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Montag, 15. Juni 2020 | 8 Uhr

Wolfgang
Markus

Liebe angstfrei.news - Leser*innen,

durchmischtes Frühsommerwetter, landauf—landab, und endlich auch mal Regen gegen die Dürre! Auf das deutsche Wetter ist Verlass. Auch sonst fasst die in ihren Läuften durchrüttelte Welt allmählich wieder Tritt. Ist dieses von Vielen so heißerwünschte Gleichmaß eigentlich die Regel – oder ist die Regel eher Chaos und Unvorhersehbarkeit?

Eine hochkarätige physikalisch-philosophische Frage. Hochkomplex. Wir ritzen sie in 360° an und fragen nach unserem persönlichen Beitrag dazu, auch durch die Corona-Brille. Außerdem führen wir ein (fiktives) Interview mit einem Fledermäuschen. Schuldig oder unschuldig – wie erträgt man so viel Anklage und Ablehnung, vor allem: Wieviel Batman steckt in ihnen?

fragen Wolfgang und Markus mit dem gesamten angstfrei.news Team.

Ihr habt Lob, Kritik oder Anregungen für uns? Schreibt uns Euer Feedback.

Die gute Nachricht des Tages

Systemischer Wandel
Sie bewegt sich doch. Unsere Welt in Deutschland, im Zeichen einer fast weltweiten Rassismusdebatte. „Latenten Rassismus bei der deutschen Polizei“, so SPD Chefin Saskia Esken, will die Bundesregierung jetzt untersuchen lassen. Ziel sind nicht nur Polizeikräfte, die in der Vergangenheit Sympathie mit Rechtsradikalen und deren Ideologie erkennen ließen. Sondern es geht auch um die Zulässigkeit von „Racial Profiling“. Kontrolle von Menschen allein aufgrund ihrer Hautfarbe. Bayerns Ministerpräsident und eventuell Kanzlerkandidat Markus Söder hat sich dezidiert gegen Rassismus und Antisemitismus ausgesprochen mit: „Wir müssen Gruppen wie die AfD deutlich stellen und bekämpfen.“ Die Grünen wollen die Rassebegriff aus dem Grundgesetz streichen. Das Sprachrohr der protestantischen Kirche in Deutschland, Publik Forum, legt in der Ausgabe „Mission Impossible“ die Verstrickung christlicher Missionare in Rassismus und Gewalt im deutschen Kolonialismus offen. Ein VW Werbevideo mit rassistischen Tendenzen stieß der Öffentlichkeit auf und veranlasste den Journalisten Garbor Steingart zu einem gepfefferten Kommentar über „alltäglichen Rassismus“ hierzulande: „Keiner hat ihn geplant. Er passiert. Immer wenn man ihn verhaften will, ist er schon wieder weg. Eine eigene Wohnanschrift besitzt er nicht. Er wohnt bei den feinen Adressen zur Untermiete.“

Das Selbsthilfezentrum München, Vordenkerin in der Selbstorganisation in Deutschland, hatte in seinem Newsletter mit dem Schwerpunkt „Interkulturelle Öffnung“ bereits im März eine umfassende Neuorientierung angekündigt hin zur vollen Beteiligung von Migrant*innen und Minderheiten in der Selbsthilfe und Sozialarbeit. Dies alles passiert im Schatten von weiteren heftigen Demonstration in England und Frankreich gegen Rassismus. Statuen von Sklavenhändlern werden von den Sockeln geholt. Während in Atlanta ein weiterer Afro-Amerikaner von der Polizei ermordet wurde. Das alles im Gefolge der Pandemie. Sie bedroht Schwarze und Braune, Migrant*innen und Minderheiten nachweislich mehr als Weiße. Die Forderung nach „systemischem Wandel“ der Institutionen bewegt Protestierende wie auch Politiker hüben und drüben des Atlantiks.
→ SHZ

Nachrichtenlage

Bis zu 3000 Euro pro Ausbildungsplatz
Die Bundesregierung will bis zu 500 Millionen Euro ausgeben, um einen Einbruch der betrieblichen Ausbildung zu verhindern. Betriebe, die trotz der Corona-Krise weiterhin Lehrlinge ausbilden, sollen dafür finanzielle Hilfen erhalten. Das geht offenbar aus einem Eckpunktepapier der Regierung hervor. Ausserdem soll es Unterstützung geben, wenn Kurzarbeit für Lehrlinge vermieden wird oder Lehrlinge aus insolventen Betrieben übernommen werden.
Tagesschau

"Ballermann darf nicht Ischgl werden"
Bevor morgen die Reisewarnung für die meisten EU-Länder aufhoben werden, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn an das Verantwortungsbewusstsein der Reisenden appelliert. Man müsse auch weiterhin aufeinander Acht geben, denn das Virus sei noch da, sagte der CDU-Politiker im Bericht aus Berlin. Mit Blick auf die Situation in Flugzeugen, Zügen oder Bussen betonte er die Notwendigkeit von Konzepten zur Infektionsprophylaxe und deren Umsetzung. Wichtig seien Belüftung und Abstände. Auch das Tragen einer Maske mache einen erheblichen Unterschied.
Tagesschau

London will Möbilität nachhaltig verändern
Während der Corona-Krise kam der Autoverkehr in London zeitweise praktisch zum Erliegen. Dies ändert sich nun wieder. In einem städtischen Umfeld, in dem Millionen von Menschen täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren, ist die soziale Distanzierung eine große Herausforderung. Die gleiche Anzahl von Fahrgästen mit einem Sicherheitsabstand von zwei Metern zu befördern ist schlichtweg unmöglich. Aber wie sollen die Londoner dann zu ihrem Arbeitsplatz gelangen? Wenn möglich mit dem Fahrrad oder zu Fuß, sagt Londons Bürgermeister Sadiq Khan.
ZEIT

Renaissance des Fahrrads in Paris
Viele Pariserinnen und Pariser nehmen zur Zeit aus Angst vor Ansteckung nicht gerne die Metro. Der Staat macht sich diese Sorge zunutze und fördert eine andere Form der Mobilität, die eigentlich schon lange bekannt ist: das Radfahren. Dafür sind 60 Millionen Euro vorgesehen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind Mitte Mai, unmittelbar nach dem Ende der strengen Ausgangssperre, fast 30 Prozent mehr Franzosen mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, so der Verband Vélo et territoires.
Tagesschau

TÜV bemängelt Sicherheitslücken in Corona-App
Im Auftrag des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) testet die TÜVit, eine auf IT-Sicherheit spezialisierte Tochter des TÜV Nord, die von SAP und der Deutschen Telekom entwickelte Corona-App auf Sicherheitslücken und Verstöße gegen die zugesicherten Datenschutzgarantien der Apple/Google Contact Tracing Schnittstelle. Dabei entdeckten sie mehrere Schwachstellen und meldeten diese den Entwicklern, damit diese die Fehler noch vor dem Start der App - der für nächste Woche erwartet wird - beheben können. Eines der aufgedeckten Sicherheitsprobleme wurde von den TÜV-Testern als relativ ernst eingestuft.
Heise

Wieder Demonstrationen gegen Polizeigewalt in Europa
Tausende von Menschen demonstrierten in allen französischen Großstädten gegen Rassismus und Polizeigewalt. In Paris folgten die Demonstranten einem Aufruf zum Protest gegen den Tod des jungen Schwarzen Adama Traoré. In anderen europäischen Ländern gingen noch mehr Menschen aus der Black-Lives-Matter-Bewegung, die seit Floyds Tod weltweit mobilisiert, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu protestieren, auf die Straße. Demonstration gab es auch in Stuttgart, Hamburg und Zwickau. In der Schweiz versammelten sich Tausende in mehreren Städten zu Kundgebungen.
ZEIT

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 186.269 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 14.06.2020 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 247 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – vom RKI aktualisiert und um 10 Uhr morgens online veröffentlicht. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 4.096.177 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 78.433 Personen mehr als gestern Früh. Davon 172.200 in Deutschland (Stand: 14.06.2020 22:52 Uhr, Quelle: Worldometers).

Tipp des Tages

Höchste Zeit mal wieder für Zirkus (4.0)
Wann ward Ihr das letzte Mal im Zirkus? Es ist und bleibt ein einzigartiges Erlebnis. Eine Reise zurück in die schöne Kindheit. Mittlerweile auch eine in die Zukunft. Zirkus 4.0 klopft an unseren Monitoren an. Statt echter Tiershows setzen sie auf Hologramme. Elefanten stampfen mitten durchs Publikum und machen ihre Handstände. Bloß keine Berührungsängste vor Löwen, wenn sie plötzlich vor einem auftauchen. Sie beißen nicht. Die Trapezkünstler sausen durch die Lüfte direkt an einem vorbei. Und der Clown ist zum Greifen nahe. Alles ist möglich. Virtuelle und erweiterte (augmented) Wanderungen durch die Heimat von Elefanten und Löwen. Mit einem 360 Grad Panorama afrikanischer Savannen. Ein Online-Zauberer-Lehrgang. Daheim balancieren lernen, unter fachkundiger Anleitung aus der Ferne. Der berühmte Circus Roncalli hat als erster Zirkus der Welt die Möglichkeiten von Digitalisierung und Informationstechnologie frühzeitig begriffen. Bereits im letzten Jahr stellte er die ersten virtuellen Shows vor. Während der Corona-Zeit baut er diese aus. Derweil andere weltbekannte Veranstalter wie Circo de Sol/Spanien ums Überleben kämpfen. Wünschen wir ihm viel Glück! Denn immer nur Virtualität, jetzt auch beim Zirkusspaß, wird vielleicht irgendwann so reizlos wie immer nur Online Konferenzen und Zoom Partys …
→ DW | → Youtube

360° - Im Gespräch

Angstfrei-Interview mit einer Fledermaus

Warum stehen die Flattertiere unter Generalverdacht? Weshalb verabscheut sie der Mensch seit Menschengedenken? Welche faszinierenden Talente haben diese Wesen? Was haben sie wirklich mit dem Covid-19 Ausbruch zu tun?

Einen schönen guten Tag, Frau Fledermaus. Wir sind ja gute Nachbarn. In unserer Finca in Kolumbien bewohnen eure Vettern und Basen den ganzen Dachboden. Wäre das Du OK?

Klar, wir beide sind ja nicht nur Nachbarn, sondern wir Fledermäuse sind auch mit euch Menschen verwandt, aus der gemeinsamen Familie der Säugetiere.

Chapeau Madame, eure Spezies ist die einzige unter den 6000 Säugetierarten, die das Fliegen gelernt hat. Und noch ein Rekord: Mit mehr als 1000 verschiedenen Fledermausarten seid ihr der Stammbaum mit der größten Diversität: Zwischen zwei und 20 Zentimetern Größe, zwei und mehreren hundert Gramm Gewicht, mit bis zu 60 Zentimetern Flügelspannweite. Habt ihr da überhaupt noch den Überblick über eure so vielgestaltigen Vettern und Vettersvettern? Wie seid ihr bloß so erfolgreich im Lotteriespiel der Evolution geworden?

Na ja, uns gibt’s ja schon ein bisschen länger als euch, 50 Millionen Jahre. In der Zeit hat sich die Erde vielfach verändert, die Kontinente sind gewandert, Eiszeiten und Heißzeiten kamen und gingen. Da mussten wir uns, viel radikaler als ihr in euern jugendhaften 100.000 Jahren Entwicklungsgeschichte, etliche Male neuerfinden.

Wow, dann hat euch die Natur gleich nach dem tragischen Abgang der Dinos zur Welt gebracht. Ihr genießt, sozusagen, die Gnade der frühen Geburt. Da habt ihr euch gut ausbreiten können über den Erdball, euch gibt’s ja fast überall.

Na ja, so einfach war das auch nicht. Wir blieben ja nicht die einzigen. Die Anzahl der Säugetiere explodierte damals förmlich. Überall neue Fressfeinde. Die Vögel jagten uns gnadenlos. Da mussten wir schnell Nischen finden, wenn wir nicht verspeist werden wollten.

Erzähl, wir habt ihr das geschafft?

Hohe Anpassungsfähigkeit ist die Erfolgsformel für langes Leben. Also, zunächst einmal haben wir unsere Arme und Hände, übrigens sehr menschenähnlich, in Flügel umgebaut. Damit mussten wir dann nicht mehr an Bäumen festklammern, sondern konnten fliegen. Sodann haben wir uns auf Nachtflüge spezialisiert. In der Zeit treffen wir kaum auf Feinde. Dazu haben wir uns ein Ultraschallsystem mit Echolotung zugelegt. Wir senden Klicklaute aus. Sie werden von unserer Umgebung reflektiert. Diese Wellen fangen wir mit unseren Riesenohrmuscheln auf und verrechnen sie in unserem Gehirn zu 3D-Bildern. Funktioniert selbst in schwärzester Nacht bei hohem Flug- und Jagdtempo millimetergenau.

Respekt! Davon können Blinde und Konstrukteure von Nachtsicht- und Radargeräten nur träumen. Ihr sollt auch sehr sozial sein?

Des Nachts verziehen wir uns in den Schutz von Dachböden, wie bei euch auf der Finca, oder große Höhlen. Dort hängen wir von den Decken ab. Ihr Menschen zählt uns in euerm unstillbaren Forschungsdrang ja immer wieder. In einer Höhle sollen wir auf 40 Millionen Mitfledermäuse kommen. Wir spenden einander Wärme, reinigen uns gegenseitig die Felle. Wer von den Erwachsenen mit Nahrung zurückkommt, ernährt die ganze Sippschaft mit, auch Babys.

Ein richtiger Kommunismus, wie Marx ihn sich erträumte. Apropos Babys, die Liebe ist ja eher ruppig bei euch. Das Männchen krallt sich an einem schlafenden Weibchen fest und begattet es?

Wie soll der arme Mann denn sonst inmitten der dichten Höhlenpopulation, dazu in Hängeposition, vorgehen? Eure Methoden, wie wir nächtens mit unserem Bio-3D-Radar scharf beobachten, sind ja auch nicht immer die feinsten.

Warum hängt ihr eigentlich und was frisst ihr so?

Zum Flugstart vom Boden müssten wir uns zehn Zentimeter in die Luft katapultieren. Das kostet uns zu viel Energie. Deshalb hängen wir lieber von Decken. Zum Start müssen wir uns nur fallen lassen. Unsere Essdiät besteht hauptsächlich aus Insekten, Nektar, Früchten. Euch Menschen ersetzen wir Chemie und Insektizide. Indem wir schädliche Insekten vertilgen. Dies im Hochleistungsmodus, bis zu tausend Stück pro Stunde. Wie die leider vom Aussterben bedrohten Bienen sorgen wir für die Bestäubung von Blüten. Und wir verteilen großflächig die Samen von Pflanzen, besonders die schwereren, mit denen die Kollegen Vögel lasttechnisch überfordert sind. In Regenwäldern, besonders Amazonien sind unsere Dienste für die Erhaltung wie auch das Nachwachsen des gerodeten Waldes unentbehrlich.

Was hat es denn mit der Blutsaugerei und den Vampirfledermäusen auf sich?

Das wird viel überbewertet und ist, sorry, eurer Sensationsgeilheit und Hollywoodverblödung geschuldet. Es gibt nur drei Arten, die sich von Blut ernähren. Und dies nur, weil sie aus der Not eine Tugend machen mussten. Als vor zehn Millionen Jahren im Zuge einer der vielen natürlichen Klimakatastrophen auf diesem Planeten Pollen und Nektar rar wurden, entdeckten unsere Vorfahren Blut als Nahrungsmittel. Mit kleinen rasierartigen Zähnchen ritzen sie die Haut auf, betäuben dabei die Stelle, sodass ihr Wirt vom Eingriff gar nichts merkt und spritzen zusätzlich ein blutverdünnendes Mittel ein, das übrigens die Medizin für Infarktkrankheiten bei euch Menschen entdeckt hat. Dann stellen unsere gewitzten Kollegen mit einem Kanalsystem in der Zunge Unterdruck her, saugen sich blitzschnell voll mit einem Blutvolumen von der Hälfte ihres Eigengewichts. Das ist ungefähr so, als wenn ein 70-Kilo-Mensch in Sekunden 35 Liter Tomatensuppe zu sich nähme. Um mit diesem enormen Übergewicht wieder in die heimische Höhle zu kommen, pinkeln sie beim Rückflug unaufhörlich und scheiden so das Blutwasser aus. In der Höhle erbrechen sie den Blutextrakt und decken damit den Mitternachtstisch für alle. Tja, und das Vampir-Image kam mit den Drakula-Filmen im 20. Jahrhundert auf und hat uns alle schlicht und einfach stigmatisiert. Das ist fast wie Sippenhaft für alle 997 anderen Fledermausarten.

Gibt‘s dafür nicht auch Gründe? In Südamerika ward ihr als Überträger von Tollwut gefürchtet und Viehzüchter verloren ihre Herden.

Können Hunde dafür, dass sie Tollwut übertragen? Als Antwort darauf wurden wir in einigen Ländern mit Dynamitwürfen in unsere Höhlen richtig ausgebombt, allesamt, nicht allein unsere blutsaugenden Kolleg*innen. Das war ein richtiger Genozid. Dann stellten die Bauern fest, dass ihre Landwirtschaftserträge steil in den Keller gingen. Wir fehlten ja als Bestäuber. Heute wird das Vieh gegen Tollwut geimpft und wir leben in den Amerikas alle in friedlicher Ko-Existenz.

Aber so richtig beliebt ward ihr noch nie, warum?

In der Bibel werden wir leider mit Teufelsfratzen gleichgesetzt. Dabei schaut uns doch mal an, wie viele verschiedene Gesichtsformen die tausend Fledermausarten aufweisen. Sind einige nicht richtig süß? Aber als Geschöpfe der Nacht sind wir euch von Grund auf höchst suspekt.

Nicht nur den Kulturen des christlichen Abendlands.

Auch das stimmt, leider. Die Maya hielten uns für den Inbegriff des Todes. Die Inka-Könige kleideten sich dagegen in herrschaftlichen Mänteln, Indianer Haute Couture, geschneidert aus unseren flauschigen Fellen.

Sind nur die Chinesen eure Freunde?

Bei so viel Menschenhass uns gegenüber freuen wir uns natürlich über die Wertschätzung im großen Reich der Mitte. Für die Menschen dort sind wir ein Glückssymbol. Das ist aber auch unser Pech. Die Chinesen haben uns zum Fressen gerne. Mit Vorliebe landen wir auf deren Esstellern und werden als Delikatesse und Glücksbringer verspeist.

Der enge Kontakt zwischen Fledermaus und Mensch soll die Pandemie in Gang gesetzt haben, sagen einige Politiker und Wissenschaftler.

Die Beantwortung überlassen wir euern Forschern. Die sind kompetenter dafür. Grundsätzlich sind wir friedliebende wie auch scheue Wesen und gehen euch Menschen aus dem Wege. Aus Seuchen in der Vergangenheit ist bekannt, dass wir Corona-Viren ausbrüten. Dafür können wir aber nichts. Durch die Enge, in der wir in unseren Höhlen leben, wo wir in dichten Trauben hängen, übertragen sich Viren sehr leicht von Tier zu Tier. Wir selbst sind durch ein hochrobustes Abwehrsystem dagegen geschützt. Es lässt uns 30 Jahre alt werden lässt, was in Menschenjahren ca. 200 Jahre wäre. Wer 50 Millionen Jahre in dieser räuberischen Welt überlebt, der hat genetisch und immunologisch einiges auf dem Kasten. Wohingegen ihr Menschen durch eure zivilisatorischen Bequemlichkeiten immer mehr Barrieren gegen Viren abgebaut habt. Das öffnet zunehmend Tür und Tor für früher eher harmlosere Krankheitserreger. Eine große Hilfe für das Überleben von uns beiden, Fledermaus und Mensch ist, dass Chinas Regierung die Wildtiermärkte, also den Lebendhandel auch mit uns verboten hat. Ich hoffe, dass die Behörden ein scharfes Auge auf den Schwarzmarkt haben. Eine alte Esstradition wird mit einer Unterschrift unter einen Amtserlass nicht sofort aussterben.

Was können wir von euch lernen?

Unsere Erfolgsgeschichte steht für sich. Sie lehrt drei Lektionen: Nicht an die Vergangenheit klammern, sondern sich an verändernde Umwelten schnell anpassen; selber in Harmonie und Fürsorge für alle Mitglieder der Gemeinschaft leben; über allem: Flexibilität. Ihr vermehrt euch weiterhin sehr stark, bei gleichzeitiger Vernichtung der Naturreservate, was Wildtiere und Menschen auf enge Räume zusammenpfercht und Infektionen mit unbekannten Viren begünstigt. Die Covid-19 Impfung ist nicht die große Geheimwaffe. Wir an eurer Stelle würden jetzt die Antarktis besiedeln.

Liebe Frau Nachbarin, wir danken für dieses aufklärende Gespräch, auch für die gelegentliche Kopfwäsche, und werden auf der Finca Gäste gerne weiterhin auf euch hinweisen mit dem Schild: „Wir sind liebenswert und ernähren uns von Früchten und Insekten.“

Verfasst von Wolfgang, basiert auf die Quellen unten. Er ist mit Fledermäusen u.a. auf der Familienfinca vertraut, nahm an einer Expedition in eine Fledermaushöhle teil (P.M., 08/2011, S. 64ff: Die Vampir-Fledermaus).
→ El Colombiano | → Wiki | → Scientific American

daz - die angst zeitschrift

360° - Prolog zu Morgen

Morgen ist JETZT – und WIR sein Impuls

von Wolfgang

Die Zukunft macht mit uns, was sie will. Ihre krassesten Umbrüche hat sie nie angekündigt. Die haben uns einfach überrollt, wie ein Tsunami. Der Mauerfall. 9/11. Covid-19. Insofern ist der Blick in die Kristallkugel heikel, wenn man nicht gerade Gaukler oder der liebe Gott ist.

Gleichwohl, Zukunft findet immer statt. Just in diesem Moment. Kaum habe ich dies getippt, ist der Satz bereits Vergangenheit. Gegenwart ist unendlich kurz, an der hauchdünnen Naht von Vergangenheit und Zukunft. Eine Sekunde, Milli-, Nanosekunde lang? Eine schwere wissenschaftliche Nuss, an der sich ratlos Physik und Philosophie reiben – mit Fausts sehnsüchtiger Laudatio über den Augen-Blick: „Verweile doch, du bist so schön!“

Ein Zeit-Paradoxon, aber eindeutig: Ob wir‘s mögen oder nicht, wir sind bereits in der Zukunft. Wir alle, mit sämtlichen Fasern und Nerven. Mit allem, was wir sagen, tun, schreiben – und allem, was wir nicht sagen, tun, schreiben. Und dies anderen überlassen, den vermeintlich Berufeneren.

„My guess is your guess” – mal ehrlich: Wer hat’s denn wirklich drauf? Was die Elfenbeinturmexperten über Zukunft hinausposaunen, ist nicht mehr als ein „educated guess“. Anders herum: Was wir als mitdenkender, mitfühlender, mitverantwortlicher gesellschaftlicher Rumpf über unsere Zukunft sagen, ist genauso relevant.

Zukunftsrelevant!

Die Geschichte schlägt schwindelige Haken mit uns. Das erleben wir, leidvoll, gerade mit, aber: Bei aller Ungewissheit sind es stets Einzelne, die Gassen in vernebelte Zukünfte hauen.

Steve Jobs mit der iphone Revolution: Bei jeder Zoom-Konferenz bringe ich drei Hallelujas auf ihn aus. Kants „Gebrauch deinen Grips“ – contra Glauben, Lüge, Fake: ein 5*****-Gebot. Das „Wir sind das Volk“ der französischen Revolutionäre: Über 1989 hallt es bis übermorgen noch lange nach. Abraham Lincolns Menschenrechte, derzeit daheim und anderswo mal wieder eingefordert: Grundgesetz der Humanität. Gassenhauende Einzelne, ihre Ruhmeshalle ist stattlich, mit Luther, Galileo, Jesus …

Zukunft ist ein Kontinuum. Wiederkehrend. Nie abgeschlossen. Stets neu. Kapriziös und riskant. Nur: Zukunft ist JETZT. Mitten unter uns. WIR sind Mit-Akteure. Impulsgeber und Architekten. Das ist Freiheit (auch von Angst?). Macht. Glück?

Apropos Galileo: Dass nicht die Sonne um die Erde rotiert, sondern wir uns um Mutter Sonne, wussten bereits die ollen Griechen. Ohne Optik. Nur dem Papst passte Wahrheit nicht in den Schöpfungsmythos. Dafür büßte der Sternengucker mit intellektueller Quarantäne – gnädigstlich: Andere landeten für derlei Frevel auf dem Scheiterhaufen.

Die besten Morgen-Ideen sind alte. Manche wie die Himmelsordnung brauchten 2000 Jahre. Andere sind reif in 2021. Was sind Steilvorlagen … Welche favorisiert Ihr …?

Dies & Das

Karton-Schutz
Zusammen arbeiten im Büro: Ein Sichtschutz aus Karton schützt vor Infektion.
→ Metro

Ausbruch bereits im August?
Einer Studie der Harvard Medical School zufolge könnte die Pandemie bereits im August 2019 ihren Anfang genommen haben.
→ Harvard

“Noch am Anfang …“
„Covid-19 ist mein schlimmster Alptraum“, bekennt der international renommierte Epidemiologe Dr. Anthony Fauci. Wann beides denn aufhören werde? „Wir sind erst am Anfang“, antwortete er.
→ Guardian

Virus Ko-Existenz statt Bekämpfen!
Die „Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland“ (GAÄD) will weg von der Kriegsmentalität im medizinischen Seuchenvokabular. Statt „Bekämpfung“ will es hin zu einer Haltung, „die die Existenz eines Virus einbettet in unseren heutigen Lebenskontext, unser Verhältnis zu Natur, Umwelt und den natürlichen Ressourcen“, laut Webinar-Teilnehmer Dr. Volker von Bremen.
→ GAÄD

Hiermit einen geistig aufregenden Start in eine hoffentlich nicht minder erlebnisreiche Woche mit vielen Denkanstößen wünschen Euch Wolfgang und Markus mit dem gesamten News-Team.

Gerne hören wir über das Feedbackformular von Euch. Ihr wollt unsere Arbeit unterstützen: Spenden und Fördermitgliedschaft bei der Deutschen Angst-Hilfe e.V.

Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.