Mental Health First Aid: Erste Hilfe für die Seele

Wenn es um Erste-Hilfe-Maßnahmen geht, denkt vermutlich ein Großteil der Bevölkerung an Akuthilfe im körperlichen Notfall -etwa nach einem Autounfall. Die Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs ist verpflichtend für das Erlangen des Führerscheins und auch für die Einstellung in manchen Arbeitsfeldern. Hilfe im Notfall leisten zu können kann Leben retten -das ist uns allen bewusst. Schlagwörter, wie die stabile Seitenlage oder Mund-zu-Mund-Beatmung sind so gut wie jedem ein Begriff und werden teilweise schon im Kindesalter vermittelt. Wie Erste-Hilfe im Fall einer psychischen Krise/ eines psychischen Notfalls aussehen sollte/ kann, ist hingegen weitreichend unbekannt – und das, obwohl circa 40% der Deutschen mindestens einmal in ihrem Leben an einer klinisch relevanten psychischen Störung erkranken.

Vor psychischen Erkrankungen werden auch im 21. Jahrhundert noch viel zu häufig die Augen verschlossen. Manche Menschen, die keine Berührungspunkte damit haben, fühlen sich im Kontakt zu psychisch Erkrankten unsicher oder haben Stigmata im Kopf, die uns zum Beispiel die Filmwelt vermittelt. Dabei reichen teilweise schon kleine Gesten, um Menschen in psychischen Krisen zu unterstützen: Zu erkennen, dass es einem Menschen nicht gut geht, auf ihn zuzugehen und Hilfe anzubieten können dabei enorm wichtige Schritte sein. Da zu sein, den Menschen zu sehen und wertzuschätzen, Verständnis zu zeigen, zuzuhören, nicht zu verurteilen, Hoffnung zu geben -all das sind Punkte, die unterstützen. Punkte, die im Ersthelfer-Kurs Mental Health First Aid (MHFA) vermittelt, konkretisiert und geübt werden. Die Kurse vermitteln Grundlagen zu psychischen Erkrankungen, weisen auf Anzeichen sich entwickelnder mentaler Gesundheitsprobleme hin und geben Teilnehmenden ein praktisches Repertoire an die Hand, wie im Akutfall einer psychischen Krise zu reagieren ist. Denn auch psychische Notfälle sind Notfälle und auch hier können im absoluten Ernstfall Leben gerettet werden. Und auch, wenn es kein Notfall ist, ist es von Vorteil zu wissen, welcher Umgang mit Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen angemessen und für sie hilfreich ist.

An dieser Stelle noch ein Paar Hinweise zu den Hintergründen von MHFA: Die im Jahr 2000 im australischen Melbourne von Prof. Tony Jorm und Betty Kitchener ins Lebens gerufene Mental Health First Aid – Bewegung wächst, gewinnt zunehmend an Aufmerksamkeit und ist wissenschaftlich geprüft. 4 Millionen Menschen in 24 Ländern wurden weltweit schon zu Ersthelfern für die Seele ausgebildet. Ausbilden lassen können sich Erwachsene, die sich psychisch stabil genug fühlen und die Bereitschaft zeigen, sich mit psychischer Gesundheit auseinanderzusetzen. Der Mehrgewinn in der Ausbildung liegt einerseits natürlich ganz klar darin, danach im psychischen Ernstfall gezielt, kompetent und selbstsicher handeln zu können. Andererseits profitiert man selbst auch vom Wissenszuwachs, lernt etwas über die eigene Psyche und stärkt diese noch dazu.

In Deutschland werden die 12-stündigen Kurse derzeit vor allem vom Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim angeboten, wobei hier auch Instruktoren-Schulungen für Professionelle durchgeführt werden, die zur externen Durchführung von MHFA-Ersthelfer-Kursen qualifizieren. So bieten inzwischen beispielsweise auch die Eckhard-Busch-Stiftung oder einzelne Professionelle MHFA Kurse an. Viele Kurse werden derzeit online abgehalten, die Teilnahmegebühr beträgt ca. 200€.

Hier eine Kursübersicht:

https://www.mhfa-ersthelfer.de/de/ersthelfer/kurs/

Wenn ihr noch mehr über Mental Health First Aid erfahren wollt, haben wir hier eine Podcast-Empfehlung und ein paar Links für euch, aus denen wir auch den Inhalt unseres Beitrags entwickelt haben:

https://redseelig.podigee.io/6-folge05

https://mhfa.com.au/mental-health-first-aid-guidelines

https://www.mhfa-ersthelfer.de/de/