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Montag, 11. Mai 2020 | 8 Uhr

Wolfgang
Markus

Liebe angstfrei-Leser*innen,

den „Blick über die Grenzen“ kennt ihr bereits. Heute morgen wagen wir den Blick über die Ozeane. Wolfgang sitzt ja im kolumbianischen Medellín und blickt im Norden über die Karibik in die USA, im Nordosten über den Atlantik nach Deutschland und Europa, im Westen über den Pazifik nach Asien. Diese Morgenausgabe ist daher eher international-orientiert. Markus richtet in der Abendausgabe den Fokus wieder stärker auf Deutschland.

Einen ebenso kraftvollen wie weitblickenden und corona-erweiternden Start in den Montag und in die Woche wünschen Euch

Wolfgang, Markus und das ganze angstfrei.news Team.

Und wie immer freuen wir uns über Eure Ideen, Anmerkungen und auch Wünsche im Feedbackformular.

Die gute Nachricht das Tages

53 – na und?
Auch Primzahlen haben ein Recht zu feiern – besonders nachdem sie in der Mathematik die spannendsten wie auch geheimnisvollsten Spezies in der Welt der Ziffern sind – deshalb: Heute sehen wir auf 53 Tage von angstfrei.news (mit 106 Ausgaben) zurück. Sie halfen bisher tausende Menschen, sich in der Info-Flut zu orientieren. Auch wenn wir immer noch nicht so genau wissen, wie es weiter geht mit der Corona-Krise, wann ein Impfstoff gefunden wird und wie die Infektion ausgebrochen ist, so können wir mit Überzeugung doch eines sagen: Das Thema Angst ist in allen Ausgaben ausgiebig und in vielfacher Weise angesprochen worden. Damit haben unsere Autorinnen bei unseren Leserinnen und in der Gesellschaft ein tief verwurzeltes Angst-Tabu erschüttert. Und das ist eine große notierenswerte Leistung von diesem online Service.

Ängste sind ein Tabu seit Jahrhunderten, Jahrtausenden. Warum? Der Alltag des Menschen war ein ungeheuer harter und zu viel Angst konnte man sich gar nicht leisten. Er war bestimmt von Krieg, Krankheiten, Hungersnöten. In Mitteleuropa wusste ein Bauer nie, ob er und seine Familie den Winter überleben würden. Wenn der Sommer und die Ernte schlecht gewesen waren, um so weniger. Der Glaube an das himmlische Paradies entschädigte viele. Viele Kriege wie der Dreißigjährige Krieg waren ein schreckliches Abschlachten. Manche Mutige glaubten zwar an den Heldenmythos. Aber wie der Journalist Scott Stossel in seiner Kulturgeschichte der Angst Selbige so beeindruckend beschreibt: Beim Marsch in die Schlacht erbrachen die meisten Soldaten, sie pinkelten und schissen sich voll vor Angst, einige wurden ohnmächtig – und in der Regel mussten sie von ihren Offizieren mit Säbeln und Gewehrschüssen in die blutige Menschenschlacht getrieben werden. Angst hatte hier keine Chance und so wurde das Angsttabu im Laufe der Evolution fast ein genetischer Code.

Der wurde glücklicherweise durch die in den 1980er Jahren aufblühende Selbsthilfebewegung aufgebrochen. In Angstselbsthilfen, die in den 1990ern in Deutschland wie Pilze aus dem Boden schossen, begannen Teilnehmende über ihre Ängste offen zu reden. „Angst ist keine Schande“, wie der Geschäftsführer der Deutschen Angsthilfe DASH e.V., Christian Zottl, in Interviews der letzten Wochen sagte, sondern eher eine Stärke und Investition in die Post-Corona Zukunft. Und eine Kollegin von ihm, die die Methodik der Angsthilfe maßgeblich mitentwickelte, letzte Woche im kleineren Arbeitskreis ergänzte: „Ein Augenöffner für mich war das Buch ‚Die Angst aus heiterem Himmel‘“ (seit 1990 ein Best- und Longseller mit etlichen Auflagen). Die authentischen Geschichten Betroffener hätten sie verstehen lassen, was mit ihr los war, ein Gefühl von Solidarität vermittelt, gleichzeitig Mut gemacht, sich selbst auf den Weg zu begeben.

Heute nennen wir solche persönlichen Geschichten „Narrative“. Davon finden wir viele in „Von Mensch zu Mensch“. Zu diesem „Primzahl-Jubiläum“ wünschen wir uns von solchen Narrativen künftig noch viele Weitere zu finden!
→ Amazon

Wichtige Entwicklungen seit gestern Abend

“Es ist nicht vorbei, bis es vorbei ist“
Diese Warnung sprach der Präsident Südkoreas aus. Sie gilt nicht nur für sein Land, sondern die ganze Welt. Deutschland erlebte am Wochenende in weiten Teilen einen Frühsommer. Viele zog es nach draußen, seit zwei Wochen wird der Corona-Lockdown gelockert. Doch die Ansteckungsrate geht laut Robert-Koch-Institut wieder in die Höhe.
→ Welt

Merkel – „Von lahmer Ente zur Welt-Corona-Führerin“
Deutschland wird weiterhin in aller Welt bewundert für sein Corona-Krisen-Management. Besonders die beeindruckenden Genesungszahlen beeindrucken, die vielen Tests, die Robustheit des Gesundheitssystems und der Krankhäuser. Besonders lobend erwähnt bei der internationalen Berichterstattung wird immer Kanzlerin Angela Merkel. Ihre ruhige und unaufgeregte Art kommt gut an, als gelernte Wissenschaftlerin (Physikerin) hat sie in den Augen der Welt eine natürliche Corona-Kompetenz. So titelt der US-Nachrichtensender auf seiner Homepage: „Wie Angela Merkel von der lahmen Ente zur Welt-Corona-Führerin wurde“.
→ CNN

Der dänische Leuchtturm
Außer Deutschland gilt Dänemark in der internationalen Wahrnehmung als Vorbild und Leuchturm. Mit der Zunahme der Infektionsfälle schloss die Regierung das Land ohne lange Debatte und öffnete es ebenso zügig nach einem Monat wieder. Einige Schulen sind bereits geöffnet, ab heute auch Geschäfte, nächste Woche Kneipen und Restaurants.
→ Euronews

Südkorea kickt schon wieder
Das wünschen sich die deutschen Fans inständig: die Rückkehr zu Fußball und Bundesliga. Südkorea, das ebenfalls für sein effektives Krisenmanagement gepriesen wurde, eröffnete jetzt die Fußballsaison – allerdings in einem leeren Stadion.
→ BBC

Obama: „Chaotisches Desaster“
Der ehemalige US Präsident Barack Obama (2009 bis 2017) hat der Regierung seines Nachfolgers Donald Trump bei ihrer Corona-Politik „chaotisches Desaster“ vorgeworfen. Trump hatte zuvor durch unqualifizierte medizinische Empfehlungen die internationale Wissenschaftsgemeinde gegen sich aufgebracht. In der Öffentlichkeit tritt er ohne Mundschutz auf und gilt damit als schlechtes Vorbild für die US-Öffentlichkeit, so die Medienkritik. Die beengten Räumlichkeiten im Weißen Haus lassen wenig Sicherheitsabstand zu. Nachdem Mitarbeiter positiv getestet wurden, gingen drei hochrangige medizinische Berater des US-Präsidenten in eine freiwillige zweiwöchige häusliche Quarantäne, desgleichen auch Vizepräsident Mike Pence.
→ BBC

EU Einheit angemahnt
Eine Konferenz hoher EU-Amtsträger, darunter Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin, ging der Frage nach, was Europa aus der Corona-Krise lernen könne. Die Pressemitteilung fasste das Ergebnis in der Überschrift zusammen, auch mit Blick auf die Uneinigkeit bei der Reaktion auf die Krise sowie bei der künftigen finanziellen Bereinigung und den Finanzausgleich für die schwächeren Mitgliedsländer: „Unser Kontinent wird nur siegen, vorherrschen („prevail“), wenn wir imstande sind, vereint zu bleiben.“
→ European University Institute

Weltweite Befragung: Regierungen haben zu spät reagiert
Eine Befragung in 23 Ländern förderte zutage: Asiatische Länder sind zufriedener als westliche mit der Reaktion ihrer Länder auf die Coronakrise (Vietnam 77 Prozent, Indien 52 Prozent, Deutschland 35 Prozent, Frankreich 14 Prozent). Insgesamt glauben über die Hälfte der Menschen in den befragten Ländern, dass ihre Regierungen zu spät reagiert hätten.
→ Blackbox

Krisen-Gewinner Söder
Die Corona-Pandemie hat binnenpolitische Auswirkungen. Sie rüttelt an der Architektur von Parteien und Macht in Deutschland. Was Franz Joseph Strauß nicht schaffte: Hat ein bayerischer Ministerpräsident doch Chancen auf das höchste Amt im Staate, das Kanzleramt? Markus Söder, bayrischer Ministerpräsident, hat durch straffes Corona-Management anscheinend das Land beeindruckt – wie einst Helmut Schmidt während Hamburger Flutkatastrophe. Laut ARD-Deutschlandtrend hat er sich zum aussichtsreichsten potenziellen Kanzlerkandidaten der Unionsparteien entwickelt. 53 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass der CSU Politiker ein guter Unions-Kanzlerkandidat wäre. Gegenüber Februar legte Söder 22 Prozent zu (Merz 33, Laschet 27, Röttgen 21 Prozent).
→ Presseportal

Corona Solidaritätsfonds gefordert
Das Coronavirus behandelt die Menschen unterschiedlich. Sozial Bessergestellte, die in Tele-Arbeit von zu Hause arbeiten können, sind geringeren Risiken ausgesetzt als die Menschen an der „Front“: Ärzte und Krankenhauspersonal, aber auch Verkäufer und Busfahrer. Sprecher der deutschen Zivilgesellschaft, darunter Tanja Busse und Frank Adloff, plädieren daher für einen „sozial-ökologischen Solidaritätsfonds“. Er soll von Zivilgesellschaft und der Deutschen Bundesregierung gemeinsam geschaffen werden. In ihn sollen die „Gewinner der Corona-Krise“ freiwillig einzahlen. Dazu gehören besonders namhafte IT-Firmen, deren Börsenkurse im Zuge der Hinwendung der Welt zur digitalen Kommunikation enorm gestiegen sind. So wie Busse und Adloff äußert sich auch die schwedische Journalistin Karin Pettersson mit ihrem Solidaritäts-Appell für die Corona-Benachteiligten.
→ Maecenta
→ IPG

VE Day Botschaft
Die Allierten feierten am Wochenende den 75. VE Day („Victory in Europe“) – ihren Sieg über Nazi-Deutschland und das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 (wir berichteten). Nicht nur in Paris, London und Washington blieben die Feierlichkeiten menschenleer – auch der Rote Platz in Moskau blickte auf einen einsamen Präsidenten, als er seinen Kranz niederlegte. Statt des üblichen Truppenaufmarsches gab es eine Flugparade. Die Menschenleere in den Hauptstädten der Welt unterstrich um so eindringlicher: Nie wieder Krieg, nie wieder Diktator, nie wieder Nazis! Kein Land hat seine Vergangenheit besser aufgearbeitet als Deutschland. Deutsche Erinnerungskultur ist ein internationales Vorbild, etwa in Kolumbien im Friedensprozess mit der Guerilla. Aber insgesamt bleiben selbst für Historiker viele Fragezeichen, wie eine Kulturnation so verrohen konnte. So ist dieser ebenso historische wie einzigartige VE Day auch ein Appell, weiterhin zu forschen, auch in den eigenen Familiengeschichten, um weitere Präventionsmaßnahmen gegen den Rechtsradikalismus daraus zu gewinnen.
→ Euronews
→ CAPAZ

Corona-Virus-Kanonade – mit einem Plädoyer für Hygiene, Abstand, Mundschutz
Die Coronaviren lieben den Mund und Rachenraum. Ein Huster oder Nieser verwandelt sie in eine Art Kanonenhagel. Mit einer Geschwindigkeit von 100 Meter pro Sekunde, fast unglaublichen 360 km /h werden die Erreger hinauskatapultiert. In Haufen zusammengeballt fallen sie nach ein paar Metern zu Boden. Es bleiben Kleinstteilchen übrig, von einem Bruchteil der Dicke eines Haares, bis zu 40.000 Stück, die viel weiter geschleudert werden und überlebensfähiger sind. Soweit die neueste Forschung über den „unsichtbaren Feind“, vor dem Angst und Respekt zu haben die bestmögliche Reaktion ist.
→ New England Journal of Medicine
→ Lancet

Seuchen-Historie: 24 Ausbrüche seit Jahr 2000
Die Wikipedia über die Historie von Seuchen, Epidemien und Pandemien ist ein lehrreicher Lesestoff in diesen Tagen. Der Eintrag zählt allein seit Beginn der (christlichen) Zeitrechnung 73 Epidemien und Pandemien auf der Welt. Darunter immer wieder die Pest und die Pocken. Letztere wurden erst durch eine systematische Impfkampagne in aller Welt über 20 Jahre hinweg im Zeitraum der 1950er bis 1970er Jahren (vorerst) unter Kontrolle gebracht. Seit der Jahrtausendwende, also in den letzten zwei Jahrzehnten allein, erlebte die Menschheit 24 Ausbrüche von Infektionskrankheiten mit regionalen und globalen Auswirkungen. Das SARS-Coronavirus trat erstmals 2002 auf. Bis zum Ende der damaligen Pandemie im Jahr 2003 zählten die Gesundheitsbehörden 8096 Infizierte und 774 Tote. Aber schon bereits aus den vorchristlichen Jahrtausenden sind Seuchen überliefert, aus Vorderasien, Ägypten, Griechenland. Seuchen sind der Preis der Zivilisation. Vor zehntausend Jahren ließ sich der Mensch nach Jahrzehntausenden des Herumziehens als nomadische Jäger nieder (neolithische Revolution). Es entstanden Siedlungen und später am Euphrat und Tigris die erste Hochkultur mit engem Zusammenleben, auch mit Tieren, die immer wieder menschenunverträgliche Viren übertrugen und als Folge davon Infektionen und Seuchen auslösten. Mit einer weiterhin stark wachsenden Weltbevölkerung mit 2050 laut UN-Schätzung 9,7 Milliarden Menschen wird die Menschheit auch in diesem Jahrhundert weiteren Epidemien und Pandemien erleben. Ballungsgebiete wie New York sind weitaus stärker gefährdet als Regionen, in denen Menschen räumlich weniger konzentriert und mit mehr Abstand zusammenleben, etwa in Osteuropa. Daraus folgt: Seuchen-Prävention, medizinische und virologische Bekämpfung müssten auf die Top-Agenda von Wissenschaft und Politik rücken – nachdem bereits in den letzten Jahren viele Stimmen vor dem Ausbruch einer neuen Pandemie gewarnt hatten.
→ Wikipedia

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 169.218 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 10.05.2020 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 667 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – veröffentlicht und um 10 Uhr morgens online bereitgestellt. Das bedeutet für unsere Webseite, dass ihr immer Abends aktuelle Zahlen bei uns abrufen könnt. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 1.493.490 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 30.478 Personen mehr als heute Morgen. Davon 145.600 in Deutschland (Stand: 11.05.2020 05:41 Uhr, Quelle: Worldometers).

Tipps des Tages

Wie auf Corona-Fragen im Job-Interview reagieren?
Hier lassen sich Antworten trainieren auf Fragen, die Stellenbewerber neuerdings erwarten, etwa:

  • Was haben Sie über sich gelernt während der Pandemie?
  • Können Sie die Arbeit aus dem Homeoffice erledigen?
  • Könnten Sie gelegentlich auch ins Büro kommen?
  • Wie haben Sie die Corona-Zeit verbracht, wie ging es Ihnen damit?

→ LinkedIn

Home Schooling durch Schulfunk?
Die Unesco gibt bekannt: 90 Prozent der Schüler auf der Welt sind derzeit zu Hause. Das sind 1,5 Milliarden junge Menschen. Viele von ihnen haben nicht die technischen Mittel oder ihre Länder haben nicht die IT-Infrastruktur, um über das Internet unterrichtet zu werden. Doch viele betroffene Länder, besonders in Afrika, haben eine große Anzahl von Rundfunksendern. Information läuft dort schon seit langem über den Äther. Das heißt, hochwertige Schulfunksendungen könnten einen Teil der Schule ersetzen.
→ Unesco

Murmel- und Hüpfspiele
Wie beschäftigt man Kinder, wenn Schule nicht stattfindet? In den USA etwa fällt in einigen Bundesstaaten der Unterricht bis Herbst aus. Es bietet sich eine Vielzahl einfacher Spiele an (wie sie früher auf Kindergeburtstagen veranstaltet wurden), die leicht in der Wohnung oder auf der Terrasse durchführbar sind: Murmeln, Verstecken („Mäuschen, sag‘ mal piep“), körperlich gesunde Hüpfspiele, die regional unterschiedlich „Hinkern“ (Waterkant), Hopsen (Berlin), Tempelhupfen (Tirol), Hopscotch (in angelsächsischen Ländern) heißen.
→ Wikipedia

Mit Zucker und Peitsche
Vor der Gefahr der Verbreitung des Corona-Covid-19-Virus warnen einige Länder mit drastischen Mitteln. In einigen lateinamerikanischen Ländern wurde der Muttertag gestern abgesagt und in den August verschoben. Nachts verfügten etliche Städte eine Ausgangssperre. Tagsüber zogen singende Polizisten durch die Quartiere und ersuchten die Anwohner mit Liedern, von einem Besuch der Mütter abzusehen. Auch die Leichenwagenprozession ist beliebt und hat Abschreckungscharakter.
→ El Tiempo

Musik vom Lockdown-Chor
Von Bergamo bis New York, singende Menschen auf den Balkonen – kennen wir, dagegen neu: Auch „Menschen mit Lernschwierigkeiten“ singen gemeinsam. Der britische Sender BBC hat ihnen zu einer Plattform verholfen. „Soundabout on BBC News! Singing in Lockdown. We believe people with learning disabilities should have an interactive musical life that enhances their lives and education.” Der Chor ist hörenswert.
→ Soundabout

Lese-Tipp: Hat keine Flügel, kann aber fliegen
Das Mitte Mai erscheinende Buch bewirbt der Verlag mit „Behindert, na und? Eine wahre Geschichte über das, was möglich ist, wenn man sich nicht unterkriegen lässt“. Das Schreibwerk einer Frau, die mit einer Hirnschädigung (Zerebralparese) auf die Welt kam – mit einer starken Botschaft: Wir stehen am Ende einer Ära der Selbsttäuschung. Die Krise legt unsere Verwundbarkeit offen. Insofern erleben wir die Krise als auch Verlust unserer Ego-Illusion. Sie gibt uns die Chance, in unserer Angst zu wachsen, schreiben die Autorin Amili Targownik und der Penguin Verlag.
→ Randomhouse

Graffiti geht um die Welt“
Banksy ist ein anonymer britischer Straßenkünstler. In seinem neuesten Werk erhob er die Krankenschwester zur Heldin der Nation. Sie kommt auf dem Bild wie Superman dahergeflogen. Seine Hommage ging in Nachrichtensendungen rund um den Globus.
→ BR

Leere Bürohäuser
Die Stadt des 20. Jahrhunderts war die autogerechte Stadt – die des 21. Jahrhunderts ist die datengerechte Stadt. Denn mit der Coronakrise macht die Digitalisierung einen gewaltigen Sprung nach vorne. Das sagt der Architekturkritiker und Journalist Niklas Maak. Was jeder persönlich nachvollziehen kann, der derzeit aus dem Homeoffice arbeitet oder alle lebensnotwendigen Artikel sich via Internet liefern lässt. Maak prognostiziert, dass viele Einkaufszentren und Bürohäuser bald leer stehen.
→ FAZ

Angst-Prävention im Betrieb
Viele Menschen sind derzeit in Kurzzeit. Und viele beschäftigt die bange Frage, wie es weitergeht. Die aktuelle Deutsche Angstzeitschrift daz #89/1.2020 beschäftigt sich mit Ängsten am Arbeitsplatz. Eine Vielzahl von Artikeln gibt Antworten darauf. Die Botschaft an Führungskräfte ist: Eure Mitarbeiter sind euer Kapital. Geht mit ihnen doch bitte wertschätzend um! Ein Lob wirkt gegen Frust und Angst und ist eine Motivationsspritze. Dagmar Siewerts, BBK Dachverband, sieht in der Aufklärungsarbeit von Betrieben ein riesiges Betätigungsfeld für Selbsthilfeorganisationen, „das noch immer große Schweigetabu hinsichtlich psychischer Erkrankungen zu durchbrechen“.
→ daz

Self-made Gesichtsschutz
Wie man sich aus einem Kopftuch oder aus einer Plastikgetränkeflasche einen Mund-Nasen-Schutz oder Gesamt-Gesichts-Schutz erstellt.
→ CNN
→ Treehugger

Plastikblenden im Restaurant
In Bangkok haben Restaurants wieder geöffnet. Die Gäste sitzen einzeln, durch Plastikblenden voneinander getrennt, durch die sie einander sehen können.
→ Reuters

Von Mensch zu Mensch

Ich trauere

von Wolfgang

Ich trage heute ein schwarzes Halstuch. Es bringt meine Trauer zum Ausdruck. Mein liebster Filmheld ist gestorben. An einer Corvid-19 Infektion in Amazonien. Antonio Bolivar, ein Indigener, war der Hauptdarsteller in dem Film „El abrazo de la serpiente“, auf Deutsch: Der Schamane und die Schlange, 2016 Oscar-nominiert. Das Filmwerk ist von für mich unglaublicher Tiefe. Die Schönheit des Regenwaldes, in Schwarzweiß noch wilder und betörender als in Color wie auch live. Darin eingebettet der Zusammenprall der Kulturen, der weißen-europäischen mit der indianischen. Erstere Eindringlinge, die der Natur ihre Schätze abjagen, mit Feuer und Schwefel die Einheimischen missionieren. Letztere die Bewahrer der Natur, tief mit ihr und ihren Geheimnissen wie auch medizinischen Wohltaten verbunden.

Ich kenne Amazonien und den Amazonas von verschiedenen Reisen, das erste Mal zusammen mit unserem damals fünfjährigen Sohn. Wie wir Piranhas geangelt und gegessen, mit den Einheimischen gebastelt, gefeiert haben. Ich habe die drastischen Veränderungen miterlebt, die gigantische Abholzung und Kommerzialisierung der Region. Und ich bin mir auch bewusst, dass ich mit zu den Eindringlingen gehöre. Der weiße Mann, unsere Zivilisation hat in die Amerikas Krankheiten getragen, an denen – Schätzungen variieren – ca. zwei Drittel der Einheimischen, möglicherweise sogar mehr als 90 Prozent gestorben sind. Jetzt sind wir erneut die Seuchenverbreiter und bringen den Corona-Tod. Und im Schatten der Pandemie geht die Abholzung Amazoniens um so beschleunigter weiter. Ebenso wie die Infektionen.

Amazonien entwickelt sich zu einem Zentrum der Pandemie in Lateinamerika. Was auch mit dem brasilianischen Präsidenten zu tun hat. Zunächst sagte er, die Coronagefahr sei ein Fake. Dann rief er zu Gottvertrauen auf. Das ordne ich unter Verschwörungstheorie ein und ein weiteres Stück Leid, das christliche Missionare dieser Region angetan haben, wovon auch „Der Schamane und die Schlange“ in eindrucksvollen Szenen Zeugnis ablegt.

Über das Leid der Indigenen berichten in Wort und Bild auch die Amazonien-Experten Hella Braune und Dr. Frank Semper aktuell im Corona-Blog des Deutsch Kolumbianischen Freundeskreises DKF. Nach Fertigstellung dieses Beitrags werde ich der indigenen OPIAC Organisation eine großzügige Spende überweisen. Das ist nicht viel. Der Konflikt besteht weiter, verschärft sich weiter, bedarf einer politischen Lösung.

Wird die Post-Corona-Politik reif dafür sein? Und wir alle mutig genug, eine solche gerechtere Politik gegen die vielen wirtschaftlichen Bremsklötze durchzusetzen?
→ youtube
→ DKF

daz - die angst zeitschrift

Dies und Das

Eine-Million-Madonna-Spende
Die Königing des Pop, Madonna, im März an Covid-19 erkrankt, spendete eine Million Dollar zugunsten der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Virus.
→ RND

Corona als Hilfs-Sheriff
Der Internationale PresseClub München bleibt weitgehend geschlossen und geht mit gestreamten Veranstaltungen an die Öffentlichkeit. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann verkündete die niedrigsten Kriminalitätsraten seit 40 Jahren (wie fast überall in Deutschland und in der Welt). Dazu Co-Moderator Peter Schmalz: „Corona als Hilfssheriff der Polizei.“
→ PresseClub

Bildungslektüre aus der italienischen Pest
Das Decamerone (Zehn Tage Werk) von Giovanni Boccaccio beschreibt die Pest in Florenz. Es gilt es stilbildendes Werk abendländischer Literatur.
→ Wikipedia

Generation C?
Distanz, auch in der Liebe, neue Begrüßungsformen, digitale Kommunikation, zu Hause bleiben – einschneidende Ereignisse haben Generationen sowie deren Denk- und Umgangsformen geprägt (Kriegsgeneration, Wirtschaftswunder-Baby-Boomers, Jahrtausendwende-Millennials). Wird Corona-19 die C-Generation hervorbringen? Darüber diskutiert, kontrovers, die Soziologen-Community der Welt.
→ USA Today

Herzlichst Euer

Wolfgang, Markus mit dem gesamten 22(!)-köpfigen angstfrei,news-Team

Ideen, Anmerkungen, Wünsche? Gerne hören wir über das Feedbackformular von euch. Ihr wollt unsere Arbeit unterstützen: Spenden und Fördermitgliedschaft bei der Deutschen Angst-Hilfe e.V.

(Und: hört auf zu googeln – das machen wir für Euch.)

Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.