Yoga als Baustein moderner Angsttherapie

Verhaltenstherapie, Psychoedukation im Themenspektrum Stressmanagement oder Yoga: Was davon ist das Mittel der Wahl bei Angststörungen? Diese Frage stellten sich Forscher*innen der School of Medicine in New York und widmeten sich der Fragestellung im Rahmen der GATE-Studie („Generalized Anxiety – A Treatment Evaluation”). Diese wurde in den Jahren 2013 bis 2019 durchgeführt und mitsamt Ergebnisauswertung im August 2020 in der Fachzeitschrift JAMA Psychiatry veröffentlicht.

Im Forschungszeitraum wurden insgesamt 226 mit einer generalisierten Angststörung diagnostizierten erwachsene Proband*innen in drei Gruppen aufgeteilt:

  • Gruppe 1 setze sich im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie, welche eine gedankliche Umstrukturierung, Psychoedukation, progressive Muskelentspannung und Expositionsverfahren umfasst, mit der Angststörung auseinander.
  • Gruppe 2 nahm an einem Yoga-Kurs (“Kundalini Yoga”) teil.
  • Gruppe 3 erhielt Vorträge, deren Schwerpunkte auf anwendungsorientiertem Stressmanagement lagen.

Die Teilnahme erfolgte jeweils 12 Wochen, im Anschluss daran erfolgte eine professionell durchgeführte psychologische Beurteilung des Entwicklungsverlauft der Proband*innen.

Die Ergebnisse zeigen: Die kognitive Verhaltenstherapie führt das Ranking der höchsten Effektivität an. Circa 71% der Gruppenteilnehmer*innen zeigten nach Beendigung der letzten Sitzung eine gesündere psychische Verfassung, das Ausmaß der Angst war zurückgegangen. Mit 54 Prozentpunkten bestätigt sich der positive Einfluss des Yogakurses auf die Abnahme der Ängste bei über der Hälfte der Teilnehmer*innen der zweiten Gruppe. Der Vortrag zum Stressmanagement bildet in der Befragung das Schlusslicht. In 33% der Fälle wurde eine Linderung der Ängste festgestellt.

Bei einer Nachuntersuchung belegt sich die nachhaltige Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie und Yoga. In beiden Fällen zeichnet sich in der Studie sogar eine Steigerung der Effektivität ab: Die positive Wirkung der kognitiven Verhaltenstherapie stieg auf 76,7 % der Teilnehmer*innen, die der Yogateilnehmer*innen auf 63,2 %. Der Abstand zwischen der kognitiven Verhaltenstherapie und Yoga zum Stressmanagement-Vortrag wird auch in der Nachuntersuchung deutlich. Dennoch lässt sich hervorheben, dass der positive Outcome bei 48% der Teilnehmerinnen in der Langzeitwirkung nicht zu unterschätzen ist.

Das Interesse unseres Beitrags widmet sich insbesondere der Wirkung von Yoga in der Angsttherapie. Deshalb richten wir an dieser Stelle den Fokus auf die Qualitäten der fernöstlichen Meditations- und Bewegungspraxis.

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Die regelmäßige Durchführung von Yogaeinheiten bringt eine Reihe an Vorteilen für unser gesamtes Gesundheitssystem mit sich. So vereint Yoga Körper und Geist, es wirkt mehrdimensional. Yoga trägt dazu bei, im eigenen Körper anzukommen, sich zu erden und ein besseres Gespür für sich selbst zu erlangen. Es kann also die innere Achtsamkeit (sprich die Achtsamkeit im Umgang mit uns selbst) erhöhen. Wenn es uns gelingt uns selbst und unsere Bedürfnisse besser wahrnehmen zu können, fällt es uns leichter gut für uns selbst zu sorgen und auf die Signale unseres Körpers zu achten.

Die Aktivierung des Muskelsystems beugt zudem Rückenschmerzen vor oder kann zur Linderung bestehender Beschwerden beitragen. Es gibt eine ganze Reihe an Übungen, die gezielt auf eine Stabilisierung der Rückenmuskulatur ausgerichtet sind. Außerdem bewirkt Yoga eine Erhöhung der Antioxidantien im Blut und leistet damit einen Beitrag zur Verhinderung zellschädigender Vorgänge im Körper. Die positiven Auswirkungen der Yogapraxis zeigen sich zudem in der Regulierung des Herz-Kreislauf-Systems, sowie einem Abbau von Stresshormonen. Letzteres ermöglicht eine Entspannung der Muskeln, was wiederum Stress und Anspannung und somit auch Angst und Panik verringert.

Die Potenziale der Yogapraxis sieht auch die Charité – Universitätsmedizin Berlin. Hier läuft derzeit ein Forschungsprojekt (YOPA), in dessen Rahmen ein auf Angsterkrankungen abgestimmtes 8-wöchiges Yogaprogramm durchgeführt und evaluiert wird. Forschungsinteresse sind hier die Effekte von Yoga auf die Angstsymptomatik und biologische Stressreaktionen. Die bereits ausgeführten Vorteile am regelmäßigen Yoga-Training, vermögen bereits prospektive Ergebnisse zu liefern. Inwieweit die Integration von Yoga-Kursen auch in anderen Angsttherapien integriert werden wird, ist offen. Klar ist jedenfalls, dass die Kombination von Yoga und kognitiver Verhaltenstherapie im angsttherapeutischen Kontext, in Wissenschaftskreisen bereits Interesse geweckt hat.

Subsummierend kann gesagt werden, dass Yoga zwar nicht als Therapieersatz gesehen werden kann. Dennoch sprechen viele Argumente für eine feste Implementierung der Yogapraxis in der multimodalen Therapie. In der Wartezeit auf einen Therapieplatz und/oder als Ergänzung zu einer laufenden Therapie kann Yoga positive Einflüsse auf die Gesundheitsförderung haben. Da die Übungen zudem auch zu Hause durchgeführt werden können, es ein breites Online-Angebot an Kursen, Workouts und Anleitungen gibt, die Intensitätsstufen unterschiedlich gewählt werden können und es für alle Altersgruppen spezifische Übungsangebote gibt, ist Yoga gerade in Lockdown-Zeiten ein leicht erhältliches und vitalisierendes Mittel im Umgang mit der Angst.

Zum Abschluss des Beitrags haben wir noch ein Video des Bayerischen Rundfunks für unsere Leser herausgesucht, in dem Sandra, die an einer Angststörung und Depression erkrankt ist, über ihre positiven Erfahrungen mit Yoga berichtet:

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Viel Spaß beim Anschauen!

Quellen:

Yoga lindert Angststörungen in Studie (aerzteblatt.de); Efficacy of Yoga vs Cognitive Behavioral Therapy vs Stress Education for the Treatment of Generalized Anxiety Disorder: A Randomized Clinical Trial | Complementary and Alternative Medicine | JAMA Psychiatry | JAMA Network; Mit Yoga Ängste überwinden | „Bleib gesund!“; Forschungsprojekte: Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (CCM) – Charité – Universitätsmedizin Berlin (charite.de)