Vetrauen | 26. März 2021
Liebe Leserinnen und Leser,
Liebe Leser:innen,
„Kann man denn überhaupt niemandem mehr vertrauen?“ Sicher ist jedem von uns schon einmal dieser Gedanke durch den Kopf gegangen, wenn er von einem Menschen enttäuscht wurde. Vertrauen können ist eine wichtige Basis für alle Beziehungen, ob im persönlichen/privaten oder beruflichen Bereich.
Es gibt zwei Arten von Vertrauen: Vertrauen in sich selbst und Vertrauen zu anderen Menschen. Wenn wir uns selbst vertrauen, dann vertrauen wir in unsere Fähigkeit, mit Problemen umgehen zu können. Wir haben das (Selbst-) Vertrauen, unser Leben zu meistern. Wiederum anderen Menschen zu vertrauen ist immer mit Risiko verbunden. Denn unser Vertrauen kann missbraucht werden.
Eine gute Vertrauensbasis ist jedoch wichtig für unser seelisches und körperliches Wohlbefinden. Denn ohne Vertrauen bereiten wir uns selbst seelischen Schmerz. Vertrauen verdrängt Angst und Unsicherheit. Wenn du vertrauen kannst, dann kannst du dein Herz öffnen und dich so zeigen wie du bist.
Ich persönlich habe mich entschieden, trotz mancher Enttäuschung, anderen Menschen immer wieder einen Vertrauensvorschuss zu geben. Ich finde, dass jeder diese Chance verdient hat.
Ernest Hemingway schrieb einst diese weisen Worte: “Der beste Weg herauszufinden, ob man jemandem vertrauen kann, ist ihm zu vertrauen.”
In unserer neuen Ausgabe haben wir wieder Interessantes und Wissenswertes für euch zusammengestellt. Tim bringt euch in unserem Nachrichtenportal auf den neuesten Stand der Medien und informiert euch über das neueste Weltgeschehen. Natürlich inklusive aktuellem Corona-Update.
Katharina befasst sich im Schwarzbrot, mit einem sehr aufschlussreichen Dreiteiler. Im ersten Teil dieser Woche, geht es um die interessante Frage, ob wir inzwischen Coronamüde geworden sind. Und welchen Einfluss die Pandemie auf unser seelisches Wohlbefinden hat.
Weiter geht es zu unseren „Mensch zu Mensch“ Autor:innen, die wieder offen und authentisch über das Thema „Vertrauen“ schreiben. Anne erzählt uns liebevoll, wie sie das Vertrauen ihrer Kinder genießt. Laura ist der Meinung, dass Kontrolle und Vertrauen zum Teil Hand in Hand gehen. Annika bedankt sich bei ihrer Freundin, die ihr in einer schwierigen Zeit vertrauensvoll zur Seite stand und Tina schildert uns in ihrer Geschichte einen großen Vertrauensbruch.
In unserem Tipp der Woche findet ihr zwei Büchervorschläge des dänischen Familientherapeuten Jesper Juul. Und im „Dies und Das“ haben wir euch wieder eine hörenswerte Playlist rund um das Thema Vertrauen zusammengestellt.
Lehnt euch entspannt zurück und habt ein sonniges Wochenende!
Tina und das Team von angstfrei.news
Ganz wichtig: Was meint ihr zum neuen Konzept und zu dieser Ausgabe? Bitte gebt uns ein kurzes Feedback - das wäre hilfreich und sehr nett.
Übrigens nehmen wir unser Motto ernst: Angst hat eine Stimme - Deine. Wir sind ein Team von Freiwilligen und schreiben über unsere Angst-, Lebens- und Alltagserfahrungen, ohne ein Richtig oder Falsch, oft mit Verstand und immer mit Herz. Wir freuen uns über dich in unserem Team. Trau dich einfach und schreib uns eine Mail an angstfrei.news@gmail.com.
Die guten Nachrichten der Woche
EMA: BioNTech-Impfstoff nun auch bei Kühlschranktemperatur lagerbar
Die europäische Arzneimittelagentur EMA erlaubt die kurzfristige Lagerung des BioNTech-Impfstoffs bei Kühlschranktemperatur. Bis zu fünf Tage dürfe der mRNA-Impfstoff bei 4°C gelagert werden, wenn er danach sofort verbraucht werde. Auch für den Transport lockerte die EMA nach Vorlage neuer Daten durch den Hersteller ihre Bedingungen: Künftig darf der Impfstoff auch bei -25 °C bis -15 °C transportiert und für zwei Wochen gelagert werden. Dafür reichen Standardkühlungen für Arzneimittel aus, sodass sich die Logistik zukünftig deutlich erleichtert.
Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte diese Lockerung bereits im Februar beschlossen. Bisher sahen die Vorgaben der EMA eine Kühlung zwischen -90 °C bis -60 °C vor.
→ spiegel.de
Schwarzbrot – Coronamüde: Blick in die Seele (I)
In dieser Rubrik möchten wir etwas tiefer in die Nachrichtenlage der Woche einsteigen. Mal eher hintergründig, mal eher serviceorientiert recherchieren wir für euch selbst, statt wie im darunter folgenden Nachrichtenblock Nachrichten auszuwählen und in eine angstfreie Sprache zu übersetzen. Wir hoffen, es mundet euch.
Kaum ein Gespräch kommt in den letzten Wochen aus, ohne dass ein:e Gesprächspartner:in seufzend von “Coronamüdigkeit” spricht. Über ein Jahr Pandemie zehren an der Energie, den Ressourcen und an der seelischen Gesundheit der Nation. Insbesondere mit ansteigender dritten Welle, sich ständig ändernden Rahmenbedingungen und einer langen Zeit der Einschränkungen wird das zunehmend zur Belastung – nicht nur (aber insbesondere) für Menschen mit Vorerkrankungen. In diesem Schwarzbrot möchten wir uns diesem wichtigen Thema in Bezug auf Erwachsene widmen. In der kommenden Woche betrachten wir dann die Perspektive auf seelisch erkrankte Menschen und in der Folgewoche die seelische Gesundheit von Kindern.
Ein multidimensionaler Stressfaktor
Die COVID-19-Pandemie ist mehr als nur eine körperliche Erschütterung für die globale Gesundheit. Psycholog:innen und Psychiater:innen (Gruber et. al, 2020) führen das vor allem auf fünf multidimensionale Stressfaktoren zurück:
- Ängste und Unsicherheiten auf Grund einer globalen Verbreitung von nicht vorhersehbarem zeitlichen Ausmaß
- Mitunter psychische Auswirkungen auf individuell unterschiedliche Lebensbereiche (Berufliches, Beziehungen, etc.)
- (subjektiv unterschiedlicher) Kontrollverlust und Hilflosigkeitsgefühle
- systemische Auswirkungen auf verschiedene Gruppen innerhalb der Gesellschaft (Wirtschaft, Warenverkehr etc.)
- Einschränkungen von Hilfesystemen (ambulante Versorgung, eingeschränkte Aufnahme in [psychiatrischen] Kliniken, etc.)
Nur drei bis fünf Prozent unbelastet
Diese Gemengelage führt zu einer Belastungssituation, die mittlerweile über ein Jahr andauert. Im gesamten Zeitraum sahen sich nur drei bis fünf Prozent der Menschen nicht durch die Maßnahmen beeinflusst (Politikpanel, Deutschland, PPD4). Knapp jeder dritte Mann und nahezu jede Frau empfanden eine starke oder sogar sehr starke Belastung durch die Einschränkungen. Der COSMO-Studie der Universität Erfurt und ihrer Partner:innen zur Folge nahmen die empfundene "Dominanz des Themas Corona" sowie Angst und Besorgnis im März 2020 stetig zu, blieben über die Sommer konstant und verstärkten sich im Oktober und November 2020 nochmals mit Beginn der zweiten Welle und dem damit verbundenen Teil-Lockdown.
Einsamkeit
Menschen, die alleine leben, erleben die Situation als belastender. Dies zeigt insbesondere der Vergleich zwischen 2-er Haushalten mit Haushalten mit bis zu 4 Personen. Einher mit der Lebenssituation gehen Gefühle von Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit.
Dies ist wichtig, da Einsamkeit ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellt. Im Vergleich zwischen Mai 2020 und Oktober 2020 hat die Einsamkeit jedoch signifikant abgenommen. Während im Mai noch 22.6% von Einsamkeit berichteten, gaben im Oktober lediglich 19.3% an, sich besonders einsam zu fühlen (COSMO). Interessanterweise ist Einsamkeit hierbei mit dem Alter verknüpft: Je älter die Menschen sind, desto weniger einsam fühlen sie sich. Im Oktober 2020 gaben bspw. 19.5% der 18- bis 29-Jährigen an, sich einsam zu fühlen. Bei den 65- bis 74-Jährigen waren es lediglich 12 %.
Unterschiedliches Alter - unterschiedliche Belastungen
Nicht nur Einsamkeit, auch Gefühle von Belastung, Anspannung, Nervosität oder Ängstlichkeit treten in der jüngeren Altersgruppe häufiger auf, als bei älteren Menschen. Im Oktober 2020 fühlten sich über 50% in den Altersgruppen unter 65 Jahren belastest, während sich nur 38% der über-65-Jährigen belastet fühlten [aktuell (9.3.21) liegt diese Zahl bei 45%]. Besonders stark ausgeprägt sind Gefühle von Belastung in Familien mit Kindern unter 14 Jahren. Im Zuge von Gefühlen der Niedergeschlagenheit sind Jüngere stärker betroffen, als Ältere. Diese jedoch denken weniger hoffnungsvoll an die Zukunft als Menschen jüngeren Alters. Bei körperlichen Reaktionen auf seelische Anspannung (z.B. Schwitzen, Atemnot, etc.) unterscheiden sich die Generationen nicht.
Zweiter Lockdown - weniger Kraft?
Bei vielen Menschen sind die Kraftreserven ausgeschöpft. Das zeigt sich auch im Vergleich der Belastungen zwischen dem ersten und zweiten Lockdown. Wie sich der zweite Lockdown im Vvergleich zum ersten aAnfühlt, das ist individuell unterschiedlich, so aktuelle Studien. Mehr als 40% der bBefragten Menschen der COSMO-Studie verspüren keinen Unterschied zum Lockdown im letzten Jahr. Mehr als ein Drittel (also über 30% Prozent) sagen hingeghen, dass es ihnen im zweiten Lockdown schlechter ging, als im ersten im März 2020. Auch hier geben eher jüngere Befragte an, dass es ihnen schlechter geht als im Lockdown im Frühjahr 2020.
Das Positiv-Paradox
Sowohl die COSMO-Studie, als auch weitere Studien (z.B. die Ciney Umfrage) zeigen, dass es nicht nur zu seelischen Problemen während der Pandemie kommt. Ein sehr beträchtlicher Anteil der Bevölkerung erlebt nur sehr wenige oder keine negativen psychischen Auswirkungen auf Grund der Pandemie (COSMO: 20-30%). Im Sommer gaben im Rahmen der Civey Umfrage nur 27% der Befragten an, rein gar keine positiven Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie mitzunehmen. Alle anderen Befragten berichteten (auch) über positive Erfahrungen. Dazu gehörten Entschleunigung des Alltags (47%) oder auch die Konzentration auf das Wichtige im Leben (31%), das ja für jede:n durchaus unterschiedlich sein kann. Forscher:innen vermuten auch, dass es lang- oder längerfristig positive Nebenwirkungen der Pandemie geben wird. Insbesondere das Arbeiten im Homeoffice scheint hier eine hilfreiche Perspektive darzustellen. Dies benötige aber eine tiefergehende Studienlage, so die Forscher:innen (Brakemeier et. al, 2020)
Zauberkraft Resilienz
Forschende sind sich einig, dass den Risikofaktoren schützendes Verhalten entgegengesetzt werden kann. Untersucht wurde hier vor allem der Effekt von Resilienz* auf die Ver- und Bearbeitung dieser seelisch grenzwertigen Situation. Im Wesentlichen entspringt daraus der Ratschlag, eigene Ressourcen im Umgang mit der Grenzsituation Pandemie einzusetzen. Konkrete Tipps nennen die Forscher:innen auch:
Ansonsten gilt es, Unsicherheit auszuhalten. Dies sei die größte Herausforderung, so Psychologin Dr. Carina Remmers gegenüber der TK. Es gelte, unsere "innen Architektur" zu stärken. Diese sei dafür verantwortlich, wie wir auf die Pandemie reagieren. Achtsamkeit helfe ebenfalls dabei - diese helfe, negative Gedanken und Gefühle zu erkennen und ihnen im Stress des (Corona)Alltags stärker und gesünder begegnen zu können. Außerdem rät sie zu einem achtsamen Nachrichtenkonsum (wie z.B. hier auf angstfrei.news). "Es ist schon wichtig, dass wir gut informiert sind. Aber der ständige Blick auf Corona-News kann einen regelrecht panisch machen. Ein achtsamer Medienkonsum ist jetzt hilfreich. Vielleicht nur ein- oder zweimal pro Tag die Nachrichten checken und ruhig mal eine Corona-Pause einlegen."
*Resilienz = Fähigkeit, herausfordernde Lebenssituationen ohne längerfristige psychische Beeinträchtigungen überstehen zu können, z.B. durch den gezielten Einsatz von Ressourcen oder eine Flexibilität für nötige Anpassungsprozesse.
Quellen
→ COSMO Studie
→ Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege
→ Infektionsschutz.de
→ Neurologen und Psychiater im Netz
→ Aktionsbündnis seelische Gesundheit
→ Zeit Online
→ TK (“Ich mag nicht mehr”)
→ Positionspapier (Zeitschrift für klinische Psychologie)
→ DGPPN (Übersicht für Hilfsangebote)
Hilfsangebote:
- Telefonberatung der BZgA (kostenlos) → 08002322783
- Telefonseelsorge (anonym, kostenlos) → 08001110111 oder 08001110222.
- Nummer gegen Kummer
- für Kinder und Jugendliche: 116111 (Montag-Samstag von 14-20 Uhr)
- für Eltern: 08001110550 (Montag-Freitag von 9-11 Uhr, Dienstag + Donnerstag von 17-19 Uhr)
- Bei einer ernsthaften/akuten Krise → Hausärzte/Hausärztinnen, Fachärztinnen/Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten. → Die Arztsuche der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bietet die Möglichkeit, entsprechende Ärzte und Psychotherapeuten auch gezielt nach deren Fremdsprachkenntnissen zu suchen: https://www.kbv.de/html/arztsuche.php.
Nachrichten
angstfrei.news ist gestartet als ein Projekt, das unaufgeregt die Neuigkeiten des Tages - jetzt der Woche - zusammenfasst. Ihr habt uns bestärkt, dass dieser Service wichtig ist, daher bleiben wir ihm treu für all jene, denen die Flut an Nachrichten zu viel wird. Deswegen fassen wir hier für euch die wichtigsten Entwicklungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie in der vergangenen Woche zusammen.
Inland
Merkel rudert zurück: Doch keine Osterruhe
Angela Merkel hat den Beschluss zur Osterruhe zurückgenommen. Die Kanzlerin hatte sich am Montag (22.03.) gemeinsam mit den Regierungschef:innen der Länder darauf geeinigt, das wirtschaftliche Leben an Gründonnerstag und Ostersamstag ruhen zu lassen. Nach starker Kritik revidierte Merkel den Beschluss am Mittwoch (24.03.), übernahm die alleinige Verantwortung und bat um Verzeihung. Somit bleiben die Geschäfte vor beziehungsweise zwischen den Feiertagen nun doch geöffnet.
Sowohl FDP, als auch Linke forderten die Kanzlerin dazu auf, die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. Rückendeckung erhielt Merkel von mehreren Ministerpräsident:innen. So bekannte beispielsweise der sächsische Regierungschef Kretschmer (CDU) und CDU-Chef Armin Laschet, Merkel müsse nicht die alleinige Verantwortung übernehmen.
Die weiteren Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz sollen jedoch von der Rücknahme der Osterruhe unberührt bleiben. Demnach sollen bei mehr als 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner:innen Öffnungsschritte zurückgenommen werden. Weitere mögliche Maßnahmen sind Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen. Zusätzlich soll es eine generelle Testpflicht vor Flügen nach Deutschland geben. Hotels im Inland bleiben geschlossen. Am 12. April wird in der nächsten Bund-Länder-Konferenz darüber beraten, wie es weitergeht.
→ Tagesschau
→ Deutschlandfunk
→ Deutschlandfunk
Bundestag für Corona-Aufbaufonds der EU
Das Bundesverfassungsgericht hat die Gesetzgebung im Bundestag zum Corona-Aufbaufonds der EU gestoppt. So sollen bis zu einem Entscheid über einen Eilantrag von Wirtschaftsprofessoren (sic!), unter anderem AfD-Gründer Bernd Lucke, gegen den EU-Fonds keine Tatsachen geschaffen werden. Die Kläger kritisieren eine nicht verfassungsgemäße Vergemeinschaftung von Schulden. Kurz zuvor hatte der Bundestag das Gesetz beschlossen. Bundespräsident Steinmeier (SPD) darf das Gesetz nun nicht ausfertigen.
Die EU hatte sich zuvor auf ein 750 Milliarden Euro schweres Paket für den wirtschaftlichen Wiederaufbau geeinigt. Bevor Kredite und Zuschüsse ausgegeben werden können, müssen jedoch alle 27 EU-Staaten den Beschluss ratifiziert haben. Länder wie Italien und Spanien, deren Wirtschaftskraft besonders stark unter der Pandemie leidet, sollen entsprechend höhere Beträge aus dem Fonds erhalten.
Die beiden Regierungsparteien bewerten die gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU unterschiedlich. Für CDU und CSU stellt das Finanzierungssystem eine Ausnahmeregelung dar. Die SPD sieht den Corona-Aufbaufonds als einen möglichen Weg für eine gemeinsame Finanzpolitik aller EU-Länder.
→ Tagesschau
→ tagesschau.de (Entscheidung Karlsruhe)
Saarland plant Shutdown-Ende als Modellversuch
Die saarländische Regierung plant vorsichtige Öffnungen nach Ostern. Grund dafür sind die vergleichsweise niedrigen Sieben-Tage-Inzidenzen im Saarland. Ministerpräsident Hans (CDU) kündigte als Modellversuch Lockerungen in Gastronomie, Kultur und Sport sowie bei privaten Treffen an. Bewohner:innen des Saarlands dürften dann auch mit tagesaktuellem negativem Corona-Test wieder kulturelle Veranstaltungen und Fitnessstudios besuchen. Bei positivem Ausgang des Modellversuchs sind weitere Lockerungen geplant.
Die Vorsitzende der ärztlichen Gewerkschaft, Susanne Johna, kritisierte den landesweiten Modellversuch, da möglicherweise Menschen aus anderen Bundesländern wegen der Öffnungen anreisen könnten. Außerdem müsse „vorher eindeutig geklärt sein, was positiv getestete Menschen tun müssen.“ Die Einhaltung der Quarantäne müsse in Modellregionen überprüft werden.
SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach merkte an, dass es nicht funktioniere, mit Tests die dritte Welle zu beherrschen. Hans verteidigte die Öffnungspläne als Anreiz, damit die Menschen sich testen lassen und infizierte Personen so schneller identifiziert würden. Bislang gab es nur Modellprojekte für einzelne Städte wie z.B. Tübingen oder Rostock.
→ Tagesschau (Kritik an Saarlands Öffnungsplan)
→ Saarländischer Rundfunk (Lockerungen nach Ostern)
Ausland
Deutschland stuft Frankreich als Hochrisikogebiet ein
Frankreich gilt wegen der steigenden COVID-19-Inzidenz wieder als Hochrisikogebiet. Die Grenze darf nur mit einem negativen Corona-Tests überquert werden, der nicht älter als 48 Stunden ist. Heute (26. März) wurden 45.000 Neuinfektionen gemeldet und die Sieben-Tage-Inzidenz liegt landesweit bei über 300. Auch die Intensivstationen sind sehr stark ausgelastet. Verschiedene Landesregionen sind unterschiedlich stark betroffen: Während Paris einen Inzidenzwert von 600 meldet, sind im bretonischen Département Finistère nur ein Zehntel davon an COVID-19 erkrankt.
Im Großraum Paris und in insgesamt 16 Départements gelten seit dem 20. März wieder strengere Ausgangsbeschränkungen. Tagsüber dürfen sich Bewohner:innen Frankreichs nur höchstens 10 Kilometer vom Wohnort entfernen. Die nächtliche Ausgangssperre gilt weiterhin im ganzen Land.
Die französische Regierung möchte trotzdem die Schulen geöffnet lassen. Nur in den Abiturklassen wird im Wechselmodell unterrichtet. Impfungen finden in Hausarztpraxen, Impfzentren und Apotheken statt. Ab April soll außerdem in Fußballstadien, so genannten Vaccinodroms, geimpft werden.
→ Tagesschau (Neuinfektionen)
→ Tagesschau (erneuter Shutdown)
→ Tagesschau (Hochrisikogebiet)
EMA genehmigt zwei neue Impfstoffe-Werke in der EU
Die europäische Arzneimittelagentur EMA hat zwei Impfstoffproduktionsstätten die Zulassung erteilt: Im deutschen Marburg entsteht der BioNTech-Impfstoff, im niederländischen Leiden der Impfstoff von AstraZeneca. Beide Werke hatten bereits die Produktion begonnen - nun darf auch ausgeliefert werden. Gleichzeitig spitzt sich der Streit um die Impfstoffverteilung innerhalb Europas zu:
Zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich könnte es demnächst Exportbeschränkungen geben. Brüssel bemängelt, dass die EU, anders als UK oder die USA, aktuell Impfstoffe auch exportiert, jedoch die Lieferzusagen von AstraZeneca nicht eingehalten werden. UK-Gesundheitsminister Hancock behauptete, dass sein Land sich exklusiven Zugang gesichert habe und deshalb bevorzugt werde. Die veröffentlichten Verträge von EU und UK zeigen in den Formulierungen aber große Übereinstimmungen. Zudem wurde der konkrete Lieferauftrag der EU einen Tag früher unterzeichnet. Allerdings könnten EU-Exportbeschränkungen die Impfstoffproduktion insgesamt beeinträchtigen, da einige notwendige Vorprodukte auch aus dem Vereinigten Königreich kommen.
Innerhalb der EU gibt es ebenfalls Streit um die Verteilung von Impfstoffen: Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz und fünf weitere Länder sehen sich benachteiligt, weil sie bevölkerungsbezogen weniger Impfstoff als andere EU-Länder bekommen haben. Hintergrund: Die EU hatte jedem Land die gleiche Menge pro Einwohner:in zum Kauf angeboten. Nicht alle Länder hatten ihr Kontingent ausgeschöpft, die übrigen Dosen konnten andere Länder erwerben. So entstand das Ungleichgewicht. Entspannung könnte nun eine vorgezogene Lieferung von BioNTech bringen.
→ tagesschau.de (neue Impfproduktion)
→ tagesschau.de (UK-Konflikt)
→ tagesschau.de (Verteilung innerhalb EU)
→ tagesschau.de (EU-Imfpgipfel)
Mallorca: neue Vorgaben für Urlauber:innen
Mallorcaurlauber:innen müssen mehrfach negativ auf Corona getestet werden: Bei der Einreise auf die Urlaubsinsel muss ein negativer PCR-Test vorliegen. Dieser kann auch im Testzentrum am Flughafen nachgeholt werden. Bei der Rückreise muss ab Dienstag (30.3) auf Beschluss der Bundesregierung ebenfalls ein negativer PCR-Test vorgelegt werden. Die Kosten dafür müssen die Urlauber:innen selbst tragen. Bei positivem Schnelltest müssen sich die Betroffenen auf der Insel in Quarantäne begeben. Die Kosten hierfür tragen sie ebenfalls selbst.
Laut Robert-Koch-Institut ist Mallorca mit einer 7-Tages-Inzidenz von 30 kein Risikogebiet mehr. Das Auswärtige Amt hat die Reisewarnung für die Insel daraufhin aufgehoben. Es wird mit bis zu 40.000 deutschen Mallorcaurlauber:innen über die Ostertage gerechnet.
→ Tagesschau
Sport
Positiver Corona-Fall im DFB-Team
Ein Fußballer der deutschen Nationalmannschaft wurde positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Im Vorfeld des WM-Qualifikationsspiels gegen Island war bei Jonas Hofmann eine Corona-Infektion nachgewiesen worden. Hofmann und Kontaktperson Marcel Halstenberg wurden isoliert und befinden sich in Quarantäne. Das Spiel fand, wie geplant, am Donnerstagabend (25.03.) statt. Deutschland gewann 3:0 gegen die Isländer.
→ Tagesschau
→ Sportschau
Corona in Zahlen
In Deutschland sind 3.773.875 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 03.08.2021 00:00 Uhr, Quelle: RKI), das sind 1.766 Personen mehr als am Tag zuvor.
Warum diese Zahlen? Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – vom RKI aktualisiert und um 10 Uhr morgens online veröffentlicht. Und warum gibt es hier nicht mehr davon? Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.
Gesundheitsticker: 180.561.655 Menschen sind weltweit wieder genesen, das sind 456.134 Personen mehr als gestern Früh. Davon 3.659.900 in Deutschland (Stand: 04.08.2021 05:27 Uhr, Quelle: Worldometers).
Von Mensch zu Mensch
Vertrauen ist ein Urinstinkt, uns in die Wiege gelegt. Und von Zeit zu Zeit wird es auch mal erschüttert. Die kleinen Risse, die kleinere Erschütterungen mit sich bringen, lassen sich schnell wieder kitten, mit große Erschütterungen sieht es anders aus. Das alles spiegelt sich in unseren Gedanken zum Thema wieder. Wie immer auf unterschiedliche, aber sehr persönliche Art. Zum Einstieg erfahren wir, wie es ist, wenn man das Vertrauen eines Menschenkindes hat und dafür Verantwortung übernehmen muss und wie sich der Umgang mit Vertrauen mit dem Älterwerden der Kinder verändert.
Das Wagnis der Rutsche
Mein persönliches Symbolbild für Vertrauen lässt jedes mal mein Herz höher schlagen. Dies aber nicht, weil ich so ergriffen bin (das folgt wenig später), sondern weil es mir jedes Mal Sorge bereitet.
Mein Sohn klettert in einem mutigen Moment das Klettergerüst auf einem Spielplatz empor. Er will rutschen. So zumindest seine Aussage, bevor er sich auf den Weg nach oben macht. Dort angekommen ist er sich seiner Sache nicht mehr so sicher, ist ja doch ganz schön hoch. Und sich auf diesem Stück Blech in die Tiefe zu stürzen, kommt ihm beim Anblick von nun oben herab, doch einigermaßen waghalsig vor. Was nun? Er wägt ab, zwischen Vertrauen in ein Stück Blech und Vertrauen in mich. Nun bin ich allerdings nicht besonders groß gewachsen und meine Arme reichen ausgestreckt und auf Zehenspitzen stehend, so gerade bis an den Rand des Gerüstes.
Das spielt für meinen Sohn jedoch keine Rolle, er vertraut mir und springt herunter in meine Arme. Mir bleibt kurz das zuvor schneller schlagendes Herz stehen, in dem Moment, in dem ich ihn glücklicherweise auffange. Und jedes Mal überkommt mich die Sorge, was, wenn ich ihn mal nicht auffange und leichter wird er ja nun auch nicht. Tatsächlich male ich mir in dem Moment nicht aus, was er sich alles tun könnte, wenn ich ihn nicht auffange.
Ich habe viel größere Sorge, dass sein so unbändig großes Vertrauen in mich dadurch erschüttert wird und was es für eine Anstrengung braucht, um dieses wieder herzustellen. Jegliche Versuche ihm zu erklären, dass seine gewählte Option die waghalsigste und schlechteste ist, stoßen auf taube Ohren. Mama ist die Beste, die Größte, die Stärkste, klar fange ich ihn auf. Das erfüllt mich ein wenig mit Stolz. Bisher ist auch immer alles gut gegangen und ich hoffe, dass er irgendwann auch meinen Worten vertraut, wenn ich ihm zusichere, dass die Rutsche weniger gefährlich ist, als diese Stunts.
Bevor ich Mutter wurde, habe ich mir über das Thema Vertrauen wenig Gedanken gemacht, obwohl es mir alltäglich begegnet. Es war selbstverständlich. Auch wenn es mal enttäuscht wurde.
Das alles änderte sich jedoch mit der Geburt meiner Kinder. Die Verantwortung für diese kleinen hilflosen und schutzbedürftigen Menschen und das übergroße und schier unbändige, kaum zu erschütternde Vertrauen in mich, schaffte auch ein größeres Selbstvertrauen in mir. Schaffte Vertrauen, dass ich diese Aufgabe, die die Geburt mit sich bringt, bewältigen kann. Schaffte das Vertrauen, dass ich fähig bin meinen Weg zu gehen, auch wenn er mal abseits vorgegebener, schon ausgetretener Pfade führt.
Nun nehme ich Vertrauen auch aus einer anderen Perspektive war. Vertrauen meinen Kindern gegenüber. Das Vertrauen, was sie mir so bedingungslos entgegenbrachten, in den ersten Lebensjahren, gebe ich ihnen Schritt für Schritt zurück, mit jedem Entwicklungsschritt, den sie gehen und den ich zulasse. Vertrauen in ihre Selbstständigkeit. Ja und dieses Vertrauen wird auch mal enttäuscht. Gerade die ersten Schritte in der Pubertät sind ruppig und Grenzen, wie weit das Vertrauen von meiner Seite geht, werden ausgetestet. Auch wie weit man das Vertrauen enttäuschen darf und es einem dennoch zuteil wird. Und das halte ich für ungemein wichtig.
Ich glaube, das muss so sein. Dass Grenzen überschritten werden, dass Freiheiten ausgereizt werden, um das Gefühl von Freiheit erleben zu können. Als Mutter ist es nicht immer leicht. Wenn Vertrauen enttäuscht wird, indem sich nicht an Absprachen gehalten wird, dann benennen ich dies und die Antwort ist kurze Wut, gefolgt von reumütiger Entschuldigung und Versprechen, dies nicht mehr zu machen. Doch wir beide, meine Tochter und ich, wissen, dass es anders kommen wird. Und auch das gehört nunmal dazu.
Auch wenn Kontrolle verlockend erscheint, um sicher zu gehen, dass Vertrauen eingehalten wird, versuche ich dieses Instrument zu vermeiden. Resultat sind Komplimente, die lauten „Du bist wirklich einen schräge Mutter. Ich kenne keine anderen Eltern die so streng sind und ihre Kinder trotzdem so viel machen lassen. Und das, obwohl ich doch ständig irgendeinen Mist baue.“ Und wieder bin ich ein wenig stolz, den schwierigen Grat zwischen schimpfen, mahnen und Vertrauen anscheinend ganz gut hinzubekommen, gemessen an meinen eigenen Ansprüchen. Bleibt zu hoffen, dass auch meine Kinder mir weiterhin vertrauen, auf dem steinigen Weg des Wachsens und Erwachsenwerdens.
Von diesem sehr persönlichen Einblick in das Wechselspiel des Vertrauens zwischen Eltern oder Bezugspersonen und Kindern, nähert sich Laura in ihrem Essay dem selben Schwerpunkt. Ihr Gedankenfluss ist jedoch ein wenig wissenschaftlicher geprägt.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist ... ?
Wer kennt das Sprichwort nicht: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser !“? Doch ist sie das wirklich? Für mich hängen Kontrolle und Vertrauen in einigen Punkten zusammen.
Vielleicht assoziieren einige dieses Sprichwort mit romantischen Beziehungen, in denen es mutmaßlich besser ist zu kontrollieren, als zu vertrauen.
Das entspricht absolut und gar nicht meiner persönlichen Empfindung, in diesem Aspekt halte ich das Sprichwort für absolut überflüssig, denn hier gilt für mich Vertrauen als Basis der Beziehung und nicht Kontrolle. Mit Kontrolle kann ich nicht verhindern, was nicht sowie passieren würde, soll es passieren. Meiner Meinung und Erfahrung nach führt genau diese Kontrolle anstatt des Vertrauens dazu, dass der bzw. die Partner:in das Vertrauen in die Beziehung verliert.
Doch woher kommt das eigentlich? Dieses Sprichwort, welches so weit verbreitet und beinahe im täglichen Wortgebrauch zu finden ist?
Wie kommt es zu der Annahme, dass Kontrolle angeblich besser als Vertrauen ist?
Vertritt ein Mensch diese Ansicht, muss doch etwas geschehen sein, was ihn so denken lässt.
Mir kommt der Begriff „Urvertrauen“ in den Sinn. In der Entwicklungspsychologie spielt dieser Begriff zu Lebensbeginn bereits eine wichtige Rolle.
Als Neugeborene sind wir auf Vertrauen angewiesen, wir sind darauf angewiesen darin zu vertrauen, dass unsere Bedürfnisse in dem Ausmaß, in dem wir es benötigen, befriedigt werden. Wir sind auf Nähe, Zuwendung, Nahrung etc. durch unser Umfeld angewiesen und sollten die Erfahrung machen, dass wir in dieses Umfeld vertrauen können. Wird dieses Vertrauen jedoch gestört, bekommt ein Säugling beispielsweise keine Nahrung, keine Nähe und Wärme dann kann dies sogar lebensbedrohlich sein und wirkt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Vertrauen aus.
So zieht sich das Vertrauen bzw. Misstrauen als Grundlage für Beziehungen wie ein roter Faden durch unser Leben.
Doch nicht nur als Säugling benötigen wir das Vertrauen, dass für uns gesorgt wird, damit wir überleben. Auch in den weiteren jungen Lebensjahren benötigen wir beispielsweise Schutz, denn wir sind sehr verletzliche junge Wesen. Erhalten wir diesen nicht durch das nähere Umfeld, lernen wir vermutlich, dass wir anderen nicht vertrauen können.
Dann müssen wir uns selbst umsorgen, uns selbst Schutz gewähren, uns selbst vertrauen, die Kontrolle übernehmen, damit wir überleben. Als Kind diese Aufgabe bereits zu übernehmen, kann uns die Leichtigkeit der Kindheit kosten.
Dieser Grundsatz, anderen nicht vertrauen zu können, prägt sich ein und verfestigt sich über die Zeit und spiegelt sich in sämtlichen sozialen Beziehungen unseres Lebens immer wieder. Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass dieser Beitrag freie Repräsentation meiner Erinnerungen und Gedanken ist und keine wissenschaftlichen Quellen enthält. Wer an dem Thema Urvertrauen nach Erikson o.ä. Interesse hat, kann sich hierzu gerne näher informieren.
Eingangs hatte ich erwähnt, dass für mich persönlich Kontrolle und Vertrauen oftmals zusammenhängen.
In meinem Beitrag zum Thema „Kontrolle“ habe ich unter anderem geschrieben, dass es für mich mit das Angsteinflößendste ist, die Kontrolle zu verlieren. Wie hängen diese beiden Komponenten jetzt also zusammen?
Für Menschen mit verschieden stark ausgeprägten Ängsten ist es oftmals nicht so einfach, sich selbst oder auch anderen zu vertrauen, oder die Kontrolle abzugeben.
Ich kann weitestgehend vertrauen, wenn ich selbst die Kontrolle habe oder wenigstens die Illusion, diese zu haben, ich kann darin vertrauen, dass ich es schon irgendwie hinbekomme, solange ich eben die Kontrolle darüber habe.
Ich habe gelernt, dass ich nicht immer in mein Umfeld vertrauen kann, dass ich selbst dafür Sorge zu tragen habe, dass ich Schutz erhalte, dass ich für mich und andere sorgen muss, damit alles okay ist.
Ich habe dieses Urvertrauen in mir, habe ich die Kontrolle, habe ich Vertrauen in mich, denn so habe ich es bis hierher geschafft. Oftmals ist es mir nicht bewusst, durch negative Gedanken überlagert, durch Glaubenssätze überschrieben, die von außen auferlegt und eingeprägt wurden, doch tief in mir drin, da ist es vorhanden. Für mich bedeutet dieses Vertrauen in mich selbst, Selbstvertrauen; wie das Wort, nimmt man es auseinander, bereits sagt. Das heißt nicht automatisch, dass ich dieses Vertrauen immer und in jeder Situation habe. Doch, verschüttet unter einigen bitteren Erfahrungen, ist es da, dieses Vertrauen.
Das Gute an uns Menschen ist, dass sich zwar frühe Ereignisse einprägen, diese sich jedoch mit neuen guten Erfahrungen, neuen positiven Glaubenssätzen und Gedanken überschreiben lassen, dass wir so lernen können, uns und auch anderen zu vertrauen, wenn wir die Erkenntnis gewinnen, dass das, was vergangen ist, zwar da ist, uns jedoch in der Zukunft nicht bestimmen muss.
Die Grundsätze des Vertrauens, des Urvertrauens und wie sie uns prägen. Auch Annika führt uns über diese Gedankenschleife hin zu einer sehr persönlichen Geschichte, in der sie uns erzählt, wie ihr Vertrauen genommen wurde und wie sie es wieder erlernt hat.
Von der Suche nach Lichtblicken
Wenn ein Mensch neu in diese Welt geboren wird, ist er oder sie vollkommen abhängig von seinen:ihren Bezugspersonen. Sie allein sind dafür verantwortlich, die grundlegenden Bedürfnisse des Neugeborenen zu erkennen, richtig zu deuten und zu stillen. Sofern dabei alles glatt läuft und das Baby in seinen Grundbedürfnissen (Nahrung, Wärme und Hautkontakt) wahrgenommen wird, stehen die Chancen gut, dass es eine Art grundlegendes Vertrauen (in der Psychologie auch als Urvertrauen bezeichnet) entwickelt. Daraus werden dann die Weichen für das Vertrauen im weiteren Verlauf des Lebens gestellt: wird es später Vertrauen in sich selbst haben? In seine:ihre Mitmenschen? Darin, dass die Welt es gut mit ihm oder ihr meint?
Soweit ich mich erinnern kann, lief bis dato in meinem Leben alles in geregelten Bahnen. Zugegeben, ich kann mich nicht mehr darin erinnern, wie schnell meine Bezugsmenschen auf mein Schreien reagiert und mich gefüttert oder mit mir gekuschelt haben. Aber wenn ich an meine Kindheit - und besonders an meine Mutter - denke, fühle ich mich auch heute noch geborgen. Sie ist immer noch mein sicherer Hafen, der mich bestärkt, Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten zu haben. Bei ihr kann ich durchatmen. Ihr vertraue ich bedingungslos.
Und so hätte es weiterlaufen können. Hätte.
Vor einigen Jahren habe ich einen Übergriff erlebt - und überlebt -, der mir so ziemlich jegliches Vertrauen genommen hat. Das Vertrauen in mich selbst und darin, dass ich mich selbst zur Wehr setzen kann. Das Vertrauen in andere Menschen und darin, dass ich mich bei anderen Personen fallen lassen kann. Und das Vertrauen in die Welt? Das war sowieso nicht mehr vorhanden. Die Welt war für mich von diesem Moment an nur noch schlecht, dunkel und gefährlich.
Ich wollte mich auf niemanden mehr verlassen, niemandem mehr vertrauen müssen. Die einzige Person, die ich an mich heran ließ, war ich selbst. Jeder andere Mensch stellte für mich eine potenzielle Gefahr dar, der ich dringend aus dem Weg gehen musste. Die Krux an dem Ganzen lag allerdings darin, dass ich in dieser Zeit auch ziemlich einsam war - und das machte mir Angst. So sehr ich mich auch vor anderen Personen schützen und daher niemanden an mich heranlassen wollte, so gruselig war für mich die Vorstellung davon, allein durch diese - für mich als gefährlich wahrgenommene - Welt zu gehen. Ich hatte also Angst davor, Nähe zu anderen Menschen aufzubauen und gleichzeitig davor, es nicht zu tun.
Wer mich in dieser Zeit erlebt hat, hätte wahrscheinlich noch nicht einmal ahnen können, was genau in mir vorgeht. Nach außen verkaufte ich mich nämlich recht gut als offene und gesellige Person. Zumindest oberflächlich. Sobald mir jemand allerdings tatsächlich in irgendeiner Form zu nah kam, schloss ich die Tür in der Schutzmauer, die ich um mich herum aufgebaut hatte, ab. Und warf den Schlüssel weg. Weit weg.
Ich weiß nicht genau, wie sie das angestellt hat, aber die erste Person, die es tatsächlich geschafft hat, einen Weg durch meine Schutzmauer zu finden, ist eine sehr liebe und vor allem sehr wertvolle Freundin von mir. Irgendwo entdeckte sie ein Loch und grub immer weiter, bis sie sie überwunden hatte und plötzlich, bevor ich mich versah, einen festen Platz in meinem Herzen einnahm. Sie war es, die mir gezeigt hat, dass die Welt nicht nur dunkel sein kann, sondern hier und da helle Lichtblicke liegen. Sie war es, die mir ihr Vertrauen entgegen brachte - und mir dadurch beibrachte, selbst wieder zu vertrauen. Ganz langsam und Stück für Stück. Und sie war es, die mir bewiesen hat, dass es sich lohnen kann, wieder andere Menschen in mein Leben zu lassen. Dass ich nicht zwangsläufig enttäuscht und verletzt werde.
Ich glaube, sie weiß bis heute nicht so ganz, welchen großen Dienst sie mir damit erwiesen hat. Und sie weiß bis heute nichts von dem Übergriff. Das zeigt mir, dass ich zwar auf einem guten Weg bin, wieder Vertrauen zu fassen und mich mittlerweile wieder anderen Menschen gegenüber öffnen zu können - aber eben doch noch nicht so weit, um alles von mir preiszugeben. Keine Ahnung, ob ich jemals an dem Punkt sein werde, dass ich ihr davon erzählen kann. Falls nicht, ist das aber auch okay. Dann bleibt unsere Freundschaft für mich einfach immer dieser eine „gute Fleck“ im Leben. Das positive Licht, das mich daran erinnert, welchen Weg wir gemeinsam schon gegangen sind. Der mich wieder spüren lässt, wie angenehm es sein kann, einem anderen Menschen zu vertrauen. Und der mir beweist, dass die Welt vielleicht dunkel ist - aber es sich, verdammt noch mal, lohnt, nach den Lichtblicken zu suchen.
Du, meine Liebe, bist mein Lichtblick. Ich weiß nicht, ob du das hier jemals lesen wirst. Aber falls du es tust, möchte ich, dass du das weißt. Danke.
Wie wichtig Vertrauen ist, wie wichtig die Menschen, die uns Vertrauen schenken, denen wir vertrauen, dies hat uns Annika sehr einfühlsam beschrieben. Aus diesem Vertrauen erwuchs Freundschaft. Doch was passiert, wenn Freund:innen Versprechen brechen, auch wenn es vielleicht aus gut gemeinten Gründen geschieht? Eine solche Geschichte erzählt uns Tina und wirft die Frage auf, wie viele Chancen für Vertrauen es gibt.
Ich vertraue Dir
Vertrauen ist für mich eine Grundvoraussetzung in zwischenmenschlichen Beziehungen. Mir ist es enorm wichtig, Menschen in meinem Leben zu haben, denen ich uneingeschränkt vertrauen kann. Ebenso wichtig ist mir aber auch, dass mir Vertrauen entgegengebracht wird. Ein Ex-Freund sagte mal zu mir: „Wenn wir beide in einem dunklen Raum wären, könnte ich mich zu jeder Zeit fallen lassen, weil ich weiß, dass du hinter mir stehst und mich auffängst“. Wow, dachte ich. Das nenne ich mal ein Kompliment. Und ich muss sagen, er hatte recht. Ich weiß aber auch, dass im umgekehrten Fall auch er immer hinter mir stand. Zwischen uns gab es keine Geheimnisse, keine Lügen und somit kam Misstrauen erst gar nicht auf.
Wir waren einfach nur ehrlich zueinander. Ich denke, Ehrlichkeit ist der Schlüssel für ein vertrauensvolles Miteinander. Vertrauen bekommt man nicht geschenkt. Man muss es sich hart erarbeiten und es braucht Zeit zum Reifen.
Vertrauen verändert sich im Laufe des Lebens. Man wird reifer und erfahrener und man ist immer weniger bereit, die Fehler von anderen zu verzeihen. Zumindest geht es mir so.
Als junger Mensch drückte ich öfters mal ein Auge zu, wenn eine Freundin es nicht so ernst mit Vertraulichkeiten nahm.
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich in jungen Jahren als Bedienung in einem Restaurant arbeitete. Meine Angststörung war schon vorhanden. Aber ich hatte meine Ängste im Griff. Trotz allem spürte mein Chef, dass etwas mit mir nicht stimmte. Denn wenn die anderen Kollegen nach Feierabend noch die Clubs unsicher machten, bin ich brav nach Hause gegangen.
Weder mein Chef, noch meine Kollegen wussten von meiner Angststörung. Nur meiner ehemals besten Freundin vertraute ich mich an. Und auch nur unter der Bedingung, dass sie wirklich mit niemandem über meine Ängste sprach.
Eines Abends kam mein Chef zu mir und sagte: „Ich weiß, was mit dir los ist“. Ich dachte, mein Herz bleibt stehen. Ich fing innerlich an zu zittern und fragte erschrocken, was er denn weiß. Er antwortete: „Du hast Angst. Deine Freundin hat es mir erzählt“. Für mich brach eine Welt zusammen. Ich legte das Tablett nieder, drückte ihm das Portemonnaie in die Hand und verließ ohne ein Wort das Restaurant. Er lief mir nach und redete auf mich ein, dass ich mich für meine Angst nicht schämen muss. Doch noch nie habe ich mich dermaßen verraten und hintergangen gefühlt. Noch am selben Abend stellte ich sie zu Rede. Danach herrschte monatelang Funkstille, bis wir uns aussprachen.
Das war ein schwerer Vertrauensmissbrauch, den ich heute nicht mehr verzeihen würde. Ich bin auch nicht mehr bereit, immer und immer wieder Chancen zu geben. Wenn eine Person nicht weiß, was Vertrauen bedeutet, so ist es nicht meine Aufgabe, dies zu erklären.
Vertrauen ist ein wertvolles und einmaliges Geschenk, mit dem man NICHT achtlos umgehen sollte.
Tipps der Woche
Buchtipp
Die Bedeutung von (Ur-)Vertrauen für Kinder, aber auch für uns, später, wenn wir längst erwachsen sind, haben schon Laura und auch Annika in ihren Texten angesprochen. Hier möchten wir euch zwei Bücher nennen, in denen das Thema Vertrauen ein zentrales ist, auch wenn es in erster Linie die Be- und Erziehung zu und von Kindern im Auge hat. “Leitwölfe sein” und “Empathie” des dänischen Familientherapeuten Jesper Juul gehen so eingängig auf den:die Leser:in ein. Und aufgrund einer leichten Sprache und guten Veranschaulichung sind die Themen leicht auch auf andere Beziehungen als die von Bezugsperson und Kind/Jugendliche:r zu übertragen. Somit muss man nicht Eltern sein, oder werden wollen, um einen Nachhaltigkeit aus der Lektüre gewinnen zu können. Wer vor dem Gang zum Buchladen oder in die (Online)-Bücherei einen Vorgeschmack haben möchte schaut vielleicht mal hier rein:
→ Familylab
→ Deutschlandfunk Kultur
Vertrauen aufbauen im Job
“Home-Office ist Vertrauenssache” - ein Satz mit Konfliktpotenzial in Pandemiezeiten. Und doch können wir als Arbeitnehmer:innen und Teamkolleg:innen auch zu einem guten Vertrauensverhältnis von Zuhause aus beitragen. Marketing-Experte Carlo Siebert hat ein paar Tipps zusammengetragen, von Disziplin bis zur Selbstüberprüfung - aber natürlich auch mit einem Augenzwinkern.
→ Home-Office-Tipps von Carlo Siebert
Dies und Das
Unnützes Wissen, oder Blumenflirt mit Bienen
Ein internationales Forschungsteam ist der Frage nachgegangen, warum so wenige Blumen blaue Blüten hervorbringen. Denn es bedeutet für die Pflanzen einen hohen Aufwand, blaue Blüten blühen zu lassen. Warum dennoch ca. sieben Prozent dies auf sich nehmen? Bienen stehen auf Blau. Besonders in Regionen mit weniger bienenfreundlichem Klima, wie den Bergregionen, findet man deshalb blaue Blüten, wie zum Beispiel den Enzian. Aber auch in Regionen mit einer großen Blütenvielfalt versuchen so ein paar Pflanzen besonders heraus zu stechen.
→ Deutschlandfunk Nova
Akzeptanz
Die UK-Serie “Pure” versucht mehr Akzeptanz von psychischen Erkrankungen herzustellen. Die Geschichte beruht auf der gleichnamigen Autobiografie von Rose Cartwright, die eine Zwangsstörung “Pure 0” hat. Außerdem hat sich Regisseurin Kirstie Swain zweieinhalb Jahre auf den Dreh vorbereitet und mit psychischen Erkrankungen auseinander gesetzt. So kommt es, dass Kritiken bestätigen, dass die Serie es schafft, über sechs Episoden eine Akzeptanz für die Protagonistin und ihre Zwangsstörung zu schaffen und so auch zu einer Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen beizutragen. Zu sehen ist die Serie “Pure” auf ZDF neo.
→ Musikexpress
→ ZDF-Mediathek
Eine Playlist zum Vertrauen
Natürlich lassen wir euch auch diese Woche nicht gehen, ohne euch einen musikalischen Abschluss, passend zu unserem Wochenthema, zu präsentieren. Das ein oder andere Schmankerl ist auch dieses Mal wieder dabei, vertraut uns:
→ Klee - "Mein Vertrauen”
→ The Cure - “Trust”
→ Adam Lambert - “Better than I know myself”
→ P!nk - “What about us”
→ Pearl Jam - “Staat of Love and Trust”
→ Marcel Brell - “Steine”
Damit entlassen wir euch nun auch in dieser Woche wieder aus unserer Ausgabe und in das Wochenende. Allerdings möchten wir uns in diesem Zusammenhang abschließend noch bei euch bedanken - dafür, dass ihr uns nun schon seit über einem Jahr vertraut, unsere Ausgaben, Nachrichten und persönlichen Texte verfolgt und uns die Treue haltet. Wir versprechen euch, euer Vertrauen auch weiterhin nicht zu enttäuschen. Nun genießt aber erst einmal euer Wochenende, bleibt gesund und habt euch lieb!
Und falls Ihr nun Lust bekommen habt, eigene Beiträge zu schreiben und uns in unserer Arbeit zu unterstützen, schreibt uns gerne unter angstfrei.news@gmail.com - wir freuen uns auf Euch!
Kleine Erinnerung
Wir freuen uns sehr, wenn ihr dieses neue Format mit einem Extra-Feedback bedenkt, nur so können wir lernen. Vielen Dank!
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