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Sonntag, 19. Juli 2020 | 8 Uhr

Katharina

Liebe Angstfrei-Lesenden,

wir begrüßen Euch zu unserer letzten Ausgabe vor den Sommerferien - denn angstfrei macht für zwei Wochen news-frei. Passend zu Sommerpause haben wir neben dem Nachrichten-Update zum Wochenende einen Tipp zum (Kopf-)Freimachen, ein Mensch zu Mensch, in dem es um die Angst vorm Verpassen geht und eine Sammelei im Dies und Das, die Euch über die nächste Woche bringt.

Ab Montag findet ihr hier täglich unterschiedlichste Texte der Rubrik 360° aus den ersten vier Monaten angstfrei.news, in die ihr hineinschmökern könnt. Wir aktualisieren die Seite also weiterhin für Euch - allerdings senden wir zwei Wochen lang keine Nachrichten. Ab dem 3. August sind wir dann wieder regelmäßig für Euch da.

Damit wünschen wir Euch fröhliches Schmökern, zwei schöne Sommerwochen und freuen uns aufs Wiederlesen in zwei Wochen.

Katharina
und das Team von angstfrei.news.

Ihr habt Lob, Kritik oder Anregungen (z.B. zum Tipp des Tages oder den neuen Kategorien) für uns? Schreibt uns Euer Feedback.

Die gute Nachricht des Tages

Regenwaldrodung pausiert
Im brasilianischen Amazonasgebiet ist die Abholzung von Regenwald für die nächsten vier Monate verboten. Das entschied Präsident Jair Bolsonaro, nachdem die gezielten Waldbrände zuletzt einen neuen Höchststand erreicht hatten. Weil die Kontrollen im Zuge der Corona-Krise ausblieben hat die exzessive Abholzung im Juni das höchste Ausmaß seit 13 Jahren erreicht. Erst am Donnerstag hatte die US-Wissenschaftszeitschrift Science eine Studie veröffentlicht, die zeigte, dass etwa ein Fünftel der jährlichen Exporte von Soja und Rindfleisch aus Brasilien in die Europäische Union (EU) aus illegal abgeholzten Gebieten stammen. Umweltschützer arbeiten im Hintergrund auf Hochtouren, um auch nach der per Dekret verursachten Pause den Schutz des Regenwaldes zu etablieren.
ZEIT online

Die Nachrichtenlage

Grenzübergreifende Liebe - auch während der Pandemie
Unter dem Motto "love Is Essential" haben mehrere Abgeordnete Bundesinnenminister Seehofer dazu aufgefordert, Lebenspartner mit negativem Corona-Test aus Drittstaaten wieder einreisen zu lassen. Die  61 Erstunterzeichner von Linken, FDP und Grünen rufen gemeinsam dazu auf, Lebenspartner*innen wieder einreisen zu lassen, sofern sie einen negativen Corona-Test haben. Bisher gibt es solche Ausnahmen nur für Ehepartner*innen und eingetragene Lebenspartner*innen. Paare ohne Trauschein, bei denen eine*r in einem Drittstaat lebt, stünden somit vor großen Herausforderungen, so die Initiative. "Zudem solle die Bundesregierung sich im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft für eine europaweite Lösung einsetzen. Unter anderem Dänemark, Österreich, Norwegen und die Niederlande haben demnach die Grenze für Paare bereits geöffnet." Seehofer reagiert schwammig: Es sei nicht objektiv feststellbar, ob im Fall von nichtehelichen und nichverpartnerten Lebensgefährten eine Beziehung bestehe. 
Tagesschau

Kirchen machen Miese 
Die Kirchen in Deutschland erwarten einen Rückgang der Einnahmen in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages im Zuge der Corona-Krise. Hintergrund ist vor allem die vermehrte Kurzarbeit, die durch die Koppelung der Kirchensteuer an die Lohn- und Einkommensteuer auch zum Entfall der Kirchensteuer führen kann. Eine Umfrage der Nachrichtenagentur epd zu Folge, rechnet eine Mehrheit der Landeskirchen und Bistümer mit einem Kirchensteuer-Rückgang von mindestens 10 Prozent. Die größten evangelischen Landeskirchen rechnen hingegen mit Rückgängen zwischen zwölf und 16 Prozent. Vorerst halten sich die finanziellen Sorgen, die daraus entstehen können jedoch in Grenzen. Die Kirchen können auf Rücklagen zurückgreifen und verhängen mancherorts auch Haushaltssperren. Trotz sinkender Mitgliederzahlen waren die Kirchensteuereinnahmen in den vergangenen Jahren gestiegen.
Tagesschau 

Ramelows Mittelfinger ist Diskussionsstoff
In einer hitzigen Parlamentsdebatte hat Thüringens Ministerpräsident Bodo Rammelow dem AfD-Abgeordneten Stefan Möller den Mittelfinger gezeigt. Gegenüber dem MDR räumte er außerdem ein, ihn beschimpft zu haben. Hintergrund war eine Diskussion über die Rolle des Verfassungsschutzes und den Umgang mit Akten zum rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Möller wertete den Verfassungsschutz ab und spielte in seinem Beitrag darauf an, dass Ramelow selbst bereits vom Verfassungsschutz ins Visier genommen wurde. Die Praxis wurde im Nachgang vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig bewertet. Nach einer Twitter-Auseinandersetzung war es Ramelow selbst, der beschichtete: "Dem Landtag gebührt mein Respekt als Verfassungsorgan. Den habe ich heute nicht im gebotenen Maße gezeigt. Gleichwohl werde ich meine antifaschistische Grundhaltung niemals von der AfD instrumentalisieren lassen"
Tagesschau

EUGH-Urteil stärkt den Datenschutz 
Der Europäische Gerichtshof (EUGH) hat mit einem Urteil schärfere Datenschutzmaßstäbe für US-Unternehmen, die in der Europäischen Union arbeiten, verfügt. Das Urteil macht es Unternehmen künftig schwerer, Daten in die USA zu übertragen. Vor allem sind große digitale Unternehmen wie Facebook, Amazon oder Google betroffen. Sie speichern personenbezogene Daten selbst dann in den Vereinigten Staaten, wenn sie einen Firmensitz in der EU haben. Das ist problematisch, da das Datenschutzniveau in den USA deutlich unterhalb des Niveaus der EU liegt. Somit sei es im Sinne der europäischen Datenschutzverordnung nicht zu verantworten, dass massenhaft Daten in die USA übertragen werden, wo diese von Behörden wie dem FBI eingefordert werden können.  
Deutschlandfunk Nova

Neuer Verhandlungsvorschlag in Brüssel
Im Rahmen der EU-Verhandlungen um das Aufbauprogramm nach der Corona-Krise hat Ratschef Charles Michel nach Angaben von Diplomaten eine Kürzung der Zuschüsse um 50 Milliarden Euro vorgeschlagen. Demnach sollen von den insgesamt 750 Milliarden Euro jetzt 450 Milliarden Euro als Zuschüsse und 300 Milliarden Euro als Kredite vergeben werden. Ein konkreteres Zwischenergebnis gibt es Stand Sonntagmorgen noch nicht.
→ dpa

Ausland

Frankreich führt Maskenpflicht ein
In Vorbeugung einer möglichen zweiten Infektionswelle führt Frankreich ab morgen eine Maskenpflicht in öffentlichen geschlossenen Räumen ein. Das gelte etwa in Geschäften, Banken oder Markthallen, so Frankreichs Gesundheitsminister Olivier Véran. Andere Verhaltensregeln wie das Abstandhalten und auch Tests bleiben weiterhin bestehen. Bereits am Dienstag hatte Präsident Emmanuel Macron die Maskenpflicht angekündigt. Befristet ist die Auflage vorerst nicht.
Süddeutsche

Großbritannien setzt tägliches Update aus
Aus Sorge vor der Ungenauigkeit der Daten will die britische Regierung nicht mehr Täglich die Todesfallzahlen durch die Corona-Pandemie veröffentlichen. Hintergrund sei, das derzeit nicht erhoben werde, ob Menschen an Covid-19 starben oder an einer anderen Ursache nach ihrer Genesung von der Lungenkrankheit. Die Zahlen würden wieder veröffentlicht, sobald die Ungenauigkeiten behoben seien, so das Ministerium. Großbritannien gilt als eines der am stärksten von der Pandemie betroffenen Länder. Expert*innen zweifeln jedoch daran, ob die nun in der Zählweise erkannte Schwäche die Fallzahlen erheblich reduzieren.
SPIEGEL

Corona ist ein Weckruf
In seiner Grundsatzrede verglich UN Generalsekretär António Guterres die Corona-Pandemie mit Röntgenstrahlen, die Brüche im fragilen Skelett der Gesellschaften zeige. Er kritisierte, dass statt eines gemeinsamen Planes die Gräben zwischen den Nationen wuchsen und prangerte vor allem die Alleingänge von Großmächten wie China oder den USA an. Die Pandemie habe die "tragische Kluft" zwischen Partikularinteressen und öffentlichem Nutzen deutlich gemacht, so Guterres. Er forderte eine grundlegende Neuordnung der internationalen Machtverhältnisse durch Reformen um die globale Ungleichheit zu bekämpfen. Dieses Modell einer globalen Regierungsführung müsse auf einer "vollständigen, integrativen und gleichberechtigten Beteiligung an globalen Institutionen beruhen." Dabei bräuchten Entwicklungsländer mehr Gewicht und auch Frauen sollten stärker in den Führungsebenen vertreten sein. Kolonialismus und die gesellschaftliche Dominanz von Männern seien die zwei Hauptursachen für Ungleichheit.
Tagesschau

Brand in der Kathedrale von Nantes
Heute morgen musste in der Kathedrale im französischen Nantes ein Großbrand gelöscht werden. Obwohl die Orgel vollständig zerstört wurde und auch weitere Teile der Kirche in Mitleidenschaft gezogen wurden, wird der Brand als weniger dramatisch als in der in Notre-Dame angesehen. Mehr als 100 Feuerwehrkräfte waren vor Ort und wurden von den Umstehenden Menschen mit Applaus unterstützt. Das Bauwerk ist den Aposteln Peter und Paul gewidmet und zählt zu den bedeutendsten Werken der französischen Spätgotik. Vor 50 Jahren hat die Kathedrale bereits einmal gebrannt. Damals dauerte der Wiederaufbau 13 Jahre. Heute wird ein schnellerer Reparaturprozess erwartet.
Süddeutsche Zeitung

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 201.372 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 18.07.2020 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 529 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – vom RKI aktualisiert und um 10 Uhr morgens online veröffentlicht. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 8.556.768 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 159.103 Personen mehr als gestern Früh. Davon 187.500 in Deutschland (Stand: 18.07.2020 20:59 Uhr, Quelle: Worldometers).

Tipp des Tages

Und jetzt: abschalten.

Angstfrei macht Urlaub (also fast - einen Text täglich bekommt ihr trotzdem). Deswegen ist unser Tipp ein ähnlicher: Macht doch auch mal kognitiven Kurzurlaub. Es gibt viele Dinge, die uns fesseln und unfrei machen, die uns als solche garnicht auffallen. Dazu gehört unser Medienkonsum, der uns zum Beispiel zwingt täglich mehrfach die Nachrichten zu forsten, eng verwandt damit ist unsere ständige Verfügbarkeit und der Druck, möglichst sofort auf alles und jeden zu antworten. Dazu gehört aber auch immer mit sorgenvollen Gedanken in bestimmte Beziehungen zu gehen ("Jetzt denkt sie bestimmt wieder..." | "Wenn ich das so mache, glaubt er wieder, das...") oder Gedanken immer und immer wiederzukäuen. Einiges davon kann man nicht "mal eben" abschalten. Anderes ist leichter, nimmt auch ein wenig Last und schenkt im besten Fall sogar Zeit. Hier ein paar Ideen - die Liste könnt ihr selber endlos verlängern:

Social-Media-Frei
Wem Digital Datox, also der Verzicht auf alle Technischen Mittel sowie das Internet zu viel ist, der kann es vielleicht mit einer Social Media Pause versuchen. Entscheidet Euch für zwei Wochen gegen Facebook, Instagram und co. Das wirkt Wunder in Puncto Ausgeglichenheit, Vergleichen mit anderen und auch im Zeitbudget schlägt das Fehlen des täglichen Scrollens positiv zu Buche. 
→ Wer Motivation braucht, bekommt hier einen Erfahrungsbericht mit viel positiver Energie 
→ Technische Unterstützung gibt es hier 

Urlaub vom Ja-Sagen
Wie schnell wir schon wieder etwas zugesagt haben, wenn uns jemand fragt. Wenn wir aber Urlaub haben - Balkonien, Wandern oder auch nur selbst verordnete Ich-Zeit - dann sollte unser Ja in seiner Kostbarkeit steigen. Vielleicht könnte ich jetzt diesen Kuchen für eine Kaffeetafel der Nachbarin backen oder noch schnell die Bohrmaschine rüberbringen oder fix diesen Text übernehmen für dieses Ehrenamt, das ich nebenher mache. Aber ich muss nicht. Insbesondere dann nicht, wenn ich mich dafür entschieden habe, das dieser Tag, diese Stunden oder diese Woche mir gehört. Seid verbindlich zu euch selber. Der positive Nebeneffekt vom Ja-Urlaub? Euer Ja wird sich für einige Menschen plötzlich (noch) wertvoller anfühlen. Das kann dann auch langfristig helfen.  

→ Ihr seid Euch nicht sicher, ob das mit dem Neinsagen klappt? Ich bin auch nicht so gut darin, aber "The power of a positive no" ist eine spannende Einleitung, wie das klappen kann. 
→ Die Zeitschrift Emotion hat auch eine schöne Anleitung zum Neinsagen

Urlaub von Netflix, Amazon prime oder Disney+
Was?! Gerade wenn ich frei habe, möchte ich doch auch Dinge genießen, für die ich sonst keine Zeit habe. Einfach mal diese eine Staffel in einem durch schauen oder diese Filmreihe oder nur ein wenig schauen, was es gibt - wie wir alle wissen, dauert die Auswahl dessen, was wir dann schauen oft länger, als der Film oder die Serie, für die wir uns entschieden haben. Trotzdem ist dieser Tipp ernst gemeint: Verordnet Euch bewegtbild freie Tage oder Abende. Wann habt ihr Euch das letzte Mal in einem Buch verloren? Einfach einen ganzen Abend durch gequetscht oder ein Gesellschaftsspiel gespielt? Eben. 

Bloß keine "FOMO"
Wie man beim ganzen nicht-Machen nicht plötzlich Angst bekommt, etwas zu verpassen, erklärt das Team von Selfapy anschaulich (Hier lang). Mehr zu FOMO lest ihr auch im von Mensch zu Mensch.

360°

Von Mensch zu Mensch

Gelassen verpassen
von Katharina

Ein paar meiner Freunde waren gestern auf einer Radtour in den Spreewald. Ich habe die ganze Woche hin- und herüberlegt, ob ich nicht mitfahren soll. Hier und da etwas im Terminplan schieben und die ein oder andere Aufgabe abgeben und das hätte schon irgendwie gepasst. Mit schwerem Herzen habe ich mich schließlich trotzdem dagegen entschieden. Und als gestern Morgen in der Telegram-Gruppe lustige Nachrichten und Anekdoten der Anreise hin und hergingen habe ich ganz kurz an meiner Entscheidung gezweifelt: Was, wenn ich jetzt so richtig was verpasse?

Ein klassischer Fall von "FOMO" - Fear of missing out - der Angst, etwas zu verpassen. Dahinter stecken ganz viele verschiedene Ängste: Die Freunde, die wiederkommen, könnten etwas erlebt haben, wo ich nicht mitreden kann. Es entstehen Witze, die nur versteht, wer dabei war. Ich fühle mich ausgeschlossen - und das auf Grund meiner eigenen Entscheidung nicht teilgenommen zu haben. Selbstgewählte Einsamkeit sozusagen. Wusstet ihr, dass soziale Ausgrenzung auf die gleiche Gehirnregion wirkt, wie physischer Schmerz? Kein Wunder, dass wir wenigstens immer auf dem Laufenden bleiben wollen, wenn wir schon nicht überall teilnehmen. So hoffen wir, uns selber einzugrenzen. Dank Twitter, Facebook oder Instagram können wir uns an Menschen klammern und miterleben, was sie mit uns teilen. Dann haben wir nur das Echte verpasst. Den Ausschnitt haben wir erlebt. Immerhin.

Es steht in dicken Lettern zwischen den Zeilen: In der FOMO steckt ein großer Selbstzweifel. Haben die anderen vielleicht ein spannenderes Leben als ich? Insbesondere dann, wenn wir in den sozialen Netzwerken unterwegs sind, drängt sich der Eindruck auf jede*r erlebt ständig Spektakuläres. Nur wir sitzen auf dem Sofa, wischen hoch und runter, drücken auf "gefällt mir" und gefallen uns dabei selber nicht. Wann waren wir eigentlich das letzte Mal mit dem Rad in den Wiesen unterwegs? In welcher Dachbar sitzt er denn da? Warum habe ich es eigentlich schon wieder nicht auf diesen Sonntagsflohmarkt geschafft. Vielleicht habe ich einfach nicht den Schmiss für ein spannendes Leben, so wie es alle anderen führen. Der Selbstzweifel dahinter bekommt Futter, so lange wir uns von uns selbst entfernen und in den Bildern der Anderen schwelgen. Wenn wir zu uns auf unsere Couch zurück kämen, das Handy zur Seite legten und in uns reinhorchten, so würden wir vielleicht feststellen, dass die Couch genau der Ort ist, auf den wir gehören. Und wir erinnerten uns daran, dass die Welt nicht wegläuft, wenn wir ein Wochenende, eine Woche oder einen Urlaub in unserem eigenen Dunstkreis verbringen, sofern uns danach ist. 

Moment mal, rufe ich hier zum Verpassen von Gelegenheiten auf? Was, wenn am nächsten Wochenende die Sonne nicht so warm scheint? Was, wenn ich gerade heute die Liebe meines Lebens getroffen hätte*? Was wenn ich beim Bier am Kanal diese Begegnung gehabt hätte, die mir den Job beschafft, den ich immer wollte? Wollt ihr ein Geheimnis hören? Ich verrate Euch: Das ist mein persönlicher FOMO-Horror. Diese Angst davor, wenn ich nicht jetzt alles richtig mache, dann verpasse ich die Gelegenheit, das Leben zu führen, das ich immer wollte. Fragt mich nicht, wie das aussieht - ich weiß es ja nicht! Ich verpasse es ja gerade! Hier stippt der große Zeh der FOMO in den Ozean der Daseinsangst. Verpasse ich neben dem Erlebnis, der sozialen Bindung und der Gelegenheit gleich mein Leben? Diese eine Version, in der ich endlich glücklich wäre?

Was eine einfache Option raus aus der Selbstverantwortung: Wenn ich mit dieser einen Chance mein Leben vertan hätte, dann wäre das die herzliche Einladung, für immer unglücklich zu sein und mich dem Zufall hinzugeben. Nie wieder FOMO! Nie wieder selber Wählen! Nie wieder verpasste Gelegenheiten! 

Ihr ahnt es: Natürlich ist das nicht die Lösung. Im Gegenteil. Dieses Gedankenspiel der verpassten Gelegenheiten ist ad absurdum getrieben ein Beweis dafür, dass wir immer und überall wieder Gelegenheiten verpassen werden - weil sie immer und überall auftreten können. Genau so wie Fahrradausflüge, Restaurantbesuche oder Sonntagsflohmärkte. Und dass die Online-Welt nur wenig mit der tatsächlichen Spektakulärität des Lebens der anderen zu tun hat, wisst ihr irgendwie auch selbst. In sechs Jahren Berlin, der Stadt in der man jede Sekunde irgendwas verpasst, habe ich meinen Frieden mit der FOMO geschlossen. Es ist doch schön, dass immer etwas passiert - so habe ich eine Millionen Möglichkeiten etwas (nicht) zu tun. Ob es jetzt direkt eine JOMO (Joy of missing out) sein muss, weiß ich auch nicht. Mir reicht es, mit dem Verpassen meinen Frieden zu schließen (PWMO - Peace with missing out, sozusagen).

Und so war ich letztlich froh um den Tag, den ich für mich und meine Erledigungen hatte - und ich habe spontan eine Freundin zum Kaffee getroffen, die ich ewig nicht gesehen hatte. Stellt Euch mal vor, ich wäre auf dieser Radtour gewesen! Da hätte ich aber ganz schön was verpasst...

Mailab erklärt FOMO übrigens auch ganz gut

*Das ist rein hypothetisch.

daz - die angst zeitschrift

Dies und Das

Den EU-Finanzgipfel verstehen
Wir wissen, es geht um viel Geld und die Staaten sind sich uneins, wie die Haftung abgesichert werden soll. Aber da hört unser Wissen über den EU-Finanzgipfel oft schon auf. Die Tagesschau hat übersichtlich zusammengestellt, um wie viel Geld für wen es geht. Interessanter Hintergrund für ein wichtiges Thema!
Übersicht: Darum geht's

Dein Platz an der Sonne
Die deutschen Küsten erfreuen sich über großes Interesse - leider sorgt das Zuweilen auch für überlaufene Strände und gesperrte Küstenregionen. Wie die unterschiedlichen Regionen damit umgehen, hat die Tagesschau übersichtlich zusammengefasst. 

Kiezboten überbrücken die letzte Meile
Man ist nicht da, die Adresse ist falsch, schon wieder habe ich ein Paket angenommen, weil die Nachbarin einfach nie zuhause ist. Der Frust im Paketempfangen ist hoch - auch bei den Zustellenden firmen. Das Hochschulprojekt "Kiezboten" hat dazu eine Idee: Was wäre, wenn Zusteller an eine Sammelstelle lieferten und die letzte Meile zu einer konkret vereinbarten Uhrzeit von Kiezboten übernommen würde? Deutschlandfunk Nova hat dazu einen spannenden Beitrag verfasst.
Zum Beitrag

Was Kinder hören
Was hören Kinder eigentlich so für Musik? Sind wir die Einzigen, die sich mit merkwürdigen Geschmäckern rumschlagen müssen? Das Zeit-Magazin hat die Top Ten der beliebtesten Kinderlieder / -Interpreten zusammengetragen. Wer sich nicht bestätigt fühlt, der bekommt vielleicht den ein oder anderen Tipp, welches Lied man mal anwerfen und welches man dringlichst vermeiden sollte.
Zur Liedliste 

Mit diesem Potpourri entlassen wir Euch in einen schönen Sonntag und eine zweiwöchige Sommerpause mit täglichen Rückblicken auf liebgewonnene Texte der Rubrik 360 Grad.

Herzlich grüßen

Katharina
und das Team von angstfrei.news 

Gerne hören wir über das Feedbackformular von euch. Ihr wollt unsere Arbeit unterstützen: Spenden und Fördermitgliedschaft bei der Deutschen Angst-Hilfe e.V.

Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.