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Samstag, 20. Juni 2020 | 8 Uhr

Stephanie
Annika

Guten Morgen ihr Lieben,

heute ist Tag der Sommersonnenwende 2020 und somit liegt nun der längste Tag und die kürzeste Nacht des Jahres vor uns. 

Womit ihr den Tag (und selbstverständlich auch die Nacht) verbringen möchtet, bleibt natürlich euch überlassen. Falls das Wetter euch aber heute nicht nach draußen lockt und ihr insgeheim schmerzlich Konzertmomente vermisst, findet ihr in unserem Tipp des Tages heute eine Möglichkeit, ein Festival mal anders zu erleben. In unserem „Von Mensch zu Mensch“ berichtet euch Annika von ihrer Begegnung mit Murphy, der kurzzeitig all ihre Pläne über den Haufen schmiss. Natürlich haben wir für euch auch, wie gewohnt, einen Überblick zur aktuellen Nachrichtenlage vorbereitet. Dort findet ihr heute einen bunten Mix aus positiven Entwicklungen in der Suche nach einem Impfstoff, Neuigkeiten zu den Corona-Fällen in der Fleischproduktion, Kritik für das Konjunkturpaket und erfreulichen Nachrichten aus der Reisebranche. 

Viel Spaß beim Stöbern wünschen euch Stephanie, Annika

und das ganze Team von angstfrei.news!

Ihr habt Lob, Kritik oder Anregungen (z.B. zum Tipp des Tages oder den neuen Kategorien) für uns? Schreibt uns Euer Feedback.

Die gute Nachricht des Tages

Impfstoff-Entwicklung: CureVac-Impfstoff erstmals verabreicht
Im Rahmen der klinischen Studie zur Erprobung des Impfstoffs der Tübinger Firma CureVac ist nun die erste Probandin geimpft worden. Sie verbleibe nun für 24 Stunden unter Beobachtung, so Studienleiter Peter Kremsner. Er verwies jedoch darauf, dass dies eine reine Vorsichtsmaßnahme darstelle; Komplikationen habe es bisher im Rahmen der Studie nicht gegeben. Er teilte außerdem mit, dass er davon ausgehe, bereits in zwei Monaten erste Ergebnisse zu erhalten. An Freiwilligen für die Studie mangele es nicht: bereits jetzt gebe es mehrere hundert Personen, die sich zur Teilnahme an der Studie bereit erklärt hätten. Trotzdem sei in Kürze noch die Veröffentlichung eines Rundbriefs mit einem Aufruf zur Teilnahme vorgesehen. Insgesamt würden zunächst 100 gesunde Teilnehmer*innen zwischen 18 und 60 Jahren benötigt. Die Anzahl derjenigen Proband*innen, die die Impfung erhalten sollen, solle in den nächsten Tagen allmählich gesteigert werden. Sie alle sollen im Anschluss beobachtet werden und im weiteren Verlauf unter Umständen eine zweite Impfung erhalten, teilte Kremser mit. 
n-tv

Die Nachrichtenlage

Bundestag bringt Konjunkturpaket auf den Weg
Die Vertreter*innen der großen Koalition warben im Bundestag um Zustimmung für das verabschiedete Konjunkturpaket. Die Opposition forderte allerdings Nachbesserungen, es kam zu erneuten Diskussionen. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) lobte erneut das Paket, betonte allerdings auch dass die Gesamtneuverschuldung für dieses Jahr sehr hoch sei. Er habe nicht nur großes Verständnis dafür, wenn dem einen oder anderen mulmig dabei werde; er sei auch froh darüber, sagte Scholz im Bundestag. Die Opposition widersprach dem Finanzminister und mahnte, dass vor allem die Ärmsten wieder einmal leer ausgehen würden. Besonders in der Kritik stehe die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer: Diese würde nur dann Sinn ergeben, wenn sie von Dauer wäre, sagte Fabio De Masi von der Linkspartei. Die große Koalition verteidigte das Gießkannenprinzip mit der das Geld verteilt werden solle und wehrte sich gegen den Vorwurf von den Parteien Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und FDP. Diese vertreten die Meinung, dass das Geld zielgenauer verteilt werden müsse.
Tagesschau

Quarantäne für alle Angestellten des Fleischproduzenten Tönnies
Für sämtliche Mitarbeiter*innen des Fleischproduzenten Tönnies in Rheda-Wiedenbrück bestehe nunmehr Quarantäne. Dies umfasse auch Verwaltungsangestellte, das Management sowie die Konzernspitze. Zur Unterstützung bei der Durchführung eines Reihentests auf weitere Corona-Infektionen innerhalb des Tönnies-Werkes forderte der Kreis Gütersloh zuletzt den Einsatz der Bundeswehr an. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) teilte am Freitag in einer Stellungnahme mit, nun auch einen regionalen Lockdown nicht mehr vollständig auszuschließen. Gegenwärtig versuche der Kreis Gütersloh jedoch noch, dieses Vorgehen mit den verhängten Quarantänemaßnahmen sowie der Schließung von Kindertagesstätten und Schulen abzuwenden. Laschet kündigte außerdem an, das weitere Vorgehen in einer Sondersitzung des nordrhein-westfälischen Landeskabinetts am Sonntag beschließen zu wollen. Vor dem Werkgelände kam es am Freitag erneut zu Protesten gegen die Produktionsbedingungen in dem in die Kritik geratenen Fleischproduzenten. Mittlerweile lägen der Staatsanwaltschaft Bielefeld in Zusammenhang mit den öffentlich kritisierten Arbeitsbedingungen fünf Strafanzeigen vor. Ermittelt werde unter anderem wegen des Anfangsverdachtes auf fahrlässige Körperverletzung sowie Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz.
→ dpa

EU: Keine Einigung über Wiederaufbaufonds
Im Rahmen eines Videogipfels berieten Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union gestern zum geplanten Corona-Wiederaufbaufonds. Eine Einigung sei jedoch nicht erzielt worden. Der Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ solle planmäßig 750 Milliarden Euro umfassen und in den nächsten EU-Haushalt eingebaut werden. Kritik habe es von mehreren Mitgliedsstaaten sowohl gegenüber der Höhe des Fonds, als auch zur vorgesehenen Rückzahlung gegeben. Nach gegenwärtigem Entwurf solle diese in den Jahren 2028 und bis 2058 umgesetzt werden. Darüber hinaus seien sich die Staats- und Regierungschefs bei den Vorgaben für die Empfängerstaaten uneinig. Seitens der EU-Kommission bestehe das Vorhaben, dass mit den Mitteln des Wiederaufbaufonds in erster Linie die Bereiche Klimaschutz, Digitalisierung und Modernisierung der Wirtschaft gefördert werden sollen. Für Mitte Juli sei nun erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie ein physisches Gipfeltreffen in Brüssel geplant. Dann solle eine Einigung gefunden werden.
Redaktionsnetzwerk Deutschland

Studie: Bildung von Antikörpern hängt offenbar vom Alter ab
Im Rahmen einer Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf seien über 2000 Kinder und Jugendliche auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen das Sars-CoV-2 Virus untersucht worden. Nur bei 1,5 % von ihnen seien tatsächlich Antikörper nachgewiesen worden. Dabei hätten die Untersuchungen jedoch Unterschiede zwischen den Altersgruppen der Kinder und Jugendlichen ergeben: in der Gruppe der Kinder bis 9 Jahre sei der Antikörper-Nachweis in einem Prozent der Fälle positiv ausgefallen, bei den 10 bis 18-jährigen Kindern und Jugendlichen seien es zwei Prozent. Insgesamt sei festgestellt worden, dass die Wahrscheinlichkeit für einen positiven Antikörper-Nachweis pro Lebensalter der Kinder um acht Prozent steige. Ania C. Muntau, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, teilte dazu mit, dass die Ursache für dieses Ergebnis noch offen sei. Unter Umständen würden ältere Kinder und Jugendliche über einen erweiterten Kontaktkreis verfügen, sodass sie sich leichter mit dem Virus infizieren und als Folge dessen Antikörper bilden, als jüngere Kinder. Bei keinem der getesteten Kinder und Jugendlichen sei eine aktive Infektion festgestellt worden. Muntau schließe daraus, dass die in Hamburg getroffenen Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie für Kinder und Jugendliche erfolgreich gewesen seien.
Stern

Galeria Karstadt Kaufhof will 62 Warenhäuser schließen
62 von gegenwärtig bestehenden 172 Warenhäusern des Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof sollen geschlossen werden. Dies kündigte der Konzern am Freitag an. Dieses drastische Vorgehen sei notwendig, um das Überleben der Kette zu sichern. Insgesamt seien rund 6000 Angestellte von den Schließungen betroffen. Für diese sei vom Unternehmen zusammen mit der Gewerkschaft Verdi ein Sozialplan und Interessenausgleich ausgehandelt worden. Dieser umfasse unter anderem eine finanzielle Abfindung sowie die Möglichkeit, für mindestens sechs Monate in einer Transfergesellschaft tätig werden zu können. 
Tagesschau (Nachricht) | Tagesschau (Übersicht der betroffenen Filialen)

Finanzielles Defizit bei den gesetzlichen Krankenkassen
Auch die gesetzlichen Krankenkassen spüren die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Sind sie schon zu Jahresbeginn mit einem Defizit gestartet, so habe sich die Situation durch Corona noch verschärft. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte allerdings, die Zahlen für das erste Quartal 2020 seien nicht aussagekräftig und endgültige Prognosen könnten erst im Herbst getroffen werden. Er sicherte den gesetzlichen Krankenkassen bereits jetzt einen zusätzlichen Zuschuss von 3,5 Milliarden Euro zu.
Generalanzeiger

Starke Nachfrage bei Ferienunterkünften in Deutschland 
Urlaub im eigenen Land stehe in diesem Sommer hoch im Kurs. Wie der Deutsche Ferienhaus-Verband mitteilte, seien die Unterkünfte an Nord- und Ostsee für die Sommerferien bereits zu 90 % ausgelastet. Beliebt seien außerdem Regionen in Süddeutschland, beispielsweise die Bodenseeregion und das Allgäu. In diesem Bereich seien kaum Abweichungen von den Buchungen des Vorjahres erkennbar. Bereits in der kommenden Woche beginnen in einigen Bundesländern die Sommerferien. Wer jetzt noch kurzfristig eine Unterkunft buchen wolle, müsse dabei flexibel sein, so der Verband.
Mitteldeutsche Zeitung

Amthor wird nicht für CDU-Landesvorsitz kandidieren
Politiker Philipp Amthor (CDU) kündigte an, nicht, wie zunächst vorgesehen, für den CDU-Landesvorsitz in Mecklenburg-Vorpommern kandidieren zu wollen. Er reagierte damit auf die Lobbyismus-Vorwürfe gegen seine Person.
→ dpa

Kalbitz verbleibt in AfD
Das Berliner Landgericht entschied heute in der umstrittenen Parteizugehörigkeit des Brandenburger AfD-Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz, dass die Annullierung der Parteimitgliedschaft unzulässig sei. Bis zur Entscheidung des Bundesschiedsgerichts der AfD könne er seine Rechte als Parteimitglied und Mitglied des Bundesvorstands wieder ausüben. Kalbitz werden Verbindungen zu rechtsextremen Verbänden vorgeworfen.
→ dpa

Blick ins Ausland

Italien: Coronavirus bereits im Dezember 2019 nachweisbar
Untersuchungen hätten ergeben, dass das Coronavirus in Italien bereits im Dezember 2019 im Abwasser nachgewiesen werden konnte. Somit sei das Virus in Italien deutlich länger aktiv, als zunächst angenommen. Erste Fälle von infizierten Personen in Italien waren im Februar 2020 bekannt geworden.
Tagesschau

Schweden: Verbot von traditionellen Mittsommerfesten 
Das traditionelle Mittsommerfest in Schweden werde in diesem Jahr ausfallen. Veranstaltungen mit einer Personenanzahl von über 50 Menschen seien weiterhin verboten. Das große Mittsommerfest in Tjörn werde in diesem Jahr nun erstmalig seit dem Jahr 1963 nicht stattfinden.
Tagesschau

Schweiz: Corona-Maßnahmen weitgehend aufgehoben
Mit Ausnahme des Verbots von Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmer*innen habe die Schweizer Regierung alle weiteren Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie aufgehoben. Trotzdem seien die Einwohner*innen aufgefordert, weiterhin einen Abstand von eineinhalb Metern zu anderen Personen einzuhalten. 
Neue Zürcher Zeitung

Corona in Zahlen
In Deutschland sind 188.534 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 19.06.2020 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 770 Personen mehr als am Tag zuvor.

Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – vom RKI aktualisiert und um 10 Uhr morgens online veröffentlicht. Und warum gibt es hier nicht mehr davon?  Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.

Gesundheitsticker: 4.627.844 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 95.297 Personen mehr als gestern Früh. Davon 174.400 in Deutschland (Stand: 19.06.2020 19:57 Uhr, Quelle: Worldometers).

Tipp des Tages

Couch statt Crowdsurfing
Für die gestandenen Festivalbesucher*innen unter euch ist ganz klar, wo ihr dieses Wochenende eigentlich verbracht hättet: Auf dem Eichenring in Scheeßel inmitten einer Vielzahl an anderen musikbegeisterten Menschen auf dem „Hurricane“-Festival. 

Nun wollen wir an dieser Stelle nicht in eine Trauerstimmung verfallen und Trübsal blasen - denn die Veranstalter*innen haben sich einen ganz besonderen Ersatz einfallen lassen: Bereits seit gestern könnt ihr noch bis morgen Abend ausgewählte Auftritte von Künstler*innen der letzten Jahre online streamen. Das bedeutet für euch: heimeliges Festivalfeeling ohne Regen und Matsch, verstopfte Dixis und überfüllte Campingplätze. 

Sicher - für einige von euch macht vielleicht genau das ein „echtes“ Festival aus. Dann gilt: Freut euch umso mehr auf das kommende Jahr, in dem ihr bewaffnet mit Zelt und Gummistiefeln wieder voll loslegen dürft. Viele Festivalveranstalter*innen haben bereits angekündigt, dass die Line-Ups aus diesem Jahr größtenteils ins kommende Jahr übernommen werden konnten. Und bis dahin wünschen wir euch viel Spaß mit den bereit gestellten Online-Streams!
Übersicht zu den geplanten Streams (NDR) | zum Stream

360° - Von Mensch zu Mensch

Vom Zusammentreffen mit Murphy
von Annika

Kennt ihr „Murphys Gesetz“? „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen“. Ich weiß. Nicht sehr optimistisch. Aber nach den letzten Wochen, in denen ich zwischen den Vermutungen schwankte, irgendwie verflucht zu sein oder das Schicksal scheinbar ziemlich verärgert zu haben, war ich fest davon überzeugt, dass „Murphys Gesetz“ voll und ganz zutrifft. Zumindest auf mich.

Keine Sorge. Das hier wird keine Selbstmitleidsreise, auf die ich euch mitnehmen möchte. Vielmehr geht es mir um genau den Moment, in dem ich eigentlich dachte, es ginge langsam wieder bergauf. Denn so ähnlich, wie mir meine Oma schon eintrichterte, den Tag nicht vor dem Abend zu loben, kam für mich erst dann der richtige Hammer. 

Es war eine wahnsinnig arbeitsreiche Woche und eigentlich fieberte ich die ganze Zeit nur auf das Wochenende hin, an dem ich endlich mal wieder meine Familie besuchen wollte. Und als ich mich Freitagmittag auf den Heimweg begab, dachte ich tatsächlich, es könnte nun nichts mehr schief gehen. 

Tja. Zu früh gefreut - denn dann kam Murphy um die Ecke. 

Und er brachte eine Nachricht meines Freundes mit sich: Auf seiner Arbeitsstelle gäbe es einen Corona-Verdacht und er sei nun angehalten, soziale Kontakte, soweit wie möglich, zu unterbinden. Ein Besuch bei meiner Ü-70-Omi und Ü-90-Uromi war damit gestrichen. 

Statt einer festen Wochenendplanung war da auf einmal also ganz viel Unsicherheit. Mein Kopf schaltete sofort in den Organisationsmodus um. Darf ich nach dem Wochenende weiter ganz normal arbeiten und meinen Kolleg*innen begegnen? Dürfen wir überhaupt Einkäufe erledigen? Und wer um Himmels Willen beantwortet uns das nun an einem Freitag um 15 Uhr? Im örtlichen Gesundheitsamt konnte mir kaum weitergeholfen werden. Die wirklich sehr nette Dame am Telefon informierte mich über alle notwendigen Vorgehensweisen für Kontaktpersonen, nur um mir dann abschließend mitzuteilen, dass weder mein Freund, noch ich als direkte Kontaktperson gelten. Und nun? Das wisse sie auch nicht so genau. Ich wurde damit vertröstet, doch bitte am Montag nochmals anzurufen - dann hätte man sich in die Situation eingelesen. 

Drei Tage und zwei nicht unaufgeregte Telefonate mit meiner Vorgesetzten später war ich allerdings auch um keine Erkenntnis reicher. Denn auch nach der wohl stattgefundenen Einlesezeit konnte mir von einer weiteren sehr netten Dame vom Gesundheitsamt nichts weiter gesagt werden, als dass ich „unter Umständen“ wohl arbeiten gehen dürfe und „womöglich“ nichts passieren könne. „Genau" wisse sie das aber auch nicht. Das Restrisiko trage mein Arbeitgeber. Da sich schlussendlich weder dieser, noch der zuständige Betriebsarzt (nun wurden ganz hohe Geschütze aufgefahren) positionieren wollte, einigten meine Vorgesetzte und ich uns darauf, dass ich nun für zwei Wochen aus dem Home Office arbeite. „Zur Sicherheit“.

So weit, so gut. Mein Organisationsmodus war immer noch in Betrieb. Termine absagen und umlegen, die vertretende Kollegin vor Ort informieren, die nächsten Tage planen. Und je mehr sich alles fügte, bemerkte ich Stück für Stück, wie erleichtert ich davon war, endlich eine Entscheidung erhalten zu haben. 

Zumindest für einen Moment.

Schleichend und plötzlich war nämlich meine Angst wieder da. In den letzten Wochen, in denen ich privat und beruflich gefühlt unter dauerhaftem Strom stand und an den letzten Tagen, an denen ich nicht minder angespannt war, hat sie mich so lange in Ruhe gelassen, dass ich eine Weile tatsächlich nicht mehr an sie denken musste. Jetzt erschlug sie mich mal wieder mit einem Hammer. Die gesamte Unsicherheit, die ich in den letzten Tagen in mir getragen habe, brach nun über mich ein. Das Engegefühl in der Brust, die schweißnassen Hände, der viel zu schnell pumpende Herzschlag… all das war wieder da. Und bevor ich überhaupt verstehen konnte, was da gerade mit mir geschieht, saß ich wie ein Häufchen Elend mit meinem Laptop auf der Couch und wusste nicht, wohin mit mir. 

Es ist komisch mit der Angst und mir. Obwohl sie mich nun schon so viele Jahre begleitet - mal mehr, mal weniger intensiv - weiß ich im ersten Moment trotzdem manchmal nicht genau, was da mit mir passiert, wenn sie vorbeikommt. So auch dieses Mal. Erst, als mein Freund ins Zimmer kam, brach es aus mir heraus. Die Angst wurde plötzlich sehr konkret. Ich hatte Angst, dass er sich angesteckt haben könnte. Ich hatte Angst, ihn zu verlieren und nichts dagegen unternehmen zu können. Und als ich ihn da so stehen sah, hatte ich kurz das Gefühl, vor lauter Angst und Sorge keine Luft mehr zu bekommen. 

Verlustgedanken triggern mich immer wieder zuverlässig. Manchmal kann ich sie abfangen, bevor sie in einer ausgeprägten Angst münden. Dieses Mal konnte ich das nicht. Mein Kopf war zu sehr im Organisationsmodus gefangen, um die Warnzeichen rechtzeitig zu erkennen.

Ich habe mittlerweile wieder aus der akuten Angst herausgefunden, aber das mulmige Gefühl bleibt. Daran ändert auch ein mittlerweile negativer Corona-Test von meinem Freund nichts. Während ich das hier schreibe, steckt mir die Unsicherheit und die Sorge immer noch heftig in den Knochen. 

Trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) versuche ich, das Beste aus der momentanen Situation zu machen. Also setze ich mich zwischendurch auf den Balkon und arbeite von dort, freue mich morgens über die eine Stunde mehr Schlaf, die ich normalerweise auf der Landstraße verbringe, lasse neben der Arbeit Musik laufen, telefoniere abends mit Freundinnen, wenn ich normalerweise nach einem klassischen sozialarbeiterischen Büroalltag keine Energie für weitere Gespräche habe. Alles keine Garantie dafür, dass ich die nächsten Tage angstfrei verbringen kann. Wahrscheinlich werde ich das auch nicht. Aber ich will meinen Alltag davon nicht diktieren lassen. Mein Freund und ich sind momentan so gesund, wie wir es sein können. Das ist der Fokus, den ich für mich setzen möchte. Und zumindest jetzt - für den Moment, in dem ich das hier tippe - funktioniert das ganz gut.

daz - die angst zeitschrift

Dies und Das

Mit dem Rad gegen den Strom
Dass das Radfahren seit Beginn der Pandemie einen neuen Aufschwung erlebt, ist nicht neu. Umso schwieriger ist es nun, Strecken für eine entspannte Radtour zu finden, die noch nicht zu stark frequentiert werden. Der Spiegel hat eine Übersicht von Radwegen zusammengestellt, die (noch) als Geheimtipps gelten. Vielleicht ist dort die ein oder andere Idee für euch dabei.
Spiegel

Mit Seifenblasen zum Obstanbau
Das Aussterben von Bienenvölkern ist leider ein globales Problem. Spürbar ist das auch in der Nahrungsmittelproduktion und insbesondere dem Anbau von Obst, da Pflanzen nicht in ihrem gewohnten Maße von den Bienen bestäubt werden. Der japanische Forscher Eijiro Miyako hat daher eine Technik entwickelt, bei der die Pflanzen mittels Drohnen und Seifenblasen, die über Obst-Plantagen verteilt werden, bestäubt werden sollen. Da hohe Mengen an klassischer Seifenlauge jedoch Insekten und Pflanzen schädigen können, arbeite er momentan an der Entwicklung einer Bio-Seifenlauge, die keine schädlichen Folgen für die Natur mit sich bringen solle.
Deutschlandfunk Nova

Positive Denkmäler
Nachdem im Rahmen der Proteste gegen Rassismus mehrere Denkmäler von Personen, die an der Ausbeutung von Kolonien oder Ermordung von Menschen beteiligt waren, gestürzt wurden, ist in dem sozialen Netzwerk „Twitter“ eine Art Gegenbewegung entstanden. Dort posten Nutzer*innen Bilder von Denkmälern, die Personen oder Gegebenheiten gewidmet sind, die diese Form der Würdigung aus ihrer Sicht verdienen. Mit dabei ist unter anderem die Statue des britischen Sängers Freddie Mercury („Queen“) in Montreux (Schweiz). Außerdem erwähnt wird ein Denkmal mit dem Namen „Kindertransport - The Arrival“ (London, England), das denjenigen jüdischen Kindern gewidmet wurde, die an der Liverpool Station auf ihrer Flucht vor den Nazis zwischen 1938 und 1939 ankamen. 
Deutschlandfunk Nova

Mit diesen Denkanstößen entlassen wir euch nun in den heutigen Tag. Genießt den langen Tag, feiert die kurze Nacht, gebt Acht auf euch und habt euch lieb!

Eure Stephanie, Annika
und das ganze Team von angstfrei.news!

Gerne hören wir über das Feedbackformular von euch. Ihr wollt unsere Arbeit unterstützen: Spenden und Fördermitgliedschaft bei der Deutschen Angst-Hilfe e.V.

Quellen
Corona in Zahlen (RKI) | Gesundheitsticker | Über die Landesregierung NRW sind wir außerdem an den dpa-Nachrichten-Ticker angebunden, den wir immer als Quelle verwenden, wenn wir (dpa) schreiben.