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Montag, 1. Juni 2020 | 8 Uhr

Wolfgang
Markus

Liebe Sommerfrischler*innen

Hurra, wir haben’s geschafft: Sommerbeginn, der meteorologische! Alles neu macht der Juni, jedenfalls ein bisschen bei angstfrei.news. Die Redaktionskonferenz am letzten Freitag gehirnstürmte über die Zukunft von angstfrei.news. Die Beiträge in „Von Mensch zu Mensch“, in denen unsere Redakteur*innen Herz und Seele öffnen, sind ein Riesenerfolg. Daran wollen wir gemeinsam weiterstricken. Heute unter 360° einen schmerzvollen persönlichen „Corona Fallout“. Aber mit tapferem Blick in die Zukunft. Dazu passt wie mundgeblasen der neu eingerichtete „Prolog zu Morgen“, heute mit „Covid-19, Revolte-20“.

@Nicholas hatte am gestrigen Sonntag dankenswerterweise bereits George Floyd gewürdigt. Seine bestialische Ermordung hat in den USA eine zweite Welle ausgelöst, den Tsunami einer sozialen Revolte. Bürgerkriegsähnliche Zustände in fast allen US-Städten, im Kielwasser der Pandemie, surreal und dystopisch, mit schockierenden Szenen im Fernsehen. Was hat das alles mit uns und unserer Post-Coronoa-Zukunft, besonders auch unserer eigenen zu tun?, fragen Wolfgang und Markus, auch für das gesamte angstfrei.news-Team.

Die gute Nachricht des Tages

Demütig werden – Wachsen an der Angst!

Anke Houben und Kai Dierke lehren in deutschen Unternehmen die Kunst der Führungskraft, neudeutsch „Leadership“. Führungskräfte neigen zur egozentrischen Selbstdarstellung wie auch Selbstüberschätzung. Das ist der verkehrte Weg, sagen die beiden Coachs. Sie verlangen eine neue Bescheidenheit und Demut, u.a. in einem Podcast in der Serie „Der achte Tag: Deutschland neu denken“.

  • Wir stünden am Ende eines Zeitalters. Die Krise lege offen, was wir gerne ausblendeten: unsere Verwundbarkeit. In diesen Wochen erlebten wir den Verlust unserer „Selbstgewissheiten“ und „Ego-Illusion“.
  • Sie fordern auf zum Selbstversuch: Was bleibe übrig, was sähen wir, wenn wir ein Stück zurückträten und uns derzeit selbst in den Blick nähmen?
  • Wahrscheinlich ziemlich viel Hilflosigkeit und Elend, glauben sie. Deshalb sei es Zeit, die Perspektive zu wechseln und eine radikal neue Haltung zu entwickeln.
  • Dafür spenden die Leadership-Trainer auch Trost: Wir Menschen seien eine „zähe Spezies“. Wir könnten nicht nur „Härten überstehen, sondern Verluste sogar überkompensieren“. Das könnte unsere wichtigste innere Aufgabe in dieser Krise sein: An Härten, Ängsten zu wachsen.

→ Dierkehouben | → Der achte Tag

Die Nachrichtenlage

Erste Studien zu Coronavirus im Sommer
Der Sommer ist ein natürlicher Feind vieler Viren. Dies gilt für die Influenza, also die Grippe. Da sich einige Viren aus der Familie der Corona-Viren, die saisonale Erkältungen verursachen, ebenfalls so verhalten, gibt es seit Beginn der Covid-19-Pandemie die Hoffnung, dass mit steigenden Temperaturen der Ausbruch abebben wird. Doch wird der Schönwetter-Effekt auch bei Sars-CoV-2 auftreten? Es mehren sich die Anzeichen dafür, dass er nur geringe Auswirkungen auf den akuten Ausbruch haben wird. Die gute Nachricht ist, dass die Zahl der Infektionen dennoch zurückgehen dürfte. Die Zeit berichtet anhand der aktuellen Studienlage, wie es dazu kommen könnte.
→ ZEIT

Frühe Schulöffnungen in Dänemark
Nach Ostern öffneten als eines der ersten EU-Länder in Dänemark die Schulen wieder - und damit fast einen Monat früher als in Deutschland. Dänische Schüler*innen kehrten nach und nach in die Klassenzimmer zurück. In Deutschland forderten Mütter und Väter währenddessen, dass die Regierung sie mit der Kinderbetreuung nicht im Stich lassen solle. In Dänemark machte Ministerpräsidentin Mette Frederiksen klar: Familien müssen in der Krise entlastet werden. Deshalb nahmen auch Kindertagesstätten und Kindergärten schnell wieder ihren Betrieb auf. Der SPIEGEL zeigt, wie diese Gratwanderung funktioniert hat und was Deutschland nun von Dänemark lernen kann.
→ DER SPIEGEL

Entwickler veröffentlichen Programmcode der Corona-Warn-App
Die Entwickler der Corona-Warn-App der Bundesregierung haben den kompletten Programmcode der Anwendung offengelegt. Im Rahmen des Open-Source-Projekts haben sich bisher mehr als 65.000 freiwillige Software-Experten mit den bereits veröffentlichten Quellcodes befasst und eigene Verbesserungsvorschläge gemacht. Mit der App sollen die Nutzer in der Lage sein ihren persönlichen Risikograd für eine Infektion einzuschätzen. Dazu sendet die App per Bluetooth anonyme Kurzzeit-Identifikationsnummern aus, die von anderen App-Nutzern in der Umgebung empfangen werden können. Wird ein Nutzer positiv auf das Coronavirus getestet, werden die anderen betroffenen Anwender darüber informiert, dass sie sich in der Vergangenheit in der Nähe einer infizierten Person aufgehalten haben. Mitte Juni soll die Anwendung schließlich zur Verfügung stehen.
→ ZEIT

Trump verschiebt Gipfel und stellt G7 in Frage
US-Präsident Donald Trump hat den G7-Gipfel überraschend verschoben. Das Treffen der sieben führenden Industriestaaten solle nun im Herbst statt im Juni stattfinden, sagte Trump. Als mögliches Datum nannte er den September. Zugleich stellte er das Format selbst in Frage. Die Zusammensetzung der Länder sei völlig überholt. Er habe nicht das Gefühl, dass die Gruppe der sieben grössten Industrieländer das Weltgeschehen richtig widerspiegele, sagte Trump nach Angaben von ihn begleitenden Journalisten auf dem Rückflug von Cape Canaveral nach Washington. Er wolle Russland, Südkorea, Australien und Indien dazu einladen, sich anzuschließen.
→ Tagesschau

Wie Christen heuer Pfingsten feiern
Zu Ostern wurden wegen Corona alle öffentlichen Gottesdienste gestrichen. 50 Tage später, zu Pfingsten, sind sie wieder möglich - allerdings unter strengen Auflagen. Traditionell finden an Pfingsten viele Freiluft- oder Berggottesdienste statt. Aber auch diese müssen sich weiterhin nach den seit dem 4. Mai geltenden Vorschriften richten: Die maximale Besucherzahl hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab, die Gläubigen müssen innerhalb von Gebäuden einen Mindestabstand von zwei Metern und ausserhalb von 1,5 Metern einhalten und einen Mund- und Nasenschutz tragen. Aus diesem Grund sind viele Gemeinden nach wie vor darauf ausgewichen, Gottesdienste über das Internet zu übertragen - ein Beispiel dafür ist die Päpstliche Messe aus der Andreaskapelle in Passau.
→ BR24

Verhüllungskünstler Christo im Alter von 84 Jahren gestorben
In Deutschland wurde er vor allem durch die Verhüllung des Reichstages bekannt. Nun starb der Künstler im Alter von 84 Jahren in New York. Zu den berühmtesten seiner weltweit realisierten Projekte gehörten die safranfarbenen Tore im New Yorker Central Park ("The Gates"), die mit Nylongewebe überzogenen schwimmenden Stege auf dem Wasser des Iseo-Sees in der Lombardei ("Floating Piers") sowie der 1995 eingehüllte Berliner Reichstag und der eingehüllte Pont Neuf in Paris. Es war Christos Wunsch, sein aktuelles Projekt - die Verhüllung des Pariser Triumphbogens - zu vollenden, wie es in der Mitteilung seines Büros hieß. Wegen der Corona-Pandemie wurde das Projekt auf September 2021 verschoben.
→ Tagesschau

Keinen Bonus in der Krankenpflege
Zwar erhalten Beschäftigte in der Altenpflege demnächst eine Extra-Zahlung in Höhe bis zu 1.500 Euro, wobei der Bund maximal 1.000 Euro, das Land bis zu 500 Euro übernimmt. Auch Angestellte in den Verwaltungen, Wäschereien oder Küchen von Alten- und Pflegeheimen sind in die Regelung eingeschlossen. Doch nach den aktuellen Plänen des Landes Nordrhein-Westfalen und des Bundes soll es keinen gesonderten Bonus für Krankenhäuser und ihre Beschäftigten geben. Von den Tarifpartnern festgelegte Boni könnten stattdessen von den Trägern der Kliniken gegenüber den Krankenversicherungen im Rahmen der Budgetverhandlungen geltend gemacht werden.
→ WDR

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 181.815 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 01.06.2020 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 333 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – vom RKI aktualisiert und um 10 Uhr morgens online veröffentlicht. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 2.854.430 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 72.517 Personen mehr als gestern Früh. Davon 165.900 in Deutschland (Stand: 01.06.2020 09:53 Uhr, Quelle: Worldometers).

Tipp des Tages

Modekaufrausch – mal anders
Einen Wechsel im Kleidungskonsum verlangt die Modedesignerin Constanze Klotz. Jetzt im anbrechenden Sommer beginnt bereits die Saison für die Wintermode. Wozu neuanschaffen?, fragt sie. Warum nicht Second-Hand Läden, Tauschbörsen aufsuchen? Noch besser: Selbst aus Altkleidern und Rucksäcken einen neuen, den persönlich-individuellen Modestil kreieren – nur Mut! Kreatives Arbeiten mit den Händen entspannt, vernetzt das Gehirn besser, erhöht seinen Stoffwechsel und Durchblutung.
→ Fair Fashion

360°

Von Mensch zu Mensch

Corona Fallout

von Wolfgang

Jetzt hat’s uns auch erwischt. Unser Herz blutet. Als ich, Wolfgang, gerade einem Kollegen davon berichtete, verkrampften sich meine Stimmbänder. Unser Sohn Alexis weinte gestern beim Familienbeschluss. Nach fast einem Jahrzehnt haben wir den Stecker gezogen. Unser Familienprojekt wird es in dieser Form nie wieder geben. Unser „Hostal la Finca Cultures United“ in den Kordilleren Kolumbiens, unser und vieler „Tropical Mountain Getaway“.

Das Hostel, ein kleines Stück Paradies. Unten an unserem Bach rauscht reines Bergwasser. Oben hagelt es dreimal im Jahr Mangos von den Bäumen. Morgens um halb sechs ist es am schönsten, wenn die Vögel ihr Konzert anstimmen, Papageien vorbeirauschen, die tropische Natur erwacht. Für andere ist die blaue Stunde um 18 Uhr die beste, wenn hinter den sieben Bergen im Westen die Sonne im Pazifik versinkt, der Himmel alle denkbaren und bisher so nie gesehenen Schattierungen von Rot durchwechselt, er nach einer halben Stunde von Sternen nur so funkelt, man selber bei Bierchen oder Wein dieses Schauspiel genießt. Einmalig.

Als gemeinsamen Knotenpunkt für unsere transatlantische Familie hatten wir vor zehn Jahren dieses Kleinod erworben. Alexis gab sein Lokal in Guatemala auf und gründete das Hostel. Nicht nur für Backpacker, sondern auch für Volontäre. Diese Idee hatte er aus Mittelamerika mitgebracht. Freiwillige aus der ganzen Welt arbeiteten im Hostel und rund um das Hostel in einer Art privater Entwicklungszusammenarbeit und Kulturaustausch mit dem Lande. Sie gaben ihr Wissen an Einheimische weiter und lernten wiederum von denen. Etwa in der Dorfschule, wo Freiwillige unterrichteten, etwa Kunst und Englisch, dafür in die kolumbianisch-hispanische Kultur eintraten, intensiver als jeder Reisende oder Austauschstudent. Oder im Garten- und Landbau, wo Volontäre ihr ökologisches Wissen an Campesinos weitergaben, dafür von deren Traditionen lernten. Um nur wenige Beispiele zu nennen.

Die offene Küche am Rande des Gartens, wo alle Gäste und Volontäre abends kochten, oft gemeinsam, wie eine große internationale Familie, war ein Marktplatz und Treffpunkt der Welt und des Lebens. Selten auf so wenigen Quadratmetern habe ich so interessante und spannende Menschen getroffen. Was für Biografien, was für Geschichten, was für Zukünfte. Grandios!

Unsere letzte große Party war eine „German Pool Party“ mit Expats aus der Region rund um Medellín. Warmup-Spiele rund ums Wasser zum Beschnuppern. Zum Essen ein in Palmblättern gewickeltes und im Boden gegrilltes Erdschwein, köstlich. Viele von unseren Gästen sind mittlerweile bereits mit den humanitären Rückholflügen nach Deutschland zurück, oft nach jahrelangen Aufenthalten in Kolumbien, etwa als Deutschlehrer. Traurig (und herber Verlust für Alle).

Mit finanzieller Unterstützung deutscher Unternehmen hatten wir über die Jahre etliche Entwicklungsprojekte angestoßen, darunter eine Zukunftswerkstatt in einer Einrichtung zur Betreuung von Flüchtlingskindern, ein Pädagogikseminar für Dorfschullehrer, eine Empowerment-Konferenz für Angehörige sozialer Berufe, mit 100 Teilnehmenden. Alles Highlights – und wir hatten noch viele Pläne, jetzt Opfer vom Corona-Fallout.

Es kommen keine Reisenden mehr, das bis weit ins nächste Jahr. Alexis steckt seit März in Deutschland fest, greift nach seinem seit 20 Jahren verschobenen Traum: endlich studieren. Ich hier in Medellín. Keine Flüge bis in den Herbst. Wir kriegen nicht mal einen Passierschein für das 50 Kilometer entfernte Hostel. Unser Verwalter hat uns eine Frist gegeben, dann ist er weg. Deshalb haben wir den Stecker gezogen. Wir werden den Betrieb stilllegen. Unseren Freunden und Bekannten wird die Finca weiterhin offenstehen. Aber sie wird nie mehr so wie früher pulsieren, weltoffen, polyglott, alle Sinne inspirierend.

Ende einer Epoche und Einschwingen ins neue Normale. Der alten Zeit nachzutrauern hilft nichts. Besser die schönen Erinnerungen zu bewahren und die neue Zukunft mitzugestalten. Sie eröffnet neue Chancen. Danach sollten wir alle greifen, mit Elan, Mut, frischen Ideen. Try better – fail better!

Danke für die Gelegenheit, mir dies hier von der Seele schreiben zu dürfen. Seit meinem 17. Lebensjahr, als ich einen Jugendgottesdienst über Lateinamerika hielt, führen mich fast alle meine Wege immer wieder dorthin und nach Kolumbien. Ich habe hier Guerilla-Camps besucht, saß irrtümlich als Guerillero im Knast, habe über meine Erkenntnisse Bücher und Science Thriller geschrieben. Schreiben ist wie ein innerer Dialog, nur gründlicher. Er hilft, den ganzen Morast in Deinem Kopf zu klären. Jetzt fühle ich mich besser und sage:

Adiós Hostal, te queremos mucho!

Und wer von Euch in besser werdenden Zeiten mal zu Besuch kommen will:

Willkommen – Welcome – Bienvenido!

→ Hostalafinca | → Alpha Deus

Prolog zu Morgen

Covid-19, Aufstand-20

von Wolfgang

Die letzte Woche saßen meine Frau und ich viele Stunden lang vorm Fernseher, wie festgeklebt, und zwickten uns gegenseitig. Träumten wir oder war das Wirklichkeit? Wie Dominosteine, live, die umfielen und in Windeseile Straßen über ein ganzes Land zogen, von New York über Chicago bis Los Angeles, von Minnesota, über Washington bis Miami. Überall Demos, Proteste, Kämpfe mit der Polizei, Feuer, ausgebrannte Polizeistationen, geplünderte Geschäfte. Tränengaswolken, Geschrei, Geböller von Gummigeschossen, die vorrückende Phalanx schwerbewaffneter Elitetruppen – bürgerkriegsähnliche Zustände.

Eine Nation begehrt auf gegen den Tod von George Floyd. Ein Afro-Amerikaner, der ohne Anlass von einem Polizisten öffentlich quasi gelyncht worden war, zehn Minuten lang mit dessen Knie im Hals. Floyds letzten Worte „Can`t breathe!“ sind der Protestschrei der Demonstranten (s. auch Nicholas‘ Sonntags „Von Mensch zu Mensch: Einmal die Woche“).

Politiker und Journalisten sagen: Ein fast surreales, nicht zu fassendes Ereignis in der langen Kette von Sklaverei, Unterdrückung, Morden an den Schwarzen in den USA – mit institutionalisiertem Rassismus, wie sich viele Kommentatoren des Aufruhrs einig sind und hiermit eine Reform des Landes an Haupt und Gliedern anmahnen.

Ein historisches Ereignis, das mitten in der Corona-Krise mit derzeit über 102.000 Toten und 40 Millionen Arbeitslosen das Land – bereits das Epizentrum der Pandemie – in noch größeres Leid und Chaos stürzt. Übergriffe an Schwarzen und Minderheiten wurden bisher von den Behörden häufig unter den Teppich gekehrt. Mit der Handykamera in der Tasche und den sozialen Medien nur einen Klick entfernt wird jeder Bürger zum Journalisten. So wurde dieser Mord publik und ging um die Welt.

Von der Covid-19 Weltseuche zur Revolte-20 – mit einem sich sozial mutierendem Virus? Was sich hier andeuten könnte: dass die nächste Welle gar nicht so sehr ein Wiederaufflackern der Virusinfektionen ist, wie von vielen erwartet, sondern das Aufbegehren der sozial Diskriminierten, Minderheiten, Randgruppen. Das sind überall auf der Welt diejenigen, die sich kaum isolieren können, wenig Gesundheitsfürsorge erfahren, in der ersten Reihe als Dienstleister („frontline worker“) für das Weiterfunktionieren der Gesellschaft sorgen, damit ein hohes Corona-Risiko eingehen. Ein Fall wie der von George Floyd und ein Land explodiert.

Bis zum Herbst werden wir alle die finanziellen Folgen der Pandemie viel stärker spüren. Die Reichen dürften weniger reich, die Armen noch viel ärmer daraus hervorgehen. Das könnte in vielen Ländern der Welt zu sozialen Eruptionen führen. Auch Deutschland ist davor nicht gefeit. Deshalb ist es um so wichtiger, uns auf das Morgen vorzubereiten. Wie lässt sich Wohlstand gerechter verteilen, mit welchen Mitteln lassen sich Menschen intensiver an gesellschaftlichen Prozessen beteiligen, womit erreichen wir den Zugang von allen zu basalen Leistungen der Gesellschaft wie Gesundheit und Bildung? Politiker sagen dann oft, ja nun, durch Wählen und Demokratie, gleichwohl sich in dieser weltweit derbe Defizite abzeichnen.

Wie wird Demokratie dem Einzelnen, Minderheiten, Unterprivilegierten gegenüber rechenschaftspflichtig? Wie nehmen wir Menschen jeder Klasse und Couleur die Angst und das Gefühl von Minderwertigkeit, auf die öffentliche Bühne zu treten und sich für eine gerechtere Gesellschaft zu engagieren? Dies ist ein Menschenrecht und keine Denktabus dürfen sich seiner Realisierung in den Weg stellen.

Parallel zur repräsentativen Demokratie wird immer mehr die direkte und Graswurzel-Demokratie praktiziert, Beteiligung auf der untersten Ebene, etwa Abstimmung aller Wähler*innen über Gemeinde-Etats. Politische Parteien neigen zur Vetternwirtschaft und Korruption. Dagegen gibt`s ein neues Modell: Demarchie. Wie bei Schöffen das Auslosen von politischen Amtsträgern. Funktioniert heute bei Gericht, war auf der antik-griechischen Agora üblich, hatte sich bis in die Neuzeit bewährt. Warum das Losen nicht wieder mehr aktivieren? Was versteckt sich sonst noch alles in der Reformkiste?

Die Krise war immer die Zeit der Zäsur mit Chance für Läuterung und Reinigung. Dafür steht das altgriechische Wort Katharsis. 360° Prolog ist die Bühne, all diese Ideen zur Erneuerung zur Sprache zu bringen ebenso wie Formen der Umsetzung, also nicht nur des Redens, Schreibens, sondern Machens,

meint Wolfgang –

danke fürs Gehör!

→ Wikipedia

daz - die angst zeitschrift

Dies & Das

Coronaspeck – Dracula-Husten – Coronials
Corona hat die Menschheit wortschöpferisch gemacht: „Infodemie“ bezeichnet die Nachrichtenflut; „Covidioten“ die sich nicht an Präventionsmaßnahmen haltenden Personen; Dracula-Husten für infektionsbedingten Husten („Dracula Cough); Coronials für die Generation, die während der Corona-Krise gezeugt wurden. Und Coronaspeck kann jeder bei sich selbst nachfühlen.
→ Mentalfloss

Urlaub im Baumhaus
Warum in die riskante Ferne reisen? Urlaub im Garten machen im kuscheligen Baumhaus!
→ Haus

Knoblauch-Prävention?!
Kein Knoblauch-Fake: Die Knolle hilft beim Eindämmen des Corona-Virus. Zum Selber-Ausprobieren: Kau zwei kräftige Knoblauchzehen pro Tag – und beobachte, wie die Menschen automatisch auf zwei Meter Abstand zu dir gehen.

Einen sommerhaften, gerne auch nachdenklichen, gleichwohl zukunfts-inspirierenden Montag und (meteorologischen) Start in die warme Jahreszeit 2020 wünschen Euch Wolfgang und Markus mit dem gesamten angstfrei.news-Team!

Ideen, Anmerkungen, Wünsche? Gerne hören wir über das Feedbackformular von euch. Ihr wollt unsere Arbeit unterstützen: Spenden und Fördermitgliedschaft bei der Deutschen Angst-Hilfe e.V.

Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Tagesschau (Ticker) | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.