Welche Angststörungen gibt es und wie verbreitet sind sie?

Bei der Diagnose von Angststörungen wird in Deutschland das ICD-10 bzw. ICD-11 verwendet. ICD steht für International Statistical Classification of Diseases, ein von der Weltgesundheitsorganisation WHO herausgegebenes, weltweit gültiges Klassifikationssystem aller körperlichen und psychischen Krankheiten. Die neueste Version mit der Nummer 11 ist seit dem 1. Januar 2022 offiziell in Kraft, seine Umsetzung in den praktischen Alltag in Deutschland wird aber noch einige Jahre dauern. Bis dahin werden weiter die Codes des ICD-10 verwendet. Alle in Deutschland arbeitenden Ärzte und Psychotherapeuten sind verpflichtet, ihre Diagnose nach dem ICD zu stellen.
Die Angststörungen sind im ICD bei den psychischen Störungen eingeordnet. Sie sind in zwei große Gruppen aufgeteilt, die der Unterscheidung von Furcht (Phobie) und Angst entsprechen:

Phobische Störungen

Das sind situative Ängste (bzw. Furcht), die von einem konkreten Objekt oder einer konkreten Situation, die außerhalb der betroffenen Person liegen, ausgelöst werden. Dazu gehören:

Andere Angststörungen

Das sind wiederkehrende Ängste, die spontan, d.h. ohne konkreten äußeren Auslöser auftreten, auch als „frei flottierende Angst“ bezeichnet. Dazu gehören:

Weitere Störungen, bei denen Angst ein zentrales Symptom bildet:

  • Zwangsstörung
  • Posttraumatische Belastungsstörung

Primäre, sekundäre, komorbide Ängste

Alle oben genannten Ängste werden primäre Ängste genannt, da sie „originär“ sind, sich nicht auf andere Krankheiten zurückführen lassen. Demgegenüber nennt man Ängste, die von einer anderen Krankheit verursacht sind, sekundäre Ängste. Sekundäre Ängste können auftreten bei Infektionen oder Verletzungen des Gehirns, bei Parkinson, Epilepsie, Diabetes, Schilddrüsenstörung, bei Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris, beim Konsum bestimmter Medikamente oder Drogen u.a.

Davon zu unterscheiden sind komorbide Ängste. Diese entstehen, wenn sich an eine andere Erkrankung als Folgeerscheinung eine Angststörung anknüpft, aber von dieser nicht verursacht wird. So kann die Diagnose Krebs zu existenziellen Ängsten führen (ohne dass der Krebs die Ängste organisch verursacht hätte), die so belastend sind, dass sie die Heilung beeinträchtigen und daher gesondert behandelt werden müssen (Psychoonkologie). Auch bei Depression tritt Angst oft komorbid auf, weil der Depressive durch den Verlust an Lebenskraft und an Zukunftsperspektiven schwer geängstigt wird. Umgekehrt ziehen natürlich auch Angststörungen andere Krankheiten (Komorbiditäten) nach sich, v.a. Depression und Suchterkrankungen.

Verbreitung von Angststörungen in Deutschland

Spezifische Phobien7,6%
Agoraphobie2%
Soziale Phobie2%
Panikstörung2,3%
Generalisierte Angststörung1,5%
Summe  15,4%
Zwangsstörung   3,6%
Posttraumatische Belastungsstörung2,3%