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Humorvolle Strategien gegen Ängste

Tipps und Tricks für den Alltag

Zugegeben, Angst und Humor sind ein ungleiches Paar. Auf den ersten Blick sind Angstzustände, Panikattacken oder Phobien alles andere als lustig. Die Betroffenen leiden stark unter ihrer Furcht und ihren Sorgen. Teilweise sind die Einschnitte im Alltag eklatant und die betroffenen Personen verlieren sprichwörtlich den Spaß am Leben. Dabei kann Humor ein mächtiges Werkzeug bei der Arbeit gegen die eigenen Ängste sein. Mit den richtigen Methoden und Tipps und einem neuen Verständnis von Humor gelingt vielleicht so manchem der Weg aus der Angst.

25.08.2023 – Autorin: Julia Burghardt

Was ist Humor?

Wann und warum wir etwas lustig finden und lachen, wird seit Jahrzehnten wissenschaftlich erforscht. Warum können wir uns kaum halten, wenn wir einen guten Witz hören? Was veranlasst die Menschen dazu, sich lustige Videos oder Shows anzusehen? Woher kommt unsere Sehnsucht nach Lachen?

Einerseits ist Humor angeboren. Der Begriff beschreibt die Fähigkeit, verschiedene Phänomene des Komischen wahrzunehmen und wiederzugeben. Das kann eine sarkastische Bemerkung sein, ein Witz oder eine komische Begebenheit. Es gibt also Menschen, die mit einem natürlichen Sinn für Humor geboren wurden.

Wissenschaftler:innen entdeckten Anfang der 2000er Jahre vier Humortypem, die sich uns zuordnen lassen:

  1. einen selbstentwertenden Humorstil
  2. einen aggressiven Humorstil
  3. einen verbindenden Humorstil
  4. einen selbststärkenden Humorstil

Die Stile können als Charaktereigenschaften gesehen werden, die uns dabei helfen, uns mit anderen zu verbinden oder Situationen aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Die jeweilige Art des Humors zeigt außerdem, wie wir mit uns selbst umgehen. So kann der selbststärkende Humorstil für ein wertschätzendes Gefühl gegenüber dem eigenen Ich sorgen. Wie der Name vermuten lässt, kann er uns Stärke geben und dem Leben mehr Leichtigkeit verleihen. Dieser Humorstil lässt sich besonders gut im Kampf gegen die eigenen Ängste einsetzen.

Was passiert, wenn wir lachen?

Wir alle kennen den Spruch “Lachen ist die beste Medizin!” Dass hierin sehr viel Wahrheit steckt, zeigt ein Blick in unseren Körper. Lachen wir, nimmt die Lunge mehr Luft auf, das Herz schlägt schneller und unser Blutkreislauf wird beschleunigt. Nach einem Lachanfall entspannt sich der Körper wieder. Unsere Arterien weiten sich, der Blutdruck sinkt und wir kommen in einen Zustand der Entspannung. Diese Anregung des Stoffwechsels ist so gesund, dass sogar Herzinfarktpatient:innen unter ärztlicher Aufsicht lachen.

Aber auch unser Gehirn hat einiges zu tun während eines Lachanfalls. Es produziert das Glückshormon Endorphin und speist es in unseren Blutkreislauf. Das lässt unmittelbar unsere Stimmung steigen. Zeitgleich wird die Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin unterdrückt. Wir sind weniger von Sorgen geplagt und sogar unsere Schmerzen werden gedämpft.

Humor ist erlernbar

Es gibt zwar Personen, die mit einer humoristischen Charaktereigenschaft ausgestattet sind, aber Studien haben gezeigt, dass auch alle anderen Menschen Humor erlernen können. Diese Tatsache hilft vor allem bei der Behandlung von Angsterkrankungen, denn die Betroffenen haben nicht selten ihr Lachen verloren. Es fällt ihnen schwer, vermeintlich alltägliche Situationen mit Freude zu meistern. Auch ein früher sehr ausgeprägter Humor kann durch Depressionen, Ängste und andere psychische Erkrankungen auf Eis gelegt sein. Dabei würde bereits ein Lächeln genügen, um alle positiven Vorgänge im Körper zu starten. Aber es gibt eine gute Nachricht: Wir können uns mit unserem Lachen selbst austricksen. Unser Gehirn kann nicht erkennen, ob unser Lächeln oder Lachen echt ist. Ganz nach dem Motto “Fake it, till you make it” bringen wir uns selbst wieder etwas mehr Humor bei.

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Wir können uns mit unserem Lachen selbst austricksen. Unser Gehirn kann nicht erkennen, ob unser Lächeln oder Lachen echt ist. Ganz nach dem Motto "Fake it, till you make it" bringen wir uns selbst wieder etwas mehr Humor bei.

Diese fünf Methoden helfen dabei, unseren selbststärkenden Humor zu entwickeln:

Lächeln vor dem Spiegel

Diese Technik greift unmittelbar auf den Mechanismus des vermeintlichen Selbstbetrugs zu. Stellen wir uns vor den Spiegel und lächeln uns selbst an, setzen wir automatisch Endorphine frei und fühlen uns fröhlicher. An Tagen, an denen die Ängste besonders groß sind, oder vor einer furchteinflößenden Situation kann das Grinsen also bereits etwas Erleichterung verschaffen. Der Spiegel hilft dabei, uns selbst einmal wieder in die Augen zu blicken und einen stärkeren Bezug zu uns herzustellen. Gelingt das noch nicht, reicht auch ein vor-sich-hin-Grinsen ohne Spiegel.

Lachyoga

Humorvolle Achtsamkeitsübungen sind ein guter Hebel, um im Alltag entspannter und freier von Ängsten zu sein. Eines der bekanntesten Beispiele hierfür ist das Lachyoga. Anders, als der Name es vielleicht vermuten lässt, geht es bei dieser Sonderform des Yogas nicht darum, zwanghaft zu lachen. In Begleitung ausgebildeter Trainer:innen werden in Einzel- oder Gruppensitzungen Methoden eines sinnstärkenden Humors geübt. Das können Atemübungen, Konzentrationstechniken oder positive Denkmuster sein. Die Teilnehmenden sollen ganz natürlich wieder Zugang zu ihrem Lachen finden – ohne Druck oder Zwang. Gelingt das, reagiert das Gehirn direkt mit einer Endorphinausschüttung und einer positiven, angstlösenden Entspannungsreaktion des Körpers.

Humoristische Inhalte konsumieren

Eine ganz einfache Methode, um wieder etwas mehr Spaß in das Leben zu bringen und Sorgen loszulassen, ist die Besinnung auf unsere humoristischen Wurzeln. Welche Sendungen, Bücher, Menschen oder Begebenheiten haben uns von klein auf ein Lächeln auf das Gesicht gezaubert? Waren es die Comics in der Kindheit, die Katzenvideos in der Jugend oder das Stand-up-Programm als Ausgleich zum anstrengenden Arbeitsalltag? Die meisten Menschen können auf Anhieb eine Sache benennen, die sie immer zum Lachen bringt. Darauf sollten wir uns auch besinnen, wenn Ängste und Sorgen Überhand nehmen. Ein witziges Video von nur wenigen Minuten reicht schon aus, um Spannungen zu lösen und Ängste zu vermindern. Diese Methode lässt sich problemlos in den Alltag integrieren und sorgt dafür, dass wir für kurze Zeit abschalten. Einfach das Smartphone zücken, den individuellen Auslöser der guten Laune suchen und ein paar Minuten genießen.

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Stellen wir uns vor den Spiegel und lächeln uns selbst an, setzen wir automatisch Endorphine frei und fühlen uns fröhlicher. An Tagen, an denen die Ängste besonders groß sind, kann das Grinsen also bereits etwas Erleichterung verschaffen. 

Den inneren Kritiker durch einen Clown ersetzen

Sind wir von Ängsten und Sorgen geplagt, ist auch der innere Kritiker nicht weit. Ständig fragen wir uns, ob unser Verhalten richtig war oder ob wir gut genug sind. Nicht selten kommt der innere Kritiker dann mit wahnwitzigen Argumenten daher. Da ist es nur naheliegend, diesen manchmal übermächtigen Teil von uns einfach in einen Clown zu verwandeln. Mit den weißen Locken, der roten Nase und der Ansteckblume werden alle seine Sabotageversuche direkt ins Lächerliche gezogen. Wir erkennen durch diese Methode, dass die negative innere Stimme nur unserer Fantasie entspringt und nicht ernst zu nehmen ist. Mit etwas Training geht dieser Gedanken in eine Routine über, der Clown findet kein Gehör mehr und hat irgendwann gar keine Lust, sich noch zu zeigen.


Panikattacken einen Namen geben

Leiden Personen unter der noch ausgeprägteren Version von Ängsten, den Panikattacken, scheint es beinahe unmöglich, Humor zuzulassen. Zu schrecklich sind die schmerzhaften Episoden. Sie benötigen die ganze Aufmerksamkeit und bedeuten das Gegenteil von Spaß. Aber auch hier können humoristische Methoden helfen. Eine mögliche Option besteht darin, seinen Attacken einen Namen zu geben: beispielsweise Helga. Zeigt sich Helga mal wieder, sollten Betroffene mit ihr ins Gespräch gehen. Warum ist sie wieder da? Was stört sie gerade? Diese unkomplizierte und lustige Methode hat gleich mehrere Nutzen. Sie nimmt die Unbarmherzigkeit aus der Attacke und degradiert sie zu etwas tiefem Menschlichen. Die betroffene Person ist außerdem durch den inneren Dialog abgelenkt und kann sich nicht zu sehr auf die Attacke konzentrieren. So werden auch die Symptome gelindert. Helga ist darüber hinaus eine gute Projektionsfläche für all die Wut, die wir bei einer Attacke üblicherweise gegen uns selbst richten. Dank der neuen imaginären Person steuern wir diese negativen Gedanken nicht mehr gegen uns, sondern gegen das eigentliche Übel.

Humor und Angst – doch ein gutes Paar

Ängste und Sorgen können überwältigend sein. Da ist es nur verständlich, dass wir zwischenzeitlich unseren Humor verlieren. Dabei kann er mit den richtigen Methoden eine unserer stärksten Waffen im Kampf gegen unsere negativen Gedanken sein. Nicht umsonst streben Menschen immer nach etwas mehr Freude im Leben. Das umzusetzen, klingt nach einer unlösbaren Aufgabe, ist aber mit den richtigen Methoden denkbar einfach. Dabei müssen wir uns lediglich bewusst machen, dass schon ein leichtes Grinsen Prozesse im Gehirn anstößt, die unmittelbar für mehr Freude sorgen. Also sollten wir uns ein Lächeln aufsetzen, tief durchatmen und uns weiterhin unseren Ängsten stellen: ab jetzt immer mit einer Prise Humor.