„Sorgenlos und grübelfrei“- geht das? Ein Gespräch mit den Autoren

Wir haben die vollständig überarbeitete dritte Auflage des Buches „Sorgenlos und grübelfrei“ zum Anlass genommen, die Autoren zum Thema zu interviewen, sprachen über ihre Motivation ein Selbsthilfebuch zu schreiben und was jeder für sich im Umgang mit sorgenvollen Gedanken tun kann.

Was hat Sie dazu motiviert, ein Buch über Sorgen und Grübeln und die Auswirkungen davon zu schreiben?

Ausgangspunkt des Buches war unsere Ausbildung in Metakognitiver Therapie bei Professor Adrian Wells, der in jahrzehntelanger Forschung eine Therapie entwickelt hat, welche aus unserer Sicht eine deutlich effektivere Behandlung von Angststörungen und Depressionen ermöglicht. Zentraler Bestandteil sind hierbei eben Sorgen- und Grübelprozesse und dieses Wissen wollten wir möglichst vielen Menschen vermitteln.

Gibt es gesundes und ungesundes Grübeln? Und woran erkenne ich den Unterschied?

Sowohl Grübeln, als auch Sorgen haben ja gesunde Ursprünge. Beim Grübeln ist es das Bedürfnis, aus der Vergangenheit zu lernen, beim Sorgen das Ziel, eine gute Planung für die Zukunft zu haben. Schwierig wird es dann, wenn sich Grübeln und Sorgen verselbstständigen und zu unnützen und belastenden Endlosschleifen werden. Die betroffenen Menschen erkennen zwar, dass diese langanhaltenden und quälenden Prozesse für sie keinen Nutzen haben, haben aber auch den Eindruck, dass Sie sie nicht kontrollieren bzw. beenden können.

Was ist Ihrer Meinung nach der Wichtigste Schritt für jemanden, der daran arbeitet, einen gesünderen Umgang mit seinen Gedanken zu entwickeln, insbesondere, wenn er unter Ängsten oder Depressionen leidet?

Sehr wichtig ist es zu erkennen, dass man den Grübel- und Sorgenprozessen nicht hilflos ausgeliefert ist, sondern diese steuern und kontrollieren kann. Hierfür muss man allerdings bereit sein, eine ganz neue Perspektive zu seinen eigenen Gedanken einzunehmen, wir nennen das auch in den „metakognitiven Modus“ zu gelangen. Dabei werden die eigenen Gedanken als innere Ereignisse wahrgenommen, aber nicht einfach als Tatsachen akzeptiert. Ein Beispiel: Sorgen sind mögliche (und eigentlich immer negative) Optionen für die Zukunft, sie sind aber eben nicht sicher eintretende Prognosen. Wenn man das erkennt und dann auch noch weiß, wie man auf das Auftreten von Sorgen reagieren kann, nämlich mit Kontrolle, ist schon viel gewonnen.

Welche Techniken oder Übungen halten Sie für besonders effektiv, um sich vom Sorgenmachen und Grübeln zu lösen?

Für die Erarbeitung des oben erwähnten „metakognitiven Modus“ sind die Techniken der losgelösten Achtsamkeit sehr hilfreich, wie wir sie auch in unserem Buch beschreiben. Um konkret üben zu können, arbeiten wir gerne mit dem Gedanken-Aufschub-Experiment. Hier kann man die Erfahrung machen, dass man zwar das Auftreten von Grübeln- oder Sorgengedanken zwar nicht grundsätzlich verhindern kann (die haben ja auch gesunde Funktionen), dass man aber sehr wohl selbst darüber entscheidet, ob man in einen Grübel- oder Sorgenprozess eintritt.

Sie erklären im Buch die Metakognitive Therapie: Könnten Sie kurz erklären, was der Inhalt dieser Therapieform ist, und was sie von anderen Therapieformen unterscheidet?

Grundannahme der Metakognitiven Therapie ist es, dass nicht das Auftreten und der Inhalt von Gedanken der Grund für die Entstehung einer Angststörung oder Depression sind, sondern unsere Strategien sind, wie wir mit Ihnen umgehen. Es ist also nicht wesentlich, was wir denken, sondern dass wir nicht in Grübel- und Sorgenprozesse geraten. Und dass macht die Metakognitive Therapie so effizient: im Gegensatz zu anderen Verfahren befasst man sich nicht unnötig mit der eigenen Vergangenheit und den vermeindlichen Ursachen der Symptome, man hinterfragt auch nicht den Inhalt der eigenen Gedanken, sondern kümmert sich direkt um die aufrechterhaltenden Sorgen- und Grübelprozesse, die das eigentliche Leid verursachen.

Gibt es Studien, die belegen, dass die Art der Therapie bei Angststörungen besonders geeignet ist?

Es existieren bis heute eine ganze Reihe von Studien, die sich mit der metakognitiven Behandlung von generalisierter Angst, sozialer Phobie, Zwangsstörungen, Posttraumatischer Belastungsstörung oder der Panikstörung auseinandergesetzt haben. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Metakognitive Therapie eine effektive Behandlung für Angststörungen darstellt, von der ein bedeutender Teil der behandelten PatientInnen nachhaltig profitiert hat.

Was wäre Ihr Wunsch in Bezug auf die Wirkung des Buches, bei seinen Lesern? Sprich: Was möchten Sie erreichen beim Leser?

Unser Wunsch wäre es, dass wir den Lesern unseres Buches eine andere Perspektive auf die eigene „Gedankenwelt“ vermitteln können und sich somit das Leid, welches aus den Grübel- und Sorgenprozessen ergibt, deutlich reduziert wird, wenn es nicht sogar ganz verschwindet.    

Über das Buch

Jeder macht sich manchmal Sorgen und verfällt zweitweise ins Grübeln. Nimmt dies jedoch überhand und dominiert das Leben, ist Hilfe nötig: Meist liegt dann ein schädliches, verzerrtes Denken vor. Die Metakognitive Therapie hat sich als besonders wirksam erwiesen, das eigene problematische Denken zu verstehen und einen neuen, gesunden Umgang damit zu entwickeln. Die Autoren erklären die Grundlagen des Therapiekonzepts und zeigen konkret, wie Betroffene ihre negativen Gefühle und vor allem Gedanken mithilfe metakognitiver Strategien in den Griff bekommen.

Über die Autoren:

Dr. rer. hum. biol.; Dipl.-Psych Oliver Korn, psychologischer Psychotherapeut: 

  • systemische Einzel-, Paar- und Familientherapie
  • DBT (Dialektisch-Behaviorale-Therapie)
  • bis 2012 Ausbildung MCT (metakognitive Therapie) am MCT-Institute Manchester
  • seit 2009 psychologischer Psychotherapeut Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Schleswig–Holstein bzw. ZIP gGmbH, Campus Lübeck
  • seit 2016 tätig in eigener psychotherapeutischer Praxis

Sebastian Rudolf, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

  • ab 1998 für 14 Jahre Psychiatrie an der Universität Lübeck
  • seit 2014 Ärztlicher Direktor Helios Fachklinik Schleswig
  • therapeutische Schwerpunkte KVT, hierbei DBT und seit 2012 zertifizierter Therapeut für MCT.
  • Mitarbeit an der S3-Leitlinie Angststörungen.