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Mission Traumjob

Arbeitslos – und nun?

Unsicherheit, Perspektivlosigkeit und Selbstzweifel –  Arbeitslosigkeit ist nicht nur stressig, sondern auch ein Nährboden für Angst. Doch wie kann man diese erzwungene Auszeit für einen Neuanfang nutzen? Vielleicht, indem man nicht alles in Frage stellt.

20.10.2023 – Autorin: Karin Bischof

Verlust und Unsicherheit

Arbeitslos zu sein, ist für niemanden ein schönes Gefühl. Für jemanden mit einer Angststörung ist es aber besonders belastend. Denn auch wenn unsere eigenen Fähigkeiten überzeugen, sind wir gegenüber einer Insolvenz oder eines geeigneteren Mitbewerbers machtlos. Egal wie sehr wir es versuchen, wir können nicht alles beeinflussen. Das allein ist schon beängstigend, aber mit einer Angststörung kann uns dieser Kontrollverlust viel Kraft und Motivation kosten, die wir doch für einen Neuanfang brauchen.

Ebenso wie der Verlust des vertrauen Arbeitsumfelds, ist die Aussicht, nicht zu wissen, wie es weitergeht, angsteinflößend. Wie lange werde ich nach einer neuen Arbeitsstelle suchen? Werde ich überhaupt wieder einen passenden Arbeitsplatz finden? Und was ist für mich passend? Fragen und Unsicherheiten, die die Angst wachsen lassen.

Andererseits ist Arbeitslosigkeit auch eine Chance. Zum Beispiel, um endlich den ersehnten Traumjob zu finden oder das Arbeitsumfeld so zu verändern, dass der alte Job noch besser passt. Auch ein unfreiwilliger Neuanfang ist ein Anfang und wäre es nicht schön, alles als Chance zu sehen? Wenn es allerdings eine Anleitung dafür gibt, habe ich sie noch nicht gefunden.

Fragen über Fragen

Es gibt Menschen, die ziehen für eine neue Arbeitsstelle in eine andere Stadt oder sogar ein anderes Land. Ich habe mich das nie getraut. Die Kontakte, die ich hier habe, waren mir immer wichtiger. Doch in den letzten Jahren scheint Mobilität und Flexibilität unverzichtbar. Ich frage mich dann immer: Wenn ich bereits in einer Großstadt lebe, wie viel erfolgreicher wäre ich in einer anderen? Außerdem versteht jeder etwas anderes darunter, flexible Arbeitszeiten, unterschiedliche Aufgaben, Reisebereitschaft. Fragen über Fragen! Und was passiert, wenn meine körperliche oder geistige Gesundheit eine solche Flexibilität nicht zulassen. Wo ist mein Platz auf dem Arbeitsmarkt?

Mich stresst vor allem der Zeitdruck. Kaum ist der Antrag auf Arbeitslosengeld 1 gestellt, läuft schon die Zeit bis zum Bürgergeld. Die Angst vor Langzeitarbeitslosigkeit und finanziellen Schwierigkeiten verlangt von mir, schnellstmöglich eine neue Arbeit zu finden. Nur leider trifft man unter Zeitdruck selten gute Entscheidungen. Also, wofür würdest du dich entscheiden? Lieber den Spatz in der Hand oder die Taube auf dem Dach? Ich möchte es mir selbst wert sein, auf die richtige Arbeitsstelle zu warten. Das heißt aber auch mit dem Druck leben zu lernen.

Dabei gibt es gesellschaftliche Umstände, die die Suche nicht vereinfachen. Pandemie, Krieg und Energiekrise haben viele Menschen und Firmen belastet. Mir hilft es zu verstehen, dass auch äußere Umstände meine Arbeitslosigkeit beeinflussen. Denn meine Angst verlangt nach einem hohen Einsatz, der nicht immer zu leisten ist. Meiner Erfahrung nach erfordert die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz vor allem eines von uns: Geduld!

Anna Tarazevich/pexels.de

 

Ich möchte es mir selbst wert sein, auf die richtige Arbeitsstelle zu warten. Das heißt aber auch, mit dem Druck leben zu lernen.

Alles beim Alten?!

Ich bin ein Mensch der Tat, was oftmals in blinden Aktionismus ausartet. Die freie Zeit will ich nutzen, auch außerhalb der Jobsuche. Endlich wieder Zeit für Hobbys und Freunde! Da wird die freundliche Einladung zu einem Bummel durch ein bekanntes Möbelhaus für mich zur Aufforderung noch einmal gründlich meine Wohnungseinrichtung zu überdenken. Wie wäre es mit einem neuen Esstisch, den wollte ich doch schon lange austauschen. Auch ein zusätzliches Regal wäre praktisch. Statt eine schöne Zeit mit Freunden zu verbringen, mache ich mir selbst neuen Druck. So war das eigentlich nicht gedacht. Und am Ende, bleibt alles wie es war.

Ähnlich verläuft die Suche nach geeigneten Stellenanzeigen. Frustriert von den aktuellen Ausschreibungen lande ich plötzlich bei Jobs, die ich mir vorher nie freiwillig ausgesucht hätte. Doch es dauert nicht lange, bis ich erkenne, nicht jedes Interesse oder Hobby eignet sich zum Beruf. Ist es nicht auch beruhigend, dass nicht alle Dinge eine radikale Veränderung brauchen? Letztlich haben wir uns doch auf unserem Lebensweg ganz bewusst für eine Richtung entschieden. Wir waren uns sicher, unser Beruf passt zu uns. Und wie bei meinen Möbeln bleibt letztendlich alles beim Alten und ich suche weiter nach dem Beruf, der meine erste Wahl war.

Ja, ich beneide immer noch Menschen, die ihren Traumjob gefunden haben. Doch mittlerweile denke ich, zu einem Traumjob gehört mehr als eine Berufung. Kollegen, Arbeitszeiten und der Einsatzort machen eine Arbeitsstelle attraktiv. Und da wir uns als Gesellschaft Aufgaben wie Lebensmittelherstellung oder Häuserbau teilen, werden Arbeitsstellen immer vielfältiger. Eine Freiheit, die wir durch hohe Kosten bezahlen, aber auch für uns nutzen sollten. Vielleicht ist es wichtig, Zeit und Raum für unerwartete Möglichkeiten freizuhalten. Eine freie Stelle, von der wir auf einer Party hören oder ein Regal, das ein anderer nicht mehr braucht. Es ist schwer, Leerstellen auszuhalten, doch manchmal bringt das Unerwartete auch etwas Gutes mit sich. Wir müssen uns nur darauf einlassen!