Pressemitteilung zum Absturz des Germanwings-Flugzeuges

Kein Generalverdacht gegen psychisch Kranke!

Münchner Bündnis gegen Depression e.V. und Münchner Angstselbsthilfe e.V.

Vergangene Woche kam es in Frankreich zu einem tragischen Flugzeugunglück mit 150 Todesopfern. Seit bekannt wurde, dass der Co-Pilot der Germanwings-Maschine 4U9525 den Absturz vermutlich willentlich herbeigeführt hat und wegen einer „schweren depressiven Episode“ in der Vergangenheit behandelt wurde, wird die Gefahr durch psychisch Erkrankte für die Allgemeinheit in den Medien thematisiert. Leider gibt es in der Berichterstattung und auch in der Reaktion politischer Entscheidungsträger eine Tendenz zur – wissenschaftlich nicht belegten – Kausalität, dass psychisch kranke Menschen häufiger zu einer Gefahr für die Allgemeinheit werden können. Vorschnelle Schlussfolgerungen daraus heißen „Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht“, „Berufsverbot für psychisch Kranke in besonders verantwortungsvollen Berufen“, „stärkere Kontrollen in Einstellungsverfahren“ usw. All diese Diskussionen führen jedoch aus unserer Sicht in eine völlig falsche Richtung.

Mindestens jeder dritte Mensch ist im Laufe seines Lebens von einer psychischen Erkrankung betroffen. Am häufigsten sind hierbei Angststörungen und Depressionen. Sie betreffen somit nicht nur Einzelfälle, sondern können getrost als Volkskrankheiten bezeichnet werden, die jeden treffen können. Fast jeder von uns hat deshalb Erfahrung mit psychischen Erkrankungen, wenn nicht aus eigener Betroffenheit, dann als Mutter oder Vater eines erkrankten Kindes, als Partner oder Angehöriger, Kollege oder Nachbar. Psychische Erkrankungen gehören zum Leben und gleichzeitig bedeutet eine psychiatrische Diagnose für Betroffene auch heute noch Stigmatisierung und Ausgrenzung. Dies führt hingegen leider dazu, dass Betroffene sich nicht trauen, Hilfe zu holen, oder die eigene Erkrankung verschweigen.

Psychische Erkrankungen sind in den meisten Fällen sehr gut behandelbar. Hunderttausende Menschen haben gelernt, gut mit diesen Erkrankungen zu leben. Dafür brauchen Sie aber nicht nur die Unterstützung von Fachleuten oder Selbsthilfeorganisationen. Sie brauchen auch Rückhalt in ihren Familien, durch Freunde, Kollegen und Vorgesetzte. Je offener sie mit dieser Erkrankung umgehen können, je vertrauensvoller und akzeptierender damit umgegangen wird, desto leichter fällt es den Betroffenen, sich dem Problem zu stellen, sich Hilfe zu suchen und Lösungen zu finden.

Vergessen werden sollte auch nicht, dass die Angehörigen der Todesopfer durch das traumatische Ereignis selbst zu Betroffenen werden können und dann ebenfalls auf psychiatrische / psychotherapeutische Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Manche einseitige mediale Berichterstattung, die psychisch kranke Menschen vorschnell zu potenziellen Straftätern erklärt, stigmatisiert auch diese Hinterbliebenen und erschwert damit ggf. das Annehmen geeigneter Unterstützungsangebote.

Beim Münchner Bündnis gegen Depression und der Münchner Angstselbsthilfe finden Menschen mit Ängsten und Depressionen eine Vielzahl an Unterstützungsangeboten, wie Beratung, das Aufzeigen geeigneter Hilfsangebote sowie eigene Selbsthilfegruppen. Beide Vereine bilden darüber hinaus Hausärzte und Multiplikatoren, wie zum Beispiel ehrenamtliche Telefonseelsorger, Sozialarbeiter oder Mitarbeiter der Jobcenter, fort.