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Kontrolle | 27. Februar 2021

Tina

Liebe Leser:innen,

Beziehungen, Persönlichkeit und Glück: Manche Menschen haben gerne alles im Griff. Glücklich sind sie deswegen noch lange nicht. Denn Verhaltenskontrolle, Kontrollverlust und enttäuschte Erwartungen führen zu Stress, Frust, Wut und Ärger. Doch wie lernen wir, die Gier nach Kontrolle zu bändigen? Je besser man die eigenen Gefühle und Gedanken beherrscht, desto weniger wird man andere beherrschen wollen – und umgekehrt. Die Kontrolle zu kontrollieren kann mit Achtsamkeit ein Weg aus dem Hamsterrad seiner Kontrollsucht sein. Auch seine Emotionen klar zu benennen, kann den inneren Zwang, alles kontrollieren zu müssen, dämpfen. Gerade bei Menschen mit einem ausgeprägten Kontrollzwang, die z. B. immer wieder überprüfen müssen, ob der Herd ausgeschaltet und die Wohnungstür abgeschlossen ist, kann sich dieses Verhalten zu einer ernstzunehmenden Zwangsstörung ausbreiten. Ich persönlich schaue auch drei Mal, ob die Kaffeemaschine aus ist und rüttle fünfmal an der Wohnungstür, bevor ich das Haus verlasse. Allerdings war es das mit meiner Kontrolle auch schon. Doch manche Menschen verlassen aus diesen Gründen das Haus nicht mehr. Sie verbringen Stunden mit der Überprüfung von Herd, Wasserhähnen und Türen. Ihre Zwangshandlungen hindern sie daran, ihre alltäglichen Aufgaben zu bewältigen.
Kontrolle ist etwas, dass die meisten Menschen nur mit sich selbst ausmachen. Dabei kann es sehr hilfreich sein, wenn man mit Freunden darüber redet und sie mit einbezieht. Sie können andere Sichtweisen aufzeigen, wenn wir uns wieder mal in unserem selbstgestricktem Netz aus Kontrolle verfangen.

Wir haben für euch wieder eine schöne und (hoffentlich) hilfreiche Ausgabe zusammengestellt.

In unseren Mensch zu Mensch Berichten, nehmen euch unsere Autor:innen mit auf ihre ganz persönliche und emotionale Reise. Laura möchte in ihrem Leben jede Situation kontrollieren. Allerdings zum Missfallen ihrer Angst. Sie zeigt Laura, dass sie sich nicht kontrollieren lässt…

Hingegen hält Anne nichts von Kontrolle. Sie genießt inzwischen viel mehr die Überraschungen des Lebens, weil das Schicksal ihr zeigte, dass nicht alles kontrollierbar ist.

Annika stellt uns ihren ganz persönlichen Bodyguard „Kontrolle“ vor, der ihr Sicherheit und Schutz bietet. Oder etwa nicht?

Natürlich dürfen auch unsere informativen Nachrichten nicht fehlen, die Tim für euch sorgfältig ausgewählt hat.  

In unseren Tipps haben wir dieses Mal Hinweise für euch zusammengestellt, die gegen ein Kontrollverhalten im zwischenmenschlichen Bereich, aber auch für die Kontrolle stressiger Situationen behilflich sein können. 

Und wenn ihr jetzt denkt, „Einige Tipps hätte ich auch auf Lager, oder ich hätte mal auch Lust, eine spannende, informative oder einfühlsame Geschichte aus meinem Leben zu schreiben“, dann scheut euch nicht uns anzuschreiben. Wenn ihr außerdem mehr Interesse an unserem Medienportal habt, dann wird euch Tim gerne zur Seite stehen. Allrounder sind natürlich auch herzlich willkommen, denn unser Instagram Account würde sich über neue Ideen freuen.

Wenn ihr euch jetzt inspiriert fühlt, dann schreibt uns eine kurze E-Mail an angstfrei.news@gmail.com. Gebt euch einen Ruck, habt Mut und kommt in unser Team, denn wir freuen uns auf euch!

Viel Spaß beim Schmökern und ein schönes und hoffentlich kontrollfreies Wochenende

Tina
und das Team von angstfrei.news 

Ganz wichtig: Was meint ihr zum neuen Konzept und zu dieser Ausgabe? Bitte gebt uns ein kurzes Feedback - das wäre hilfreich und sehr nett.

Übrigens nehmen wir unser Motto ernst: Angst hat eine Stimme - Deine. Wir sind ein Team von Freiwilligen und schreiben über unsere Angst-, Lebens- und Alltagserfahrungen, ohne ein Richtig oder Falsch, oft mit Verstand und immer mit Herz. Wir freuen uns über dich in unserem Team. Trau dich einfach und schreib uns eine Mail an angstfrei.news@gmail.com, oder über Instagram

Die guten Nachrichten der Woche

Impfstoffe: wirksamer – auch ab der ersten Dosis
Die gute Wirksamkeit der in Europa zugelassenen Impfstoffe wurde erneut durch Studien bestätigt. Laut einer aktuellen Studie der schottischen Gesundheitsbehörde zeigen sowohl das Präparat von Astrazeneca (94%) also auch das von Biontech/Pfitzer (85%) bereits nach der ersten Impfung sicheren Schutz vor schweren Verläufen im Falle einer COVID-19-Infektion.

Daten aus Israel belegen außerdem, dass das Vakzin Biontech/Pfitzer nach der zweiten Impfung einen fast 99-prozentigen Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf bietet. Etwa 96 Prozent der Geimpften erkrankten überhaupt nicht. Verschiedenen Medienberichten zufolge soll der Impfstoff außerdem Schutz vor einer Übertragung des Virus bieten. Dies bestätigte das Gesundheitsamt Israels bist dato noch nicht. Die Daten entstammen der bisher umfangreichsten Datenbasis seit Beginn der Impfkampagne in Israel im Dezember. 

Ebenfalls gute Nachrichten gibt es von Johnson&Johnson: Das Pharmaunternehmen hat für seinen Impfstoff eine Notfallzulassung in Bahrain bekommen. Grundlage hierfür sind die hohe Wirksamkeit und Verträglichkeit, die die US-Zulassungsbehörde festgestellt hat. Zudem wird nur eine Dosis benötigt. Die reguläre Zulassung in der EU ist bereits beantragt und wird im März erwartet. 
mdr (Astrazeneca)
Zur Studie der Gesundheitsbehörde
ZDF (Faktencheck Astrazeneca)
DLF (Neue Erkenntnisse Biontech/Pfizer)
tagesschau.de (Johnson&Johnson)  

Erste Anzeichen für Wirkung der Impfstoffe bei über 80 Jährigen
Das Risiko einer Corona-Infektion für ältere Menschen hat sich dank der Impfkampagne deutlich reduziert. Das berichteten Gesundheitsminister Jens Spahn (CSU) und Lothar Wieler, Chef der Robert Koch Instituts am vergangenen Freitag (26.2.). In manchen Bundesländern sei bereits die Mehrheit der über 80-Jährigen geimpft. Etwaigen Kapazitätsproblemen möchte die Bundesregierung mit einem stärkeren Einbezug von Apotheken und niedergelassenen Ärzten:innen begegnen. Bis zum Ende der ersten Märzwoche sollen rund elf Millionen Impfdosen an die Länder ausgeliefert worden sein. Insgesamt wurden bereits rund 5,7 Millionen Impfungen verabreicht. 
Spiegel

Schwarzbrot: The land of the free

Tim

In dieser Rubrik möchten wir etwas tiefer in die Nachrichtenlage der Woche einsteigen. Mal eher hintergründig, mal eher serviceorientiert recherchieren wir für euch selbst, statt wie im darunter folgenden Nachrichtenblock Nachrichten auszuwählen und in eine angstfreie Sprache zu übersetzen. Wir hoffen, es mundet euch.

Die USA haben diese Woche die symbolische Marke von 500.000 COVID-19-Toten überschritten. Zudem ist der neugewählte Präsident Biden einen guten Monat im Amt. Zwei gute Gründe für uns, um die Coronastrategie der USA zu beleuchten: Was lief gut? Was lief schlecht? Was hat sich unter Biden verändert?  

Trumps COVID-Bekämpfung: Viel Schatten und ein wichtiges Licht

Es sei nur eine Grippe oder werde auf “wundersame Weise verschwinden” behauptete Donald Trump im vergangenen Frühjahr über COVID-19, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits besser informiert war und auch selbst in Sorge. Ähnlich fatal war seine Empfehlungen Desinfektionsmittel zu spritzen oder zu trinken (mindestens vier Menschen starben dabei). Oder Hilfslieferung von Beatmungsgeräten an politische Loyalität zu knüpfen. Egal ob bei Masken, Abstandsregelungen oder dem Herunterfahren des öffentlichen Lebens - Sicher hat Donald Trump viele stilistische wie organisatorische Fehler mit tödlichen Auswirkungen begangen: Eine medizinische Expert:innenkommission schätzte im Februar 2021, dass 40% der über 500.000 Toten in den USA vermieden hätten werden können. 

Doch Trump hat auch gute Entscheidungen getroffen: Mit der “Operation warp speed” steckte er 13 Milliarden in die Impfstoffentwicklung und in den Aufbau von Produktionskapazitäten. In der EU hingegen wurden nur zweistellige Millionenbeträge, ergänzt durch Einzelausgaben der Mitgliedsländer, investiert. Zudem kaufte er sehr früh große Mengen an Impfstoff von Moderna und BioNTech/Pfizer - ein hohes Risiko, weil im Frühsommer noch nicht klar war, welche Impfungen zugelassen werden könnten. Ein Risiko, das sich jetzt aber ausgezahlt hat. Zudem befreite die Trump-Administration die Pharma-Unternehmen von Haftungsrisiken und verhandelte nicht so stark, wie die EU, um den Preis. 

Trump hat also vor allem dafür gesorgt, dass viel Impfstoff zur Verfügung steht - übrigens ganz ohne Kriegsrecht oder Exportverbote wie ab und zu von deutschen Politiker:innen behauptet wird. Doch bei der Verteilung der Dosen hat er die Bundesstaaten allein gelassen. Das wurde nun mit dem neuen US-Präsidenten anders. 

Bidens Management: Science first

Unter Biden gab es in diesem und anderen Punkten einen deutlichen Strategiewechsel: Die US-Katastrophenbehörde FEMA und die Nationalgarde unterstützen jetzt die Impfstoffverteilung, sodass die Koordinierung mit den Bundesstaaten besser gelingt. Biden verkündet zudem eine Maskenpflicht in öffentlichen Transportmitteln und rief die US-Amerikaner:innen zum Tragen einer Maske in der Öffentlichkeit für die nächsten drei Monate auf. Des Weiteren ist Antony Fauci, der von Trump gehasste Epidemiologe, in den Berater:innenkreis des Präsidenten zurückgekehrt. Die Botschaft von Biden ist eindeutig: Science first. Biden hatte sich auch schon, wie andere amtierende und ehemalige US-Politiker:innen, im Dezember im Rahmen einer Fernsehübertragung impfen lassen. 

So unterschiedlich der Stil und die Werkzeuge beider Präsidenten sein mögen, ihr Pandemiemanagement wird rückblickend vor allem an drei Bereichen bewertet werden: Infektionen und Todesfälle, Impfungen und wirtschaftliche Entwicklung. 

Infektionen und Todesfälle sinken aktuell

Zwar infizieren sich immer noch jeden Tag etwa 70.000 US-Amerikaner:innen und 2.000 versterben - doch aktuell sinken die Infektionszahlen deutlich. Schließlich hatten sich im Januar bis zu 290.000 Menschen täglich infiziert und bis zu knapp 4.200 waren pro Tag verstorben. Aktuell gibt es Grund zur Hoffnung, dass die USA dabei sind, die Pandemie stärker als bisher zu kontrollieren. Ein ganz wesentlicher Aspekt ist hier das Impfen. 

Impfungen steigen rasant an

Biden hatte versprochen, innerhalb der ersten 100 Tage seiner Amtszeit 100 Millionen Dosen zu verimpfen. Dieses Ziel wird er wohl erreichen: Bereits nach 37 Tagen Amtszeit waren über 50 Millionen Dosen verteilt. Damit sind die USA absolut gesehen weltweiter Spitzenreiter und liegen auch auf die Bevölkerung bezogen nur hinter Israel, den Seychellen, den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Vereinigten Königreich. Leider sind, wie auch schon bei den Erkrankungen und Toten, große soziale und ethnische Unterschiede zu sehen: Obwohl Schwarze und Latinos deutlich häufiger an COVID-19 erkranken und versterben, haben sie seltener als Weiße Zugang zu Impfstoff.

Zwar hat der Wintereinbruch die Impfkampagne etwas gedämpft, aber Biden steckt schon die nächsten Ziele ab: Bis Juli soll jede:r Amerikaner:in geimpft werden können. Dieses ambitionierte Ziel ermöglicht auch gute Nachrichten im dritten wichtigen Bereich - der Wirtschaft.

Analyst:innen rechnen mit Wirtschaftsboom

Einerseits erlitt die US-Wirtschaft, gestützt von billionenschweren Konjunkturprogrammen, einen geringeren Einbruch als viele andere Industrienationen - auch wenn dieser Einbruch immer noch historisch einmalig seit dem 2. Weltkrieg ist. Andererseits erwarten Analyst:innen einen Wirtschaftsboom im Zuge der sich entspannenden Corona-Lage. Dazu tragen auf institutioneller Seite ein weiteres zwei Billionen schweres Hilfspaket (geplant für März) und die Niedrigzinspolitik der US-Notenbank bei, aber auch viele Privathaushalte haben im vergangenen Jahr viel Geld gespart - nun wird mit Nachholeffekten gerechnet. Ähnlich wie die chinesische Wirtschaft könnte sich also auch die US-Wirtschaft schnell erholen. Schon jetzt sinken die Arbeitslosenzahlen. 

Trotz vieler guter Nachrichten in diesen drei Kernbereichen der Pandemie, gibt es leider zwei neue Virusvarianten, die diese Aussichten trüben könnten: 

Ausblick: Weitere besorgniserregende Varianten B.1.427 und B.1.429

Im Dezember wurde in Kalifornien zwei weitere besorgniserregende Varianten des Coronavirus entdeckt (B.1.427 und B.1.429). Der Anteil dieser Varianten am gesamten Infektionsgeschehen nimmt seitdem stetig zu. Zudem gibt es erste Hinweise, dass die beiden Varianten sowohl ansteckender als auch tödlicher als die ursprüngliche Variante von SARS-CoV-2 sein könnten. Die Auswirkungen auf die Immunität scheinen aber geringer zu sein, als bei der südafrikanischen Variante. Noch ist die Datenlage zu diesen Varianten allerdings sehr dünn, daher gibt es auch Wissenschaftler:innen die die Gefährlichkeit dieser Varianten bezweifeln. 

Welche Folgen der unterschiedlichen Varianten und zukünftigen Mutationen auf die Infektionszahlen und Todesfälle, die Impfungen und somit auch auf die wirtschaftliche Entwicklung bleibt abzuwarten. 

Nachrichten

angstfrei.news ist gestartet als ein Projekt, das unaufgeregt die Neuigkeiten des Tages - jetzt der Woche - zusammenfasst. Ihr habt uns bestärkt, dass dieser Service wichtig ist, daher bleiben wir ihm treu für all jene, denen die Flut an Nachrichten zu viel wird. Deswegen fassen wir hier für euch die wichtigsten Entwicklungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie in der vergangenen Woche zusammen.

Inland

RKI: Keine verstärkte Infektion durch Schüler:innen 
Laut einer Studie des RKI verbreiten Schüler:innen das Coronavirus vermutlich nicht stärker, als andere Menschen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) wertete Meldedaten die zwischen August und Dezember erfasst wurden, aus. Daraus schließen die Forscher:innen, dass kein erhöhtes Infektionsgeschehen unter Schüler:innen zu beobachten ist. Die Ausbrüche seien klein und auf den Jahrgangs- oder Klassenverband beschränkt. Die Forscher:innen vermuten, dass Lehrkräfte das Virus in die Klassen tragen, da sie mehr Kontakte zu unterschiedlichen Gruppen haben. Dies geht auch aus einer Studie aus dem US-Staat Georgia hervor. 

Nachdem die Schulen und Kindertagesstätten seit letztem Montag in zehn Bundesländern zum Teil wieder geöffnet sind, haben sich die Landesgesundheitsminister mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) darauf geeinigt, Lehrpersonal und Erzieher:innen früher zu impfen. In der Impfverodnung werden sie jetzt in die zweite Priorisierungsstufe eingeteilt. 
aerztezeitung.de (Priorisierung Erzieher:innen und Lehrer:innen) 
Tagesschau

Sinkende Akzeptanz der Corona-Maßnahmen
Ein Drittel aller Bewohner:innen Deutschlands wollen sich nicht impfen lassen. Dies zeigt eine Erhebung des Robert-Koch-Instituts, bei der 1006 Erwachsene befragt wurden. Etwa gleich viele Teilnehmer:innen in Deutschland lehnen, laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, freiheitsbeschränkende Maßnahmen gegen COVID-19 ab. Die Ablehnung von Impfungen und Freiheitseinschränkungen beträgt bei Menschen, die leistungs- und konsumorientiert sind, sogar 45%. Die Ergebnisse der Bertelsmann-Studie „Zwischen individueller Freiheit und Gemeinwohl“ wurden nach Wertemilieus aufgeschlüsselt.

Grund für die Kritik an Corona-Maßnahmen sei, laut Studienautorin Yasemin El-Menouar, auch, dass sich große gesellschaftliche Gruppen nicht gehört fühlten. Regierungsvertreter:innen müssen „deutlicher machen, dass individuelle Freiheiten und Leistungsbereitschaft für unsere Gesellschaft weiter von entscheidender Bedeutung sind“. Wichtig sei auch, zu vermitteln, dass die beschränkenden Maßnahmen nur vorübergehend sind.
Tagesspiegel (Bertelsmann-Studie nach Wertemilieus)
Tagesschau (RKI-Studie)

EU-Gipfel: Corona-Impfpass in drei Monaten geplant
Die EU plant einen digitalen Corona-Impfpass für den Sommer. Der Impfpass soll EU-weit gelten. Die Mitgliedstaaten konnten sich aber nicht darüber einigen, ob der Impfpass freies Reisen innerhalb der EU ermöglicht. Urlaubsländer wie Griechenland, Spanien und Portugal fordern dies. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist hier zurückhalten: Sie möchte eine Zweiklassengesellschaft vermeiden und verweist darauf, dass bisher zu wenige Menschen geimpft sind. 
Tagesschau 

Ausland

Großbritannien: Lockerungsplan ab dem 8. März 
Ab dem 8. März werden in Großbritannien mehrere Corona-Regeln schrittweise gelockert. Premierminister Boris Johnson stellte den Lockerungsplan vergangenen Montag (22.03.) vor. Demnach dürfen sich Bewohner:innen von Seniorenheimen ab dem 8. März wieder über Besuch freuen. Schüler:innen nehmen dann auch wieder am Präsenzunterricht teil. 

Je nach Entwicklung der Inzidenzzahlen sieht Johnson für die kommenden Wochen und Monate weitere Lockerungen vor. Ab April dürfen Friseure und Pubs ihren Betrieb wieder aufnehmen. Treffen von bis zu sechs Personen aus zwei Haushalten sollen ebenfalls erlaubt werden. Johnson plant eine vollständige Aufhebung aller Beschränkungen bis Mitte Juni. Nach Bekanntgabe des Lockerungsplans berichtete die britische Airline Easyjet einen massiven Anstieg an Urlaubsbuchungen, vor allem für den Zeitraum August. Derzeit gilt in Großbritannien jedoch noch für die meisten Länder ein Ausreiseverbot. 
Tagesschau
Deutsche Welle 

Frankreich: Strengere Einreiseregelungen nach Deutschland
Reisende nach Moselle werden ab März an der deutsch-französischen Grenze wieder strenger kontrolliert. Nur Menschen mit negativem PCR-Testergebnis dürfen in den französischen Verwaltungsbezirk einreisen. Berufspendler:innen müssen sich einmal wöchentlich testen lassen. Grund für die neuen Einschränkungen ist die hohe Verbreitung der südafrikanischen COVID-19-Virusvariante in Moselle. Zur Zeit wird jede zweite Ansteckung vor Ort durch die neue Variante verursacht. Zudem ist der Inzidenzwert in Moselle mit 300 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche sehr hoch. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sprach sich für ähnliche Maßnahmen von deutscher Seite aus. Für andere deutsch-französische Grenzgebiete gilt diese Regelung nicht. 

Hans und die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), möchten deutsche Grenzkontrollen, wie in Tschechien und Tirol, wegen negativer Symbolwirkung vermeiden und haben diese Ansicht bei der Bundesregierung vertreten. Sie hatten zum Thema auch mit dem französischen Europaminister Beaune gesprochen. Zusätzlich hat die saarländische Regierung eine Taskforce eingerichtet, u.a. mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und seinem französischen Kollegen Olivier Véran. Vorerst wird es keine Grenzschließungen auf deutscher Seite geben.
Tagesschau (strengere Einreisebestimmungen)
Tagesschau (Deutschland und Frankreich gegen Grenzkontrollen)
Deutschlandfunk (schärfere Kontrollen)
Spiegel (Corona-Kontrollen)

Belgien: Viele Menschen missachten Corona-Regeln in Parks
Viele Belgier:innen missachten die geltenden Corona-Regeln. In Brüssel trafen sich viele, vornehmlich junge Menschen, ohne Abstand und Masken in den Parks der Stadt. Viele lockte wohl das gute Wetter. Die Polizei beobachtete das Verhalten, ohne einzugreifen. Brüssels Bürgermeister Philippe Close verurteilte das Verhalten der Menschen und kündigte an, dass die Polizei zukünftig durchgreifen werde. Außerdem würden Bußgelder bei Missachtung der Maßnahmen verhängt. Auch in anderen Städten wie Gent und Antwerpen waren solche Szenen zu sehen.
Tagesschau 

Sport

Inter Mailand geschlossen in Isolation
Das Fußballteam Inter Mailand befindet sich auf dem Trainingsgelände in Isolation. Fünf Offizielle des Vereins, darunter Aufsichtsratsvorsitzender Alessandro Antonello und Vorstandsvorsitzender Giuseppe Marotta wurden positiv auf das Corona-Virus getestet. Bislang wurden alle Spieler negativ getestet. Ob das Spiel am Sonntag (28.02.) gegen den FC Genua stattfinden wird, ist noch nicht entschieden. 

Das Spiel zwischen dem FC Turin und Sassuolo Calcio wurde von Freitag, 26.Februar,  auf den 17. März verschoben. Bei sieben Spielern und zwei Betreuern des FC Turin wurden das Virus nachgewiesen. 
Sportschau 

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 3.773.875 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 03.08.2021 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 1.766 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – vom RKI aktualisiert und um 10 Uhr morgens online veröffentlicht. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 180.561.655 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 456.134 Personen mehr als gestern Früh. Davon 3.659.900 in Deutschland (Stand: 04.08.2021 05:27 Uhr, Quelle: Worldometers).

Von Mensch zu Mensch

Kontrolle ist irgendwie ein zweischneidiges Schwert. Unsere Autorinnen wollen - ja brauchen - sie und gleichzeitig ist sie oft Last oder Zwang, motiviert aus Angst oder Perfektionismus. Wie fühlt sich das an, die Kontrolle zu verlieren? Was ist so erleichternd daran, sie zurück zu gewinnen? Warum ist sie uns zuwider? Wann hätten wir sie gerne zurück? Wir nehmen Euch mit auf eine Seelenreise durch Kontroll-Illusionen, -Bedürfnisse und -Aufgaben.

Den Anfang macht Laura. Sie nimmt uns mit in die Mitte ihrer Angst und beschreibt anschaulich, warum man die Kontrolle manchmal abgeben muss, um sie zurück zu bekommen.

Wenn die Angst das Ruder übernimmt
Laura

Dieses Thema trifft bei mir genau ins Schwarze. Kontrolle, etwas was ich am liebsten immer habe - und was ich nicht abgeben möchte.

Die Kontrolle zu haben verschafft mir Sicherheit. Indem ich Sachen plane, habe ich gefühlte Kontrolle über das, was passieren wird. Indem ich einen Lernplan aufstelle und die Tage bis ins kleinste Detail bis zur Klausur durchplane, habe ich das Gefühl, ich habe die Kontrolle über das, was am Ende dabei herauskommt. In gewisser Weise und in gewissem Ausmaß ist das vielleicht auch so, doch letztlich liegt die Kontrolle nicht gänzlich in meiner Hand. Ob beispielsweise eine Klausur so gut ausfällt, wie ich es mir erhoffe und mit meinem Lernplan anstrebe, hängt letztlich auch von anderen Faktoren wie der Klausur an sich, den gestellten Aufgaben oder auch von der Tagesform ab. Fahre ich von zuhause weg – zum Beispiel in den Urlaub – dann überlasse ich nichts dem Zufall, so denk ich es zumindest. Ich plane das, was ich einpacke, bereits ausführlich anhand der Wettervorhersage mit einer Art Stundenplan, in dem steht, welche Klamotte ich an welchem Tag anziehen kann, um auf alles vorbereitet zu sein und bloß nicht dem Wetter die Kontrolle zu überlassen, wie mein Urlaub sich gestaltet. Ich plane den Tag der Abfahrt vom Aufstehen bis zur Ankunft, um auch hier die gefühlte Kontrolle über das Geschehen zu haben. 

Ich möchte immer wissen, was die Menschen um mich herum denken und fühlen, um das Umfeld, in dem ich mich bewege, in gewisser Weise zu kontrollieren. Das hört sich jetzt vermutlich etwas zwanghaft an, aber es verschafft mir innere Sicherheit, zu wissen was um mich herum geschieht. Im Job nehme ich immer am liebsten alles selbst in die Hand, organisiere beruflich wie privat gerne, damit ich eben den Ablauf weitestgehend vorhersehen und kontrollieren kann. 

Beim Sport, da konnte ich es kaum ertragen, wenn ich ausgewechselt wurde und nicht mehr aktiv am Geschehen mitwirken konnte, denn ich hatte keinen direkten Einfluss mehr auf das Ergebnis und somit keine Kontrolle. Ich erledige Sachen lieber alleine für mich, als sie abzugeben, denn nur so habe ich die Kontrolle für den Outcome. 

Für einen Menschen wie mich, der gerne aus diversen Gründen die Kontrolle hat, doch vermutlich hauptsächlich zur Vorhersehbarkeit und zum eigenen Schutz, sind Momente des Kontrollverlustes extrem schwer zu ertragen und wirken sich negativ auf den Selbstwert aus.

Meine Wegbegleiterin, die Angst, machte mir letzten Sommer in voller Wucht bewusst, dass ich nicht immer die Kontrolle habe und es auch nicht immer gut ist, diese zu haben. Fängt der Körper plötzlich an zu zittern, wird einem ganz schwindelig, fängt man an zu schwitzen und rast das Herz wie verrückt und springt gefühlt über Stock und Stein, da wird einem rasend schnell bewusst, dass man in diesem Moment keine Kontrolle über diese internal verursachten Reaktionen hat. Das macht Angst, das macht sogar sehr große Angst. Die Angst die Kontrolle zu verlieren, ist mit die schlimmste Angst die ich persönlich kenne. Meinen Körper, meine Gedanken und meine Emotionen nicht kontrollieren zu können, hieß für mich auch gleichzeitig, versagt zu haben. Denn ich gebe die Kontrolle doch nicht freiwillig ab. Vielleicht war genau das das Problem. Ich arbeitete sehr viel und hatte mit zwei Jobs alle Hände voll zu tun. Ich hatte einen Trauerfall und einige persönliche Schwierigkeiten in meinem Umfeld, doch ich bewahrte die Haltung, ich behielt die Kontrolle und hielt meine Gefühle der Überforderung, der Unsicherheit, der Angst und der Trauer mit voller Macht, wie ich es gelernt hatte, unterm Kessel. Ich behielt die Kontrolle und ließ nicht zu, dass mich Gefühle kontrollieren. Doch wer einmal versucht hat, Gedanken oder Gefühle langfristig zu unterdrücken, der merkte vermutlich früher oder später, dass diese Rechnung nicht aufging. So auch nicht bei mir.

Wie eine Wucht traf mich der beinahe tägliche Kontrollverlust über meine Gefühle, Gedanken und Reaktionen. Dies schränkte mich enorm in meinem Alltag ein. Nicht zu wissen was im nächsten Moment passiert, ständig auf den nächsten Kontrollverlust gefasst zu sein, lähmte mich.

Die Angst wurde größer, je mehr ich versuchte sie zu unterdrücken und gewann bald ganz die Kontrolle über mich. Ich fühlte mich klein, ich fühlte mich nutzlos, hilflos und als hätte ich versagt und würde es immer wieder tun, wenn die Angst das Ruder übernimmt. Ich steckte fest im Teufelskreis der Angst und ich sah keinen Weg dort raus. Die Angst hatte mir zu diesem Zeitpunkt viel genommen, vor allem auch mein sicheres Schutzschild die Kontrolle.

Doch was, wenn genau das der Plan war? Wenn ich genau dieses Schutzschild ablegen sollte, was wenn die Angst mich schützen wollte?

Denn die Angst ist ein Teil von mir und nicht mein Gegner, wir sind im selben Team, auch wenn man das zunächst völlig anders sieht. Wir lernen oft, dass emotional positive bewertete Gefühle, wie Freude, etwas Gutes sind, uns gut tun und auch gesellschaftlich anerkannt sind. Jeder mag fröhliche Menschen. Viele von uns lernen also automatisch, dass negativ bewertete Gefühle, wie Wut, Trauer und Angst keine Berechtigung haben und bloß nicht in der Öffentlichkeit gezeigt werden sollen. Ich hatte Angst raus zu gehen und wollte das Haus am liebsten nicht mehr verlassen, ich wollte nicht, dass meine Kolleg:innen, meine Freund:innen oder sogar meine Familie mitbekamen, dass bei mir die negativen Gefühle, mit ihrem Häuptling Angst, das Steuer in der Hand hielten.

Irgendwann begriff ich: sie rebellierten und wollten auch gesehen werden, so wie auch die positiv bewerteten Gefühle. Wenn man es so recht betrachtet, dann sind diese angeblich negativen Gefühl gar nicht negativ, sondern werden es nur, weil wir ihnen diese Eigenschaft zuschreiben.

Angst schützt und bewahrt uns vor Gefahr, Trauer zeigt uns bei einem Verlust, dass uns dieser Mensch oder das Tier wichtig waren und am Herzen lagen.

Gibt man diesen Gefühlen also keinen Raum, dann verbinden sie sich zu einem geballten Energiebündel und übernehmen die Kontrolle.

Wie schaffe ich es also, meine geliebte Kontrolle zurückzugewinnen? Ich versuchte, nachdem ich erkannt hatte, dass auch diese Gefühle gehört werden und einen gleichberechtigten Platz haben wollen, zu akzeptieren, dass die Angst, die Trauer und auch die Wut Teile von mir sind. Ich lasse sie zu, so habe ich die Kontrolle. Mit der Akzeptanz verloren die mir so übermächtig erschienen Emotionen plötzlich an Macht und ich gewann nach und nach ein Stück Kontrolle zurück.

Sicherlich weiß ich auch, dass es nicht gut und gesund ist, alles in seinem Leben kontrollieren zu wollen und versuche daher in einem Prozess, indem ich mich derzeit noch- und vermutlich noch einige Zeit befinden werde, loszulassen. Loslassen von dem Gedanken alles in mir und um mich rum kontrollieren zu müssen, damit es keine böse Überraschungen oder Wendungen gibt. 

Ich weiß: kein Gefühl hält für die Ewigkeit an, so auch nicht die Angst. Durch Planen und kontrollieren geht doch auch der Moment verloren. Denn wie John Lennon schon meinte: Leben ist das was passiert, während du dabei bist Pläne zu schmieden.“

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Nach Lauras Kampf mit der Kontrolle würde Anne ihr gerne ein Päckchen damit zu schicken – ist ihre Assoziation zur Kontrolle doch eine ganz andere: Freigeistige Ablehnung vielleicht, mindestens jedoch ein Vorzug von Vertrauen gegenüber Kontrolle. In ihrem Text schreibt sie über ihre ambivalente Beziehung zur Kontrolle, den zeitweisen Verlust und warum so ein bisschen Durcheinander auf der Lebens Leinwand etwas Gutes ist.

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Das Leben ist Kunst
Anne

Bevor ich mich ans Schreiben machte habe ich, um ehrlich zu sein, Lauras Text gelesen. Ich verstehe ihren Wunsch nach Kontrolle. Ich verstehe, dass sie Schutz und Sicherheit bietet. Und wenn ich Texte, Worte dieser Art höre und lese, wünschte ich, ich könnte den Menschen Kontrolle in einem schön verpackten Pärchen zuschicken, als Notfallset sozusagen, wenn die eigene Kontrolle mal nicht auffindbar ist, weil es mich berührt. 

Aber meine eigene erste Assoziation zu diesem Wort ist eine gänzlich andere. Ich habe lange überlegt, ob ich dies hier so schreiben könnte, ob es despektierlich erscheint, gegenüber den Menschen, die sich nach Kontrolle sehnen. Gerade deswegen entschied ich mich doch dazu, meine Gedanken in Worte zu fassen, in dem Glauben und der Hoffnung, dass unterschiedliche Sichtweisen auf eine Sache, auf ein Wort, bereichernd wirken. So hat mich doch Lauras Text auch bereichert und mich darauf hingewiesen, was Kontrolle bewirken kann, wofür sie nützlich und wichtig ist. 

Doch zurück zu meinem ersten Gedanken. Ich mag Kontrolle nicht sonderlich. Ich mag es nicht kontrolliert zu werden und kontrolliere andere nicht gerne. Hier schwingt für mich immer Macht, Dominanz und Hierarchie mit. Ich bevorzuge Vertrauen. 

Ein Beispiel. Ich möchte nicht die Schulaufgaben meines Kindes kontrollieren. Ich schaffe es nicht mal auszusprechen, dass ich diese kontrollieren möchte. Allerdings ist dies natürlich notwendig, in Zeiten des Homeschoolings. Stattdessen sage ich: „Bring doch bitte mal deine Schulaufgaben mit, damit wir sie uns gemeinsam anschauen können.“ Diese Formulierung kann man Schönfärberei nennen, denn das was ich dann tue ist natürlich nichts anderes, als zu kontrollieren. Mit meinen Worten verpacke ich die Kontrolle lediglich in schönere Worte, um eine Kommunikation auf Augenhöhe zu suggerieren, die Hierarchien flach zu halten. Dabei ist dem natürlich nicht so. Ich trage ja nun mal die Verantwortung für dieses Wesen. Ich könnte es also auch direkt aussprechen: „Ich kontrolliere dich!“ Will ich nicht, kann ich nicht. Und wenn ich durch “Kontrolle” in schönere Worte verpackt, ihr und mir ein besseres Gefühl gebe, ist das ja nun auch nicht das schlechteste. Also warum nicht. 

Und diesen Euphemismus ziehe ich durch, auch in anderen Bereichen. Ich würde nie, wie Laura es formuliert, sagen, dass ich Kontrolle über mein Leben und meinen Alltag haben möchte. Eine gewisse Planbarkeit, was in den nächsten Stunden des Tages passiert, am nächsten Tag und der folgenden Woche ist schon eine gute Sache. Da bin ich dabei. Aber das Kontrolle zu nennen, auf die Idee käme ich nicht. Die Momente in denen man Kontrolle Kontrolle sein lässt und dem Tag oder den Moment seinen Lauf lässt, weil glücklicherweise die Zeit und der Kalender dies hergeben, finde ich wunderschön. Einfach mal machen, einfach mal sein. Gerne mehr davon. Wenn mich Freund:innen fragen, was ich mir zum Geburtstag wünsche, ist die Antwort selten eine konkrete. “Überrascht mich”. Überraschungen bringen Neues mit sich, lassen mich Neues entdecken, neue Menschen kennenlernen. Das kann auch schon mal schief gehen. Aber so oder so ist dies mit Sicherheit eine Bereicherung in irgendeiner Form. Hin und wieder überkommt mich dennoch der Gedanke, dass ein wenig mehr Kontrolle oder bessere Planung meinem Leben gut tun würde. Dass ich dann organisierter, zielgerichteter und weniger planlos wäre und das Leben nicht so vor sich hin dümpeln würde. Doch diese Gedanken zerstreuen sich schnell wieder – in meiner eigenen Zerstreutheit?! 

Nun hat mich das Leben allerdings auch gelehrt, dass ewige Kontrolle nicht möglich ist. Und ich habe gelernt dies anzunehmen. Tatsächlich fällt mir jetzt erst auf, während ich dies schreibe und Lauras Text noch in mir nachhallt, wie wertvoll dieses Erlernte ist, wenn auch der Weg schmerzhaft war. Das will ich hier nicht beschönigen. 

Der Kontrollverlust, von einem auf den anderen Moment, riss mir den Boden unter den Füßen weg und stellte mein Leben auf unschöne Art und Weise auf den Kopf. Der Entwurf, der Plan eines gemeinsamen Lebens, wurde in einem Moment ausgelöscht, wurde zum schwarzen, leeren Blatt. 

Aber ich habe gelernt, diese Leinwand wieder mit Farbe zu versehen, die mal schön gestrichen, mit kontrollierten Pinselzügen aufgetragen wird. Mal sind es wilde Kleckse, wie bei Kindern, wenn sie eine Zahnbürste in Farbe tauchen und diese dann vor das Blatt halten und mit dem Finger über die Bürste streichen. Wie die Farbkleckserei aussehen wird, ist ungewiss, lediglich die Farben selbstgewählt. Diese vermischen sich jedoch manchmal mit noch nicht getrockneter Farbe auf der Leinwand. Und ob alles auf dem dafür vorgesehenen Blatt landet, ist wünschenswert, aber ein Blick auf unsere Küchenwand zeigt, dass das nicht immer der Fall ist. 

So färben Zufälle auch meine Lebensleinwand bunt. Hinterlassen Begegnung mit anderen Menschen ihre Kleckse darauf und vervollständigen so das Bild zu einem abstrakten Werk der Aktionskunst und lassen kontrolliert aufgetragene Muster in den Hintergrund rücken. 

Wie auch immer das Werk final aussehen mag, mir gefällt es. Zumindest bis hier hin. Bunt auf Schwarz. 

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Sowohl bei Anne, als auch bei Annika geht es um Kontroll-Ambivalenz. Der Unterschied ist vielleicht, dass Anne die Kontrolle eher loswerden will und Annika vom Wunschdenken der Kontrolle aus losgeht. Und von dort aus betrachtet sind Kontrolle – und ihr Verlust – ein Trigger, eine Sorge und eine Sehnsucht. In ihrem Text beschreibt Annika, wie sie mit dieser Ambivalenz umgeht und warum es so wichtig ist, dabei nicht allein zu sein.

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Von der (Un-)Sicherheit des Überlebens
Annika

Kontrolle - oder vielmehr der Verlust von Kontrolle - ist mein größter Trigger, wenn es um Angst geht. Ich kann mich noch nicht einmal genau daran erinnern, wann der Drang nach Kontrolle bei mir zum ersten Mal auftrat; irgendwie war ich gefühlt schon immer darauf bedacht, Gegebenheiten genau einschätzen - und kontrollieren - zu können. Nach einigen Situationen, in denen das Leben mir bewiesen hat, dass meine Illusion von Kontrolle tatsächlich nichts weiter ist als Wunschdenken, wurde das drängende Bedürfnis nach Kontrolle schlussendlich zu meinem ständigen Begleiter.

So. Und da stehe ich nun momentan. Ich weiß, dass Kontrollverlust mich triggert, ich weiß, dass anhaltende Kontrolle eine Illusion ist, ich weiß, dass ich lernen muss, Kontrollverlust anzunehmen. Und - vielleicht sogar die wichtigste Erkenntnis - ich weiß eigentlich auch, dass es entlasten kann, Kontrolle mal abzugeben. Was ich allerdings nicht weiß, ist, was ich nun mit diesen Erkenntnissen anstelle.

„I don't wanna lose control.
Nothing I can do anymore.
Tryin' every day when I hold my breath,
spinnin' out in space pressing on my chest.
I don't wanna lose control.“
(Zoe Wees: „Control“)

Obwohl. Ganz so schwarz-weiß, wie ich es gerade beschrieben habe, ist es gar nicht. Es gibt manchmal Momente, in denen ich mich zwar auch nicht darum reiße, Kontrolle abzugeben, aber in denen es mir trotzdem möglich ist. Und dann wiederum gibt es Situationen, in denen mich allein der Gedanke, keine Kontrolle mehr zu haben, innerlich zerreißt. In denen allein dieser Gedanke schon ausreicht, um die Panik in mir aufsteigen zu lassen und meine Welt in Schwindel und Angst zu tauchen. Klingt ziemlich dramatisch. Ich weiß, das war beabsichtigt. Es fühlt sich nämlich auch dramatisch an. 

Es gab zwei Situationen in meinem Leben, in denen mir die Kontrolle so abrupt entrissen wurde, dass ich der festen Überzeugung war, dass ich nun sterben würde. Kein „ich-fühle-mich-innerlich-wie-tot“-Sterben. Ein wahrhaftiges Sterben. Mit Herzstillstand, Beerdigung und allem, was so dazu gehört. Und vielleicht sollte ich das auf einer Internetseite, auf der es um Angstfreiheit geht, so nicht aufschreiben. Aber wenn ich über meine Definition von Kontrolle erzählen soll, gehört das leider nun einmal dazu. 

Seitdem vermittelt mir das Gefühl von Kontrolle gleichzeitig auch ein Gefühl von Sicherheit. Nämlich die Sicherheit, dass ich diese Situation, in der ich mich gerade befinde, überleben werde. Auch das klingt wieder dramatisch. Ich weiß. Und auch das war wieder beabsichtigt. Es beschreibt nämlich, warum mir Kontrolle so wichtig ist. Dass es mir nicht darum geht, Kontrolle über andere Menschen auszuüben, sondern mein eigenes Überleben sicher zu stellen. 

Jetzt fehlt es allerdings noch an einer Erklärung, weshalb es mir in manchen Momenten trotzdem möglich ist, mal loszulassen. Kontrolle abzugeben. Die Erklärung ist sogar relativ simpel: Es liegt an den Menschen, die mich zu diesem Zeitpunkt umgeben. Mit einem kleinen Teil der mir nahestehenden Menschen kann ich mich in Situationen begeben, in denen das Gefühl zu sterben normalerweise wieder sehr präsent wäre. Sie halten es zwar nicht vollständig von mir ab, aber sie mindern es. Sie vermitteln mir das Gefühl von Sicherheit, das ich mir sonst von Kontrolle erhoffe - und ersetzen damit ein wenig mein Bedürfnis danach, die Gegebenheiten um mich herum zu jeder Zeit kontrollieren zu müssen. Sie lassen zu, dass ich mich - zumindest ein Stück weit - fallen lassen kann. Sie zeigen mir, dass es in meinem Leben auch sichere Hafen geben kann, die nichts mit Kontrolle zu tun haben.

Diese Momente sind leider ziemlich selten, aber sie sind da. Es liegt noch ein wirklich langer Weg vor mir, bis mir der Verlust von Kontrolle nicht mehr die Panik ins Herz treiben wird. Aber ich habe Glück. Ich gehe ihn nicht alleine. Ein kleiner ausgewählter Kreis meiner Lieben begleitet mich auf meiner Reise. Und mit jedem Mal, das ich ein Stück Kontrolle abgeben kann, baue ich mir einen neuen sicheren Hafen. 

„Don't know if you get it 'cause I can't express how thankful I am,
that you were always with me when it hurts,
I know that you'd understand.

[…]

I need you to know, I would never be this strong without you .
You've seen how I've grown,
you took all my doubts,
'cause you were home.
"

Zoe Wees: „Control“ (YouTube)

Tipps der Woche

Kontrolle ist ein großes Thema – die einen wollen sie verlieren (Stichwort Kontrollzwang), die anderen sie (zurück)gewinnen. Für beides haben wir Euch in dieser Woche Tipps vorbereitet.

Wer von Euch unter Kontrollzwang innerhalb zwischenmenschlichen Beziehungen leidet, dem helfen eventuell unsere folgenden Tipps. Denn mit einem simplen „Dann höre doch einfach damit auf, andere zu kontrollieren“ ist es eben (meistens) nicht getan.

Lerne, anderen zu vertrauen
Fehlendes Vertrauen ist einer der Hauptgründe für Kontrollzwang. Gerade in unserem digitalen Zeitalter, ist die Versuchung enorm hoch, seine:n Partner:in zu kontrollieren.

Schenke Vertrauen.

Stärke dein Selbstwertgefühl
Ein geringes Selbstwertgefühl spiegelt sich in einem geringen Glauben an die eigenen Fähigkeiten und Qualitäten wider. Wer von sich selbst überzeugt ist und an sich glaubt, braucht keine Kontrolle, um sich sicher zu fühlen.

Bitte Andere um Hilfe
Alleine ist es umso schwieriger, seinen Kontrollwahn zu überwinden. Vertraue dich einem Freund an, wenn du das Gefühl hast, wieder etwas oder jemanden kontrollieren zu müssen. Manchmal reicht bereits ein Gespräch aus, um die Dinge in einem neuen Licht zu sehen

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Stress kontrollieren
Manchmal überkommt uns eine Situation, die uns gefühlt verschluckt. Stress! In der GEO gab es ein spannendes Interview, wie wir mit diesen Situationen umgehen und die Oberhand zurück gewinnen können. Laut dem Psychologen Prof. Dr. Gert Kaluza braucht es dafür “nur” folgende vier Schritte:

  1. Annehmen: Radikale Akzeptanz
    Egal ob eine frustrierende Situation mit Mitmenschen, ein zu enger Zeitplan oder Ärger über sich selbst - der erste Schritt raus aus der Opferrolle ist es, die Situation anzunehmen, wie sie ist.
  1. Abkühlen
    Mit dem “Ja zur Situation” geht es nun darum, die Anspannung loszulassen und die eigene Mitte wiederzufinden. Manchmal reicht atmen, manchmal braucht es ein Glas Wasser oder einen bewussten Schritt raus aus der – auch räumlichen – Situation.
  1. Analysieren
    Es geht uns schon merklich besser, wenn wir die Situation angenommen haben und etwas abgekühlt sind. Auf Basis dessen können wir darüber nachdenken, welche Handlungsoptionen wir haben und wie wir sie umsetzen können. Dabei sind zwei Fragen mindestens gleich wichtig: (a) Was kann ich tun? und (b) Ist es mir das wert?
  1. Aktion oder Ablenkung
    Schlussendlich geht es darum, die Situation zum Besseren zu verändern. Das kann eine konkrete Handlung gegen den:die Stressor:in sein oder auch eine Ablenkung, falls wir die Situation delegieren oder einfach so stehen lassen.

Völlig klar ist natürlich, dass die Realität sich nicht immer so leicht in vier Schritte pressen lässt. Aber immerhin bieten sie eine Leitschnur, an der wir uns im Nebel des Stresses entlang hangeln können – und damit ist doch schon mal viel gewonnen!

Dies und Das

Anderes Licht
Es lohnt sich manchmal, Dinge in einem anderen Licht zu sehen. So ist es manchmal auch bei Worten. Es gibt Worte, die wir zunächst negativ besetzt haben. Der Musiker Gentleman kann so manch einem Wort mit negativen Ruf jedoch viel Schönes abgewinnen. So zum Beispiel den Worten Langeweile und Gleichgültigkeit. Vielleicht lohnt es sich, erst einmal für sich selbst über diese Wörter nachzudenken, eh ihr euch den Beitrag von ZDFkultur anschaut. 
ZDFkultur-Instagram

Musikalische Kontrolle
Natürlich beenden wir auch diese Ausgabe nicht, ohne Euch ein paar musikalische Leckerbissen zu unserem Wochenthema vorzustellen. Zugegebenermaßen sind die Titel der dieses Mal vorgestellten Musikstücke recht eintönig (sorry!), aber die Themen dafür umso vielfältiger: Mal geht es dabei um Selbstkontrolle (Blackout Problems & Bebe Rexha), mal um die Kontrolle über Entscheidungen Anderer (Foo Fighters), mal um die Kontrolle der eigenen (Angst-)Gefühle (Zoe Wees & Von Brücken). Die Kontrolle darüber, ob ihr unsere Vorschläge anhören möchtet, liegt allerdings ganz allein bei Euch. 
Blackout Problems: „Kontrol“
Von Brücken: „Lady Angst“
Lesley Gore: „You don’t own me“
Maxim: „Meine Soldaten“
Donots: „Control“
Foo Fighters: „I should have known“
Halsey: „Control“
Udo Lindenberg: „Johnny Controletti“
Zoe Wees: „Control“
Bosse: „Pjöngjang“
Bebe Rexha: „Self Control“
Blickfeld: “Das Ziel”
Muse: „Uprising“

Mit diesen musikalischen Eindrücken entlassen wir Euch nun in das Wochenende und die kommende Woche. Bewahrt die Kontrolle oder lasst sie los - ganz, wonach Euch ist. Aber am Wichtigsten: Seid gut zu Euch und habt Euch lieb. 

Und falls Ihr nun Lust bekommen habt, eigene Beiträge zu schreiben und uns in unserer Arbeit zu unterstützen, schreibt uns gerne unter angstfrei.news@gmail.com - wir freuen uns auf Euch!

Euer angstfrei.news Team.

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