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Patientenanfragen 2022:
40 Prozent mehr als in Vor-Corona-Zeit

Der Bedarf an Psychotherapie ist auch im dritten Pandemie-Jahr unverändert hoch

Die Anzahl der Patientenanfragen lag im Sommer 2022 weiterhin um etwa 40 Prozent höher als vor Corona. Das ergab eine Umfrage der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV). Der Anstieg, der schon 2021 zu beobachten war, ist damit unverändert. Die hohe Nachfrage im letzten Jahr ist kein vorübergehendes Phänomen, sondern scheint sich zu stabilisieren. “Der Leidensdruck durch Pandemie, Krieg und Klimakatastrophen kommt bei den Menschen an“, konstatiert Gebhard Hentschel, Bundesvorsitzender der DPtV

19.10.2022 – Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV)

Anfragen gleichbleibend hoch

Die Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) hat im Juni 2022 ihre Mitglieder, d.h. alle Psychologischen Psychotherapeut:innen und Kinder- und Jugendpsychotherapeut:innen, in einer Online-Umfrage zu den Patientenanfragen in der Praxis während der Corona-Pandemie befragt. Dies war bereits die zweite Umfrage nach einer ersten im Januar 2021. Bereits damals hatte sich ein dramatischer Anstieg an Anfragen zu der Zeit vor der Pandemie gezeigt. In der jetzigen Umfrage hat sich dieser Trend fortgesetzt.

Im Vergleich zum Vor-Corona-Zeitraum Januar 2020 gaben die befragten Kassenpraxen für den Juni 2022 einen Patientenanfragen-Anstieg von 42 Prozent an. In Privatpraxen lag der Anstieg sogar bei 62 Prozent. Dabei ist in den Großstädten einen stärkeren Anstieg zu beobachten als in kleineren Städten und im ländlichen Raum. Die durchschnittliche Anzahl an Patientenanfragen liegt in den Großstädten aktuell um 48 Prozent höher als vor der Pandemie, in den anderen Gebieten um 35 Prozent höher. In den Großstädten haben die Anfragen damit gegenüber Januar 2021 noch einmal um zwei Prozentpunkte zugenommen.

Lange Wartezeiten

Circa 25 Prozent der Anfragenden erhalten einen Sprechstunden-Termin in der angefragten Praxis, wobei die Wartezeit oftmals mehr einen Monat beträgt. Die restlichen Anfragenden müssen weitere Praxen kontaktieren, um einen Termin zu erhalten. Auch für die Behandlung selbst gibt es sehr lange Wartezeiten: In etwa acht Prozent der Praxen können Patient:innen innerhalb von einem Monat nach ihrer Anfrage eine Therapie beginnen, in weiteren 15 Prozent innerhalb von drei Monaten, in 30 Prozent innerhalb von 6 Monaten, bei allen anderen mehr als 6 Monate. Die Problematik langer Wartezeiten nimmt diesen Ergebnissen zufolge weiter zu.

„Die Zahlen zeigen: Der Bedarf ist weiter groß“, sagt Hentschel.  Wichtig seien jetzt Sonderbedarfszulassungen von Vertragspsychotherapeut*innen und mittelfristig eine gezielte Weiterentwicklung der Bedarfsplanung, insbesondere in strukturschwachen und ländlichen Regionen. Unabhängig davon müsse das ambulante Versorgungsangebot von Psychotherapeut:innen für Kinder- und Jugendliche weiterentwickelt und die Verteilung neu strukturiert werden. „Die Regierung sollte das Thema psychische Gesundheit nicht vernachlässigen“, betont Hentschel.