Montag, 11. Mai 2020 | 20 Uhr
Liebe angstfrei-Leser*innen,
den „Blick über die Grenzen“ kennt ihr bereits. Wolfgang sitzt ja im kolumbianischen Medellín und blickte in der Morgenausgabe im Norden über die Karibik in die USA, im Nordosten über den Atlantik nach Deutschland und Europa, im Westen über den Pazifik nach Asien. Markus richtet in der Abendausgabe den Fokus wieder stärker auf Deutschland.
Einen ebenso kraftvollen wie weitblickenden und corona-erweiternden Start in die Woche und einen entspannten Montagabend wünschen Euch
Wolfgang, Markus und das ganze angstfrei.news Team.
Und wie immer freuen wir uns über Eure Ideen, Anmerkungen und auch Wünsche im Feedbackformular.
Die gute Nachricht das Tages
53 – na und?
Auch Primzahlen haben ein Recht zu feiern – besonders nachdem sie in der Mathematik die spannendsten wie auch geheimnisvollsten Spezies in der Welt der Ziffern sind – deshalb: Heute sehen wir auf 53 Tage von angstfrei.news (mit 106 Ausgaben) zurück. Sie halfen bisher tausende Menschen, sich in der Info-Flut zu orientieren. Auch wenn wir immer noch nicht so genau wissen, wie es weiter geht mit der Corona-Krise, wann ein Impfstoff gefunden wird und wie die Infektion ausgebrochen ist, so können wir mit Überzeugung doch eines sagen: Das Thema Angst ist in allen Ausgaben ausgiebig und in vielfacher Weise angesprochen worden. Damit haben unsere Autorinnen bei unseren Leserinnen und in der Gesellschaft ein tief verwurzeltes Angst-Tabu erschüttert. Und das ist eine große notierenswerte Leistung von diesem online Service.
Ängste sind ein Tabu seit Jahrhunderten, Jahrtausenden. Warum? Der Alltag des Menschen war ein ungeheuer harter und zu viel Angst konnte man sich gar nicht leisten. Er war bestimmt von Krieg, Krankheiten, Hungersnöten. In Mitteleuropa wusste ein Bauer nie, ob er und seine Familie den Winter überleben würden. Wenn der Sommer und die Ernte schlecht gewesen waren, um so weniger. Der Glaube an das himmlische Paradies entschädigte viele. Viele Kriege wie der Dreißigjährige Krieg waren ein schreckliches Abschlachten. Manche Mutige glaubten zwar an den Heldenmythos. Aber wie der Journalist Scott Stossel in seiner Kulturgeschichte der Angst Selbige so beeindruckend beschreibt: Beim Marsch in die Schlacht erbrachen die meisten Soldaten, sie pinkelten und schissen sich voll vor Angst, einige wurden ohnmächtig – und in der Regel mussten sie von ihren Offizieren mit Säbeln und Gewehrschüssen in die blutige Menschenschlacht getrieben werden. Angst hatte hier keine Chance und so wurde das Angsttabu im Laufe der Evolution fast ein genetischer Code.
Der wurde glücklicherweise durch die in den 1980er Jahren aufblühende Selbsthilfebewegung aufgebrochen. In Angstselbsthilfen, die in den 1990ern in Deutschland wie Pilze aus dem Boden schossen, begannen Teilnehmende über ihre Ängste offen zu reden. „Angst ist keine Schande“, wie der Geschäftsführer der Deutschen Angsthilfe DASH e.V., Christian Zottl, in Interviews der letzten Wochen sagte, sondern eher eine Stärke und Investition in die Post-Corona Zukunft. Und eine Kollegin von ihm, die die Methodik der Angsthilfe maßgeblich mitentwickelte, letzte Woche im kleineren Arbeitskreis ergänzte: „Ein Augenöffner für mich war das Buch ‚Die Angst aus heiterem Himmel‘“ (seit 1990 ein Best- und Longseller mit etlichen Auflagen). Die authentischen Geschichten Betroffener hätten sie verstehen lassen, was mit ihr los war, ein Gefühl von Solidarität vermittelt, gleichzeitig Mut gemacht, sich selbst auf den Weg zu begeben.
Heute nennen wir solche persönlichen Geschichten „Narrative“. Davon finden wir viele in „Von Mensch zu Mensch“. Zu diesem „Primzahl-Jubiläum“ wünschen wir uns von solchen Narrativen künftig noch viele Weitere zu finden!
→ Amazon
Wichtige Entwicklungen seit heute Morgen
CDU/CSU plötzlich wieder bei 40 Prozent
Manche Dinge erscheinen ja zwangsläufiger als sie wirklich sind, zum Beispiel der aktuelle Umfrageaufstieg der Union. Noch vor ein paar Wochen bewegten sich CDU und CSU ziemlich ungebremst in Richtung 25 Prozent, nun stehen sie bereits kurz vor dem scheinbar unerreichbaren Wert von 40 Prozent. Die Zeit analysiert den Aufstieg der alten neuen Volkspartei und vermutet, dass die überraschende Beliebtheit wohl auch auf Widersprüchen beruht und nicht nur mit Angela Merkel zu tun hat.
→ Zeit
Weitere Lockerungen sind heute in Kraft getreten
In weiten Teilen Deutschlands erleichtert sich der Alltag in der Corona-Pandemie von diesem Montag an wieder etwas. In mehreren Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder Bayern werden die Auflagen zur Eindämmung des Virus weiter gelockert. Große Geschäfte dürfen wieder öffnen, Beschränkungen etwa für gastronomische Betriebe oder im Sport werden gelockert, weitere Schüler kehren an die Schulen zurück. Die Vielzeil sehr kleinteiliger Regelungen in den einzelnen Bundesländern erschwert eine Gesamtübersicht.
→ Süddeutsche
Aufpassen und gleichzeitig shoppen gehen
Nach sieben Wochen will Großbritannien langsam wieder aus dem Lockdown aussteigen. Und so stellte Premierminister Boris Johnson am Sonntag seinen schrittweisen Fahrplan zum Ausstieg vor: ein Ampelsystem, das die Zukunft der Nation in farbige Krisenzustände malt. Signalrot, wenn sich das Virus noch unkontrolliert ausbreitet, die Infektionsrate R weit über dem Wert 1 liegt und das Gesundheitssystem überlastet ist – bis hin zu sommerlichem Grün, wenn die Pandemie überstanden und alles wieder beim Alten ist.
→ Zeit
Warum Männer schwerer an Covid-19 erkranken
Eine europäische Studie will eine Erklärung gefunden haben, warum Männer anfälliger für Covid-19 sind. Die Ergebnisse, die im „European Heart Journal“ veröffentlicht worden sind, zeigten, dass das Blut von Männern im Vergleich zu Frauen einen höheren Wert eines Schlüsselenzyms namens ACE2 aufweist. Laut der Studie von Adriaan Voors von der niederländischen Universität Groningen und seinen Kollegen benötige das Coronavirus ACE2, um in Zellen einzudringen, sich zu vervielfältigen und in die Lunge überzugehen. Das Enzym erleichtert es dem Virus, einfach ausgedrückt, gesunde Zellen zu befallen.
→ Welt
Erfolge bei Covid-19 durch Medikamenten-Mix
Bis ein Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 auf dem Markt ist, wird es nach Experteneinschätzung noch Monate dauern. In der Zwischenzeit könnten Medikamente bei der Behandlung der Erkrankung helfen. Eine Behandlung mit drei Medikamenten lässt Corona-Patienten mit mildem bis moderatem Krankheitsverlauf schneller gesund werden. Das ist das Fazit einer neuen Studie aus Hongkong. Ob dies auch für schwere Covid-19-Verläufe gilt, ist noch unklar.
→ BR24
Wann werden die Grenzen geöffnet?
Die EU-Kommission hat sich lange Zeit gelassen, bevor sie sich nun in die längst laufende Debatte über Grenzöffnungen im Schengenraum einschaltet. Am Mittwoch wird das Kollegium der Kommissare Empfehlungen für einen „gestaffelten und koordinierten Ansatz zur Aufhebung interner Grenzkontrollen und zur Wiederherstellung der Bewegungsfreiheit“ beschließen. Der Entwurf dafür, 21 Seiten lang, liegt dieser Zeitung vor. Er beschreibt einen Ansatz, der ganz von Vorsicht geprägt ist und den Staaten keinerlei zeitliche Vorgaben macht. Gerade im Europäischen Parlament hatten sich Abgeordnete ein kraftvolleres Vorgehen gewünscht. Thomas Gutschker schreibt in der FAZ über Brüssels verzagten Fahrplan für freies Reisen in Europa.
→ FAZ
US-Vizepräsident Pence verweigert offenbar Quarantäne
Die Botschaft aus dem Weißen Haus ist seit einiger Zeit deutlich: Das Land hat die schlimmste Corona-Phase hinter sich. Nun muss alle Kraft in die rasche Wiedereröffnung der Wirtschaft gesteckt werden. So verbreitet es Präsident Donald Trump bei jeder Gelegenheit. Gar nicht gelegen dürfte ihm dabei die Tatsache kommen, dass es nun in seinem direkten Umfeld im Weißen Haus mehrere Infektionsfälle gibt. Zwei Personen wurden dort positiv getestet, darunter die Sprecherin von Mike Pence. Doch häusliche Isolation kommt für Trumps Vize Mike Pence offenbar nicht infrage.
→ DER SPIEGEL
Merkel – „Von lahmer Ente zur Welt-Corona-Führerin“
Deutschland wird weiterhin in aller Welt bewundert für sein Corona-Krisen-Management. Besonders die beeindruckenden Genesungszahlen beeindrucken, die vielen Tests, die Robustheit des Gesundheitssystems und der Krankhäuser. Besonders lobend erwähnt bei der internationalen Berichterstattung wird immer Kanzlerin Angela Merkel. Ihre ruhige und unaufgeregte Art kommt gut an, als gelernte Wissenschaftlerin (Physikerin) hat sie in den Augen der Welt eine natürliche Corona-Kompetenz. So titelt der US-Nachrichtensender auf seiner Homepage: „Wie Angela Merkel von der lahmen Ente zur Welt-Corona-Führerin wurde“.
→ CNN
Der dänische Leuchtturm
Außer Deutschland gilt Dänemark in der internationalen Wahrnehmung als Vorbild und Leuchturm. Mit der Zunahme der Infektionsfälle schloss die Regierung das Land ohne lange Debatte und öffnete es ebenso zügig nach einem Monat wieder. Einige Schulen sind bereits geöffnet, ab heute auch Geschäfte, nächste Woche Kneipen und Restaurants.
→ Euronews
Obama: „Chaotisches Desaster“
Der ehemalige US Präsident Barack Obama (2009 bis 2017) hat der Regierung seines Nachfolgers Donald Trump bei ihrer Corona-Politik „chaotisches Desaster“ vorgeworfen. Trump hatte zuvor durch unqualifizierte medizinische Empfehlungen die internationale Wissenschaftsgemeinde gegen sich aufgebracht. In der Öffentlichkeit tritt er ohne Mundschutz auf und gilt damit als schlechtes Vorbild für die US-Öffentlichkeit, so die Medienkritik. Die beengten Räumlichkeiten im Weißen Haus lassen wenig Sicherheitsabstand zu. Nachdem Mitarbeiter positiv getestet wurden, gingen drei hochrangige medizinische Berater des US-Präsidenten in eine freiwillige zweiwöchige häusliche Quarantäne, desgleichen auch Vizepräsident Mike Pence.
→ BBC
EU Einheit angemahnt
Eine Konferenz hoher EU-Amtsträger, darunter Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin, ging der Frage nach, was Europa aus der Corona-Krise lernen könne. Die Pressemitteilung fasste das Ergebnis in der Überschrift zusammen, auch mit Blick auf die Uneinigkeit bei der Reaktion auf die Krise sowie bei der künftigen finanziellen Bereinigung und den Finanzausgleich für die schwächeren Mitgliedsländer: „Unser Kontinent wird nur siegen, vorherrschen („prevail“), wenn wir imstande sind, vereint zu bleiben.“
→ European University Institute
Weltweite Befragung: Regierungen haben zu spät reagiert
Eine Befragung in 23 Ländern förderte zutage: Asiatische Länder sind zufriedener als westliche mit der Reaktion ihrer Länder auf die Coronakrise (Vietnam 77 Prozent, Indien 52 Prozent, Deutschland 35 Prozent, Frankreich 14 Prozent). Insgesamt glauben über die Hälfte der Menschen in den befragten Ländern, dass ihre Regierungen zu spät reagiert hätten.
→ Blackbox
Krisen-Gewinner Söder
Die Corona-Pandemie hat binnenpolitische Auswirkungen. Sie rüttelt an der Architektur von Parteien und Macht in Deutschland. Was Franz Joseph Strauß nicht schaffte: Hat ein bayerischer Ministerpräsident doch Chancen auf das höchste Amt im Staate, das Kanzleramt? Markus Söder, bayrischer Ministerpräsident, hat durch straffes Corona-Management anscheinend das Land beeindruckt – wie einst Helmut Schmidt während Hamburger Flutkatastrophe. Laut ARD-Deutschlandtrend hat er sich zum aussichtsreichsten potenziellen Kanzlerkandidaten der Unionsparteien entwickelt. 53 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass der CSU Politiker ein guter Unions-Kanzlerkandidat wäre. Gegenüber Februar legte Söder 22 Prozent zu (Merz 33, Laschet 27, Röttgen 21 Prozent).
→ Presseportal
VE Day Botschaft
Die Allierten feierten am Wochenende den 75. VE Day („Victory in Europe“) – ihren Sieg über Nazi-Deutschland und das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 (wir berichteten). Nicht nur in Paris, London und Washington blieben die Feierlichkeiten menschenleer – auch der Rote Platz in Moskau blickte auf einen einsamen Präsidenten, als er seinen Kranz niederlegte. Statt des üblichen Truppenaufmarsches gab es eine Flugparade. Die Menschenleere in den Hauptstädten der Welt unterstrich um so eindringlicher: Nie wieder Krieg, nie wieder Diktator, nie wieder Nazis! Kein Land hat seine Vergangenheit besser aufgearbeitet als Deutschland. Deutsche Erinnerungskultur ist ein internationales Vorbild, etwa in Kolumbien im Friedensprozess mit der Guerilla. Aber insgesamt bleiben selbst für Historiker viele Fragezeichen, wie eine Kulturnation so verrohen konnte. So ist dieser ebenso historische wie einzigartige VE Day auch ein Appell, weiterhin zu forschen, auch in den eigenen Familiengeschichten, um weitere Präventionsmaßnahmen gegen den Rechtsradikalismus daraus zu gewinnen.
→ Euronews
→ CAPAZ
Corona-Virus-Kanonade – mit einem Plädoyer für Hygiene, Abstand, Mundschutz
Die Coronaviren lieben den Mund und Rachenraum. Ein Huster oder Nieser verwandelt sie in eine Art Kanonenhagel. Mit einer Geschwindigkeit von 100 Meter pro Sekunde, fast unglaublichen 360 km /h werden die Erreger hinauskatapultiert. In Haufen zusammengeballt fallen sie nach ein paar Metern zu Boden. Es bleiben Kleinstteilchen übrig, von einem Bruchteil der Dicke eines Haares, bis zu 40.000 Stück, die viel weiter geschleudert werden und überlebensfähiger sind. Soweit die neueste Forschung über den „unsichtbaren Feind“, vor dem Angst und Respekt zu haben die bestmögliche Reaktion ist.
→ New England Journal of Medicine
→ Lancet
Seuchen-Historie: 24 Ausbrüche seit Jahr 2000
Die Wikipedia über die Historie von Seuchen, Epidemien und Pandemien ist ein lehrreicher Lesestoff in diesen Tagen. Der Eintrag zählt allein seit Beginn der (christlichen) Zeitrechnung 73 Epidemien und Pandemien auf der Welt. Darunter immer wieder die Pest und die Pocken. Letztere wurden erst durch eine systematische Impfkampagne in aller Welt über 20 Jahre hinweg im Zeitraum der 1950er bis 1970er Jahren (vorerst) unter Kontrolle gebracht. Seit der Jahrtausendwende, also in den letzten zwei Jahrzehnten allein, erlebte die Menschheit 24 Ausbrüche von Infektionskrankheiten mit regionalen und globalen Auswirkungen. Das SARS-Coronavirus trat erstmals 2002 auf. Bis zum Ende der damaligen Pandemie im Jahr 2003 zählten die Gesundheitsbehörden 8096 Infizierte und 774 Tote. Aber schon bereits aus den vorchristlichen Jahrtausenden sind Seuchen überliefert, aus Vorderasien, Ägypten, Griechenland. Seuchen sind der Preis der Zivilisation. Vor zehntausend Jahren ließ sich der Mensch nach Jahrzehntausenden des Herumziehens als nomadische Jäger nieder (neolithische Revolution). Es entstanden Siedlungen und später am Euphrat und Tigris die erste Hochkultur mit engem Zusammenleben, auch mit Tieren, die immer wieder menschenunverträgliche Viren übertrugen und als Folge davon Infektionen und Seuchen auslösten. Mit einer weiterhin stark wachsenden Weltbevölkerung mit 2050 laut UN-Schätzung 9,7 Milliarden Menschen wird die Menschheit auch in diesem Jahrhundert weiteren Epidemien und Pandemien erleben. Ballungsgebiete wie New York sind weitaus stärker gefährdet als Regionen, in denen Menschen räumlich weniger konzentriert und mit mehr Abstand zusammenleben, etwa in Osteuropa. Daraus folgt: Seuchen-Prävention, medizinische und virologische Bekämpfung müssten auf die Top-Agenda von Wissenschaft und Politik rücken – nachdem bereits in den letzten Jahren viele Stimmen vor dem Ausbruch einer neuen Pandemie gewarnt hatten.
→ Wikipedia
Corona in Zahlen
In Deutschland sind 169.575 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 11.05.2020 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 357 Personen mehr als am Tag zuvor.
Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – veröffentlicht und um 10 Uhr morgens online bereitgestellt. Das bedeutet für unsere Webseite, dass ihr immer Abends aktuelle Zahlen bei uns abrufen könnt. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.
Gesundheitsticker: 1.512.971 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 19.481 Personen mehr als gestern Abend. Davon 145.600 in Deutschland (Stand: 11.05.2020 17:33 Uhr, Quelle: Worldometers).
Tipps des Tages
Wie oft sollte man den Mundschutz wechseln?
In Kliniken und Arztpraxen wird der Mundschutz oft gewechselt - aber nach welchem Prinzip ersetzt man jetzt Masken, die beim Einkauf und im öffentlichen Nahverkehr Pflicht sind? Leser Werner Achenbach hat diese Frage zum Mund-Nasen-Schutz, der aktuell vielerorts verpflichtend ist an den SPIEGEL gestellt.
→ DER SPIEGEL
Wie auf Corona-Fragen im Job-Interview reagieren?
Hier lassen sich Antworten trainieren auf Fragen, die Stellenbewerber neuerdings erwarten, etwa:
- Was haben Sie über sich gelernt während der Pandemie?
- Können Sie die Arbeit aus dem Homeoffice erledigen?
- Könnten Sie gelegentlich auch ins Büro kommen?
- Wie haben Sie die Corona-Zeit verbracht, wie ging es Ihnen damit?
Home Schooling durch Schulfunk?
Die Unesco gibt bekannt: 90 Prozent der Schüler auf der Welt sind derzeit zu Hause. Das sind 1,5 Milliarden junge Menschen. Viele von ihnen haben nicht die technischen Mittel oder ihre Länder haben nicht die IT-Infrastruktur, um über das Internet unterrichtet zu werden. Doch viele betroffene Länder, besonders in Afrika, haben eine große Anzahl von Rundfunksendern. Information läuft dort schon seit langem über den Äther. Das heißt, hochwertige Schulfunksendungen könnten einen Teil der Schule ersetzen.
→ Unesco
Murmel- und Hüpfspiele
Wie beschäftigt man Kinder, wenn Schule nicht stattfindet? In den USA etwa fällt in einigen Bundesstaaten der Unterricht bis Herbst aus. Es bietet sich eine Vielzahl einfacher Spiele an (wie sie früher auf Kindergeburtstagen veranstaltet wurden), die leicht in der Wohnung oder auf der Terrasse durchführbar sind: Murmeln, Verstecken („Mäuschen, sag‘ mal piep“), körperlich gesunde Hüpfspiele, die regional unterschiedlich „Hinkern“ (Waterkant), Hopsen (Berlin), Tempelhupfen (Tirol), Hopscotch (in angelsächsischen Ländern) heißen.
→ Wikipedia
Musik vom Lockdown-Chor
Von Bergamo bis New York, singende Menschen auf den Balkonen – kennen wir, dagegen neu: Auch „Menschen mit Lernschwierigkeiten“ singen gemeinsam. Der britische Sender BBC hat ihnen zu einer Plattform verholfen. „Soundabout on BBC News! Singing in Lockdown. We believe people with learning disabilities should have an interactive musical life that enhances their lives and education.” Der Chor ist hörenswert.
→ Soundabout
Lese-Tipp: Hat keine Flügel, kann aber fliegen
Das Mitte Mai erscheinende Buch bewirbt der Verlag mit „Behindert, na und? Eine wahre Geschichte über das, was möglich ist, wenn man sich nicht unterkriegen lässt“. Das Schreibwerk einer Frau, die mit einer Hirnschädigung (Zerebralparese) auf die Welt kam – mit einer starken Botschaft: Wir stehen am Ende einer Ära der Selbsttäuschung. Die Krise legt unsere Verwundbarkeit offen. Insofern erleben wir die Krise als auch Verlust unserer Ego-Illusion. Sie gibt uns die Chance, in unserer Angst zu wachsen, schreiben die Autorin Amili Targownik und der Penguin Verlag.
→ Randomhouse
Graffiti geht um die Welt“
Banksy ist ein anonymer britischer Straßenkünstler. In seinem neuesten Werk erhob er die Krankenschwester zur Heldin der Nation. Sie kommt auf dem Bild wie Superman dahergeflogen. Seine Hommage ging in Nachrichtensendungen rund um den Globus.
→ BR
Leere Bürohäuser
Die Stadt des 20. Jahrhunderts war die autogerechte Stadt – die des 21. Jahrhunderts ist die datengerechte Stadt. Denn mit der Coronakrise macht die Digitalisierung einen gewaltigen Sprung nach vorne. Das sagt der Architekturkritiker und Journalist Niklas Maak. Was jeder persönlich nachvollziehen kann, der derzeit aus dem Homeoffice arbeitet oder alle lebensnotwendigen Artikel sich via Internet liefern lässt. Maak prognostiziert, dass viele Einkaufszentren und Bürohäuser bald leer stehen.
→ FAZ
Angst-Prävention im Betrieb
Viele Menschen sind derzeit in Kurzzeit. Und viele beschäftigt die bange Frage, wie es weitergeht. Die aktuelle Deutsche Angstzeitschrift daz #89/1.2020 beschäftigt sich mit Ängsten am Arbeitsplatz. Eine Vielzahl von Artikeln gibt Antworten darauf. Die Botschaft an Führungskräfte ist: Eure Mitarbeiter sind euer Kapital. Geht mit ihnen doch bitte wertschätzend um! Ein Lob wirkt gegen Frust und Angst und ist eine Motivationsspritze. Dagmar Siewerts, BBK Dachverband, sieht in der Aufklärungsarbeit von Betrieben ein riesiges Betätigungsfeld für Selbsthilfeorganisationen, „das noch immer große Schweigetabu hinsichtlich psychischer Erkrankungen zu durchbrechen“.
→ daz
Self-made Gesichtsschutz
Wie man sich aus einem Kopftuch oder aus einer Plastikgetränkeflasche einen Mund-Nasen-Schutz oder Gesamt-Gesichts-Schutz erstellt.
→ CNN
→ Treehugger
Plastikblenden im Restaurant
In Bangkok haben Restaurants wieder geöffnet. Die Gäste sitzen einzeln, durch Plastikblenden voneinander getrennt, durch die sie einander sehen können.
→ Reuters
Von Mensch zu Mensch
Ich trauere
von Wolfgang
Ich trage heute ein schwarzes Halstuch. Es bringt meine Trauer zum Ausdruck. Mein liebster Filmheld ist gestorben. An einer Corvid-19 Infektion in Amazonien. Antonio Bolivar, ein Indigener, war der Hauptdarsteller in dem Film „El abrazo de la serpiente“, auf Deutsch: Der Schamane und die Schlange, 2016 Oscar-nominiert. Das Filmwerk ist von für mich unglaublicher Tiefe. Die Schönheit des Regenwaldes, in Schwarzweiß noch wilder und betörender als in Color wie auch live. Darin eingebettet der Zusammenprall der Kulturen, der weißen-europäischen mit der indianischen. Erstere Eindringlinge, die der Natur ihre Schätze abjagen, mit Feuer und Schwefel die Einheimischen missionieren. Letztere die Bewahrer der Natur, tief mit ihr und ihren Geheimnissen wie auch medizinischen Wohltaten verbunden.
Ich kenne Amazonien und den Amazonas von verschiedenen Reisen, das erste Mal zusammen mit unserem damals fünfjährigen Sohn. Wie wir Piranhas geangelt und gegessen, mit den Einheimischen gebastelt, gefeiert haben. Ich habe die drastischen Veränderungen miterlebt, die gigantische Abholzung und Kommerzialisierung der Region. Und ich bin mir auch bewusst, dass ich mit zu den Eindringlingen gehöre. Der weiße Mann, unsere Zivilisation hat in die Amerikas Krankheiten getragen, an denen – Schätzungen variieren – ca. zwei Drittel der Einheimischen, möglicherweise sogar mehr als 90 Prozent gestorben sind. Jetzt sind wir erneut die Seuchenverbreiter und bringen den Corona-Tod. Und im Schatten der Pandemie geht die Abholzung Amazoniens um so beschleunigter weiter. Ebenso wie die Infektionen.
Amazonien entwickelt sich zu einem Zentrum der Pandemie in Lateinamerika. Was auch mit dem brasilianischen Präsidenten zu tun hat. Zunächst sagte er, die Coronagefahr sei ein Fake. Dann rief er zu Gottvertrauen auf. Das ordne ich unter Verschwörungstheorie ein und ein weiteres Stück Leid, das christliche Missionare dieser Region angetan haben, wovon auch „Der Schamane und die Schlange“ in eindrucksvollen Szenen Zeugnis ablegt.
Über das Leid der Indigenen berichten in Wort und Bild auch die Amazonien-Experten Hella Braune und Dr. Frank Semper aktuell im Corona-Blog des Deutsch Kolumbianischen Freundeskreises DKF. Nach Fertigstellung dieses Beitrags werde ich der indigenen OPIAC Organisation eine großzügige Spende überweisen. Das ist nicht viel. Der Konflikt besteht weiter, verschärft sich weiter, bedarf einer politischen Lösung.
Wird die Post-Corona-Politik reif dafür sein? Und wir alle mutig genug, eine solche gerechtere Politik gegen die vielen wirtschaftlichen Bremsklötze durchzusetzen?
→ youtube
→ DKF
Dies und Das
Welche Corona-Strategie hat am besten funktioniert?
Kontaktsperre, Schulschließung, Überwachung: Länder haben unterschiedlich auf die Coronavirus-Pandemie reagiert. Nun ist die Frage, wie erfolgreich welche Maßnahmen waren. Forscher arbeiten bereits an Modellen mit Daten aus einzelnen Ländern, um die Wirkung von Bekämpfungsmaßnahmen zu verstehen. Modelle, die auf realen Daten basieren, sollten exakter sein als solche, die zu Beginn des Ausbruchs die mögliche Wirkung der Maßnahmen auf Annahmen beruhend vorhersagten. Die Kombination von Daten aus der ganzen Welt wird es Wissenschaftlern ermöglichen, die Reaktionen der Länder zu vergleichen. Und es sollte gelingen, Modelle zu entwerfen, die genauere Vorhersagen über neue Phasen der Pandemie und über viele Nationen hinweg machen können.
→ Spektrum
Gerechtere Steuerpolitik durch künstliche Intelligenz
In der Coronakrise wird die sich weitende Einkommensschere zum allumfassendes Wirtschaftsproblem. Zu den wirksamsten politischen Instrumenten ihrer Bekämpfung gehört die Besteuerung: Regierungen sammeln Geld von Menschen je nach ihrer Einkommenshöhe ein und verteilen es entweder direkt über Wohlfahrtssysteme oder indirekt durch Investitionen in öffentliche Projekte. Obwohl mehr Steuern zu mehr Gleichheit führen können, kann eine zu hohe Besteuerung Menschen auch vom Arbeiten abhalten oder sie dazu motivieren, Steuern zu umgehen. Beides verringert den Inhalt des Gesamtsteuertopfs. Das richtige Gleichgewicht zu finden ist allerdings nicht einfach. Ökonomen stützen sich normalerweise auf schwer zu validierende Annahmen. Denn das wirtschaftliche Verhalten der Menschen ist komplex und es ist schwierig, Daten darüber zu sammeln. Obwohl die Wirtschaftsforschung seit Jahrzehnten mit der Frage ringt, wie die beste Steuerpolitik aussieht, hat sie immer keine Lösung dafür gefunden. Könnte vielleicht künstliche Intelligenz helfen, das Steuersystem nachhaltig zu verbessern?
→ Heise
Der wahre Münchhausen
Was der Mann nicht alles kann! Er ist ein brillanter Schütze und famoser Jäger, ein verwegener Kürassier und glänzender Reiter, der selbst auf einem halben Pferd oder einer Kanonenkugel noch eine gute Figur macht. Gerät er in den Sumpf, zieht er sich selbst am eigenen Zopf heraus. Gehen ihm die Gewehrkugeln aus, lädt er die Flinte eben mit Kirschkernen. Er trinkt Wein mit dem Sultan, schlägt Hand und Bett der Zarin aus, segelt über die Weltmeere und reist sogar ins Weltall – tour-retour. Kurz: Er war überall, weiß immer Rat, kennt jeden, kann alles. Gerät er trotzdem hie und da in die Bredouille, ist ihm Göttin Fortuna stets gewogen. Denn was er aus eigener Kraft nicht schafft, gelingt ihm dank seines allzeit verlässlichen Glücks. Immer grotesker, immer derber und immer anonym. Mit jedem Buch, das ihm neue Erzählungen in den Mund legte, wurde klarer: Aus diesem Sumpf kann sich Münchhausen nie mehr befreien.
→ Spektrum
Bildungslektüre aus der italienischen Pest
Das Decamerone (Zehn Tage Werk) von Giovanni Boccaccio beschreibt die Pest in Florenz. Es gilt es stilbildendes Werk abendländischer Literatur.
→ Wikipedia
Generation C?
Distanz, auch in der Liebe, neue Begrüßungsformen, digitale Kommunikation, zu Hause bleiben – einschneidende Ereignisse haben Generationen sowie deren Denk- und Umgangsformen geprägt (Kriegsgeneration, Wirtschaftswunder-Baby-Boomers, Jahrtausendwende-Millennials). Wird Corona-19 die C-Generation hervorbringen? Darüber diskutiert, kontrovers, die Soziologen-Community der Welt.
→ USA Today
Herzlichst Euer
Wolfgang, Markus mit dem gesamten 22(!)-köpfigen angstfrei,news-Team
Ideen, Anmerkungen, Wünsche? Gerne hören wir über das Feedbackformular von euch. Ihr wollt unsere Arbeit unterstützen: Spenden und Fördermitgliedschaft bei der Deutschen Angst-Hilfe e.V.
(Und: hört auf zu googeln – das machen wir für Euch.)
Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.