rdne-stock-project/pexels.de

 

Lachyoga

Wie funktioniert Lachen ohne Grund?

Lachen ist gesund! Das wussten die Menschen zu allen Zeiten. Lachen gezielt als Mittel einzusetzen, um sein emotionales und körperliches Wohlbefinden zu steigern, ist dagegen eine noch relativ neue Methode. Beim Lachyoga wird Lachen mit Körper- und Atemübungen kombiniert. Es basiert auf der Idee, dass unser Körper nicht zwischen echtem und künstlichem Lachen unterscheiden kann und beides daher die gleichen positiven Auswirkungen hat. Aber funktioniert das wirklich? Die daz hat die Lachtrainerin Cornelia Leisch befragt, die seit 18 Jahren Lachtrainings veranstaltet. Das Interview führte die Geschäftsführerin der Deutschen Angst-Hilfe, Irene Bruns.

04.08.2023 – Interview und Text: Irene Bruns

daz: Was genau muss man sich unter Lachyoga vorstellen?

Cornelia Leisch: Beim klassischen Lachyoga geht es darum “Wir lachen, wir klatschen, wir atmen und wir lachen”. In diesem Dreierrhythmus. Das Endziel ist erreicht, wenn alle möglichst kräftig laut lachen. Ich habe aber festgestellt, dass mir das zu kurz greift. 

Ich habe dann “Laughter Wellness” von Sebastin Gendry kennengelernt, der das Lachyoga weiterentwickelt hat und bei dem es mehr darum geht, ins Wohlfühlen zu kommen. So hat sich das, was ich mache, ein bisschen vom klassischen Lachyoga entfernt.

Hier in der westlichen Gesellschaft, lachen wir nicht einfach so! Da braucht es normalerweise einen Witz oder eine lustige Situation oder irgendeinen Grund. Aber jetzt einfach so zu lachen? Nein. Diese Schwelle zu überwinden, das muss man langsam angehen. Ich helfe den Leuten drüber, indem ich ihnen erkläre, warum es gut ist und sie dazu auffordere, bestimmte Haltungen einzunehmen, zu posen oder auch mal zu klatschen. Ich bringe sie dazu, mir langsam zu folgen und die Übungen zu machen. Und sie merken, dass nichts Schlimmes oder Unangenehmes passiert.

Also, ich mache Übungen mit den Leuten, die etwas im Körper bewirken. Wir ändern die Körperchemie. Wir bauen Stresshormone ab und sorgen dafür, dass die sogenannten Glückshormone freigesetzt werden. Und das passiert eben mithilfe von rhythmischen Übungen, Koordinationsübungen, und ganz viel über den Atem. Weil wir uns durch den Atem in den Entspannungsmodus versetzen können.

Dort bleiben wir aber nicht lange, sondern gehen wieder raus in die Aktion. Durch die Einladung zum Spielen oder durch Lachübungen. Und dieser Wechsel zwischen Anregung und Entspannung ist es, was uns in einen guten Zustand versetzt. Wenn man Stress hat, dann reicht Entspannung allein nicht aus, um die Batterien wieder aufzufüllen. Da brauchen wir auch etwas, was uns Spaß macht und eine kindliche Freude wieder hochbringt.

Wie sind Sie denn zum Lachtraining gekommen?

Ich bin selber dazu gekommen während einer Phase der Depression und Einsamkeit. Zudem war ich sehr schüchtern. Dann wurde ich angeleitet, habe mitgemacht und plötzlich war ich anders und habe die Leute anders gesehen. Der kritische Verstand verabschiedete sich nach zehn oder 15 Minuten und dann waren da nur noch Leute um mich herum, die mich anlächelten. Freundlichkeit auf sich bezogen zu erleben und auch Freundlichkeit zu geben, hat mir gefallen und geholfen.

Das Ganze findet mehr oder weniger nonverbal statt. Es wird ja nicht geredet. Da fallen viele Hemmungen weg, und man wandert aus dem Kopf raus, runter, mehr ins Herz und ins Bauchgefühl.

Dinielle de Veyra/pexels.de

 

Ich mache Übungen mit den Leuten, die etwas im Körper bewirken. Wir ändern die Körperchemie. Wir bauen Stresshormone ab und sorgen dafür, dass die sogenannten Glückshormone freigesetzt werden. Und das passiert eben mithilfe von rhythmischen Übungen, Koordinationsübungen und ganz viel über den Atem.

Erklären Sie und doch mal, wie so eine Stunde abläuft.

In jeder Stunde gibt es vier Kategorien von Übungen:

1. Koordinationsübungen: Beispielsweise Finger rechts und Finger links, über Kreuz oder zusammenbringen, quasi Feinmotorikübungen, so dass das Hirn besser vernetzt. In dem Moment vergisst man schon alles um sicher herum, weil der Kopf eine Aufgabe hat.

2. Atemübung. Einfach tief einatmen, ausatmen und das auch in verschiedenen Variationen.

3. Positiver Verstärker: Das ist alles, was so einfach die Energie anhebt. Ich fange immer an mit so einem „Au ja“, und das machen dann eben alle nach. „Au ja“ und dann lachen die ersten einfach schon, weil das den Körper anspricht. Man kennt es, und so machen es alle anderen nach. Es synchronisiert die Gruppe auch so ein bisschen.

4. Lachübungen: Auch hier fängt man  ganz sanft an, einfach mal Händeschütteln, sich anschauen und ein bisschen lachen miteinander. Total interaktiv. Da kommen natürlich auch die ganzen Themen hoch, die man mit anderen Menschen hat, wie beim „sich in die Augen schauen“. Wir haben Glaubenssätze darüber: Was denkt der jetzt von mir, wenn ich ihm in die Augen schauen, den auch noch anlächeln? Das bringt Gefühle total in Bewegung. Und das Schöne ist, es ist immer so kurz und dann schüttelt man dem einen die Hand und dann geht man zum nächsten. Man muss nicht in einer peinlichen Situation verharren, sondern es sind fließende Übergänge.

Quelle: Cornelia Leisch

Eine Lachyoga-Stunde im Münchener Westpark

Geht Lachyoga auch online?

Bis Corona kam, dachte ich, das geht nicht online, denn wir müssen uns ja in die Augen schauen. Und Körperkontakt ist natürlich auch nicht möglich. Aber dann funktionierte es doch ganz wunderbar.

Man sieht alle anderen auf dem Bildschirm gleich groß und eine Übung am Anfang ist, dass wir einmal nah zur Kamera gehen, damit wir alle groß sehen, lächeln uns erst mal an und winken ein bisschen. Vielen Leuten hat es wirklich geholfen, die Einsamkeit und die einsame Zeit zu überstehen, weil sie wussten, einmal in der Woche kommt die Gruppe zusammen, da bewegen wir uns, da geht es uns gut.

Gibt es Voraussetzungen, die man erfüllen muss um mitzumachen? Für mich hört es sich an, als ob das jeder machen kann: ohne sportlich zu sein, ohne Vorerfahrung, ohne besonders witzig zu sein.

Genau – man muss keine besonderen Voraussetzungen erfüllen. Jeder kann kommen und mitmachen.

Wer kommt zu Ihren Kursen?

Das ist ganz unterschiedlich. Der Lachtreff im West Park in München, den ich 15 Jahre lang bis Corona jede Woche gemacht habe, war ein offener Treffpunkt. Da konnte jeder hinkommen, mal mitmachen, sich das anschauen und dann wieder gehen. Das lief richtig gut. Das ist so ein leichter Einsteiger.

Viele Leute, die regelmäßig kommen, sagen, sie haben davon gehört, aber sich anfangs nicht getraut, weil man in der Öffentlichkeit steht. Oft geht es den Menschen nicht so gut, wenn sie überlegen zu kommen. Und wenn es einem nicht gut geht, sich dann auch noch so exponieren und eine Sache machen, von der man vielleicht glaubt, es könne nicht funktionieren, weil man nicht auf Kommando lachen kann, das ist schon eine Herausforderung. Aber dann stellen sie fest, dass man gar nicht auf Kommando lachen muss. Es kommt von Innen heraus.

Es kommen auch traurige Menschen, depressive Menschen, einsame Menschen. Aber auch Menschen, die einfach gern und viel lachen. Menschen, die eher den Schenkelklopferhumor mögen, finden jedoch nicht das, was sie suchen.

Mein Fokus liegt auf dem in Bewegung kommen, ins Fließen kommen. In Gefühle fühlen. Manchmal wird auch geweint bei mir, weil die Leute unterdrücken oft, was an Gefühlen hochkommt. Und dann komme ich da mit meinem Lachen, das wie ein Schlüssel funktioniert. Da gehen die Schleusen auf und auch das ist total in Ordnung. Das passiert aber eher mal bei einem Workshop, der ein paar Stunden dauert als in der einzelnen Lachstunde.

Oma lacht wieder

ein Video zu Lachyoga von Cornelia Leisch

Gibt es Forschung oder Studien zum Lachyoga, welche die Wirkung wissenschaftlich untermauern?

Seit den 60er Jahren befasst sich die wissenschaftliche Forschung mit dem Lachen. Die Studien sind meistens sehr klein und es kommt immer darauf an, wie sie gemacht sind, also wie das Lachen hervorgerufen werden soll. Oft basiert es auf Comics oder Filmen, die die Leute schauen, bei denen sie zum Lachen gebracht werden. Das Lachyoga oder Lachtraining dafür zu nutzen, ist noch relativ neu. Aber es gab jetzt letztes Jahr eine Metastudie, die herausgefunden hat, dass dieses absichtsvolle Lachen, also durch Lachtraining angeregte Lachen, einen höheren, intensiveren Effekt hat als nur die Zufallslacher. Auf der Seite von www.lachverband.org sind eine ganze Menge wissenschaftliche Studien aufgeführt.

Gibt es Einschränkungen bzw. Risiken, bei denen Lachyoga nicht zu empfehlen ist?

Lachtraining ist sportlicher als man denkt. Da wird der Kreislauf schon hochgefahren. Daher sollten diejenigen mit ihrem Arzt sprechen, die hier Einschränkungen haben, beispielsweise bei Schwangerschaft oder frischen OPs. Für manische Depression ist es eher ein Ausschlusskriterium, weil man die manische Phase nicht anregen will.

Wo kann ich einen geeigneten Trainer finden?

Sie können sich gern an www.lachverband.org wenden oder auch an mich direkt. Wir haben auf der Seite eine Übersicht der Mitglieder. Leider ist es noch nicht so verbreitet, wie wir es uns wünschen würden. Es dauert ein wenig, bis sich feste Gruppen bilden. Ich habe fünf Jahre gebraucht, bis das Lachen im Westpark richtig gelaufen ist. Aber ich habe es auch für mich gemacht, weil es mir einfach gut getan hat, mein Leben verändert hat und ich wirklich gewachsen bin.