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Gewohnheit | 3. Juli 2021

Katharina

Liebe Leser:innen,

ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber wenn ich “Gewohnheit” höre, denke ich immer direkt eine Wertung mit. Was ist eine gesunde Gewohnheit? Was eine Marotte und was sollte ich mir dringend abgewöhnen? Eigentlich schade - denn Gewohnheiten sind so viel mehr als das: ein ureigener evolutionärer Vorteil, den sich unser Gehirn lange erarbeitet hat, um die Welt schneller zu verstehen, oder etwas, das uns Sicherheit und Struktur gibt und auch die Schnittstelle zu Ritualen, die die individuelle Gewohnheit mit der Gemeinschaft und der Kultur verbindet und so Zusammenhalt schafft. 

Natürlich stecken darin auch der kognitive Autopilot, der unsere Schubladen füllt, die Angewohnheit, die wir ändern wollen und ein Hauch von Langeweile. Aber manchmal ist es ziemlich praktisch, wenn wir Dinge aus Gewohnheit - oder routiniert - machen können. Stellt euch vor, ein:e Chirurg:in würde bei der Arbeit immer wieder aus Gewohnheiten ausbrechen...

Die Ambivalenzen der Gewohnheiten findet ihr auch in unseren heutigen Mensch zu Mensch Texten:Anne startet mit einem leichtfüßig unterhaltsamen Denkanstoß zu eigenen Gewohnheiten, im Anschluss erzählt uns Laura von ihrem Verständnis von Gewohnheiten. Sie zeigt, warum sie notwendig sind aber auch welche Auswirkungen sie haben können, wenn wir uns von der Angst leiten lassen und sie uns neue Gewohnheiten aufdrückt.  

Dass es manchmal hilfreich sein kann, die Gewohnheit schädlicher Gedanken oder auch die fehlende Gewohnheit aufzufangen – gerade in Pandemiezeiten – ist im Schwarzbrot zu lesen. Stefan hat ein Interview mit der Psychosozialen Beratung des Studierendenwerks Trier geführt und gefragt, wie die Beratung funktioniert, warum sie wichtig ist und weshalb Studierende aktuell häufiger danach fragen. 

Zusätzlich haben wir wie immer (gute) Nachrichten, Tipps, Fundstücke und Musik für Euch – ein bisschen aus Gewohnheit, aber auf jeden Fall von Herzen!

Damit wünschen wir Euch eine tolle Woche!

Katharina
und das Team von angstfrei.news

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Übrigens nehmen wir unser Motto ernst: Angst hat eine Stimme - Deine. Wir sind ein Team von Freiwilligen und schreiben über unsere Angst-, Lebens- und Alltagserfahrungen, ohne ein Richtig oder Falsch, oft mit Verstand und immer mit Herz. Wir freuen uns über dich in unserem Team. Trau dich einfach und schreib uns eine Mail an angstfrei.news@gmail.com, oder über Instagram

Die gute Nachricht der Woche

Reisewarnungen in über 80 Länder aufgehoben
Die Bundesregierung hebt Reisewarnungen in viele COVID-19-Risikogebiete auf. Grund dafür ist eine verbesserte epidemiologische Lage in Deutschland und weiten Teilen Europas, mehr Impfungen und die Einführung des Digital COVID Certificates (DCC). Vor Reisen in mehr als 80 Länder weltweit wird seit dem 1. Juli nicht mehr explizit gewarnt. Trotzdem wird von touristischen Reisen abgeraten. In der EU betrifft dies zurzeit nur einzelne Regionen in Spanien, Irland, Kroatien und Schweden. Eine Reisewarnung gilt weiterhin für Hochinzidenzgebiete mit einer Inzidenz von über 200 sowie Virusvariantengebiete wie Portugal und das Vereinigte Königreich.

Wegen der Ausbreitung der Delta-Variante wurde die Entscheidung kritisiert. Außenminister Heiko Maas (SPD) befürwortete diesen Schritt dennoch: "Dort, wo es positive Entwicklungen gibt, gibt es auch keinen Grund, Restriktionen aufrechtzuerhalten." Reisende in die ehemaligen Risikogebiete werden nur noch zu besonderer Vorsicht angehalten.
Tagesschau
ZDF
Spiegel
Auswärtiges Amt: Reisewarnungen

Schwarzbrot
Psychosoziale Beratung für Studierende: ,,Die Hemmschwelle senken so gut es geht” 

Steffen

In dieser Rubrik möchten wir etwas tiefer in die Nachrichtenlage der Woche einsteigen. Mal eher hintergründig, mal eher serviceorientiert recherchieren wir für euch selbst, statt wie im darunter folgenden Nachrichtenblock Nachrichten auszuwählen und in eine angstfreie Sprache zu übersetzen. Wir hoffen, es mundet euch.

Nicole Arendt ist Dipl. Psychologin und arbeitet seit über 15 Jahren in der Psychosozialen Beratungsstelle des Studierendenwerks in Trier. Was kann psychosoziale Beratung leisten? Worin besteht der grundlegende Unterschied zur Psychotherapie? Und wie wurde das Angebot von den Studierenden während der Corona-Pandemie angenommen? Darüber sprechen wir mit Nicole Arendt im Interview.

Angstfrei-News: Frau Arendt, wie können Sie mit psychosozialer Beratung Studierenden weiterhelfen?

Arendt:  Die psychosoziale Beratungsstelle ist zunächst mal ein sehr niederschwelliges Angebot. Das bedeutet, dass alle Studierenden, die das Gefühl haben, dass bei ihnen etwas nicht stimmt, sich bei uns melden können. Wir versuchen damit, die Hemmschwelle, über bedrückende Gefühle, Stimmungen oder Probleme zu sprechen, so gut es geht zu senken. Meine Kollegin, Iris Lorenz, und ich haben ein offenes Ohr für alle möglichen Anliegen. In einem gemeinsamen Gespräch schauen wir dann, wie wir bestmöglich weiterhelfen können, ob beispielsweise eine Psychotherapie in Frage kommt.

Angstfrei-News: Was sind die Grenzen von psychosozialer Beratung?

Arendt: In der psychosozialen Beratung können wir keine psychischen Erkrankungen diagnostizieren oder therapieren. Das ist schon ein entscheidender Punkt, den wir klarmachen müssen. Bei bestimmten Einschränkungen beziehungsweise Erkrankungen haben Studierende das Recht auf einen Nachteilsausgleich bei Prüfungsleistungen. Dafür sind dann allerdings Diagnosen von beispielsweise Fachärzten oder Psychotherapeuten nötig. Darüber können wir lediglich informieren, sind jedoch nicht Teil des Prozesses.

Angstfrei-News: Worin besteht für Sie der grundlegende Unterschied zwischen psychosozialer Beratung und Psychotherapie?

Arendt: In der Psychotherapie gibt es einen festgesetzten Rahmen mit beispielsweise Diagnostik, einem Therapieverfahren und Therapiezielen. Bei psychosozialer Beratung gilt dabei genauso wie bei der Psychotherapie die Schweigepflicht. Es geht in der Beratung aber primär darum, erstmal eine neutrale Person zu haben, um die Probleme anzusprechen. Oft reichen ein paar Kontakt um eine Lebens- oder Studienkriese zu bewältigen. Es geht um Informationsweitergabe und je nach Anliegen um eine mögliche Unterstützung zur Aufnahme einer Psychotherapie.

Angstfrei-News: Wie viel Zeit nimmt ein Beratungsgespräch ungefähr in Anspruch?  

Arendt: Uns ist es wichtig, uns ausgiebig Zeit für die Anliegen der Studierenden zu nehmen. Gespräche können dann auch schon mal bis zu zwei Stunden dauern. In der Regel bleibt es aber bei etwa einer Stunde pro Termin.

Angstfrei-News: Gibt es auch Folgetermine oder eine Art ,,Deckelung‘‘ möglicher Termine?

Arendt: In der Regel bleiben wir bei maximal zehn Terminen. In besonderen Fällen sind aber auch hier Ausnahmen möglich.

Angstfrei-News: Wie schnell bekommt man bei Ihnen an einen Termin?

Arendt: Wir können aller meistens sehr schnell, also in weniger als zwei Wochen, einen Termin zum Beratungsgespräch anbieten.

Angstfrei-News: Gibt es Beschwerden oder Probleme, mit denen Studierende vermehrt auf Sie zukommen?

Arendt: Wir sprechen mit vielen Studierenden, die eine depressive Symptomatik berichten. Aber wie gesagt, wir diagnostizieren dann keine Depression, sondern hören einfach möglichst wertfrei zu und wirken unterstützend. Damit einher gehen häufig auch Arbeitsprobleme im Studienalltag, die oftmals durch Prokrastination beziehungsweise Motivationsmangel entstehen. Das führt dann sehr häufig zu einem negativen Stresserleben und Überforderung. Auch klagen viele über Kopf-, Rückenschmerzen und Darmentzündungen, also möglicherweise Beschwerden psychosomatischen Ursprungs.

Angstfrei-News: Kommen Studierende mit bestimmten Studienfächern besonders häufig zu Ihnen?

Arendt: Ja. Vor allem Jura- und Psychologiestudierende finden häufig den Weg zu uns. Dazu sei gesagt, dass die beiden Studiengänge mit die größten der Uni Trier sind. Aber dennoch scheint der Leistungsdruck in diesen Studienfächern besonders hoch zu sein. Das beobachten wir bei Jurastudierenden vor allem in der Examensvorbereitung. Bei Psychologiestudierenden ist bei jeder Prüfungsleistung die Eins vor dem Komma quasi Pflicht, da es ansonsten schwierig wird, einen Masterplatz zu erhalten.

Angstfrei-News: Wie hat sich die Nachfrage für psychosoziale Beratung während der Corona- Pandemie entwickelt?

Arendt: Leider kann ich Ihnen dazu keine genaue Statistik geben; also ob jetzt mehr oder weniger Studierende unsere Beratungsstelle während Corona aufgesucht haben. Gefühlsmäßig gab es für mich keinen besonderen Anstieg an Anfragen beziehungsweise Gesprächen. Allerdings waren Corona und die damit einhergehenden Einschränkungen fast in jedem Gespräch ein Thema. Für viele sind wichtige Ressourcen wie Sport, Hobbys, sozialer und persönlicher Austausch weggefallen. Abschlussarbeiten konnten dann teilweise nicht mehr in der Bibliothek geschrieben werden und mussten im Homeoffice fertiggestellt werden. Gerade für Erstsemestler, die sich ja auch noch größtenteils in einer neuen Stadt zurechtfinden mussten, waren die Onlineveranstaltungen eine große Herausforderung. Mir ist aufgefallen, dass die Bewältigung alltäglicher Probleme für viele schwieriger geworden ist; einfach auch weil so viele positive Ablenkungsmöglichkeiten weggebrochen sind. Auch hatten es meiner Ansicht nach introvertierte Personen tendenziell etwas schwerer als extrovertierte. Extrovertierte haben nach meiner Beobachtung eher Chancen zur Informationsaufnahme und Unterstützung aufgesucht; wohingegen sich schüchterne Menschen dabei eher zurückhielten

Angstfrei-News: Welche positiven Entwicklungen können Sie für sich in Ihrer Arbeit während der Pandemie festmachen?

Arendt: Ich biete neuerdings auch zusätzlich noch Achtsamkeitstrainings und Meditationen online für Studierende an. Dieses Angebot ist auf eine schöne Resonanz gestoßen. Hiervon profitieren beispielsweise auch Personen, die vielleicht gegenüber Gruppensitzungen im Präsenzformat eher skeptisch gestimmt sind. Online besteht die Möglichkeit, das Mikro auszumachen, und sich so noch besser auf die Entspannung beziehungsweise auf sich selbst konzentrieren zu können. Ich finde es schön, wenn man so noch mehr Menschen für Achtsamkeits- und Meditationspraxis begeistern kann, gerade in der stressigen Studienzeit.

Angstfrei-News: Mit Ihrer langjährigen Erfahrung als psychologische Beraterin: Was raten Sie Studierenden für den Studienalltag?

Arendt: Bei allem Leistungsdruck beziehungsweise allen Anforderungen, die ein Studium mit sich bringt, rate ich zu einem möglichst breit gefächertem Alltag. Ganz bewusst positive Ausgleiche einplanen und pflegen. Zu schauen, was es abseits der Uni noch so gibt, was beispielsweise die Stadt noch so hergibt. Einfach nicht zu fokussiert den Blick aufs Studium richten, sondern auch gerne einmal drum herum.

Angstfrei-News: Vielen Dank für Ihre Zeit Frau Arendt und für das sehr angenehme und aufschlussreiche Gespräch. 

Nachrichten

angstfrei.news ist gestartet als ein Projekt, das unaufgeregt die Neuigkeiten des Tages - jetzt der Woche - zusammenfasst. Ihr habt uns bestärkt, dass dieser Service wichtig ist, daher bleiben wir ihm treu für all jene, denen die Flut an Nachrichten zu viel wird. Deswegen fassen wir hier für euch die wichtigsten Entwicklungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie in der vergangenen Woche zusammen.

Inland

STIKO empfiehlt mRNA-Vakzin nach 1. Dosis AstraZeneca
Künftig sollen Menschen, die als erste Impfung AstraZeneca erhalten haben als zweite Dosis einen mRNA-Impfstoff wie Biontech oder Moderna erhalten. Mit dieser Entscheidung reagierte die Ständige Impfkommission (Stiko) vergangene Woche auf die zunehmende Ausbreitung der ansteckenderen Delta-Variante des Coronavirus'. Beide Impfungen sollten im Abstand von mindestens vier Wochen erfolgen und nun allen Altersgruppen zur Verfügung stehen. Zuvor wurde diese Kombination nur Menschen unter 60 Jahren angeboten.

Hintergrund ist, dass eine gemischte Impfung im Vergleich zu einer reinen AstraZeneca Impfung einen leicht besseren Schutz gegen die neue Variante, so die Expert:innen der Stiko. Zudem kann der mRNA Impfstoff schon nach vier Wochen und nicht erst nach 10-12 Wochen gegeben werden. Vor allem die zweite Impfung scheint gegen den Schutz vor der Delta-Variante wichtig. Die Kombination ist außerdem ähnlich wirksam wie eine reine Impfung mit BionTECH/Pfizer. Auch Nebenwirkungen zeigen sich in ähnlicher Form und Intensität, wie eine Studie der Berliner Charité nahelegt.

Das Robert Koch-Institut schätzt, dass in der kommenden Woche mindestens jede zweite neue Corona-Ansteckung auf die Delta-Variante zurückgehe. Daher sei die Anpassung der Impfstrategie nun ein wichtiger Schritt, um der Pandemie angemessen zu begegnen.
Spiegel Online

Neue Testordnung: Mehr Kontrolle, weniger Geld
Testzentren werden künftig stärker kontrolliert und erhalten weniger Geld für durchgeführte Tests. Das hat die Bundesregierung am Donnerstag (01.07.) in der neuen Coronavirus-Testverordnung festgelegt. Damit reagiert der Bund auf die Betrugsfälle mehrerer privater Testanbieter in der Vergangenheit. Dabei wurden mehr Corona-Schnelltests abgerechnet als tatsächlich durchgeführt. Künftig erhalten Testzentren pro Schnelltest nur noch 11,50 Euro statt vorher 18 beziehungsweise 21 Euro. Zudem gelten fortan strengere infektions- und arbeitsschutzrechtliche Maßgaben, die von den Gesundheitsämtern kontrolliert werden. Zusätzlich prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen künftig die Abrechnungen der privaten Testzentren auf deren Plausibilität. 
Tagesschau 

Hausärztlichen Praxen bekommen alle angeforderten Dosen
Kommende Woche werden die Hausärzt:innenpraxen in Deutschland erstmals alle angeforderten Impfdosen bekommen. Das teilte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Andreas Gassen der Nachrichtenagentur dpa mit. Laut Gassen wurden mit 2,3 Millionen Dosen etwas weniger bestellt, als zur Verfügung stünde. 

Gassen sagte, dass dies an den Ferien liege, wo Ärzt:innen und Patient:innen im Urlaub wären."Dennoch ist der Andrang in den meisten Arztpraxen ungebrochen groß." Viele Praxen seien noch dabei, die langen Wartelisten abzuarbeiten. Er kritisierte, dass die Hausärzt:innen bisher zu wenige Impfdosen zugeteilt bekommen hätten. 

Die KBV ist vor allem für die Abrechnung zwischen den Kassenärzt:innen und den Krankenkassen verantwortlich. Sie vertritt aber auch politisch die Interessen der niedergelassenen Ärzt:innen. 
tagesschau.de

Ausland 

WHO-Warnung vor neuer Infektionswelle in Europa
Europaweit steigen die COVID-19-Infektionen wieder an. Grund für den erstmaligen Infektionszuwachs seit zehn Wochen ist die Ausbreitung der sehr ansteckenden Delta-Variante. Diese konnte sich laut WHO vor allem durch die vielen Zuschauer:innen in den EM-Fußballstadien weiter ausbreiten. Der europäische WHO-Direktor Kluge ermahnte Europäer:innen dazu, bei Reiseentscheidungen das Risiko genau abzuwägen und sich zu schützen. Er schätzte, dass im August die Delta-Variante dominierend sein wird und bemängelte, dass bis dahin die Bevölkerung noch nicht komplett geimpft sein wird. "Verzögerungen bei der Impfung kosten Leben", so Kluge. "Je langsamer wir impfen, desto mehr Varianten werden auftauchen."

In Deutschland ist trotz der Ausbreitung der Delta-Variante bisher kein Anstieg der Infektionszahlen sichtbar. Die durchschnittliche Inzidenz beträgt 5,1 (Stand 1. Juli, Vorwoche 6,6). Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU) drängte dennoch zur vollständigen Impfung, da es die Menschen in Deutschland selbst in der Hand hätten,ob nach einem schönen Sommer ein schöner Herbst komme.
Tagesschau
Rheinische Post
Zeit (COVID-19 Zahlen in Europa und der Welt)

Südliches Afrika: Delta-Variante breitet sich aus
Im Süden von Afrika breitet sich derzeit die Delta-Variante des Coronavirus stärker aus. In vielen Ländern gelten wieder strengere Ausgangsbeschränkungen, da die Krankenhäuser an ihre Kapazitätsgrenzen gelangen. In Südafrika müssen daher derzeit viele Intensivpatient:innen in Regionen mit niedrigeren Inzidenzraten verlegt werden. Im Nachbarstaat Namibia wurden zuletzt viele Schulen geschlossen. Simbabwe verzeichnet vor allem in ländlichen Gebieten stark erhöhte Corona-Fallzahlen. 

Die Impfquote im südlichen Afrika fällt im weltweiten Vergleich äußerst niedrig aus. Beispielsweise verfügt in Sambia erst ein Prozent der Bevölkerung über einen Impfschutz. Viele Länder des globalen Südens konnten bisher nicht ausreichend Impfstoffe besorgen, weil wenige Industrienationen, darunter Deutschland, Impfstoffe für ein Vielfaches ihrer Bevölkerung gekauft haben. 
Tagesschau 

Covid in Australien: Delta-Variante angekommen
Die Delta-Variante des Coronavirus' ist nun auch in Australien angekommen. Damit wächst die Sorge vor einer Rückkehr der Pandemie auf den Kontinent. Um der Gefahr entgegenzuwirken, kommt es immer wieder zu lokalen Lockdowns. Auch die Grenzschließungen bleiben weiterhin bestehen. Während die Regierung bei der Wahl der Strategien auf die geringen Todes- und Infektionszahlen verweist, wächst in der Bevölkerung der Unmut über die Politik der Abschottung. 
Tagesschau 

Sport

Seehofer kritisiert UEFA für Zuschauer:innenzahlen
Bundesinnenminister Seehofer kritisiert die UEFA für die hohen Zuschauer:innenzahlen bei der EM. Seehofer (CSU) forderte von der UEFA weniger Zuschauer:innen bei den Spielen der Fußball-EM. Die UEFA handle “verantwortungslos”. Anlass für Seehofer’s Kritik waren die über 40.000 Fans beim Spiel der DFB-Auswahl gegen England im Londoner Wembley Stadion. Im Halbfinale und Finale sollen bis zu 60.000 Zuschauer:innen die Spiele in Wembley besuchen, obwohl in Großbritannien durch die Delta-Variante die Corona-Inzidenz wieder ansteigt. 

Die UEFA beruft sich auf die örtlichen Corona-Maßnahmen, die diese Anzahl von Zuschauer:innen ermöglichen. Zwar halten sie einen lokalen Anstieg des Infektionsgeschehens aufgrund von Veranstalungen grundsätzlich für möglich, einen europaweiten Anstieg mit Belastungen des Gesundheitssystems jedoch für unwahrscheinlich. 
Tagesschau 

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 3.773.875 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 03.08.2021 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 1.766 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – vom RKI aktualisiert und um 10 Uhr morgens online veröffentlicht. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 180.561.655 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 456.134 Personen mehr als gestern Früh. Davon 3.659.900 in Deutschland (Stand: 04.08.2021 05:27 Uhr, Quelle: Worldometers).

Von Mensch zu Mensch

Gewohnheiten umgeben uns alltäglich und man könnte viele Worte und Zeilen über sie schreiben. Wir starten mit einem leichten, unterhaltsamen Text von Anne, der jedoch auch nicht ohne Denkanstoß auskommt. 

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Du hast die Haare schön
Anne

Freund:innen raten mir häufig mir doch regelmäßig kleine Auszeiten zu gönnen. Mich doch regelmäßig verwöhnen zu lassen, dieses verwöhnt werden zur Gewohnheit werden zu lassen. Doch das Leben, der Alltag, alleinerziehend mit zwei Kindern fordern Spontanität und Improvisation, somit ist ein gewohnheitsmäßiger fester Moment einmal die Woche, oder im Monat nur schwer umzusetzen.

Häufig schlagen Freund:innen und Bekannt vor, doch einfach mal zum Friseur zu gehen, dort eine Stunde nichts zu tun, während sich der:die Friseur:in um mich kümmert. Ich weiß nicht, ob dies ein Wink mit dem Zaunpfahl ist und sie mir sagen wollen, dass meine Frisur fragwürdig ist und ein:e Friseur:in dem Abhilfe schaffen könnte, oder ob sie selbst einen Friseurbesuch tatsächlich als Erholung empfinden und sie so von sich auf andere, in dem Fall mich, schließen. Aber das ist eigentlich auch egal. Ich jedenfalls finde Friseurbesuche grauenvoll. Der Smalltalk, während einem Wasser ins Ohr läuft und man somit kaum etwas versteht, oder beim späteren ausgiebigen Haare föhnen, wo das Rauschen des Haartrockners ein zuhören unmöglich macht, ist einfach nicht mein Ding. Dann wird einem noch Kram und Cremes in die Haare geschmiert die fürchterlich parfümiert sind. Viele finden, dass dies gut rieche, mir ist schon der Geruch von Weichspüler zu viel. Ich könnte natürlich sagen, dass sie nichts ins Haar tun sollen. Das habe ich einmal gemacht und die Qualen will ich keinem:r Friseur:in antun. Meine Haare sind recht eigenwillig und störrisch. (Freund:innen meinte schon häufig, dass der Charakter der Haare wohl dem des Kopfes entspreche. Sie könnten durchaus recht haben) Und mit Bürste und Kamm bewaffnet machte sich damals der Friseur ans Werk um sich durch das wüste Dickicht zu kämpfen. Es ziebt und zwickte ordentlich, mir war das egal, dem Friseur jedoch war das schlechte Gewissen ins Gesicht geschrieben, wollte er mir doch nicht weh tun. Seit dem lasse ich den:die Friseur:in Zeugs in die Haare schmieren, will ich ihnen ihre Arbeit doch nicht unnötig erschweren, auch wenn mich der Geruch, der auch nach mehrmaligen Waschen noch drei Tage am Haar haftet, stört. 

Nun, nach gut einem Jahr war es aber dann doch mal wieder nötigt und ich fand mich im Salon um die Ecke wieder. Nette Menschen arbeiten dort und wann immer ich dort vorbei gehen, also beinah täglich, tauschen wir nette Worte. Und obschon ich nur einmal im Jahr zum Haareschneiden vorbeischaut, erhalten sie jedes Jahr eine Weihnachtskarte. 

Also saß ich da und in dem kurzen Moment des Haareschneidens, dem Moment in dem man sich tatsächlich unterhalten kann, taten wir eben dies. Wir quatschen über dieses und jenes und die Mensche im Allgemeinen. Und dann sagte meine Friseurin folgendes: “Wenn dich etwas stört, im Leben, wenn du mit etwas unzufrieden bist, dann muss man sich doch nur einen Frage stellen. Kann ich was ändern? Wenn ja, dann ändern, wenn die Antwort nein ist, dann muss man es akzeptieren und annehmen.” 

 Und bei dieser Aussage musste ich unweigerlich an dieses Thema - Gewohnheit- denken. Im ersten Moment gab ich ihr recht, und eigentlich auch im zweiten. Aber je länger ich darüber nachdenke, macht sich Skepsis breit in mir. Ja, natürlich liegt es an mir, wenn nötig, Dinge zu ändern. Aber ist diese Aussage nicht doch etwas zu einfach? Weil Mensch nun mal nicht so schnell seine:ihre Gewohnheiten ändert, ändern kann. Und was ist mit der Zeitspanne die man benötigt um erstmal darüber nachzudenken: Was macht mich unzufrieden? Kann ich das ändern? Will ich es ändern? Darf ich in der Zeit nicht über die Umstände murren und auch mal meckern? Darf ich meine Unzufriedenheit, die ich vielleicht gar nicht an einer Sache festmachen kann,nicht  kundtun? Oder haben wir uns das Meckern zur Gewohnheit gemacht. Ich habe keine Antworten auf diese Fragen und Gedanken, die diese so leicht daher gesagte Aussage hervorgebracht haben. Aber ich möchte es gerne weitergeben und mit euch teilen. Denn ohne das Nachdenken, über unsere Gewohnheiten, können wir sie kaum ausmachen, weil sie ja nun mal ganz unbemerkt im Alltag stattfinden. Sichtbar werden sie nur, wenn sie anecken, bei uns selbst, oder bei unseren Mitmenschen. Denn eigentlich sind Gewohnheiten ja eine gute Sache, außer bei den anderen 😉   

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Gewohnheiten sind wichtig und richtig, wenn man sie grundsätzlich betrachtet. Sie können uns jedoch auch das Leben schwer machen. Im nächsten Text schafft Laura zunächst Verständnis für Gewohnheiten und zeigt uns ihre Notwendigkeit, aber auch ihre Auswirkungen, wenn wir uns von der Angst leiten lassen und sie uns neue Gewohnheiten zu eigen macht.  

breaking the habit 
Laura

Gewohnheit: betrachte ich das Wort, kommt mir in den Sinn, dass da etwas ist, das in mir wohnt, was sich scheinbar wohl fühlt in mir und dort auch gerne bleiben möchte. 

Gewohnheiten sind meist tief verankert und wurden einige male abgespult und sind eingefahren. Stellt man sich den Weg zur Arbeit vor, der meist nach einer gewissen Zeit doch der gleiche ist, denken wir nicht jeden morgen darüber nach wie wir jetzt zur Arbeit kommen, sondern wir steigen ins Auto, in Bus oder Bahn fahren die gewohnte Strecke und dies läuft quasi automatisch ab. Es wird also etwas abgespeichert in unserem Gehirns, das wiederholt wird und sich somit verfestigt. Unser Gehirn unterscheidet dabei nicht, ob es sich um gute oder schlechte Gewohnheiten handelt. Jetzt ist es in einigen Situationen des Alltags sehr hilfreich, dass man Gewohnheiten entwickelt die einem helfen ohne große Aufmerksamkeit Programme abzuspielen. Ein weiteres Beispiel ist das Autofahren. Jede Person die einen Führerschein machte, erinnert sich sicherlich daran wie schwer es anfangs fiel all diese ganzen Komponenten wie lenken, schalten, bremsen, kuppeln, Gas miteinander zu verbinden und dabei auch noch auf den Verkehr zu achten. Hier ist es hilfreich durch Übung eine gewisse Routine oder anders gesagt Gewohnheit zu entwickeln, irgendwann läuft das Programm Autofahren, welches sich nicht ändert, automatisch ab, damit wir die Aufmerksamkeit auf den Verkehr lenken können, der weder vorhersehbar noch immer gleich ist. Man sieht, Gewohnheiten sind durchaus etwas sinnvolles und gutes. 

Wenn es gute Gewohnheiten gibt, gibt es sicherlich auch weniger gute oder schlechte. Beispielsweise die Gewohnheit bei, nach oder vor einer Angstreaktion. Nehmen wir an, man hat eine Panikattacke, gemein wie Panik meist ist, kommt diese Angstreaktion die in einer Panikattacke enden kann meist unverhofft und ohne Vorankündigung. Steht man hier beispielsweise in einem Supermarkt an der Kasse und bemerkt hier plötzlich eine gewisse Enge in der Brust, Herzrasen und Schweiß auf der Stirn verbindet man diese eine Situation, diesen Kontext mit diesem beängstigenden Ereignis der Panikattacke. Das speichert unser Gehirn ab. So kann es zum Beispiel dazu kommen, dass eine vorherige Gewohnheit, nämlich immer in diesen einen Supermarkt zum Einkauf zu gehen, gebrochen wird und durch eine neue Gewohnheit, diesen Supermarkt zu vermeiden, ersetzt wird. Denn unser Gehirn verknüpft dieses für uns extreme Ereignis und macht uns glauben, dass wir durch Vermeidung dieser Situation dieses Supermarktes auch eine weitere Panikattacke vermeiden können. Menschen, denen Panikattacken nicht unbekannt sind, wissen rational, dass diese harmlose Situation im Supermarkt im Grunde nicht für diese extreme Angstreaktion verantwortlich ist. Dennoch kann Vermeidung zur Gewohnheit werden. Dies ist jedoch schlecht. Durch Vermeidung gewisser Situationen, füttern wir unsere Angst. Sie wird stärker und gewinnt an Macht. Denn plötzlich taucht sie auch unverhofft in anderen Kontexten auf. Die wir, schlau wie wir zu meinen sind, dann auch vermeiden. 

So kann es zur Gewohnheit werden, dass Menschen mit akuten Ängsten nicht mehr in diesen einen Supermarkt gehen, nicht mehr allein in ein Kaufhaus, bis hin nicht mehr ohne Hilfsmittel wie angstlösende Medikamente oder Begleitung das Haus verlassen. Dass dies eine schlechte Gewohnheit ist, die uns das Leben erschwert, ist unserem Gehirn dabei egal. Es hat abgespeichert, dass wir eine für uns negative Reaktion in der Supermarktschlange hatten und wir diese durch Vermeidung vermeintlich verhindern können. Hier gilt es die alte, gute Gewohnheit in diesen einen Lieblingssupermarkt zu gehen, wieder aufzubauen und die neue schlechte Gewohnheit  zu brechen und zu überschreiben. 

Eine Gewohnheit, die ich von mir selbst kenne ist die für Prüfungssituationen. Hierfür habe ich mit der Zeit ein Schema entwickelt, wie ich zu lernen habe und damit war ich auch bislang erfolgreich. In meinem Kopf da spielen sich jedoch in jeder Prüfungsphase aufs Neue die gewohnten Gedanken ab. Diese gewohnten Gedanken, dass ich es nicht schaffe alles rechtzeitig zu lernen, dass ich die Prüfung nicht gut, womöglich sogar gar nicht bestehen werde, dass mein Lernplan kein guter ist und dass ich sowie nicht gut genug bin, um das alles zu schaffen. Egal wie sehr ich mich zur Wehr setzte, egal wie sehr ich versuche, meine bisherigen Erfahrungen ins Gedächtnis zu rufen die mir etwas anderes zeigen als meine verwobenen Ängste, diese gewohnten sehr tief verankerten Gedanken werden so laut und stark, dass ich ihnen Glauben schenke. Plötzlich falle ich in alte Gewohnheiten, die Angst und Panik auslösen. Ich drifte ab in meine Gedankenwelt, die dominiert ist von negativen Glaubenssätzen, die in mir wohnen und verliere den Bezug zur Realität. Die Selbstzweifel werden groß, ebenso die Sorgen und damit verbunden Zukunftsängste. Kreierte Szenarien laufen ab, ich habe Angst zu versagen. Diese Ängste lähmen mich fast. Ich wünschte mir, ich könnte mit dieser miesen Gewohnheit brechen, doch ich weiß in solchen Situationen nicht, wie. Ist diese Zeit überstanden, habe ich die Prüfungen hinter mir und wurden diese gewohnten Gedanken, Sorgen, Ängste nicht bestätigt, dann hoffe ich jedes mal, dass diese alte Gewohnheit, beim nächsten mal verschwunden ist. Bis dies geschieht, bis ich diese Gewohnheit breche, bis dahin lebe ich mit ihr. Denn vielleicht regt sie mich auch etwas an, treibt den Ehrgeiz in mir noch weiter, dieser Gewohnheit das Gegenteil zu beweisen. 

Nachdem Laura uns in ihre Angst-Gewohnheiten mitgenommen hat, schließt Katharina mit einer Ermutigung für neue Gewohnheiten, ohne dabei in den Selbstüberforderungsdruck zu verfallen.

Außergewöhnlich durchschnittlich
Katharina

Als wir nach Tipps für diese Woche geschaut haben, fiel in unserem Slack-Kanal der Kommentar es sei so schwer etwas zu finden, das nicht nach Selbstoptimierung klingt. Und ich dachte: Stimmt. Beim Wort Gewohnheit denke ich Arbeit, Vorsätze und an die Pflicht zur Selbstopimierung. Barack Obamas und Steve Jobs Morgenroutinen sind legendär und wenn ich das höre denke ich mir: "Herrje, das ist eine so tolle Form der Selbstfürsorge, so in den Tag zu starten, das müsste ich mir auch angewöhnen..." – aber während ich es noch denke, läuft parallel die Überzeugung, dass ich dafür nicht diszipliniert genug bin, dass ich irgendwie doch den Schlaf brauche und am Ende wohl einfach nicht Barack Obama bin. 

Nun, die gute Nachricht ist: Wir müssen nicht Barack Obama sein. Wir müssen auch nicht um fünf Uhr morgen aufstehen. Wir müssen nicht ständig überlegen, was besser wäre. Aber wir dürfen auf uns aufpassen und uns Gutes tun, einfach, weil wir uns gerne Gutes tun möchten. Nicht, weil irgendjemand kluges das sagt, oder weil es im Trend liegt, sondern schlicht und einfach, weil es unserem Wohlbefinden hilft. 

Was optimal ist, bestimmen wir selbst. 

Aber was sort für ein wohliges Befinden? Die positive Psychologie (= die wissenschaftliche Erforschung dessen, was das Leben lebenswert macht) beschäftigt sich genau da mit. Sie nimmt menschliche Stärken und Ressourcen in den Blick und dient dabei dem Ziel, nicht nur Krankheit zu beseitigen, sondern vor allem das Leben eines gesunden Menschen lebenswerter zu machen. Studien zeigen, dass jeder Mensch von Natur aus nach einem selbstbestimmten und gleichzeitig auf andere bezogenes Leben strebt. Damit sind wir – ohne Druck und äußeren Einfluss – fähig und gewillt unserem Leben Ziele und Sinn zu geben. Der springende Punkt ist dabei, dass sowohl Sinn als auch Ziel individuell sind. Ob ihr nach einem erfüllten Familienleben strebt, innerer Ruhe, einer Aufgabe für die Gesellschaft oder schlicht euer Leben so leben wollt, wie es jetzt ist, ist euch vorbehalten. Gleiches gilt für die Gewohnheiten, die ihr Euch vornehmen, pflegen oder ablegen wollt. Das Menschenbild der positiven Psychologie nimmt uns dabei den Druck von den Schultern, uns optimieren zu müssen. Denn der Kern dessen ist: Jeder Mensch ist genau so wertvoll, wie er in diesem Moment bereits ist. Ich finde das ungemein entspannend.

Glücksstreben, das unglücklich macht.

Nun ist die Frage, warum es uns dennoch oft so anstrengt, dass wir uns laut sozialen Medien, Tipps von Freund:innen und psychologischen Ratgeber:innen neue Gewohnheiten zum Glücklichwerden anlegen sollen. Zum einen kommt der Ratschlag von außen und ist nicht aus unserem eigenen Sinn entsprungen. Es hilft also wahrscheinlich in sich hinein zu horchen, ob wir gerade unserem Sinn oder dem Unsinn anderer nacheifern. Zum anderen hat die Forschung zeigen können, dass es einen Unterschied macht, wie wir nach Glück streben: Wer versucht Unglück zu vermeiden ist unzufriedener als jene:r, der:die das ganz persönliche Glück sucht. Denn alleine das aktive Zuwenden zu positiven Emotionen ("Wenn ich XY mache, dann macht mich das dankbar/zufrieden/stolz..."), ganz gleich ob es nun klappt, daraus gleich eine Gewohnheit zu machen, pflegt Pfade positiver Emotionen in unserem Gehirn. 

Ausgetretene Pfade, die helfen.

Und dazu braucht es nicht viel: Ein Post-It am Spiegel, auf dem ein Smiley ist, oder etwas, das uns unterbewusst zum Lachen oder Lächeln bringt, drei Gedanken an etwas, das uns dankbar macht oder während wir die Zähne putzen 45 Sekunden breit lachen (unter Verwendung der Muskeln, die die Augen umranden sowie der Mundwinkelmuskeln, die etwas unterhalb des Wangenknochens anfangen) – letzteres ist so effektiv, wie eine halbstündige Entspannungsübung. Diese Kleinigkeiten haben nichts mit Selbstoptimierung zu tun. Es sind unsere kleinen Gewohnheitsinseln, auf denen wir uns ganz persönlich etwas Gutes tun.  Über die positive Haltung, die daraus entsteht, ist es dann auch leichter in Kontakt zu den eigenen Ressourcen zu treten und sich zu fragen, welche neue Gewohnheit man im Alltag wirklich noch gut brauchen könnte – ganz persönlich und nur für uns. 

Barack Obama hat seine Gewohnheiten übrigens höchst wahrscheinlich auch nicht angelegt, weil er uns damit unter Druck setzen wollte, uns selbst zu optimieren. Sondern vielleicht, weil er vielleicht einfach mal ein bisschen Zeit für sich brauchte. Das kenn ich auch. Und plötzlich hat das mit Selbstoptimierung nicht mehr viel zu tun. An den Gedanken könnte ich mich gewöhnen.

Tipps der Woche

Gewohnheiten ändern durch Selbstliebe und Begeisterung
In der Podcast-Reihe „Detox Rebels“ gibt Hirnforscher Gerald Hüther in einer Folge Tipps, um Gewohnheiten erfolgreich zu ändern. Hilfreich sind dabei nicht Prinzipien wie Selbstoptimierung, Belohnung und Bestrafung. Vielmehr betont der Biologe und Autor, wie wichtig Begeisterung, Inspiration und ein liebevoller Umgang mit sich selbst ist, um langfristig und nachhaltig gesunde Gewohnheiten zu entwickeln.
Detox Rebels (mit Gerald Hüther als Gast)

Ein Gewohnheitskalender zum Meditieren
Es braucht 66 Wiederholungen um eine Gewohnheit zu verändern. Die Youtuberin Simone Giertz hat sich dazu eine Maschine gebaut (sie baut auch viel Unsinniges und pflegt dabei die Liebe zum Scheitern). Das Video ist nicht nur technisch interessant, sondern beinhaltet auch eine einfache Botschaft: Es ist eigentlich garnicht so schwer, wenn wir uns jeden Tag einmal dafür auf die Schulter klopfen. Übrigens: Simones Idee kann man ganz leicht selber machen. Dazu einfach 365 Felder auf ein Papier malen und täglich abstreichen, wenn ihr die neue Gewohnheit umgesetzt habt. Wichtig dabei ist, sich nur eine neue Gewohnheit auf einmal vorzunehmen. 
Simone Giertz auf Youtube

Dies und Das

Corona archivieren
Also nicht das Virus selbst. Aber die Dinge, die uns in dieser Zeit begleitet haben, die für uns persönlich Sinnbild für diese Zeit sind, die wir mit diesen Monaten in Verbindung bringen. Denn eines Tages wird diese Pandemie vorüber sein, wird sie teil von Geschichtsbüchern werden. Und um sich dann an das gewesene zu erinnern, es für zukünftige Generationen verständlich zu machen, wurde das Coronarchiv ins Leben gerufen. (Nein, kein Tippfehler, so wirds geschrieben) Und mitmachen kann jede:r. Einfach Texte, Bilder, oder Tonaufnahmen ins digitale Archiv hochladen. Bisher sind schon rund 5.000 Uploads zusammen gekommen. Ob auch Beiträge der Angstfrei.news dabei sind?....
Deutschlandfunk Nova

Playlist über Gewohnheit(en)
Eine schöne Gewohnheit ist sie geworden, hoffentlich nicht gewöhnungsbedürftig: unsere Playlist. Auch diese Woche haben wir wieder ein paar Songs zum Wochenthema am Start für Euch. Viel Spaß beim Stöbern und Anhören.
Ed Sheeran: Bad Habits
Louis Tomlinson: Habit
LEA: Du tust es immer wieder
Basto: Again and again
Linkin Park: Breaking the Habit
Jante: Gewohnheit
Laurell: Habit

Und schon wieder eine Ausgabe angstfrei.news. Wir danken euch, dass es euch zur Gewohnheit geworden ist unsere Ausgabe zu lesen und wünschen euch eine schöne Woche, bis zum nächsten mal. 

Und falls Ihr nun Lust bekommen habt, eigene Beiträge zu schreiben und uns in unserer Arbeit zu unterstützen. Schreibt uns gerne unter angstfrei.news@gmail.com - wir freuen uns auf Euch!

Euer angstfrei.news Team.

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