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Wie beeinflusst die Natur das Gehirn?

Schon ein einstündiger Spaziergang in der Natur beruhigt die Stressverarbeitung

05.09.2022 – Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

In einer Stadt zu leben scheint ein höherer Risikofaktor für psychische Störungen zu sein, während es für die psychische Gesundheit und das Gehirn vorteilhaft ist, nah an der Natur zu wohnen. Die Amygdala, eine zentrale Gehirnregion, die an der Stressverarbeitung beteiligt ist, wird bei Menschen, die in ländlichen Gebieten leben, nachweislich weniger aktiviert als bei Menschen, die in Städten leben. Dies deutet auf eine positive Wirkung der Natur auf das Gehirn hin. „Bisher konnten wir das Henne-Ei-Problem nicht lösen – also klären, ob die Natur tatsächlich die Effekte im Gehirn verursacht oder ob sich bestimmte Personen einfach dazu entschieden haben, in ländlichen bzw. urbanen Regionen zu wohnen“, so Sonja Sudimac, Hauptautorin der von der Lise-Meitner-Gruppe Umweltneurowissenschaften am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung durchgeführten Studie.

Um eine kausale Schlussfolgerung ziehen zu können, untersuchten die Wissenschaftler:innen mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) bei 63 gesunden Proband:innen vor und nach einem einstündigen Spaziergang im Grunewald oder auf einer Einkaufsstraße mit Verkehr in Berlin die Hirnaktivität in den Gehirnregionen, die an der Stressverarbeitung beteiligt sind, insbesondere der Amygdala. Die Ergebnisse der Studie zeigen: Die Aktivität nach dem Spaziergang in der Natur nahm ab. Das belegt, dass die Natur positive Auswirkungen auf jene Gehirnregionen hat, die in Beziehung zu Stress stehen.

„Die Ergebnisse stützen die schon zuvor angenommene positive Verbindung zwischen Natur und Gehirngesundheit, aber dies ist die erste Studie, die den kausalen Zusammenhang belegt. Interessanterweise blieb die Gehirnaktivität nach einem Spaziergang in der Stadt stabil, es konnte keine Zu- oder Abnahme der Aktivität beobachtet werden. Dies läuft der weitverbreiteten Annahme zuwider, dass der Aufenthalt in einer Stadt zusätzlichen Stress verursacht“, erklärt Simone Kühn, Leiterin der Lise-Meitner-Gruppe Umweltneurowissenschaften. Die Stadt schafft also keinen zusätzlichen Stress, vermindert den bestehenden aber auch nicht. 

Der positive Einfluss der Natur auf das Gehirn und die Psyche kann bereits nach einem einstündigen Spaziergang beobachtet werden. Schon ein so relativ kurzer Aufenthalt in der Natur verringert die Aktivität der Amygdala. Daraus kann der Schluss gezogen werden: Ein Spaziergang in der Natur dient nicht nur als gutes Mittel gegen aktuellen Stress, sondern auch als präventive Maßnahme gegen psychische Probleme generell. 

Originalpublikation:

Sudimac, S., Sale, V., & Kühn, S. (2022). How nature nurtures: Amygdala activity decreases as the result of a one-hour walk in nature. Molecular Psychiatry. Advance online publication. 

https://doi.org/10.1038/s41380-022-01720-6