Bild von jcomp auf Freepik

 

Das Leben ist zum Kotzen

Schwerpunktthema Emetophobie

Eigentlich ist Erbrechen das schlimmste, was Emetophobiker sich vorstellen können – das sind Menschen, die sich davor fürchten, in der Öffentlichkeit erbrechen zu müssen oder anderen beim Erbrechen zusehen zu müssen. Keine allzu große Behinderung, könnte man meinen. Und tatsächlich war die Emetophobie lange Zeit eine wenig beachtete Störung und ist erst in den letzten Jahren bekannter geworden. Doch für manche Betroffene nimmt die Angst so große Ausmaße an, dass sie in ihrem Leben schwer eingeschränkt sind.

01.01.2024 – Deutsche Angst Hilfe e.V.

Ein Teufelskreis von Angst und Übelkeit

Allen Betroffenen ist eines gemeinsam: Die Vorstellung, sich vor anderen übergeben zu müssen, ist ihnen unerträglich. Sie empfinden Erbrechen als zutiefst ekelerregend und fürchten, im Fall des Erbrechens von anderen als ekelig angesehen zu werden. Die Furcht davor lässt sie jede Situation meiden, die auch nur entfernt zu Übelkeit führen könnte: Fahren mit Auto, Bus oder Bahn, Fliegen, Essen gehen mit anderen, unbekannte Speisen probieren, Festivitäten mit Alkohol. Allein der Gedanke, es könnte einem übel werden, erzeugt für Betroffene so starken Stress, dass tatsächlich Übelkeit hervorgerufen werden kann. Und dieses Erlebnis befördert wiederum die Angst.

Ihre Befürchtungen übertragen Emetophobiker schließlich auf jede Aktivität außerhalb ihrer Wohnung – ein Brechreiz kann ja überall auftauchen. So geraten sie in die Abwärtsspirale, die viele Angstpatienten einholt: Angst vor der furchtauslösenden Situation, Vermeidung, Rückzug, noch mehr Angst durch ein Hineinsteigern in Katastrophenszenarien. Lässt es sich nicht umgehen, das Haus zu verlassen, sind Plastiktüte, Taschentücher und Tabletten gegen Übelkeit immer dabei. Interessanterweise müssen die allermeisten Emetophobiker sich niemals übergeben, aber die grauenvolle Angst davor macht das Leben zur Qual.

Emetophobie – eine Spezifische Phobie

Die Emetophobie wird zu den Spezifischen Phobien gezählt, also den Ängsten vor ganz konkreten Dingen oder Situationen. Im (derzeit noch gültigen) ICD-10, der internationalen Klassifikation aller Krankheiten, wird sie jedoch nicht explizit erwähnt. Unter den Angstauslösern wird bei der Spezifischen Phobie verschiedenes aufgezählt: Tiere, Höhe, Dunkelheit, Fliegen, geschlossene Räume, Blut, Spritzen u.a., aber nicht Erbrechen. Offensichtlich wurde diese Angst als nicht so bedeutend angesehen.

Die daz dagegen hat schon 2011 ein eigenes Heft zu dem Thema herausgebracht (Nr. 54). Und auch in der daz.digital wurde das Thema bereits behandelt: Emetophobie von Michael Metzner. Dieser Artikel gehört zu den meist gelesenen der daz, was für uns ein wichtiger Grund war, der Thematik einen ganzen Schwerpunkt zu widmen. Anscheinend besteht hier Informationsbedarf. 

Themen des Schwerpunkts

Wir konnten einige renommierte Fachleute für den Schwerpunkt gewinnen. Martina Effmert erklärt ausführlich, mit welchen anderen Störungen die Emetophobie oft verwechselt wird und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Agnes Gajewska gibt einen umfassenden Überblick über Symptome und Ursachen der Störung. Auch Michael Metzner, bedeutendster Fachmann für Emetophobie im deutschsprachigen Raum, ist wieder mit von der Partie und stellt detailliert den Verlauf einer Behandlung in der Klinik dar. Dazu gibt es natürlich wie immer Erfahrungsberichte von Betroffenen.