Samstag, 21. März 2020 | 8 Uhr
Einen schönen guten Morgen!
Wir sind weiterhin dabei die Seite laufend zu verbessern und freuen uns über Ideen, Anmerkungen und auch Wünsche im Feedbackformular
Eine Sache die uns heute besonders wichtig ist zu betonen. Völlig angstfrei in einer real bedrohlichen Situation zu sein, ist ein gefährlicher Zustand. Das ist nicht unser gemeinsames Ziel. Insofern haben wir den Namen angstfrei.news durchaus auch kontrovers diskutiert. Es geht uns vielmehr darum, eine der Situation möglichst angemessene und deswegen gesunde Angst zu haben. Das wird individuell immernoch sehr unterschiedlich ausgeprägt sein, aber im Idealfall bringt es uns dazu, achtsam und verantwortungsvoll - uns und anderen gegenüber - zu handeln. Angst ist, richtig dosiert, eine Chance!
Euer Team von angstfrei.news
Gleich drei gute Nachrichten des Tages:
IWF sieht Anzeichen wirtschaftlicher Normalisierung in China
Chinas Wirtschaft zeigt nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds trotz weiter bestehender Risiken durch die Corona-Pandemie Anzeichen einer Erholung.
Die meisten größeren Unternehmen hätten ihren Betrieb wieder aufgenommen und viele Mitarbeiter seien an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt, erklärte der IWF.
→ Deutschlandfunk (Wirtschaft)
Außerdem China hat den dritten Tag in Folge keine Corona-Neuinfektionen gemeldet.
→ Deutschlandfunk (Neuinfektionen)
Sterblichkeitsrate ist in Deutschland niedrig
Die Sterblichkeitsrate in Deutschland ist im internationalen Vergleich bisher sehr gering. Deswegen sollten wir uns nicht in trügerischer Sicherheit wiegen, aber es lässt doch zumindest hoffen. WICHTIG: An der Einhaltung aller offizieller Empfehlungen und auch Einschränkungen, sollte dieser Hoffnungsschimmer definitiv nichts ändern! #wirbleibenzuhause
Pflege wird von Bürokratie befreit
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Pflegebevollmächtiger Andreas Westerfellhaus haben gestern in einer Pressekonferenz vorgestellt, wie Pflegekräfte während der Ausbreitung des Coronavirus besser unterstützt werden sollen. „Um die Arbeitsbelastung der Pflegekräfte zu reduzieren, haben wir beschlossen, die Pflege von jeder nicht notwendigen Bürokratie zu befreien“, so Spahn.
→ Gesundheitsministerium
Update: Das sind die wichtigsten Entwicklungen seit gestern Abend 20 Uhr
- Überblick über die aktuellen Ausgangsbeschränkungen
(vgl. www.tagesschau.de)
In Bayern hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die bislang bundesweit weitreichendsten Maßnahmen angeordnet. Das Haus verlassen sollen die Menschen nur noch für notwendige Gänge, etwa zum Einkaufen, zum Arzt, zur Arbeit. Erlaubt sind auch Sport und Spaziergänge allein oder mit Familienmitgliedern, aber keine Gruppenbildung in der Öffentlichkeit. Restaurants und Biergärten müssen geschlossen bleiben. Take-Away-Angebote sind weiter erlaubt. Lokale, Friseure und Baumärkte müssen schließen. Was genau in Bayern erlaubt bleibt und was jetzt für eine begrenzte Zeit nicht mehr geht findet Ihr in der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung:
→ Süddeutsche Zeitung über die landesweite Ausgangssperre
Das Saarland verhängt ähnliche Maßnahmen wie Bayern.
→ mehr dazu auf SR.de
In Rheinland-Pfalz gilt keine Ausgangssperre, allerdings wurden ab Mitternacht Versammlungen von mehr als fünf Menschen verboten. Auch Restaurants und Gaststätten müssen für den Publikumsverkehr schließen - der Verkauf von Essen zum Mitnehmen bleibt aber erlaubt. Außerdem schließt das Land zudem Thermen, Solarien, Fahrschulen und Bibliotheken.
Ähnliche Einschränkungen gelten für Baden-Württemberg. Hier dürfen sich maximal drei Personen im öffentlichen Raum versammeln - ausgenommen sind Familien. Restaurants und Gaststätten müssen schließen - der Außer-Haus-Verkauf läuft aber weiter.
Auch Hessen schränkt die Bewegungsfreiheit der Bürger weiter ein: Restaurants und Gaststätten werden im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus geschlossen. Außerdem beschloss die Landesregierung, die Obergrenze für Versammlungen von bislang 100 auf fünf Menschen abzusenken.
Hamburg erlässt ebenfalls weitreichende Beschränkungen. Alle Restaurants werden geschlossen und Ansammlungen von mehr als sechs Personen untersagt.
In Sachsen werden "größere Menschenansammlungen" verboten. Das erklärte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Allerdings ist der Begriff nicht genau definiert.
Niedersachsen verzichtet bislang auf schärfere Ausgangsbeschränkungen. Derzeit dürften sich maximal zehn Personen versammeln, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).
Ebenso wie Niedersachsen untersagt auch Bremen allen Restaurants und Gaststätten, Kunden im Haus zu bewirten.
In Mecklenburg-Vorpommern muss die Gastronomie genau wie in vielen anderen Bundesländern schließen.
In allen anderen Bundesländern - Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Berlin, Thüringen und Sachsen-Anhalt - bleiben die bislang beschlossenen Maßnahmen zur Distanzierung in Kraft.
→ Tagesschau
- Wir haben den Angstexperten in Deutschland, Prof. Borwin Bandelow, gefragt:
Wie können die Menschen mit ihrer erzwungenen Freizeit umgehen?
“Viele Menschen haben jetzt einen unfreiwilligen Urlaub. Menschen können erstaunlich kreativ und fantasiebegabt sein, wenn sie nun überlegen, was sie mit ihrer unfreiwillig gewonnenen Freizeit anfangen können. Sie helfen zum Beispiel ihren älteren Nachbarn oder betreuen Kinder. Manche betreuen ältere Menschen, indem sie für sie Einkäufe und andere Dinge erledigen. Dieses Helfen kann zudem ein gutes Gefühl bei Helfenden erzeugen – im Gehirn werden Endorphine (Wohlfühlhormone) ausgeschüttet.
Für manche Menschen hat der Zwangsurlaub vielleicht sogar positive Effekte: Paare, die sich sonst kaum sehen, weil sie in Arbeit ertrinken, haben jetzt mehr Zeit füreinander. Kinder freuen sich, wenn sie ihre Eltern mehr für sich haben.
Natürlich können sich auch Konflikte ergeben, wenn man es in der Familie oder Partnerschaft nun auf beengtem Raum aushalten muss. Da sollte jeder versuchen, möglichst die Ruhe zu bewahren und jedem Streit aus dem Wege zu gehen. Paare, die sich jetzt zunehmend auf die Nerven gehen, sollten eine geplante Trennung auf die Zeit nach Corona verschieben.”
→ Vollständiges Interview
- Beziehungsstress wegen Corona? Wie schon bei Prof. Borwin Bandelow anklingt, kann die neue Situation auch für die Partnerschaft herausfordernd sein. Eric Hegmann beschreibt dies auf seiner Seite, mit dem Untertitel: WORKING FOR LOVE, so: “Viel Zeit, aber wenig Platz – und eine Menge Angst, wie es weitergehen wird. Die Frage ist weniger, ob es krachen wird, sondern eher wann.” Natürlich lässt er uns mit dieser “düsteren” Prognose nicht allein, sondern beleuchtet Themen wie: Angst wirkt von Außen und von Innen auf die Beziehung | Dynamik aus Forderung und Rückzug | Stärkt eure emotionale Verbindung | Haltet einander fest | Lasst euch von der Angst nicht treiben!
→ Eric Hegmann - working for love
- Anregung der Redaktion hinsichtlich Ausgangsbeschränkungen: vielleicht genau der richtige Zeitpunkt, um mal wieder die guten, alten Brett-, Gesellschafts- und Kartenspiele aus dem Keller / der Schublade zu holen. Unsere Favoriten: Siedler von Catan, Schach, Mühle, Dame, Mensch ärgere dich nicht, Backgammon, Kniffel, Monopoly, Risiko, Tabu, uvm.
- Zeiten um einen Gelehrten zu fragen
Wir haben in den letzten Tagen die Informationslandschaft beobachtet und möchten Euch heute erneut auf den Podcast von Prof. Christian Drosten hinweisen. Dessen wohltuende Wirkung in dieser unsicheren Zeit wurde uns von mittlerweile dutzenden GesprächspartnerInnen bestätigt. Manche nehmen den Podcast fast wie ein Medikament, täglich ein. Professor Drosten ist Leiter der Virologie in der Berliner Charité und klärt täglich im Gespräch mit der ARD/NDR Wissenschaftsredakteurin Korinna Hennig über die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Krankheit auf.
→Podcast von Christian Drosten
- Hotlines zum Coronavirus
(Infos vom Gesundheitsministerium - www.zusammengegencorona.de)
Wenn Sie die Sorge haben, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben, wenden Sie sich telefonisch an Ihren Hausarzt oder wählen Sie die 116117 - die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes.
Hier finden Sie eine weitere Auswahl von Hotlines, die bundesweit zum Thema Coronavirus informieren.
- Unabhängige Patientenberatung Deutschland - 0800 011 77 22
- Bundesministerium für Gesundheit (Bürgertelefon) - 030 346 465 100
- Allgemeine Erstinformation und Kontaktvermittlung - Behördennummer 115 (www.115.de)
- Beratungsservice für Gehörlose und Hörgeschädigte - Fax: 030 / 340 60 66 – 07 info.deaf@bmg.bund(dot)de / info.gehoerlos@bmg.bund(dot)de
- Gebärdentelefon (Videotelefonie) - https://www.gebaerdentelefon.de/bmg/
Corona in Zahlen: Wir zitieren hier die offiziellen Zahlen des RKI, diese werden einmal täglich – immer um Mitternacht – veröffentlicht und um 10 Uhr morgens online bereitgestellt. Das bedeutet für unsere Webseite, dass ihr immer Abends aktuelle Zahlen bei uns abrufen könnt.
In Deutschland sind 13.957 Menschen als infiziert getestet worden (Stand: 20.3.2020, 00:00 Uhr RKI), das sind 2.958 Personen mehr als gestern. Im Vergleich: Der Anstieg vom Vortag betrug 2.801 Personen und bewegt sich momentan auf relativ konstantem Niveau. Eine gute Nachricht!
Warum, nicht mehr Zahlen?
Es ist wichtig, die aktuell angeratenen Verhaltensweisen zu befolgen, das wissen wir alle. Zahlen über Neuerkrankte helfen uns dabei nicht. Achtet aufeinander und haltet Distanz.
Gesundheitsticker: 91.954 Menschen sind weltweit wieder genesen. Das sind 1.351 mehr als gestern Abend.
Unser Tip des Tages: CovApp von der Charité Berlin
Nicht nur für Berliner ein interessante App mit Handlungsempfehlungen und Informationen zum Coronavirus
“Die CovApp ist eine von der Charité in Zusammenarbeit mit Data4Life entwickelte Software, mit der Sie innerhalb weniger Minuten einen Fragenkatalog beantworten und daraus spezifische Handlungsempfehlungen erhalten. Dafür werden Ihnen Fragen nach aktuellen Symptomen, Ihren letzten Reisen und möglichen Kontakten gestellt. Diese App erbringt keine diagnostischen Leistungen. Sie erhalten aber nach Beantwortung des Fragenkatalogs konkrete Handlungsempfehlungen, Ansprechpartner und Kontakte sowie eine Zusammenfassung Ihrer Daten. Ziel ist es, die Patientenströme in Krankenhäuser und Untersuchungsstellen zu optimieren.”
Dies und Das
Spiel zum Nachmachen: Mutkasper und Angstkrokodil
Ein Teilnehmer meiner (Wolfgang) Gesprächskreise in der Münchner Angstselbsthilfe MASH sagte einmal: Ich setze die Angst auf einen Stuhl und rede mit ihr. Das ist ein toller Ansatz in Zeiten wie diesen, in denen Gruppenteilnahmen unmöglich geworden sind. Dafür kann ich ein kleines Spiel empfehlen. Ich habe immer zwei Fingerpuppen im Gepäck. Eine, die ich Mutkasper nenne, eine andere, die Angstkrokodil heißt. Vor mulmigen Situationen hole ich beide raus und spiele mit ihnen den Fall durch, als sozusagen internes Rollenspiel. Der Kasper konfrontiert sich dabei mutig mit seiner Angst in Gestalt des Krokodils. Die Puppen holen den Konflikt aus der abstrakten Gedankenwelt heraus, machen ihn gegenständlich und anschaubar. Das hilft. Ebenso wie die Stimme und der Dialog. Bei der derzeitigen Pandemie würde das Virus in die Figur des Krokodils schlüpfen und dem Kasper Angst einjagen. Der würde sich dagegen wehren, so wie er sich auch im Kasperletheater gegen alle Räuber und Hexen auflehnt – und obsiegt. Die Wirkung ist, wie wenn man vor einer Prüfung die Situation im Kopf möglichst präzis und bildlich durch spielt, mit sich selbst als Gewinner. Das hat autosuggestive Wirkung. Einfach mal ausprobieren, auch ohne Puppen. Zwei verschiedene Gegenstände, etwa Löffel und Messer reichen. Viel Spaß!
→ Der Angstkaspar
→ Drei Schritte für das Bewältigen von Ängsten in Corona Virus Zeiten
Die Fröhlichen sind verhungert - die Nicht-Ängstlichen ausgestorben
Etwas amüsiert hat uns die trockene Erklärung von Prof. Borwin Bandelow zum Ursprung von Hamsterkäufen:
“Vor tausenden Jahren mussten die Menschen für den Winter vorsorgen. Wer genug Nahrungsmittel für die nächsten sechs Monate gehamstert hatte, der hat überlebt. Das waren die Ängstlichen, die Bedenkenträger. Die Fröhlichen, Unbekümmerten, die keine Vorräte gesammelt hatten, sind verhungert. Da Ängste sich vererben, ist es so, dass sich die Linie der Ängstlichen fortsetzen, während die Nicht-Ängstlichen ausgestorben sind. Unser Gehirn schaltet in einer Krise auf einen Überlebensmodus [...]. Das führt dazu, dass die Menschen die Lebensmittelregale leer kaufen, obwohl ihnen immer wieder versichert wird, dass die Vorräte reichen und wir nicht verhungern werden.”
→ Vollständiges Interview mit Prof. Borwin Bandelow
Damit verabschieden sich Wolfgang und Christian von Euch und wünschen einen schönen Tag!!
(Und: hört auf zu Googlen – das machen wir für Euch.)
Quellen Bundesgesundheitsministerium | Corona in Zahlen (RKI) | Statista | Gesundheitsticker | Charité | Eric Hegmann | Borwin Bandelow | NDR | Süddeutsche | Tagesschau | Deutschlandfunk