1 Jahr angstfrei.news

Eine Laudatio von Christian Zottl

Christian Zottl – Vorstand und Geschäftsführer der DASH

In diesen Tagen, Mitte März vor einem Jahr, bekam ich eine Nachricht von Nicholas Müller, ehemaliger Angst-Betroffener, Schirmherrn der Deutschen Angst-Hilfe e.V. und mittlerweile wieder Sänger bei Jupiter Jones. In diesen Tagen überschlugen sich gerade die Ereignisse. Insbesondere in Norditalien schossen die Covid-19 Fallzahlen und schweren Verläufe in die Höhe, die Krankenhäuser waren überfüllt und teils völlig überfordert. Schreckliche Bilder von dutzenden Leichensäcken auf den Straßen Bergamos und anderen Orten Europas gingen durch die Medien.

Innerhalb weniger Tage veränderte sich unsere Welt, grundlegend. Grenzen wurden geschlossen. Der erste Lockdown stand kurz bevor. In den Medien, im Internet gab es nur noch ein Thema: Corona. Und allgegenwärtig: die Angst! Vor Ansteckung oder jemanden anderen anzustecken, vor Krankheit und Tod, vor Isolation, vor Jobverlust, finanziellen Einbußen bis hin zum Bankrott, vor Einschnitten in die persönliche Freiheit, vor Verschwörungen und denen die daran glauben, vor sozialen Unruhen. Schnell war auch die Rede von Panikmache und Hysterie.

In einer allgemein beängstigenden Ausnahmesituation brauchen Menschen mit einer Angststörung (aber nicht nur diese) keine zusätzlichen und überbordenden Verunsicherungen, sondern eine sorgsame Auswahl an den relevanten und möglichst gesicherten Fakten, begleitet von hilfreichen Tipps, persönlichen Erfahrungsberichten, garniert mit einem Funken Hoffnung, um mit der erschreckenden Realität einigermaßen gut umgehen zu können. So die treffende Analyse von Nicholas und die Geburtsstunde von angstfrei.news.

Das daraufhin entflammte ehrenamtliche Engagement, das sich bis heute völlig unentgeltlich, dafür umso leidenschaftlicher für den Erhalt, die Qualität und die Weiterentwicklung der angstfrei.news einsetzt, ist für mich fast so unglaublich wie das Pandemiegeschehen selbst. Nur eben als Gegenpol zum negativen Drive. Die angstfrei.news haben der Pandemie etwas Großes und Nachhaltiges entgegengestellt. Solidarität. Empathie. Aufrichtigkeit. Gemeinschaft. Mein größter Respekt und Dank von Herzen gilt jedem/r Einzelnen der Freiwilligen, die sich mit so viel Herzblut, Zeit, Mut und Ausdauer eingebracht haben. Von den Initiator:innen, Organisator:innen, Autor:innen bis hin zu jedem/r der/die heute neu beim Projekt anfängt und das Feuer weiter am Leuchten hält.  

Das sei noch gesagt: Wir alle sehnen uns nach einer Absenz von Angst. Die „schlechte“ (letztlich aber gute) Nachricht ist, ein angstfreies Leben gibt es nicht! Wenn wir uns mit der Realität ehrlich auseinandersetzen, kann diese beängstigend sein. Sollte es bei realen Gefahren auch, denn nur dann können wir auch entsprechend darauf reagieren. Je besser wir aber das Gefahrenpotenzial einschätzen und in einen größeren Zusammenhang einordnen können, je mehr Ressourcen uns zur Bewältigung der Situation zu Verfügung stehen, desto leichter fällt es dann auch dem Großhirn und dem Kollektiv, komplexere Strategien als Flucht, Kampf und Erstarren zu entwickeln.

Was können wir also tun? Wir können uns informieren, uns austauschen und andere unterstützen. Wir können uns Hilfe und sinnvolle Tätigkeiten suchen. Wir können aus der Not eine Tugend machen, das was ist anerkennen und trotzdem in der Misere nach Chancen suchen. Gemeinsam.

Und was ist in diesem Jahr aus den angstfrei.news geworden?

„Hier ist es, wie in einer kleinen Familie. Keiner braucht sich für sein Päckchen, das er auf seinem Rücken trägt, zu genieren. Jeder kann die ups and downs aus seinem Leben öffentlich niederschreiben und andere daran teilhaben lassen. Ich finde, das ermutigt erheblich.“

Tina

„Ich habe den Mut aufgebracht (und ja, Mut war nötig) mich zu melden und anzubieten im Team mitzuarbeiten. Aber warum sollten meine Gedanken, meine Texte für irgendwen interessant sein? Wer will das denn lesen? Habe ich überhaupt etwas zu sagen/ zu schreiben? Und vor allen Dingen, kann ich das überhaupt? So wirklich beantwortet sind diese Fragen bis heute nicht, aber sie sind in den Hintergrund getreten und einem guten Gefühl, was mir die Mitarbeit gibt, gewichen. […] So, und nu. Ein Jahr angstfrei.news. Es schwingt Stolz mit, Stolz Teil dessen geworden zu sein, von der Leserin zur Redakteurin.“

Anne

„Angstfrei.news […] zwingt mich immer wieder liebevoll, mich zu reflektieren und erinnert mich daran, dass Menschen, die mit Leidenschaft gemeinsam für eine gute Idee brennen, Berge versetzen können – auch und gerade dann, wenn sie mal schwach und verletzlich sind. Hauptsache, wir packen gemeinsam an. Dann wird sich jeder noch so klotzige Berg schon bewegen.“

Katharina

„Zwar habe ich nicht meine eigene Selbsthilfegruppe gegründet, aber dafür bin ich ein Teil der Deutschen Angst-Hilfe e.V. Meiner kleinen online Familie.“

Tina

„Und dann setze ich mich mit mir selbst in den Sonnenspalt an meinem Fenster und danke mir für die gute Gesellschaft.“

Katharina

No more words needed!