Meine Uroma ist 92 Jahre alt. Geistig vollkommen fit, körperlich bisher nichts, außer die üblichen altersbedingten Erscheinungen. Und doch redet sie, seit ich denken kann, über ihren Tod. In den letzten Jahren besonders viel darüber, wie gern sie wieder bei meinem Uropa wäre, den sie mittlerweile das neunte Jahr überlebt.

Ich habe heute mit ihr telefoniert. Und weil ich ein bisschen Angst davor habe, wie das Gespräch verläuft, beginne ich mit: „Mensch Omi, was machst du denn für Sachen?“. „Mir bleibt auch nichts erspart“, entgegnet sie. Nicht leidend oder traurig, sondern in dem üblichen trockenen Ton, den sie so oft an den Tag legt. Und ich muss grinsen. Da war sie wieder, meine Uroma. Wir sprechen auch in diesem Telefonat über den Tod und irgendwie bin ich fast ein bisschen froh darüber, wie oft sie das Thema in den letzten Jahren angesprochen hat. Das erleichtert es nun, in einer Situation, in der sie damit noch einmal mehr konfrontiert wurde, darüber zu reden. Und wieder erwähnt sie meinen Uropa. Erzählt mir davon, dass sie ihn vermisst. „Ich vermisse ihn auch“, sage ich ihr. „Aber er möchte scheinbar, dass du noch ein bisschen bei uns bleibst“. „Das stimmt. Und gerade jetzt wäre es ja auch ein bisschen schade. Ich habe mir doch gerade neue Möbel gekauft, die möchte ich mir auch noch ein bisschen ansehen, bevor ich die Radieschen von unten betrachte“. Erneut der trockene Ton. Ich grinse wieder.

Damit war das Thema Tod dann auch - für den Moment - abgeschlossen. Wir reden stattdessen darüber, dass man auch im Alter durchaus eitel sein und Wert auf sein Äußeres legen darf. Dass sie in den nächsten Tagen ihren Schrank ausmisten und Platz für ein paar neue Kleidungsstücke schaffen möchte. Und wir reden über ihren 93. Geburtstag in drei Wochen. Als ich sie frage, was sie sich wünscht, sagt sie: „Gesundheit. Und vielleicht ein Parfüm. Aber kein teures“. Wieder Grinsen. „Aber du musst es doch nicht bezahlen, Omi“. „Ja, das stimmt. Aber ich möchte auch nicht, dass ihr so viel Geld für mich ausgebt. Und eigentlich brauche ich ja auch nichts“.

Nach dem Ende unseres Telefonats ist mein Organisationsmodus - zumindest vorerst - ausgeschaltet. Ich beruhige mich langsam wieder. Meine (körperlich) kleine Uroma hat mir mal wieder gezeigt, dass sie eigentlich eine ganz Große ist. Sie hat mir gezeigt, was Stärke bedeutet. Dass es dabei nicht um die Abwesenheit von Angst geht, sondern darum, vor den eigenen Ängsten nicht davon zu laufen. Sich Situationen zu stellen, auch wenn sie manchmal schwer sind. Sie hat einen Krieg durchlebt, früh ihre Schwester verloren und zwei Kinder großgezogen. Nebenbei hat sie gearbeitet. Ihr Leben bisher war oftmals alles andere, als rosarot. Und doch hat sie sich immer wieder durchgekämpft.

Meine Uroma hatte schon immer eine derartige Gelassenheit, mit dem Thema Tod umzugehen, dass ich sie darum beneide. Ich selbst bin noch lange nicht an diesem Punkt. Aber wenn alles gut geht, liegen vielleicht auch noch über 60 Jahre Lebenserfahrung vor mir, um dort anzukommen. Für den Moment hoffe ich, dass meine Uroma noch einen großen Teil dieser Jahre bei uns bleibt. Dass ihre trockenen Kommentare uns noch für eine lange Zeit manchmal in den Wahnsinn treiben und manchmal zum Lachen bringen. Und dass sie, wenn es irgendwann so weit sein sollte, mit einem Lächeln gehen kann. Und uns vielleicht noch einen ihrer Sprüche mit auf den Weg gibt. Vielleicht beschwert sie sich dann auch wieder über ihre Friseurin, das Restaurant, in dem es ihr letztens nicht geschmeckt hat oder den Nachbarn von Gegenüber. Wer weiß das schon. Wir werden sehen.

daz - die angst zeitschrift

Dies und Das

Netflix erklärt die Pandemie
Mit der Dokureihe “Explained: Corona” vom Streamingdienst Netflix gibt es einen neuen Ableger der Serie “Explained” (englisch für “Erklärt”). Die drei Folgen behandeln zunächst die Pandemie im Überblick, die Suche nach einem Impfstoff und schließlich die Herausforderungen, die das Virus für jeden Einzelnen von uns bedeutet. Die Gefahr einer neuen Pandemie wurde aber auch in der zweiten Staffel der Hauptserie “Explained” bereits im November 2019, also nur wenige Monate vor Ausbruch von Corona, in der Folge “Die nächste Pandemie” behandelt. Auch abseits der Pandemie lohnt sich ein Blick in “Explained”.
Explained: Coronavirus (Trailer) | Explained: Coronavirus | Explained

Der Effekt von Masken auf Gesichtserkennung
Software zur Gesichtserkennung wird immer häufiger genutzt, doch die nun gegen Corona sehr verbreiteten Masken erschweren den Algorithmen die Arbeit. Auf dem YouTube-Kanal “Algorithmen verstehen” wird eine Studie des amerikanischen Instituts NIST dazu vorgestellt.
YouTube

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Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.